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  • · Fachbeitrag · Vermögensverzeichnis

    Fragen zur Lohnverschleierung müssen beantwortet werden

    | Im Vermögensverzeichnis unter Abschnitt B Ziffer 10 wird danach gefragt, wie der Schuldner seinen Lebensunterhalt bestreitet, wenn er keinerlei Einkommen bezieht. In der Praxis wird hier oft eingetragen „Ich werde von meinem Lebensgefährten mitversorgt“. Diese Frage zielt auf Informationen ab, die die Vermutung einer klassischen Lohnverschleierung nach § 850h Abs. 2 ZPO bestätigen. Sie ist besonders wichtig, da sie hilft, das Einziehungsverfahren vorzubereiten. |

    1. Aktuelle BGH-Entscheidung

    Hierzu hat der BGH vor kurzem entschieden, dass das Vollstreckungsgericht grundsätzlich nicht prüft, ob die materiellen Voraussetzungen des § 850h Abs. 2 ZPO vorliegen (VE 13, 213). Es darf - unbeschadet zu beachtender Pfändungsschutzvorschriften - nicht über Bestand und Höhe des fingierten Vergütungsanspruchs befinden. Ob und in welcher Höhe dem Gläubiger eine angemessene Vergütung gemäß § 850h Abs. 2 ZPO zusteht, ist gegebenenfalls vom Prozessgericht in dem gegen den Drittschuldner gerichteten Einziehungserkenntnisverfahren zu entscheiden.

     

    PRAXISHINWEIS | Insofern dient die möglichst genaue Beantwortung der Frage dazu, einen eventuellen Erkenntnisprozess gut vorzubereiten. Bei den Ausführungen über die Bestreitung des Lebensunterhalts sind Name und Adresse der oder des Zahlenden (z.B. der/die Lebensgefährte/in) anzugeben, sowie ob dafür eine Gegenleistung erbracht wird.

     

    2. § 850h Abs. 2 ZPO schützt Gläubiger

    § 850h Abs. 2 ZPO schützt das Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung seiner Forderung gegen den Schuldner, wenn dieser für einen Dritten arbeitet oder sonst Dienste leistet, ohne letztlich eine entsprechende angemessene Vergütung zu erhalten (BAG NJW 08, 2606). Das Gesetz behandelt diesen Dritten beim Vollstreckungszugriff des Gläubigers so, als ob er dem Schuldner zu einer angemessenen Vergütung verpflichtet sei (BGH NJW 79, 1600). Es handelt sich um einen fiktiven Anspruch auf Vergütung, aus dem der Schuldner selbst keinerlei Rechte herleiten kann (BGH VersR 1964, 642; Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, 6. Aufl., § 850h Rn. 9). Die angemessene Vergütung ist nur im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen als geschuldet anzusehen. Zugunsten des Gläubigers sollen mit der Fiktion eines angemessenen Arbeitseinkommens nur annähernd jene Verhältnisse geschaffen werden, wie er sie im Fall der Vollstreckung in eine regulär an den Schuldner entrichtete Vergütung vorfände (Geißler, Rpfleger 87, 5).

    3. Schuldner muss dauerhaft arbeiten bzw. Dienste leisten

    § 850h Abs. 2 ZPO setzt zudem voraus, dass der Schuldner dem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder Dienste (auch in Teilzeitbeschäftigung; vgl. LAG Hamm NZA 88, 657) leistet, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden, insoweit aber eine Vergütung nicht oder nur in geringerem Umfang gezahlt wird (BAG ZInsO 08, 869).

     

    Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich dieser Voraussetzung obliegt der klagenden Partei (BAG InVo 06, 199; BAG MDR 96, 1155; OLGR Bremen 01, 144; LAG Baden-Württemberg 18.5.06, 6 Sa 119/05).

     

    PRAXISHINWEIS | Bei Anwendung der Norm ist auf alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art der Arbeits- und Dienstleistung, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem Dienstberechtigten und dem Dienstverpflichteten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dienstberechtigten, Rücksicht zu nehmen. Dies erfordert eine fallbezogene Beurteilung und schließt die fallübergreifende Annahme aus, eine Vergütung sei immer nicht unverhältnismäßig gering, wenn sie mehr als 75 Prozent der üblichen Vergütung beträgt (BAG ZInsO 09, 344).

     

    Die Begriffe der unverhältnismäßig geringen Vergütung und der angemessenen Vergütung sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei der Anwendung kommt dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu. Das Gericht kann deshalb nur überprüfen, ob die Rechtsbegriffe verkannt worden sind, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter diese Rechtsbegriffe Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder das Ergebnis widersprüchlich ist.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Verschleiertes Arbeitseinkommen fällt in die Insolvenzmasse, VE 14, 5
    • Hoffnung für Gläubiger bei Lohnverschleierung, Mock, VE 13, 217
    • Keine gerichtliche Prüfungskompetenz hinsichtlich materieller Voraussetzungen, VE 13, 213
    • Ob verschleiertes Einkommen vorliegt, muss einzelfallbezogen beurteilt werden, VE 09, 79
    • Diese Zusatzfragen dürfen Sie im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung stellen, VE 07, 173
    • Ansprüche aus Haushaltsführungstätigkeit pfändbar, VE 07, 164
    • Was darf der Gläubiger fragen?, VE 11, 183
    • Die 10 häufigsten Schuldnertricks: So können Gläubiger optimal reagieren, VE 06, 29
    • So können Sie das Handelsregister für Auskünfte über den Schuldner und sein Vermögen nutzen, VE 04, 1
    • Drittschuldnerklage: So funktioniert´s, VE 08, 127
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 30 | ID 42472235