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  • 05.01.2012 · IWW-Abrufnummer 168388

    Landesarbeitsgericht Hamburg: Urteil vom 26.10.2011 – 5 Sa 14/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    In dem Rechtsstreit erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, 5. Kammer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lesmeister als Vorsitzenden den ehrenamtlichen Richter Z. den ehrenamtlichen Richter B. für Recht: Tenor: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Oktober 2010 - 15 Ca 103/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand: Die Parteien streiten über einen Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Der Kläger war bei der Beklagten vom 01.01.2006 bis zum 31.05.2010 als Elektriker, beschäftigt. Er erhielt eine Bruttogrundvergütung in Höhe von EUR 31.140,00/Jahr. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund klägerischer Eigenkündigung. Wegen arbeitgeberseitig beabsichtigter Rationalisierungs- und Kostensenkungsmaßnahmen vor dem Hintergrund gesunkener Umsätze schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat am 07.09.2009 einen Interessenausgleich und Sozialplan (Anlage K 3, Bl. 15 - 31 d.A.). In der Präambel heißt es hierzu u.a.: "Der vor diesem Hintergrund erforderliche Stellenabbau wird bei der Cg. GmbH in Deutschland...einen Wegfall von bis zu 82 Arbeitsplätzen zur Folge haben. Durch die Umorganisation werden im gleichen Zuge jedoch voraussichtlich 34 Arbeitsplätze in anderen Bereichen des Unternehmens geschaffen, ebenso sollen voraussichtlich 15 Mitarbeiter mit ihrer Tätigkeit in die C. AG bzw. die C. Services GmbH wechseln, so dass von einem tatsächlichen Arbeitsplatzabbau von 33 Arbeitsplätzen auszugehen ist." Unter anderem wurde die Einstellung des Vertriebszweiges B2C geregelt bei gleichzeitigem Ausbau des Vertriebszweiges B2B, jeweils bezogen auf Außen- und Innendienst. Insoweit sollte eine Aufteilung des Bundesgebietes in 17 Vertriebsgebiete, unterteilt in die Regionen Nord und Süd, geführt von jeweils einem Regionalleiter, erfolgen. Hierzu heißt es in § 2, A, 1. des Interessenausgleiches/Sozialplans u.a.: "Bedingt durch die Schließung des B2C-Vertriebskanals entfallen alle 14 Arbeitsplätze im Außendienst inkl. der Vertriebsleitung (1 Arbeitsplatz). Gleichzeitig soll eine Verstärkung des B2B-Vertriebskanals erfolgen über eine Aufteilung in 17 Vertriebsgebiete, unterteilt in die Regionen Nord und Süd, die jeweils von einem Regionalleiter geführt werden. In jedem Vertriebsgebiet wird ein Außendienstmitarbeiter beschäftigt, sodass die Anzahl der Außendienstmitarbeiter im B2B-Vertriebskanal um acht Mitarbeiter aufgestockt wird. ... Der Zuschnitt der derzeit geplanten Vertriebsgebiete ist in der Anlage 1 (Bl. 31 d.A.) zu diesem Interessenausgleich beschrieben. Dieser Zuschnitt kann zukünftig Änderungen durch die Cg. GmbH unterliegen. Dabei sind etwaige Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen zu berücksichtigen." Für die neu zu schaffenden Arbeitsplätze trifft der Interessenausgleich/Sozialplan in § 4 u.a. folgende Regelungen: "Alle Mitarbeiter der Cg. GmbH haben die Möglichkeit sich auf diese offenen Positionen zu bewerben (1.1.). Grundvoraussetzung für eine Stellenbesetzung ist die Eignung des Bewerbers. Bei der Besetzung der offenen Positionen genießen Bewerbungen von Mitarbeitern Vorrang, deren Arbeitsplatz im Zuge der Restrukturierung entfällt. Sollte eine solche Besetzung nicht gelingen, ist der Arbeitsplatz vorrangig intern zu besetzen. Sollte auch dies nicht gelingen, ist der Arbeitsplatz durch einen Arbeitnehmer der C.-Gruppe zu besetzen, bevor er durch einen externen Bewerber besetzt werden darf. Eine externe Ausschreibung kann gleichwohl parallel zur internen Ausschreibung erfolgen (1.2.)" Der nicht vom Arbeitsplatzabbau betroffene Kläger bewarb sich am 15.09.2009 u.a. um die neu geschaffene Vertriebsaußendienststelle im Vertriebsgebiet 13, Postleitzahlen 701 - 749, zugeordnet der Region Süd, für die er der einzige Bewerber war. Am 06.10.2009 wurde ein Vorstellungsgespräch mit dem Kläger geführt, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass sich die Beklagte entschlossen habe, die Stelle im Vertriebsgebiet 13 nicht zu besetzen, sondern das Gebiet unter den angrenzenden Gebieten und den dort eingesetzten Mitarbeitern aufzuteilen. Insoweit hatte die Beklagte die Umwandlung der Außendienstposition in zwei Innendienstpositionen zum 01.10.2010 beschlossen und den für die betroffene Region Süd örtlich zuständigen Betriebsrat Zweibrücken um Zustimmung gebeten (Anlage B 2, Bl. 61 d.A.). Dieser hatte mit Schreiben vom 01.10.2009 (Anlage B 3, Bl. 62 d.A.) zugestimmt, "vorbehaltlich dessen, dass sich kein von Kündigung betroffener Mitarbeiter auf die benannte Außendienstposition beworben hat". Infolge dieser Umwandlung konnten zwei ursprünglich zur Kündigung vorgesehene Mitarbeiter der Beklagten im Unternehmen verbleiben. Im Ergebnis baute die Beklagte damit 7 Stellen (im Interessenausgleich benannt 8 Stellen) für Außendienstmitarbeiter auf. Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte sei ohne zwingenden Grund vom Interessenausgleich/Sozialplan vom 07.09.2009 abgewichen und es sei ihm, dem Kläger, durch die Streichung der Vertriebsaußendienststelle im Vertriebsgebiet 13 ein wirtschaftlicher Nachteil entstanden. Deshalb sei die Beklagte ihm gemäß § 113 Abs. 2 BetrVG für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten ausgleichspflichtig. Da die in Rede stehende Stelle zum 01.11.2009 mit ihm hätte besetzt werden können und gemäß § 4, 1.2. des Interessenausgleichs/ Sozialplans auch müssen, sei ihm die entgangene Vergütungsdifferenz für den Zeitraum 01.11.2009 bis 31.05.2010, mithin für sieben Monate zu zahlen. Insoweit sei ihm im Vorstellungsgespräch am 06.10.2009 ebenso wie im Rahmen eines weiteren Vorstellungsgespräches für eine vergleichbare Stelle auf seine Äußerung einer Gehaltsvorstellung von EUR 60.000,00 brutto/Jahr mitgeteilt worden, dass ein solches Gehalt das Durchschnittsgehalt eines Vertriebsaußendienstlers darstelle bzw. "in Ordnung sei" (Beweis: Zeugnis Herr Kr., Frau K., Herr W.). In beiden Vorstellungsgesprächen sei ihm zudem vermittelt worden, dass man ihn für die in Rede stehenden Positionen für geeignet gehalten habe (Beweis wie vor). Seine Eignung ergebe sich außerdem aus seinem seiner/n Bewerbung/en beigefügten Lebenslauf (Anlage K 5, Bl. 33 f. d.A.). Demzufolge habe er Anspruch auf Zahlung von EUR 16.835,00 brutto (Euro 60.000,00 - 31.140,00./. 12 x 7). Der Umstand, dass der Betriebsrat Zweibrücken der erfolgten Abweichung vom Interessenausgleich seine Zustimmung erteilt habe, sei insoweit irrelevant. Der Betriebsrat Zweibrücken sei nicht legitimiert, Änderungen des vom Gesamtbetriebsrat geschlossenen Interessenausgleichs zu vereinbaren. Seine Zuständigkeit beziehe sich auch nach dem Interessenausgleich/Sozialplan allein auf die Beteiligung bei personellen Einzelmaßnahmen. Zudem sei der Betriebsrat Zweibrücken auch nicht darüber informiert gewesen, dass er, der Kläger, sich auf diese Stelle beworben habe und durch Stellenbesetzung mit ihm die Kündigung des Servicetechnikers U. hätte vermieden werden können, der dann auf seiner Position hätte weiterbeschäftigt werden können. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 16.835,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2010 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat vorgetragen, ein ihrerseits auszugleichender Nachteil sei dem Kläger durch die Nichtschaffung einer ursprünglich geplanten Position und die Schaffung zweier ursprünglich nicht geplanten Positionen nicht entstanden. Arbeitnehmer hätten keinen Nachteilsausgleichsanspruch, soweit eine neue Betriebsänderung sie nicht härter treffe, als die im Interessenausgleich vereinbarte ursprüngliche Planung sie betroffen hätte. Der Kläger sei aber weder durch die ursprüngliche Planung noch durch die jetzige Durchführung von Kündigung oder sonstigen Nachteilen betroffen gewesen. Insbesondere habe er keinen Anspruch auf Übertragung der ursprünglich neu zu schaffenden beabsichtigten Position gehabt. Diese sei ihm nicht im Ansatz zugesagt worden. Auch wäre sie, die Beklagte, grundsätzlich berechtigt gewesen, eine Versetzung des Klägers aus betrieblichen Gründen abzulehnen oder aber die Stelle mit einem geeigneteren externen Bewerber zu besetzen. Abgesehen davon sei ihr durch § 2, A, Ziffer 1 des Interessenausgleichs/Sozialplans ein Änderungsvorbehalt hinsichtlich des Zuschnitts der Vertriebsgebiete eingeräumt worden, von dem sie - wie geregelt - unter Beachtung der Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen Gebrauch gemacht habe. Insoweit sei der für alle betroffenen Stellen örtlich zuständige, von ihr beteiligte Betriebsrat Zweibrücken auch der legitimierte, zuständige Ansprechpartner für sie gewesen und habe sich auch selbst als zuständig betrachtet. Zumindest habe sie von einer diesbezüglichen Zuständigkeit ausgehen dürfen, zumal auch der Gesamtbetriebsrat ggf. der Änderung zugestimmt hätte (Beweis: Zeugnis der GBR-Vorsitzenden Jähn). Den Betriebsrat Zweibrücken habe sie umfassend und hinreichend unterrichtet. Dass der Kläger sich auf die nicht mehr zu schaffende beabsichtigte Stelle beworben habe, habe sie nicht mitteilen müssen, da der Kläger kein von Kündigung bedrohter Arbeitnehmer gewesen sei. Auch hätte durch eine Stellenbesetzung mit ihm keine Kündigung vermieden werden können. Der vom Kläger angesprochene Servicetechniker U. habe einen Arbeitsplatz in Süddeutschland aus familiären Gründen bereits grundsätzlich abgelehnt (Beweis: Zeugnis Herr D.). Schließlich sei dem Kläger nicht mitgeteilt worden, dass die in Rede stehende Stelle mit einem Gehalt in Höhe von EUR 60.000,00 brutto/Jahr verbunden sei, auch wenn dies grundsätzlich im Rahmen liege. Das Gehalt für Außendienstmitarbeiter setze sich nur zu 70% aus einem Fixeinkommen und im Übrigen aus einer variablen Vergütung (20% provisionsabhängig, 10% zielvereinbarungsabhängig) zusammen und könne daher im Voraus nicht sicher beziffert werden. Dies sei dem Kläger auch erläutert worden (Beweis: Zeugnis Herr K.). Durch das dem Kläger am 13.01.2011 zugestellte Urteil vom 21.10.2010, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es sei bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine Abweichung vom Interessenausgleich vorliege. Jedenfalls aber habe der Kläger durch die Nichtübertragung der Vertriebsaußendienststelle des Vertriebsgebiets 13 keinen ausgleichpflichtigen Nachteil erlitten. Es habe sich für ihn lediglich ein erst durch die ursprünglich geplante und im Interessenausgleich geregelte Betriebsänderung entstandener Vorteil nicht realisiert. Insofern sei seine Situation vergleichbar mit Arbeitnehmern, die aufgrund einer im Nachhinein gänzlich nicht umgesetzten Betriebsänderung keine hieraus zu erwartenden Vorteile mehr ziehen können. Dies sei beispielsweise denkbar bei Nichtdurchführung einer Betriebsänderung in Form einer Betriebsverlegung. Arbeitnehmer, die ihren Wohnort am oder in der Nähe des zunächst in Aussicht genommenen Verlegungsortes haben, könnten die durch die ursprünglich geplante Betriebsänderung zu erwartenden Fahrtkosteneinsparungen nicht mehr realisieren, ohne dass dies ausgleichspflichtig wäre. Da der Kläger durch die hier erfolgte Abweichung vom Interessenausgleich wirtschaftlich nicht schlechter gestellt sei, als wäre die gesamte Betriebsänderung gänzlich unterblieben, habe er keinen ausgleichpflichtigen Nachteil im Sinne des § 113 Abs. 2 BetrVG erlitten. Hiergegen richtet sich die am 10.02.2011 eingelegte und mit am 11.05.2011 beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers, nachdem die Berufungsbegründungsfrist am 11.03.2011 bis zum 16.05.2011 verlängert worden war. Der Kläger verweist unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens darauf, dass die Beklagte in Abweichung vom Interessenausgleich im Außendienst nur 7 statt 8 Stellen geschaffen und im Innendienst 2 Arbeitsplätze aufgebaut habe. Für diese Abweichung gebe es keinen zwingenden Grund und die Beklagte habe nach dem Interessenausgleich zwar den Zuschnitt, nicht aber die Zahl der Vertriebsgebiete ändern dürfen. Der örtliche Betriebsrat in Zweibrücken hätte so einer Änderung der Vertriebsgebiete nicht zustimmen können. Ihm sei durch die Abweichung der ausgleichpflichtige Nachteil entstanden, denn auf seine Betroffenheit käme es angesichts des Sanktionscharakters bei Abweichung vom Verhandlungsergebnis nicht an. Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21.10.2010 - 15 Ca 103/10 - die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 16.835,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2010 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte trägt vor, sie habe von dem im Interessenausgleich vereinbarten Änderungsvorbehalt Gebrauch gemacht, indem sie den Zuschnitt der Vertriebsgebiete geändert habe. Damit sei zwar eine Stelle weniger aufgebaut worden, dafür seien aber zwei Stellen weniger entfallen als geplant. Dabei sei - wie vorgesehen - der örtliche Betriebsrat beteiligt worden. Es sei dem Kläger kein Nachteil entstanden, vielmehr habe sich ein durch die ursprüngliche Betriebsänderung möglicherweise entstehender Vorteil nicht realisiert. Im Übrigen habe es keinen Anspruch des Klägers gegeben, dass eine freie Stelle mit ihm besetzt werde, denn seine Eignung sei gar nicht mehr überprüft worden. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO). II. Mit ausführlicher, überzeugender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Dem folgt das Berufungsgericht. Der Kläger hat nach § 113 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BetrVG keinen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Zwar wurde ein wirksamer Interessenausgleich abgeschlossen und die Beklagte ist von ihm ohne zwingenden Grund abgewichen. Es ist dem Kläger dadurch jedoch kein ausgleichpflichtiger Nachteil entstanden. 1. Die Beklagte hat eine Betriebsänderung iSv. § 113 Abs. 3, § 111 Satz 1 BetrVG durchgeführt. Die Einführung der neuen Organisationsstruktur war eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation iSv. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG. Eine Änderung der Betriebsorganisation iSv. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG liegt vor, wenn der Betriebsablauf insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung umgewandelt wird. Grundlegend ist die Änderung, wenn sie sich auf den Betriebsablauf in erheblicher Weise auswirkt; maßgeblich ist dafür der Grad der Veränderung (BAG 18. November 2003 - 1 AZR 637/02 - EzA BetrVG 2001 § 118 Nr. 4, m.w.N., [...]). Dies ist zwischen den Parteien nicht im Streit. 2. Ein wirksamer Interessenausgleich iSv. § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG wurde zwischen den Betriebsparteien vereinbart. Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben. Das Schriftformerfordernis dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. BAG 9. Juli 1985 - 1 AZR 323/83 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 13). Es hat seinen Grund in der Bedeutung, die der Interessenausgleich nicht nur für Unternehmer und Betriebsrat hat. Vor allem die betroffenen Arbeitnehmer müssen wissen, ob und unter welchen Voraussetzungen die geplante Betriebsänderung durchgeführt wird. Nur so erhalten sie eine verlässliche Auskunft darüber, mit welchen Nachteilen sie rechnen müssen. Nur so können sie prüfen, ob ein Interessenausgleich zustande gekommen ist und ob sich der Arbeitgeber an ihn hält (BAG 26. Oktober 2004 - 1 AZR 493/03 - AP Nr. 49 zu § 113 BetrVG 1972, [...]). Die Wahrung der Schriftform ist Wirksamkeitsvoraussetzung. Zuständig war für den Abschluss war auf Arbeitnehmerseite gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG der Gesamtbetriebsrat, denn dem Interessenausgleich lag ein überörtliches, unternehmensweites einheitliches Konzept zugrunde. 3. Die Beklagte ist von dem so wirksam zustande gekommenen Interessenausgleich abgewichen. Sie hat die Zahl der Vertriebsgebiete abweichend vom Interessenausgleich verändert. Betriebsvereinbarungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wegen ihres normativen Charakters objektiv wie Gesetze auszulegen. In erster Linie kommt es dabei auf Wortlaut und Systematik sowie den sich hieraus ergebenden Sinn und Zweck der Regelung an. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den Vorschriften seinen Niederschlag gefunden hat. Soweit hiernach kein eindeutiges Auslegungsergebnis möglich ist, kommen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie etwa die Entstehungsgeschichte oder eine regelmäßige Anwendungspraxis in Betracht. Im Zweifel gebührt der Auslegung der Vorzug, die zu einer gesetzeskonformen, sachgerechten und praktisch handhabbaren Regelung führt (BAG 19. April 2011 - 3 AZR 272/09 - n.v, [...]; 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 26, [...]). Zwar enthält der Interessenausgleich im hier interessierenden Zusammenhang teilweise weiche Formulierungen ("soll", "voraussichtlich" etc.), hinsichtlich der Zahl der Vertriebsgebiete heißt es jedoch: "erfolgen über eine Aufteilung in 17 Vertriebsgebiete". Die Zahl der Vertriebsgebiete und die darauf beruhende Zahl der 8 aufzustockenden Mitarbeiter ist danach vom klaren Wortlaut des Interessenausgleichs her vereinbart. Ein abweichender Wille hat im Wortlaut keinen Niederschlag gefunden. Hinsichtlich des Zuschnitts der derzeit geplanten Vertriebsgebiete wird auf eine Anlage verwiesen. Dort (Bl. 31 d.A.) finden sich in der Tat 17 Vertriebsgebiete. Der "Zuschnitt" ist veränderbar, die Zahl der Vertriebsgebiete jedoch nicht. Auch aus den Umständen des Abschlusses eines Interessenausgleichs ergibt sich nichts anderes, im Gegenteil: Die Zahl der Vertriebsgebiete führte zu einem genau bezeichneten Bedarf an Arbeitsplätzen, der von den Betriebsparteien ausgehandelt wurde. Die vorbehaltene Änderung des Zuschnitts der Gebiete hatte damit keine Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze. Die Zahl der Vertriebsgebiete war also nicht von deren Zuschnitt umfasst. Der Änderungsvorbehalt betraf nicht die Zahl der Vertriebsgebiete. Darüber hinaus konnte die Beklagte nicht mit Zustimmung des örtlichen Betriebsrates in Zweibrücken eine Änderung vornehmen. Der Interessenausgleich war mit dem Gesamtbetriebsrat als Vertragspartner dieser kollektivrechtlichen Vereinbarung besonderer Art (Fitting BetrVG, 25. Aufl. 2010, Nr. 44 zu § 112) abgeschlossen und konnte nur mit ihm abgeändert werden. Dass - so die Beklagte - auch der GBR einer Änderung zugestimmt hätte, ist unerheblich, denn das mündliche Einverständnis des Betriebsrats mit der geplanten Maßnahme/deren Änderung reicht nicht aus (BAG 19. April 2011 a.a.O..). Zwingende Gründe i.S.d.. § 113 Abs. 1 Satz 1 BetrVG für eine einseitige Abweichung bestehen nicht. 4. Die Abweichung der Beklagten vom Interessenausgleich hat in einem adäquat kausalem Sinne dazu geführt, dass der Kläger als - einziger - Bewerber und nach den Regelungen in § 4 des Interessenausgleichs die gestrichene Stelle eines Außendienstlers nicht erhielt und damit nicht die höhere Vergütung dieser Stelle. Dennoch liegt ein ausgleichpflichtiger Nachteil i.S.d.. § 113 Abs. 2 BetrVG hierin nicht. "Nachteil" ist eine für den Arbeitnehmer nachteilige Veränderung des "status quo", die nicht in einer Entlassung besteht, bei ihm aber eine negative Veränderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen bewirkt (GK BetrVG -Oetker 9. Aufl. 2010 Nr. 68 zu § 113). Dies können eine Lohneinbuße oder z.B. höhere Fahrkosten sein, allein die Möglichkeit einer ungünstigeren beruflichen Entwicklung reicht demgegenüber nicht aus, um einen wirtschaftlichen Nachteil i.S.d.. § 113 Abs. 2 BetrVG bejahen zu können (Oetker a.a.O. Nr. 70, der auf die Grundsätze des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG verweist). Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat der Kläger keinen wirtschaftlichen Nachteil i.S.d.. § 113 Abs. 2 BetrVG durch die Abweichung der Beklagten vom vereinbarten Interessenausgleich erlitten. Der Kläger war von der Betriebsänderung nicht persönlich betroffen. Durch den Interessenausgleich eröffnete sich allerdings für ihn eine Chance, eine höherwertige Aufgabe zu erlangen. Durch die Abweichung vom Interessenausgleich verlor der Kläger diese Chance. Jedoch änderte sich an seinem "status quo" nichts, er blieb, wo er war, sein Gehalt änderte sich nicht, auch andere wirtschaftliche Einbußen trafen ihn nicht. Er sah sich nicht einmal mit einer ungünstigeren beruflichen Entwicklung konfrontiert. Er blieb vom Interessenausgleich ebenso unberührt wie von dessen einseitiger Abweichung seitens der Beklagten. Er konnte durch die Abweichung nur nicht die Chance wahrnehmen, eine Verbesserung seiner beruflichen und wirtschaftlichen Situation zu erreichen. Dies ist kein ausgleichpflichtiger Nachteil i.S.d.. § 113 BetrVG. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen im Hinblick auf die rechtlich zu klärende Frage des "Nachteils" vor, § 72 Abs. 2 ArbGG. Hinweise: Verkündet am: 26. Oktober 2011