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  • · Fachbeitrag · Sicherheitsleistung


    Erbringung der Sicherheitsleistung und deren Rückgabe: So rechnen Sie richtig ab


    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz


    | In der Praxis spielt die anwaltliche Mitwirkung bei der Erbringung einer Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe eine große Rolle. Es fragt sich, ob und wie Anwälte hierfür Gebühren abrechnen können. |

    1. Grundsatz 


    Ist das Bedürfnis für eine zuvor angeordnete Sicherheitsleistung weggefallen, kann das Gericht, das die Sicherheitsleistung angeordnet hat, gemäß §§ 715, 109 ZPO anordnen, dass diese an den Gläubiger zurückzuzahlen ist. Gebührenrechtlich regelt § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG, dass ein solches „Verfahren wegen Rückgabe einer Sicherheit“ zum Rechtszug zählt. Insofern erhält der Anwalt, der den Mandanten zuvor im Hauptsacheprozess vertreten hat, für diese Tätigkeiten keine gesonderten Gebühren. Umkehrschluss: Der Anwalt, der nur für das Verfahren auf Rückgabe der Sicherheitsleistung beauftragt wird, kann im Rahmen einer Einzeltätigkeit eine 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3403 abrechnen.


    • Beispiel 1: Verfahren auf Rückgabe einer Sicherheit nach § 109 ZPO

    Der Beklagte B. wird durch Versäumnisurteil verurteilt, an den Kläger K. 5.000 EUR zu zahlen. Er erhebt hiergegen Einspruch und beantragt zugleich die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 5.000 EUR einzustellen. Das Gericht 
bewilligt dies. Daraufhin hinterlegt B. 5.000 EUR. Das Gericht weist die Klage dann ab. Der B. beantragt nun die Rückgabe des hinterlegten Betrags (§ 109 ZPO).


    Das Verfahren nach § 109 ZPO zählt gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG zum Rechtszug und löst für den Anwalt keine gesonderte Vergütung aus. Die Tätigkeit des Anwalts wird vielmehr durch die Gebühren der Hauptsache (1,3-Verfahrensgebühr; 1,2-Terminsgebühr) abgegolten. Wird er gesondert beauftragt, kann er hierfür eine Gebühr nach VV 3403 aus einem Wert von 5.000 EUR geltend machen.

    • Beispiel 2: Verfahren auf Rückgabe einer Sicherheit nach § 715 ZPO

    Der Beklagte B. ist erstinstanzlich vom LG verurteilt worden 5.000 EUR zu zahlen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 7.000 EUR. Dagegen legt der B. Berufung ein. Der Kläger K. will vollstrecken und hinterlegt 7.000 EUR. Nachdem das OLG die Berufung zurückgewiesen hat, will der K. den hinterlegten Betrag zurückerhalten und beantragt nach § 715 ZPO die Rückgabe des hinterlegten Geldes an ihn anzuordnen. Das Gericht spricht daraufhin die Rückgabe aus.


    Das Verfahren nach § 715 ZPO zählt gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG zum Rechtszug des Berufungsverfahrens und löst für den Anwalt keine gesonderte Vergütung aus. Die Tätigkeit des Anwalts wird vielmehr durch die Gebühren der Hauptsache (1,6-Verfahrensgebühr; 1,2-Terminsgebühr) abgegolten. Wird der Anwalt gesondert beauftragt, kann er hierfür eine Gebühr nach VV 3403 aus einem Wert von 7.000 EUR verlangen.

    2. Verfahren zur Erbringung einer Sicherheitsleistung


    Da § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG nur vom „Verfahren wegen Rückgabe einer Sicherheit“ spricht, ist der Fall des Verfahrens zur Erbringung der Sicherheitsleistung somit nicht erfasst. Dies hat zur Folge, dass hierdurch eine gesonderte Vergütung ausgelöst werden kann. Dies ist allerdings umstritten. Soweit eine gesonderte Vergütung bejaht wird, ist nämlich Folgendes wiederum umstritten: 


    • Stellt die Tätigkeit eine Vorbereitungshandlung zur Vollstreckung dar und löst sie daher eine 0,3-Verfahrensgebühr nach VV 3309 aus oder 

    • handelt es sich um eine Geschäftstätigkeit, die eine Gebühr nach VV 2300 auslöst (OLG Hamburg JurBüro 69, 153; OLG Karlsruhe MDR 97, 509; OLG Düsseldorf JurBüro 90, 866)?


    Gesondert entstehende Kosten sind regelmäßig nicht erstattungsfähig und somit vom eigenen Gläubiger-Mandanten zu zahlen. Hierauf sollten Sie ihn hinweisen.


    3. Ausblick: Neuer § 19 Abs. 1 S. 2 RVG


    Die Bundesregierung hat am 29.8.12 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) beschlossen. Die geplanten Änderungen bewirken, dass in § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG die bisherige Formulierung „Verfahren wegen Rückgabe einer Sicherheit“ in „Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe“ geändert wird. 


    Die Änderungen sollen am 1.7.13 in Kraft treten.


    PRAXISHINWEIS | Die oben aufgeworfenen Streitfragen werden durch die beabsichtigten Änderungen dahingehend geklärt, dass die Erbringung der Sicherheitsleistung künftig immer zum gebührenrechtlichen Rechtszug des Streitverfahrens gehört und somit keine gesonderte Vergütung auslöst.

    Weiter ungeklärt dürfte allerdings sein, wie weit der Anwendungsbereich des neuen § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG ist. Denn die Erbringung der Sicherheit vollzieht sich naturgemäß in zwei Schritten: 


    • Beschaffen der Sicherheitsleistung:Dies beinhaltet, dass zu hinterlegendes Geld zunächst körperlich hinterlegt bzw. bei Erbringung einer Bürgschaft mit dem Kreditinstitut ein Bürgschaftsvertrag geschlossen werden muss.


    • Nachweis der Sicherheitsleistung:Im zweiten Schritt muss dann die 
Sicherheit dem Gegner zur Verfügung gestellt werden, indem ihm entweder der Nachweis der Hinterlegung erbracht oder ihm das Original der Bürgschaftsurkunde zugestellt wird. Nur dieser Schritt soll erfasst werden. Hierfür kann nach der Neufassung des Gesetzes keine gesonderte Vergütung (mehr) in Rechnung gestellt werden.


    Fraglich ist weiterhin, ob der erste Schritt ebenfalls durch die Gebühren im Rechtszug abgegolten sein wird. Dies ist m.E. nicht der Fall. 


    Vielmehr ist hierbei von einer besonderen Geschäftstätigkeit auszugehen, die auch eine gesonderte Vergütung gemäß VV 2300 auslöst.


    • Beispiel 3: Geldhinterlegung

    Der Kläger K. hat erstinstanzlich vor dem AG ein Urteil über 4.000 EUR erstritten, das gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000 EUR vorläufig vollstreckbar ist. Daraus will er vor Rechtskraft vollstrecken und übergibt seinem Anwalt A. einen Barbetrag von 6.000 EUR, damit dieser den Betrag zur Sicherheit hinterlege. Der A. wendet sich daraufhin an die zuständige Hinterlegungsstelle, zahlt dort die 6.000 EUR ein und erhält einen Hinterlegungsschein, den er anschließend dem Beklagten B. zustellt (§ 751 Abs. 2 ZPO).


    Lösung: Für die Zustellung des Hinterlegungsscheins kann der A. keine gesonderte Vergütung verlangen. Die Hinterlegung des Geldes ist dagegen eine gesonderte außergerichtliche Tätigkeit, die eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 auslöst. Hinzu kommt zusätzlich auch noch eine Hebegebühr nach VV 1009.

    • Beispiel 4: Beschaffung einer Prozessbürgschaft

    Der Kläger K. hat erstinstanzlich vor dem AG ein Urteil über 4.000 EUR erstritten, das gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000 EUR vorläufig vollstreckbar ist. Er beauftragt seinen Anwalt A. damit, bei seiner Bank eine Prozessbürgschaft über 6.000 EUR zu beschaffen. Der A. wendet sich daraufhin an die Bank, reicht die erforderlichen Unterlagen ein und erwirkt die gewünschte Prozessbürgschaft. Diese stellt er anschließend dem Beklagten B. zu.


    Lösung: Für die Zustellung der Bürgschaft kann der A. keine gesonderte Vergütung verlangen. Die Vertragsverhandlungen mit der Bank über die Gestellung der Prozessbürgschaft, das heißt, die Beschaffung der Bürgschaft, sind allerdings 
eine gesonderte außergerichtliche Tätigkeit, die eine Geschäftsgebühr nach 
VV 2300 auslösen.

    Nochmals: Gesondert entstehende Kosten sind regelmäßig nicht erstattungsfähig und somit vom eigenen Gläubiger-Mandanten zu zahlen!


    Weiterführende Hinweise


    • So erhalten Sie die Sicherheitsleistung zurück (mit Musterformulierung eines Antrags auf Rückgabe der Sicherheitsleistung), VE 08, 147
    • Rückgabe der Sicherheit: So geht`s (mit Musterformulierungen zur Auszahlung einer Sicherheitsleistung bei der Hinterlegungsstelle und zu einem Antrag auf Erlöschen einer Bürgschaft), VE 08, 183
    • Hebegebühr in der Zwangsvollstreckung, VE 12, 40
    • Zahlungsaufforderung bei Sicherungsvollstreckung: Vollstreckungsgebühr ist nicht zu erstatten, VE 12, 214
    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 68 | ID 38362040