Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Vollstreckungskosten

    Umfang der Angelegenheit

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Der Umfang der (gebührenrechtlichen) Angelegenheit ist auch im Bereich der Zwangsvollstreckung durch Gläubigervertreter zu beachten, da andernfalls Gebühren unnötig verschenkt werden. Der folgende Beitrag zeigt daher auf, was aus vollstreckungsrechtlicher Sicht zu beachten ist. |

    1. Allgemeines

    Als besondere Angelegenheit zählt jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers als besondere Gebührenangelegenheit nach § 15 RVG (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG).

     

    MERKE | In diesem Zusammenhang gilt es § 19 Abs. 2 RVG zu beachten, der klärt, welche Vorbereitungshandlungen und Nebentätigkeiten noch zur Zwangsvollstreckung zählen. Hierunter zählen insbesondere Anfragen an Einwohnermelde- (BGH VE 04, 50) bzw. Gewerbeämter bzw. die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO.

     
    • Beispiel 1: Anfrage Einwohnermeldeamt

    Gläubiger G. beauftragt Rechtsanwalt R. mit der Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Forderung von 3.000 EUR. R. beauftragt daraufhin den Gerichtsvollzieher (GV) mit der Sachpfändung. Dieser teilt mit, dass S. unbekannt verzogen sei. Hierfür berechnet der GV 15 EUR (Nr. 604 VV GVKostG). Daraufhin holt R. eine Auskunft beim Einwohnermeldeamt ein, die jedoch erfolglos bleibt.

     

    Lösung:

    Die Einholung der Anfrage beim Einwohnermeldeamt löst keine weiteren Gebühren aus. R. kann wie folgt abrechnen:

     

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 3.000 EUR

    60,30 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    12,06 EUR

    72,36 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    13,75 EUR

    86,11 EUR

     

    Merke | Anders ist die Situation, wenn der Gläubigervertreter nach neuer Anschriftenmitteilung einen weiteren Vollstreckungsauftrag erteilt. Dann werden dadurch neue Gebühren ausgelöst und zwar aus dem Wert, der sich um die Kosten des ersten Vollstreckungsauftrags erhöht hat (Mock VE 14, 60; a. A. LG Bamberg DGVZ 99, 93; LG Frankenthal JurBüro 89, 1264).

     

    • Beispiel 2: Anfrage Einwohnermeldeamt, neuer Vollstreckungsauftrag

    Im Beispiel 1 erhält R. eine neue Anschrift mitgeteilt. Er erteilt dem zuständigen GV eines anderen Bezirks daraufhin einen erneuten Vollstreckungsauftrag.

     

    Lösung:

    Die Einholung der Anfrage beim Einwohnermeldeamt löst keine weiteren Gebühren aus. Dies gilt aber nicht für die Beauftragung eines anderen GV. R. kann nun aus dem erhöhten Wert (3.000 EUR Hauptforderung + 86,11 RA-Gebühren für den ersten Vollstreckungsauftrag + 15 EUR GV-Gebühren für den ersten Vollstreckungsauftrag = 3.101,11 EUR) wie folgt abrechnen:

     

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 3.101,11 EUR

    75,60 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    15,12 EUR

    90,72 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    17,24 EUR

    107,96 EUR

     

    Bei einer Tätigkeit im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO muss differenziert werden: War der Rechtsanwalt bereits im Erinnerungsverfahren tätig, fallen keine erneuten Gebühren an (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 RVG). Die Tätigkeit wird durch die zuvor entstandene 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG mit abgegolten (BGH VE 10, 105). War der Rechtsanwalt im Erinnerungsverfahren noch nicht tätig, fallen Gebühren nach Nr. 3500 VV RVG ff. an, aber unter Beachtung von § 15 Abs. 6 RVG. Der Anwalt kann daher maximal das abrechnen, was er erhalten würde, wenn er von vornherein mit der Angelegenheit beauftragt worden wäre. Insofern fällt eine 0,3- und nicht eine 0,5-Verfahrensgebühr an!

     

    Hinsichtlich des Wertes gilt § 23 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 RVG. Maßgeblich ist das mit der Erinnerung verfolgte Interesse unter Beachtung von § 25 Abs. 1, 2 RVG (s. auch Beispiel 5 unten).

     

    • Beispiel 3: Erinnerung bei vorausgegangener Tätigkeit im ZV-Verfahren

    Gläubiger G. beauftragt Rechtsanwalt R. mit der Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Forderung von 3.000 EUR. R. beauftragt daraufhin den Gerichtsvollzieher (GV) mit der kombinierten Sachpfändung. Dieser weigert sich dem S. die Vermögensauskunft abzunehmen. R. legt auftragsgemäß Erinnerung gegen die Art und Weise des GV ein.

     

    Lösung:

    Das Erinnerungsverfahren löst keine weiteren Gebühren aus. R. kann wie folgt abrechnen:

     

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 3.000 EUR

    60,30 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    12,06 EUR

    72,36 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    13,75 EUR

    86,11 EUR

     
    • Beispiel 4: Erinnerung ohne vorausgegangene Tätigkeit im ZV-Verfahren

    Gläubiger G. vollstreckt wegen einer titulierten Forderung von 3.000 EUR und beauftragt den Gerichtsvollzieher (GV) mit der kombinierten Sachpfändung. Dieser weigert sich dem Schuldner S. die Vermögensauskunft abzunehmen. G. beauftragt Rechtsanwalt R. hiergegen vorzugehen. Dieser legt auftragsgemäß Erinnerung gegen die Art und Weise des GV ein.

     

    Lösung:

    Das Erinnerungsverfahren löst für R. erstmals Gebühren nach Nr. 3500 VV RVG aus. R. kann allerdings nur eine 0,3-Verfahrensgebühr verlangen (§ 15 Abs. 6 RVG):

     

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV RVG. § 15 Abs. 6 RVG aus 3.000 EUR

    60,30 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    12,06 EUR

    72,36 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    13,75 EUR

    86,11 EUR

     
    • Beispiel 5 - Teil-Erinnerung

    Gläubiger G. beauftragt Rechtsanwalt R. mit der Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Forderung von 3.000 EUR nebst bereits entstandenen Vollstreckungskosten von 400 EUR. R. beauftragt den Gerichtsvollzieher (GV) mit der kombinierten Sachpfändung. S. legt hiergegen durch seinen Anwalt Erinnerung ein, da er der Ansicht ist, dass G. nur wegen der Hauptforderung und 150 EUR Kosten die Vollstreckung betreiben dürfe. Die restlichen 250 EUR Kosten seien nicht erstattungsfähig.

     

    Lösung:

    Das Erinnerungsverfahren löst für den Anwalt des G. keine weiteren Gebühren aus (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 RVG). Für den Anwalt des S. löst das Erinnerungsverfahren hingegen erstmals Gebühren nach Nr. 3500 VV RVG aus. Er kann aber nur eine 0,3-Verfahrensgebühr verlangen (§ 15 Abs. 6 RVG) und zwar aus dem Wert des Interesses, welches durch die Erinnerung verfolgt wird, somit 250 EUR.

    Gebühren Gläubigeranwalt

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 3.400 EUR

    75,60 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    15,12 EUR

    90,72 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    17,24 EUR

    107,96 EUR

     

     

    Gebühren Schuldneranwalt

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV RVG. § 15 Abs. 6 RVG aus 250 EUR

    15,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    3,00 EUR

    18,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    3,42 EUR

    21,42 EUR

     

    2. Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung/nachfolgende Vollstreckung

    Jede Zahlungsaufforderung verbunden mit einer Androhung der Zwangsvollstreckung, auch wenn sie gleichzeitig und gleichlautend an mehrere Schuldner versandt wird, löst eine Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus (BGH VE 03, 144).

     

    Zahlt der Schuldner nicht und beauftragt der Gläubiger dann anschließend den Rechtsanwalt mit der Durchführung der Vollstreckung, entsteht dafür keine weitere Gebühr (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG).

     

    • Beispiel 6: Erinnerung ohne vorausgegangene Tätigkeit im Vollstreckungsverfahren

    G. beauftragt wegen einer titulierten Forderung von 3.000 EUR Rechtsanwalt R. mit der Androhung der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner S. S. zahlt nicht. Daraufhin beantragt R. den Erlass eines PfÜB.

     

    Lösung:

    Für die Androhung der Vollstreckung entsteht eine 0,3-Verfahrensgebühr. Die anschließende Vollstreckung lässt sie nicht entstehen. R. kann wie folgt abrechnen:

     

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 3.000 EUR

    60,30 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    12,06 EUR

    72,36 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    13,75 EUR

    86,11 EUR

     

    3. Vollstreckung gegen mehrere Schuldner

    Jeder gegen einen einzelnen von mehreren Schuldnern gerichtete Vollstreckungsantrag stellt eine Vollstreckungsmaßnahme dar.

     

    Sie lässt jeweils die Vollstreckungsgebühr anfallen, da es sich um mehrere Angelegenheiten nach § 15 RVG handelt (BGH AGS 10, 71; BGH NJW-RR 03, 1581 m. Anm. Mock).

     

    • Beispiel 7: Mehrere (Einzel-)Schuldner

    Anwalt R. hat gegen A. und B. einen Titel über 6.000 EUR erstritten. A. und B. wurden jeweils zu 3.000 EUR Zahlung verurteilt. R. wird damit beauftragt, gegen A. und B. die Zwangsvollstreckung durch Pfändung in das Arbeitseinkommen des A. und Pfändung in die Bankverbindung des B. zu betreiben.

     

    Lösung:

    Für den Anwalt sind folgende Gebühren angefallen:

     

    Vollstreckung gegen A.

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 3.000 EUR

    60,30 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    12,06 EUR

    72,36 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    13,75 EUR

    86,11 EUR

     

     

    Vollstreckung gegen B.

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 3.000 EUR

    60,30 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    12,06 EUR

    72,36 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    13,75 EUR

    86,11 EUR

     

     

    • Beispiel 8: Mehrere (Gesamt-)Schuldner

    Anwalt R. hat gegen A. und B. einen Titel über 3.000 EUR erstritten. A. und B. wurden als Gesamtschuldner verurteilt. R wird damit beauftragt, gegen A. und B. die Zwangsvollstreckung durch Pfändung in das Arbeitseinkommen des A. und Pfändung in die Bankverbindung des B. zu betreiben.

     

    Lösung:

    Für den Anwalt sind folgende Gebühren angefallen:

     

    Vollstreckung gegen A.

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 3.000 EUR

    60,30 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    12,06 EUR

    72,36 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    13,75 EUR

    86,11 EUR

    Vollstreckung gegen B.

    0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG aus 3.000 EUR

    60,30 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    12,06 EUR

    72,36 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    13,75 EUR

    86,11 EUR

     

    Weiterführende Hinweise

    • Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung, VE 14, 167
    • Deckungsanfrage für mehr als drei Vollstreckungsversuche, VE 14, 138
    • Vollstreckungskosten unbedingt unverzüglich festsetzen lassen, VE 14, 34
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 195 | ID 42981255