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  • · Fachbeitrag · §§ 15, 15a UStG

    Vorsteueraufteilung bei für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze verwendetem Pkw

    Die Schätzung der Vorsteueraufteilung auf der Grundlage der Fahrleistung eines Pkw führt i. d. R. zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung als der Umsatzschlüssel. Jedenfalls in den Fällen, bei denen ein bereits vorhandenes Wirtschaftsgut durch ein funktionsgleiches ausgetauscht wird, kann es zu einem Nebeneinander der Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG und § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG kommen.

     

    Sachverhalt

    Die Steuerpflichtige ist freiberuflich tätig und hatte im Streitjahr 2014 sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Umsätze aus Vorträgen und Seminaren.

     

    Am 11.11.2014 kaufte sie sich einen neuen unternehmerisch genutzten Pkw (56.731,11 EUR netto zzgl. 10.778,91 EUR Umsatzsteuer), der ihr altes Fahrzeug ersetzte. Mindestens ab dem Jahr 2013 führte sie Fahrtenbücher.

     

    In der Umsatzsteuererklärung 2014 machte die Steuerpflichtige zunächst den vollen Vorsteuerbetrag aus der Anschaffung des Fahrzeugs geltend. Dem folgte das Finanzamt nach einer Außenprüfung nicht, sondern kürzte den Vorsteuerabzug um 30,49 %. Dies entsprach der vorsteuerschädlichen Nutzung ab dem 11.11.2014, während für das Gesamtjahr 2014 der schädliche Anteil nur 14,97 % betrug.

     

    Entscheidung

    Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt. Die Steuerpflichtige sei nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) grundsätzlich zum Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Pkw berechtigt.

     

    Sachgerechte Schätzung der Vorsteueraufteilung nach der Gesamtfahrleistung

    Die Vorsteuern aus der Anschaffung des Pkw seien jedoch nicht in voller Höhe abzugsfähig, da die Steuerpflichtige den Pkw zur Ausführung sowohl von steuerpflichtigen als auch von steuerfreien Umsätzen verwendet habe (§ 15 Abs. 4 Satz 1 UStG).

     

    Da weder die Steuerpflichtige noch das Finanzamt eine sachgerechte Schätzung i. S. d. § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG vorgenommen hätten, nehme der erkennende Senat selbst eine Schätzung vor.

     

    Für die Aufteilung sei es sachgerecht, auf die Gesamtfahrleistung im Streitjahr abzustellen. Insofern sei zu berücksichtigen, dass die Steuerpflichtige bereits vor der Anschaffung des Pkw am 11.11.2014 einen anderen „funktionsgleichen“ Pkw für ihre unternehmerischen Fahrten verwendet habe. Hieraus ergebe sich ein Anteil von ca. 15 %, der auf Fahrten zu Vorträgen und Seminaren entfalle, für die ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei. Insofern sei die Steuerpflichtige im Anschaffungszeitpunkt zunächst zum Vorsteuerabzug i. H. v. 9.162,07 EUR (85 % × 10.778,91 EUR) berechtigt gewesen.

     

    Keine sachgerechte Schätzung nur anhand der (Teil-)Fahrleistung ab Erwerb

    Die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung anhand der Fahrleistung vom 11.11.2014 bis zum 31.12.2014 sei nicht sachgerecht. Eine Schätzung auf Grundlage der Fahrleistung des Pkw führe i. d. R. ‒ und auch im Streitfall ‒ zu einer „präziseren wirtschaftlichen Zurechnung“ als der Umsatzschlüssel i. S. d. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG. Dies lasse sich bereits dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG („verwendet“) entnehmen. Die „Verwendung“ eines Pkw lasse sich präziser durch dessen Laufleistung abbilden, die den Verschleiß und die Abnutzung des Pkw widerspiegeln. Ebenso lasse sich aus der Laufleistung auch die zeitliche Nutzung des Pkw für die Verwendung für die jeweiligen Umsätze herleiten. Die Umsätze könnten hingegen von anderen Faktoren abhängig sein und deren Höhe sei i. d. R. unabhängig von der zurückgelegten Entfernung, sodass eine präzisere wirtschaftliche Zurechnung im Streitfall nicht über den Umsatzschlüssel erreicht werden könne.

     

    Die konkrete Anwendung dieser Schätzungsmethode durch das FA allein auf Grundlage der Fahrleistungen vom 11.11.2014 bis zum 31.12.2014 sei nicht sachgerecht. Es sei bereits fraglich, ob ein solch kurzer Zeitraum zu einer ausreichenden Schätzungsgrundlage führen könne. Dieser würde nur dann zu einem sachgerechten Ergebnis führen, wenn in jedem Monat des gesamten Kalenderjahres eine in etwa identische Verwendung des Pkw stattfinden würde. Dies sei jedoch nicht der Fall. Insbesondere berücksichtige der Zeitraum keine (Semester-)Ferien, in denen die Steuerpflichtige i. d. R. keine Vorträge und Seminare halte. Darüber hinaus hätten in dem vom FA berücksichtigten Zeitraum lediglich zwei Fahrten durch die Steuerpflichtige stattgefunden. Schließlich weiche der vom Finanzamt ermittelte Aufteilungsmaßstab mit 30,49 % auch deutlich von den sonstigen Jahren ab, in denen die Steuerpflichtige den Pkw lediglich zwischen 12,90 % und 25,78 % für Fahrten zu Vorträgen und Seminaren genutzt habe.

     

    Jedenfalls habe das Finanzamt nicht berücksichtigt, dass die Steuerpflichtige bereits vor dem 11.11.2014 aufzuteilende Fahrten mit einem „funktionsgleichen“ Unternehmens-Pkw vorgenommen habe. Die unternehmerische Tätigkeit der Steuerpflichtigen sei über das gesamte Streitjahr gesehen gleichbleibend gewesen. Demgegenüber habe sie lediglich ihren Unternehmens-Pkw ausgetauscht, nutze diesen jedoch weiterhin wie bereits zuvor.

     

    Keine Modifikation des Aufteilungsmaßstabs bei nur mittelbarer Stärkung der Gesamttätigkeit

    Entgegen der Auffassung der Steuerpflichtigen sei der Aufteilungsmaßstab nicht deshalb zu modifizieren bzw. korrigieren, weil sie teilweise auf Vorträgen und Seminaren Fortbildungsnachweise erhalten habe, die für die Ausübung ihrer freiberuflichen Tätigkeit erforderlich gewesen seien. Insofern handle es sich lediglich um eine „mittelbare“ Stärkung ihrer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Tätigkeit.

     

    Vorsteuerberichtigung neben Vorsteueraufteilung

    Auf der Grundlage der Schätzung des Finanzgerichts könne die Steuerpflichtige aus der Anschaffung des Pkw zunächst Vorsteuer i. H. v. 9.162,07 EUR (85 % × 10.778,91 EUR) geltend machen.

     

    Im Streitjahr erfolge sodann noch eine Berichtigung der abziehbaren Vorsteuer gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG, da der neu angeschaffte Pkw im Streitjahr tatsächlich nur zu 69,51 % zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen verwendet worden sei.

     

    Komme es bereits im Kalenderjahr des ursprünglichen Vorsteuerabzugs zu einer von der ursprünglichen Verwendungsabsicht abweichenden tatsächlichen Verwendung, sei das Verhältnis von § 15 Abs. 4 UStG zu § 15a Abs. 1 UStG nicht abschließend geklärt. Insofern sei umstritten, ob die ursprüngliche Verwendungsabsicht und die tatsächliche Verwendung oder aber die tatsächliche Verwendung im Jahr des Leistungsbezugs und die tatsächliche Verwendung in den Folgejahren gegenüberzustellen seien.

     

    Der Senat brauche den Streit ‒ jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten im Streitfall ‒ im Ergebnis nicht zu entscheiden. § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG stelle auf „die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse“ ab. Diese richteten sich bei der Anschaffung des Pkw durch die Steuerpflichtige nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 UStG. Insofern liege dem ursprünglichen Vorsteuerabzug eine Aufteilung mittels sachgerechter Schätzung zugrunde, die ihrerseits wiederum die tatsächlichen Verhältnisse des gesamten Kalenderjahres 2014 berücksichtige.

     

    Wegen der Besonderheit, dass die Steuerpflichtige im Jahr der Anschaffung des Pkw bereits zuvor

    • einen anderen „funktionsgleichen“ Pkw
    • für die gleichen Umsätze

     

    genutzt habe, sei für die „den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse“ daher auf die „tatsächliche Verwendung“ ‒ sowohl des alten als auch des neuen Pkw ‒ im gesamten Kalenderjahr abzustellen.

     

    Für die „tatsächliche Verwendung“ ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung i. S. d. § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG sei demgegenüber ausschließlich auf den neu angeschafften Pkw abzustellen. Daher könne es jedenfalls in Fällen, bei denen ‒ wie im Streitfall ‒ ein bereits vorhandenes Wirtschaftsgut durch ein funktionsgleiches ausgetauscht wird, zu einem Nebeneinander der Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG und § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG kommen.

     

    Der ursprüngliche Vorsteuerabzug i. H. v. 9.162,07 EUR bzw. ‒ pro Monat des Berichtigungszeitraums ‒ i. H. v. 152,70 EUR (9.162,07 EUR ÷ 60 Monate) sei daher aufgrund der tatsächlichen Verwendung vom 11.11.2014 bis 31.12.2014 nur i. H. v. 124,87 EUR ([69,51 % × 10.778,91 EUR] ÷ 60 Monate) pro Monat zulässig. Die Vorsteuer sei daher in Höhe der Differenz zwischen 305,40 EUR (152,70 EUR × 2 Monate, vgl. § 45 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung) und 249,75 EUR (124,87 EUR × 2 Monate), mithin i. H. v. 55,65 EUR gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG, zu berichtigen. Im Streitjahr könne die Steuerpflichtige aus der Anschaffung des Pkw somit insgesamt Vorsteuer i. H. v. 9.106,42 EUR abziehen.

     

    Beachten Sie | Das Urteil ist rechtskräftig.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 49645574

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