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  • · Nachricht · §§ 1, 10 UStG

    Leistungsaustausch bei Kündigung des Werkvertrags

    | Wird der Werkvertrag nach teilweiser Erbringung der Werkleistung gekündigt, unterliegt auch der Anspruch aus § 649 Satz 2 a. F. BGB der Umsatzsteuer, so das FG Niedersachsen in einer aktuellen Entscheidung. |

     

    Hintergrund

    Das Urteil erging zu § 649 BGB in der Fassung bis zum 31.12.2008. Die Vorschrift lautete wie folgt:

     

    Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

     

    Sachverhalt

    Der Steuerpflichtige ist selbstständiger Landschaftsarchitekt. Mit einem seiner Kunden hatte er einen Architektenvertrag geschlossen, der mehrere Bauabschnitte umfasste. Vor der endgültigen Fertigstellung teilte der Kunde dem Steuerpflichtigen mit, dass das Projekt aus finanziellen Gründen nicht mehr realisiert wird, und bat um Erstellung einer Schlussrechnung.

     

    Mit dem Kunden einigte sich der Steuerpflichtige darauf, dass neben dem Honorar für die tatsächlich bereits erbrachten (Teil-)Leistungen auch ein Ausfallhonorar zu zahlen sei. Mit diesem Ausfallhonorar sollten sämtliche weiteren Ansprüche aus dem Architektenvertrag abgegolten sein.

     

    Der Architekt behandelte das Honorar für die bereits erbrachten Leistungen in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung als steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz zum Regelsteuersatz von 19 %.

     

    Das Ausfallhonorar dagegen sah er als nicht steuerbar an. Es habe Entschädigungscharakter und gehöre nicht zur Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.

     

    Entscheidung

    Das FG wies die Klage als unbegründet zurück. Das Finanzamt hatte zu Recht die gesamte Zahlung des Kunden der Umsatzsteuer unterworfen.

     

    Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt die Besteuerung einer Lieferung oder Dienstleistung das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.

     

    Ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet, bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.

     

    Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den

     

    • sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und
    • die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung

     

    verpflichtet, sind die Voraussetzungen des Leistungsaustauschs regelmäßig erfüllt, falls der leistende Vertragspartner Unternehmer ist.

     

    Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, ist dabei nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen. Deshalb kommt es auf die Frage, ob die Zahlung zivilrechtlich als Schadenersatz bezeichnet wird, nicht an.

     

    Im Streitfall beruht die gesamte Zahlung des Kunden auf einem umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch im oben genannten Sinne. Denn bereits der Ausgangsvertrag nimmt hinsichtlich des für die Architektenleistung zu erbringenden Honorars ausdrücklich Bezug auf die Regelung des § 649 Satz 2 a. F. BGB.

     

    Danach ist der Unternehmer im Falle der Kündigung durch den Besteller berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Der Streitfall weist demgegenüber lediglich die Besonderheit auf, dass die vom Honorar abzuziehenden ersparten Aufwendungen pauschaliert ermittelt werden.

     

    Insofern haben sich die Vertragsparteien nicht auf die Zahlung eines Schadenersatzes anstelle des vertraglich geschuldeten Honorars geeinigt, sondern das dem Kläger bereits nach dem ursprünglichen Vertrag für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Auftrags zustehende Honorar zahlenmäßig konkretisiert.

     

    Diese Konkretisierung war erforderlich, weil der Vertrag auch für den Fall der vollständigen Realisierung des Projekts kein betragsmäßig feststehendes Honorar bestimmte, sondern nur die Parameter festlegte, nach dem der Honoraranspruch des Klägers zu berechnen war. Dieser gedanklich zu bestimmende Honoraranspruch bei vollständiger Umsetzung des Projekts war um die pauschalierten Abschläge für die nicht realisierten Leistungsphasen zu kürzen. Dies ändert aber nichts daran, dass der Kläger insgesamt ein Entgelt als Gegenleistung für die von ihm erbrachte Architektenleistung erhielt und damit ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vorlag.

     

    PRAXISTIPP | Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das FG lässt die Revision zu, weil die Entscheidung möglicherweise von der BGH-Rechtsprechung abweicht (Az. BFH: V R 13/19).

     

    Fundstelle

    • FG Niedersachsen 28.2.19, 5 K 214/18, Rev. BFH VR 13/19, iww.de/astw, Abruf-Nr. 211566
    Quelle: ID 46346280

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