· Nachricht · § 15b EStG
Verlustfeststellung: Vorgreiflichkeit und Inhalt eines Feststellungsbescheids
| Die nach § 15b Abs. 4 EStG vorgesehene gesonderte Feststellung eines nicht ausgleichsfähigen Verlusts ist auch für Einzelinvestitionen durchzuführen. Die gesonderte Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlusts im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen umfasst bei Einzelinvestitionen verschiedene Elemente. Ist dem Feststellungsbescheid nicht deutlich zu entnehmen, dass ein nicht ausgleichsfähiger Verlust festgestellt wird, fehlt es nach Auffassung des BFH an einer für die Einkommensteuerfestsetzung des Verlustentstehungsjahres bindenden Feststellung. |
Sachverhalt
Streitig war, ob die vom Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2006 geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen aus der Anschaffung einer sog. Asset Linked Note (gemäß § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG 2007) zu berücksichtigen sind. Dabei ging es im Wesentlichen darum, ob hierzu ein für die Einkommensteuerfestsetzung 2006 bindender Feststellungsbescheid gemäß § 15b Abs. 4 EStG vorliegt.
Der Steuerpflichtige hatte mit der Einkommensteuererklärung 2006 Werbungskosten zu inländischen Kapitalerträgen in Höhe von rund 14,9 Mio. EUR geltend gemacht. Der Betrag resultierte im Wesentlichen aus vorschüssig gezahlten Zinsen sowie einem Disagio für ein Darlehen. Das FA versagte den Werbungskostenansatz unter Hinweis auf das Vorliegen eines sog. Steuerstundungsmodells (i. S. von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG).
Der gegen den Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr eingelegte Einspruch der Kläger blieb ohne Erfolg. Streit besteht insbesondere auch darüber, ob ein für die Einkommensteuerfestsetzung 2006 bindender Feststellungsbescheid gemäß § 15b Abs. 4 EStG vorliegt.
Im Januar 2009 erließ das FA einen mit „Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum Schluss des Veranlagungszeitraums 2006“ überschriebenen, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid. Dieser stellte unter „A. Feststellungen“ den „verbleibenden Verlustvortrag [...] nach § 15b Abs. 4 EStG [...] für die [Einkunftsart/-quelle] Kap.vermögen, Asset Linked Note“ der M Bank „vom 28.11.2006 auf 14.895.445 EUR“ fest. Unter „B. Feststellungsgrundlagen“ wurde ein „nicht ausgeglichener Verlustvortrag zum 31.12.2006“ in Höhe von 14.895.445 EUR ermittelt, und zwar ausgehend von nicht ausgeglichenen negativen Einkünften im Jahr 2006 (lfd. Veranlagungszeitraum) in Höhe von 14.895.445 EUR unter „Hinzurechnung“ eines festgestellten verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12. des Vorjahres (§ 15b Abs. 4 EStG) in Höhe von 0 EUR sowie unter „Abzug“ der im Jahr 2006 (lfd. Veranlagungszeitraum) verrechneten Einkünfte („Verlustvortrag“) in Höhe von 0 EUR. Unter „D. Wichtige Hinweise“ ist erläutert, dass der Feststellungsbescheid Grundlagenbescheid sowohl des Einkommensteuerbescheids des darauf folgenden Jahres als auch eines zum Schluss des darauf folgenden Jahres ergehenden Bescheids über die verbleibenden Verlustvorträge i. S. der §§ 2b, 15 Abs. 4 EStG und/oder § 15b EStG (Folgebescheid) ist. Den Feststellungsbescheid hat der Steuerpflichtige weder angefochten noch einen Änderungsantrag gestellt.
Entscheidung
Der BFH ist der Auffassung, dass dieser Feststellungsbescheid keine Bindungswirkung für die Einkommensteuerfestsetzung 2006 entfaltet und damit eine bindende gesonderte Feststellung eines gemäß § 15b Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähigen Verlusts (§ 15b Abs. 4 EStG) fehlt.
Da § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG die Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlusts anordnet, ohne dabei die Fälle der Einzelinvestition auszunehmen, ist auch für Investitionen von Einzelpersonen das vorgesehene Feststellungsverfahren durchzuführen. Dabei umfasst die gesonderte Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlusts bei Einzelinvestitionen mehrere Elemente.
§ 15b Abs. 1 EStG regelt, dass Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, noch mit anderen Einkunftsarten ausgeglichen oder nach § 10d EStG abgezogen werden dürfen. Nach Satz 2 der Vorschrift mindern diese Verluste jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt.
Nach Auffassung des BFH kann ein solcher Feststellungsbescheid für Einzelinvestitionen auf der Ebene des Einkommensteuerbescheids für ein Verlustentstehungsjahr nur dann Bindungswirkung entfalten, wenn seinem Regelungsgehalt (auch) zu entnehmen ist, in welcher Höhe ein nicht ausgleichsfähiger Verlust gemäß § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG aus einem Steuerstundungsmodell entstanden ist.
Eine solche Feststellung eines nicht ausgleichsfähigen Verlusts lag im Streitfall jedoch nicht vor, da der Bescheidtenor keine ausdrückliche Feststellung des im Feststellungszeitraum (dem Verlustentstehungsjahr) nicht ausgleichsfähigen Verlusts enthält. Ihm ist damit nicht mit hinreichender Deutlichkeit eine für die Einkommensteuerfestsetzung 2006 bindende Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlusts zu entnehmen.
Fundstelle
- BFH 11.11.15, VIII R 74/13, astw.iww.de, Abruf-Nr. 184829