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  • 18.10.2011

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 26.08.2011 – 9 Sa 102/11

    Ein Feststellungsinteresse fehlt regelmäßig dann, wenn eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist. Als Leistungsklage in diesem Sinne kommt auch eine Stufenklage in Betracht. Die Zulässigkeit einer Zwischenfeststellungsklage setzt voraus, dass das Urteil über die Hauptsache die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht bereits erschöpfend regelt, sondern zumindest die Möglichkeit besteht, dass aus dem streitigen Rechtsverhältnis weitere Ansprüche zwischen den Parteien erwachsen.


    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 20.01.2011 - 6 Ca 546/10 - teilweise abgeändert und die Klage mit dem Antrag zu 1. (Feststellungsantrag) abgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Der Kläger war im Zeitraum vom 01.04.1999 bis zum 31.12.2010 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt.

    Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt der Arbeitsvertrag mit Datum vom 14.11.2003, der in § 5 Folgendes vorsieht:

    "1. Die Vergütung Fixum und PC-Provision erfolgt gemäß Anlage II zum Anstellungsvertrag.

    Gehaltsveränderungen werden jährlich durch Anpassung der PC-Provision angepasst.

    - siehe Anlage II.

    - Das Bruttogehalt incl. Provision - Abschlagszahlung wird jeweils zum Monatsende unter Berücksichtigung der banküblichen Laufzeiten fällig..."

    Die in § 5 Ziffer 2 des Vertrages in Bezug genommenen Anlage II enthält folgende Regelung:

    "Grundlagen zur Vergütung Fixum und PC-Provision für Herrn C., Geschäftsjahr 2003

    Grundlagen:

    1) Plan Umsatz 2003

    = 1.185.000,00 EUR

    2) Zieleinkommen

    = 66.000,00 EUR

    3) Fixum=1.300,00 EUR/Mon. x 12

    = 15.600,00 EUR

    4) variabler Anteil (Provision)

    = 50.400,00 EUR

    5) maximal erreichbare Provision

    = 65.000,00 EUR

    Berechnung des Provisionssatzes 2003:

    1) Formel: variabler Anteil x 100 % / Plan Umsatz = x %

    2) Berechnung: 50.400,00 EUR x 100 % / 1.185.000,00 EUR = 4,25 %

    ..........."

    Diese Anlage wurde seinerzeit von beiden Parteien unterschrieben. Die letzte Anpassung erfolgte am 03.03.2005 (Bl. 17 d. A.). Sie erfolgte in der gleichen Form wie die soeben genannte Anlage II zum Arbeitsvertrag. Auch diese Anpassung wurde von beiden Parteien unterschrieben.

    In Form einer tabellarischen Aufstellung (Bl. 20 d. A.) hat die Beklagte den Planumsatz für das Jahr 2010 mit 550.000,-- € angegeben.

    Der Kläger ist der Ansicht, aufgrund dieser Mitteilung des Planumsatzes errechne sich in Vollzug der in Anlage II zum Arbeitsvertrag unter "B) Berechnung des Provisionssatzes" angegebenen Formel für das Jahr 2010 ein Provisionssatz in Höhe von 9,82 Prozent.

    Der Kläger hat erstinstanzlich im Wege der Stufenklage hinsichtlich der Umsätze des Zeitraums 01.01.2009 bis 30.06.2010 die Erteilung von Auskunft durch Erstellung eines Buchauszugs, die Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten Abrechnung an Eides statt sowie einen -noch unbezifferten- Zahlungsanspruch geltend gemacht. Ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm eine "PC-Provision" gem. § 5 des Anstellungsvertrages vom 14.01.2003 für das Jahr 2010 in Höhe von 9,82 Prozent zu zahlen.

    Diesem letztgenannten Feststellungsantrag hat das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - mit Teil-Urteil vom 20.01.2011, Az.: 6 Ca 546/10 stattgegeben und zur Begründung -zusammengefasst- ausgeführt:

    Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig, da die Entscheidung über den Feststellungsantrag eine umfassende Klärung der Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag der Parteien erlaube. Der Antrag habe auch Erfolg. Die Parteien hätten für die Berechnung des Provisionssatzes ausweislich der Anlage II zum Anstellungsvertrag die dort aufgeführte Formel vereinbart. Die Beklagte habe den Planumsatz 2010 mit 550.000,-- € festgesetzt, so dass sich der vom Kläger errechnete Provisionssatz ergebe.

    Das genannte Teil-Urteil ist der Beklagten am 27.01.2011 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 21.02.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 24.03.2011 bis zum 27.04.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 26.04.2011, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 27.04.2011, auf den wegen der Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 152 ff. d. A.), begründet.

    Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, unter Berücksichtigung des Vorrangs der Leistungsklage gegenüber einer Feststellungsklage sei die Klage mit dem Feststellungsantrag bereits unzulässig. Auch in der Sache bestehe ein Provisionsanspruch in geltend gemachter Höhe nicht. Bei Anlage II handele es sich nicht um eine abstrakte Vereinbarung der Eckdaten der Provisionsberechnung, sondern nur um eine beispielhafte Berechnung der Provision für das Jahr 2003. Mit dem Kläger sei in jedem Jahr entweder zu Anfang des Jahres oder am Ende des vorangegangenen Jahres ein Personalgespräch geführt worden, innerhalb dessen dann ggf. gemeinsam eine Vereinbarung über den zukünftigen Zielumsatz getroffen worden sei. Eine einseitige Festlegung durch die Beklagte sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Bei der vom Kläger zum Beleg dafür, dass die Beklagte ihm gegenüber einseitig und verbindlich den Umsatz festgelegt habe, vorgelegten Tabelle handele es sich um eine reine Planungsunterlage.

    Die Beklagte beantragt,

    unter teilweiser Abänderung des am 20.01.2011 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach -, Az.: 6 Ca 546/10, die Klage abzuweisen, soweit die Feststellung begehrt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine PV-Provision gem. § 5 des Anstellungsvertrages vom 14.01.2003 für das Jahr 2010 in Höhe von 9,82 % zu zahlen (Tenor Nr. 1 des angefochtenen Urteils).

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 31.05.2011, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 168 ff. d. A.), als zutreffend. Ein Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass sich die Parteien in Vergleichsverhandlungen befänden. Inhalt des Vergleiches solle die Festlegung der zu berücksichtigenden Umsätze sein, während die Höhe des streitgegenständlichen Provisionssatzes ausdrücklich nach dem beabsichtigten Vergleich offen bleiben solle. Eine Leistungsklage sei mangels Berechnungsgrundlage nicht möglich.

    Das Arbeitsgericht sei im Übrigen zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der in Anlage II aufgeführten Berechnungsformel nicht nur um eine beispielhafte Berechnung für das Jahr 2003 gehandelt habe.

    Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und -auch inhaltlich ausreichend- begründet.

    II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unzulässig. Ihr fehlt das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

    1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete mit Ablauf des 31.12.2010. Abgesehen davon, dass der Feststellungsantrag nicht abstrakt die Frage des Rechnungsmodus für die an den Kläger zu zahlenden Provisionen zum Streitgegenstand macht, sondern die Feststellung eines bestimmten Prozentsatzes für das Jahr 2010 beinhaltet, ist nicht ersichtlich, dass angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses diese Frage im Interesse der Vermeidung zukünftiger Auseinandersetzungen der Klärung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch bedarf.

    Soweit der Kläger auf einen beabsichtigten Vergleich zwischen den Parteien hinweist, nach dessen -beabsichtigtem- Inhalt, die Festlegung der Höhe des Provisionssatzes nicht im Vergleich, sondern durch gerichtliche Entscheidung geklärt werden solle, ist ein solcher Vergleich bis zum Abschluss des vorliegenden Berufungsverfahrens nicht zustande gekommen. Angesichts dessen und der Tatsache, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Stufenklage nach wie vor erstinstanzlich anhängig ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt besteht, dass vorliegend schon das Feststellungsurteil zur endgültigen Streitbeilegung führt.

    2. Ein Feststellungsinteresse fehlt, wenn eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist. Auch die hier in Betracht kommende sog. Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO setzt voraus, dass ein Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht bereits erschöpfend regelt, sondern zumindest die Möglichkeit besteht, dass aus dem streitigen Rechtsverhältnis weitere Ansprüche zwischen den Parteien erwachsen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 256 RZ 26 mwN). Hieran fehlt es, da sich der Feststellungsantrag auf die Provisionshöhe des Jahres 2010 bezieht, so dass -abgesehen davon, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.12.2010 nicht fortbestanden hat- der begehrte Feststellungsausspruch sich für weitere Jahre nicht rechtsbefriedend auswirken könnte.

    Der sog. Vorrang der Leistungsklage besteht auch dann, wenn die von ihm abhängigen Zahlungsansprüche im Wege der Stufenklage -wenn auch zunächst noch unbeziffert- geltend gemacht werden können (vgl. BGH 03.04.1996 -VIII ZR 3/95 -NJW 1996, 2097). Diese Möglichkeit besteht im vorliegenden Fall ohne Weiteres, da der Kläger durch entsprechende Klageerweiterung sein Auskunfts- und unbeziffertes Zahlungsbegehren auf den Zeitraum des gesamten Jahres 2010 erstrecken kann.

    Nach erteilter Auskunft ist es dem Kläger ohne Weiteres möglich, seine Provision durch bezifferten Leistungsantrag geltend zu machen und hierbei an der von ihm vertretenen Rechtsposition zu Inhalt und Auslegung der zwischen den Parteien getroffenen Provisionsvereinbarung festzuhalten. Die Frage, welchen Inhalt die Provisionsvereinbarung der Parteien hat, ist sodann als Vorfrage zu klären, wobei die Klärung als Vorfrage und ein entsprechendes Urteil über die Zahlungsansprüche des Klägers im Hinblick auf die zwischenzeitliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend regelt.

    III. Auf die Berufung war daher das angefochtene Teil-Urteil abzuändern und die Klage mit dem Feststellungsantrag abzuweisen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen gem. § 91 ZPO dem Kläger zur Last. Ein Revisionszulassungsgrund besteht nicht.

    VorschriftenZPO § 254, ZPO § 256 Abs. 1, ZPO § 256 Abs. 2