Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 22.07.2025 · IWW-Abrufnummer 249253

    Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 13.06.2025 – 1 SLa 21/25

    Löst eine Klausel die Rückzahlung von Fortbildungskosten aus, wenn das Arbeitsverhältnis "auf Wunsch" des Arbeitnehmers beendet wird, meint dies die unterschiedslose Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung des Arbeitnehmers. Mit diesem Inhalt ist die Klausel unangemessen benachteiligend i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB .

    Finden die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" - AVR-Caritas - Anwendung, kann eine Rückforderung von Fortbildungskosten nicht "ersatzweise" auf § 10a Abs. 2 AVR-Caritas gestützt werden, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Gewährung einer Fortbildung und die Rückforderung deren Kosten auf von § 10a AVR-Caritas abweichende allgemeine Geschäftsbedingungen gestützt haben.

    Ein Kündigungsberechtigter widerlegt sich selbst, wenn sein Verhalten erkennen lässt, dass er in einem angenommenen Pflichtenverstoß keine erhebliche Belastung des Arbeitsverhältnisses erblickt. Eine solche Selbstwiderlegung steht der Annahme entgegen, aus etwaigen zuvor gegebenen Pflichtverletzungen Rechtsfolgen ziehen zu wollen.


    Tenor:

    Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 12.12.2024 - 2 Ca 437/24 - auf die Berufung des Beklagten teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Rückforderung von Fort- und Ausbildungskosten.

    Der am 11.03.1995 geborene beklagte Arbeitnehmer war bei der Klägerin auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 19.08.2020 ab dem 01.10.2020 ausweislich der Formulierungen im Arbeitsvertrag als "Mitarbeiter im Ärztlichen Dienst als Physician Assistant" tätig. Die Klägerin betreibt an vier Standorten Krankenhäuser sowie ein Pflegezentrum. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Beklagten vom 16.11.2023 mit Ablauf des 31.12.2023.

    Arbeitsvertraglich legten die Parteien fest, dass der Beklagte lediglich im Umfang der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit tätig sein sollte. Zugleich wurde vereinbart, dass er ab dem 01.10.2023 in Vollzeit beschäftigt werde.

    Vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Klägerin arbeitete der Beklagte, der bis dahin nicht als Physician Assistant ausgebildet war, als Notfallsanitäter. Die aus dem internationalen Sprachgebrauch entlehnte Berufsbezeichnung Physician Assistant beschreibt einen qualifizierten Gesundheitsberuf, der nach einem mit einem Bachelorabschluss endenden Hochschulstudium ausgeübt werden kann. Der Berufsträger ist berechtigt, ärztliche Aufgaben im Rahmen vorheriger Delegation auszuführen.

    Durch eine in Form allgemeiner Geschäftsbedingungen abgeschlossene Weiterbildungsvereinbarung vom 29.09.2020 vereinbarten die Parteien "zusätzlich zum Dienstvertrag vom 19.08.2020", dass der Beklagte vom 01.10.2020 bis 30.09.2023 an einem berufsbegleitenden Studium "Bachelor Physician Assistance (B. Sc.)" teilnahm. Dieses Studium schloss der Beklagte erfolgreich mit Erhalt des Bachelor-Diploms am 31.08.2023 ab. Die Parteien hielte des Weiteren fest:

    "§ 2 Freistellung Der Mitarbeiter erhält für die Teilnahme am Studium eine unbezahlte Freistellung. Die Dienstplanung ist, in Absprache mit dem Vorgesetzten, so vorzunehmen, dass der Mitarbeiter alle für das Studium vorgeschriebenen Pflichtzeiten erfüllen kann. § 3 Kostentragung Der Dienstgeber übernimmt folgende Kosten der Fortbildung: Studiengebühren in Höhe von 510,00 Euro/Monat (insgesamt 18.360,00 Euro) Einschreibungs- und Prüfungsgebühren in Höhe von 550, 00 Euro Vergütung innerhalb der Praxisphase: die vorgeschriebenen Praxiszeiten (insgesamt 132,5 Tage) werden dem Mitarbeiter als Arbeitszeit angerechnet und als Überstunde vergütet. Diese Arbeitszeit ist gesondert (nicht im Dienstplan) zu dokumentieren und in der Personalabteilung anzuzeigen (voraussichtlich insgesamt: 20.034,00 Euro). Die vom Dienstgeber zu tragenden Gesamtkosten werden daher voraussichtlich ca. 38.944,00 Euro betragen. Die Erstattung dieser Kosten erfolgt nur gegen Vorlage entsprechender Belege. § 4 Rückzahlungspflicht (1) Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die nach § 3 vom Dienstgeber tatsächlich übernommenen Kosten an diesen zurückzuzahlen, wenn das Dienstverhältnis auf Wunsch des Mitarbeiters oder aus einem von ihm zu vertretenden Grund innerhalb von 36 Monaten nach Beendigung der Weiterbildung beendet wird. Zur Erstattung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung ist er nicht verpflichtet. (2) Für jeden vollen Beschäftigungsmonat nach Beendigung der Weiterbildung vermindert sich der Rückzahlungsbetrag um 1/36 (entspricht 1.081,78 Euro pro Monat). (...)"

    Arbeitsvertraglich war vereinbart, dass die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (im Folgenden: AVR-Caritas) in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung fanden. § 10a AVR-Caritas regelt Folgendes:

    (1) Wird ein Mitarbeiter auf Veranlassung und im Rahmen der Qualitätssicherung oder des Personalbedarfs des Dienstgebers fort- oder weitergebildet, werden, sofern keine Ansprüche gegen andere Kostenträger bestehen, vom Dienstgeber

    a) dem Mitarbeiter, soweit er freigestellt werden muss, für die notwendige Fort- oder Weiterbildungszeit die bisherigen Dienstbezüge (Abschnitt II der Anlage 1 zu den AVR-Caritas) fortgezahlt und

    b) die Kosten der Fort- oder Weiterbildung getragen.

    (2) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, dem Dienstgeber die Aufwendungen für eine Fort- und Weiterbildung i. S. des Absatz 1 zu ersetzen, wenn das Dienstverhältnis auf Wunsch des Mitarbeiters oder aus einem von ihm zu vertretenen Grund endet. Für jeden vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Fort- oder Weiterbildung werden 1/36 des Aufwendungsbetrages erlassen.

    (3) Eine Rückzahlungsverpflichtung besteht nicht, wenn die Mitarbeiterin wegen Schwangerschaft oder wegen Niederkunft in den letzten drei Monaten kündigt oder einen Auflösungsvertrag geschlossen hat.

    (4) In besonders gelagerten Fällen kann von der Rückzahlungsregelung zugunsten des Mitarbeiters abgewichen werden.

    Mit ihrer am 04.07.2024 anhängig gewordenen Klage beansprucht die Klägerin entsprechend eines zuvor unter dem 23.04.2025 an den Beklagten gerichteten Schreibens angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten zu Beginn der dreijährigen Bindungsfrist aus § 4 Abs. 1 der Weiterbildungsvereinbarung Rückzahlung der von ihr übernommenen Fortbildungskosten. Dabei setze sie 18.360 € für Studiengebühren, 550 € für Einschreibe- und Prüfungsgebühren und 12.862,16 € für Vergütung während der Praxisphase an, die sie einschließlich der anfallenden Sozialversicherungsabgaben berechnete, insgesamt also 31.772,16 €. Unter Berücksichtigung der sich aus § 4 Abs. 2 der Weiterbildungsvereinbarung ergebenden Ratierlichkeit errechnete die Klägerin bei 33/36 des Gesamtbetrags einen Rückforderungsbetrag in Höhe von 29.124,48 €, darauf entfielen rechnerisch 11,790,31 € auf Vergütungsrückzahlungen.

    Der Beklagte bezog während seines Studiums zunächst eine Vergütung im Umfang einer halben Stelle. Die Arbeitszeit wurde zum Ende der Studienzeit auf 60 % angehoben. Der Beklagte erbrachte studienbegleitende Pflichtpraktika im Umfang von 520 Arbeitsstunden in den Einrichtungen der Klägerin. Dazu teilte der Beklagte der Klägerin mit, welche Praktika er in welchen Bereichen habe erbringen müssen. Die Klägerin behandelte diese Praktika wie Arbeitszeit und vergütete sie mit der dem Beklagten jeweils gewährten monatlichen Vergütung. Eine Freistellung des Beklagten von Arbeitsverpflichtungen zur Teilnahme an Studienveranstaltungen erfolgte nicht. Der Beklagte arbeitete vor und setzte die so erarbeiteten Stunden für das Studium ein.

    Der Beklagte wandte sich am 25.09.2023, 10.10.2023 und 12.10.2023 unter Verwendung der dafür vorgesehenen Formulare mit Überlastungsanzeigen an die Klägerin. Ob diese Überlastungsanzeigen die zutreffenden Stellen innerhalb der Organisation der Klägerin erreichten, ist zwischen den Parteien streitig. Das gilt auch für die vorgetragenen Belastungsgründe an sich und für den Inhalt der im Zusammenhang mit den Überlastungsanzeigen geführten Gespräche zwischen dem Beklagten und einem ärztlichen Mitarbeiter der Klägerin.

    Mit elektronischer Nachricht vom 03.11.2023 wandte sich der Beklagte an die Klägerin und setzte ihr eine Frist bis zum 16.11.2023, innerhalb derer sie ihm einen adäquaten und dem aktuellen Marktwert entsprechenden Vorschlag zur Eingruppierung unterbreiten solle. Andernfalls, so die Ankündigung in dieser Nachricht, werde er der Klägerin kurz- bzw. mittelfristig nicht erhalten bleiben. Ferner forderte er die Klägerin auf, ihm eine Ausgleichszahlung für die Zeit seit dem 31.08.2023 - dem Datum des Erhalts seines Bachelor-Diploms - zu zahlen, weil er seitdem seine Tätigkeit "offiziell als B.Sc." verrichtet habe, dies unter sehr kritischen Arbeitsbedingungen im Neubau, wie sich seinen Überlastungsanzeigen entnehmen lasse. Ausweislich einer weiteren elektronischen Nachricht des Beklagten an die Klägerin vom 05.11.2023 lehnte der Beklagte eine Annahme des ihm am Tag zuvor vorgelegten Änderungsvertrags ab, im Wesentlichen mit der Begründung, der nun vorgeschlagene Änderungsvertrag entspräche zwar einer Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants DGPA, doch berücksichtige die Klägerin nicht, dass er nicht Berufseinsteiger sei, sondern bereits seit Oktober 2020 bei der Klägerin in der Funktion eines Physician Assistant arbeite. Er empfände das Angebot daher als nicht akzeptabel.

    Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Rückzahlungsklausel in der Weiterbildungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei ausreichend transparent. Die Parameter für die Berechnung der Fortbildungskosten seien angegeben. Die Bindungsdauer von drei Jahren sei angesichts der langen Fortbildungsdauer und der erworbenen Qualifikation angemessen. Eine Vergütung für Pflichtpraktika sei von ihr nicht geschuldet gewesen. Sie habe diese Praktika auf der Grundlage der Weiterbildungsvereinbarung freiwillig vergütet. Sollte die Weiterbildungsvereinbarung ihren Rückzahlungsanspruch nicht tragen, könne sie diesen jedenfalls auf § 10a Abs. 2 S. 1 AVR-Caritas stützen.

    Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe die von ihm hereingegebenen Überlastungsanzeigen nicht an die richtigen Ansprechpartner ihres Hauses adressiert. Erörtert habe allerdings einer ihrer ärztlichen Mitarbeiter mit dem Beklagten die von ihm vorgetragenen Gründe. Dem Beklagten sei letztlich nicht um eine Überlastung gegangen, sondern um die Höhe seiner Vergütung.

    Die Klägerin hat beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen, 29.124,48 € sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an sie zu zahlen.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Rückzahlungsklausel in der Weiterbildungsvereinbarung differenziere nicht ausreichend nach den Beendigungstatbeständen. Sie sei daher unangemessen benachteiligend. Er habe während der Praktika, die er in den Einrichtungen der Klägerin verbracht habe, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Physician Assistant erbracht. Diese Vergütung könne die Klägerin jedenfalls nicht zurückfordern. Der Klägerin sei es nicht möglich, einen Rückforderungsanspruch auf § 10a AVR-Caritas zu stützen. Die Weiterbildungsvereinbarung regele die Rückzahlungsverpflichtung eigenständig und abschließend. Sie weiche in wesentliche Punkten zu seinen Lasten von der Regelung in § 10a AVR-Caritas ab.

    Der Beklagte hat behauptet, er habe gekündigt, weil er schlicht überlastet gewesen sei, wie sich seinen Überlastungsanzeigen entnehmen lasse. Eine Auseinandersetzung mit den Gründen oder eine Abhilfe sei nicht erfolgt. Deshalb, so seine Auffassung, sei er berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.

    Mit Urteil vom 12.12.2024 hat das Arbeitsgericht der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 17.334,19 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Klägerin könne anteilig Kosten für Studien-, Einschreibe und Prüfungsgebühren zurückfordern. Zwar könne sie sich nicht auf die Rückforderungsklausel in § 4 Abs. 1 der Weiterbildungsvereinbarung stützen. Diese sei unangemessen benachteiligend und damit unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Doch könne die Klägerin ihren Anspruch aus § 10a Abs. 2 AVR-Caritas herleiten. Der Maßstab zur Überprüfung der AVR-Caritas sei auf einen Verstoß gegen höherrangiges Recht oder gesetzliche Bestimmungen reduziert. Ein solcher Verstoß durch die Rückzahlungsklausel des § 10a Abs. 2 AVR-Caritas sei nicht erkennbar. § 10a Abs. 2 AVR-Caritas könne auch herangezogen werden. Die unwirksamen Rückforderungsbestimmungen in § 2 Abs. 1 der Weiterbildungsvereinbarung sei im Wege eines Blue-Pencil-Tests zu streichen. Es verblieben dann die Bestimmungen in § 10a AVR-Caritas.

    Die Klage sei indes abzuweisen, soweit die Klägerin Rückforderung für die während der Pflichtpraktika aufgewandte Vergütung beanspruche. Der Beklagte sei nicht freigestellt worden, sondern habe während der Praktika Arbeitsleistung erbracht, die zu vergüten sei. Der Beklagte habe ausweislich des Arbeitsvertrages als Physician Assistant gearbeitet. Dass er während der Praktika andere Tätigkeiten entfaltet habe, sei dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen.

    Gegen das den Parteien jeweils am 02.01.2025 zugestellt Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien, die seitens des Beklagten am 08.01.2025 eingegangen und am 27.02.2025 begründet worden ist.

    Die Klägerin verfolgt mit Ihrer Berufung vom 03.02.2025 die Klage, soweit sie unterlegen war, hinsichtlich eines Betrags in Höhe von 10.288,40 € weiter. Dabei handelt es sich um den von ihr errechneten Rückzahlungsbetrag der während der Praktika gewährten Vergütung, allerdings nun ohne Berücksichtigung der erstinstanzlich von ihr eingeforderten Sozialversicherungsbeiträge, wie ihrer am 27.02.2025 eingegangenen Berufungsbegründung zu entnehmen ist.

    Die Klägerin wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlich vorgetragenen Auffassungen, insbesondere zur Rechtswirksamkeit der Rückforderungsklausel in § 4 Abs. 1 der Weiterbildungsvereinbarung. Sie behauptet, der Beklagte sei von ihr während der studienbegleitende Pflichtpraktika im Sinne von § 10a Abs. 1 a) AVR-Caritas "freigestellt" worden. So habe der Beklagte, wenn auch ausweislich des Arbeitsvertrags bereits als "Physician Assistant" eingestellt, nicht vollumfänglich eingesetzt werden können. Während der Praxiseinsätzen habe der Beklagte, so ihre Behauptung, lediglich hospitiert.

    Die Klägerin beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 12.12.2025 - 2 Ca 437/24 - teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 10.288,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.07.2024 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 12.12.2025 - 2 Ca 437/24 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

    Der Beklagte ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft die in § 10a Abs. 2 AVR-Caritas vorgesehene Anspruchsgrundlage für die Rückforderung von Fortbildungskosten im Wege des Blue-Pencil-Tests herangezogen. Die Rückforderungsklausel in § 4 Abs. 1 der Weiterbildungsvereinbarung halte - wovon auch das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen sei - einer Angemessenheitskontrolle im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Mit der Weiterbildungsvereinbarung, die die Parteien in Ergänzung zu den Regelungen der AVR-Caritas getroffen hätten, sei der Regelungskomplex zur Weiterbildung und zur Rückforderung von Fortbildungskosten abschließend geregelt worden. Es sei unzulässig, nun im Wege einer Streichung unwirksamer Bestimmungen ersatzweise auf die Rückforderungsklausel aus § 10a Abs. 2 AVR-Caritas abstellen zu wollen. Das käme einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion gleich. Ohnehin dürfte angesichts des Rechtsprechungswandels zur Rückzahlung von Fort- und Ausbildungskosten anzunehmen sein, dass auch die Rückzahlungsklausel in § 10a Abs. 2 AVR einer AGB-Kontrolle nicht mehr standhalte. Trage entgegen seiner - des Beklagten - Meinung § 10a Abs. 2 AVR den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch der Klägerin, sei dem Arbeitsgericht allerdings beizupflichten, dass jedenfalls die gezahlte Vergütung nicht zurückgefordert werden könne. Er sei während der Zeit der studienbegleitenden Praktika seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit als Physician Assistant nachgekommen.

    Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von den Parteien abgegebenen und zu Protokoll genommenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Berufungen der Parteien sind an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. c) ArbGG). Sie wurden nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG vom Beklagten am 08.01.2025 und von der Klägerin am 03.02.2025, einem Montag, gegen das am 02.01.2025 beiden Parteien zugestellte Urteil form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Monatsfrist gem. § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG von beiden Parteien am 27.02.2025 begründet. Die Berufungen sind zulässig.

    II. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Auf die zulässige Berufung des Beklagten war das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern. Die Klage war insgesamt abzuweisen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung von 10.288,40 € an gezahlter Vergütung sowie weiterer 17.224,19 € an übernommenen Studien- sowie Einschreibe- und Prüfungsgebühren zu.

    1. Einen solchen Anspruch kann die Klägerin nicht auf § 4 Abs. 1 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung stützen, wenn auch die Voraussetzungen der Rückzahlungsklausel erfüllt sein dürften. So hat der Beklage eine von der Klägerin finanzierte Ausbildung durchlaufen und das Arbeitsverhältnis wenige Monate nach Abschluss des Studiums beendet.

    a) § 4 Abs. 2 der Weiterbildungsvereinbarung setzt für den Rückzahlungsanspruch voraus, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses "auf Wunsch" des fortgebildeten Arbeitnehmers erfolgt. Der Beklagte kann nicht einwenden, es fehle bereits am "Wunsch" einer Beendigung, weil er sich zum Ausspruch der Kündigung aus Gründen der Überlastung veranlasst gesehen habe.

    Zwar hat der Beklagte Überlastungen unter Verwendung der dafür vorgesehenen Formulare am 25.09.2023, 10.10.2023 und 12.10.2023 angezeigt. Auch sind diese Anzeigen trotz des erstinstanzlichen Bestreitens der Klägerin bei deren zutreffenden Stellen eingegangen. Denn die Beklagte hat im weiteren Verlauf des Klageverfahrens vorgetragen, ein ärztlicher Mitarbeiter habe sich mit dem Inhalt befasst und Gespräche mit dem Beklagten geführt. Die Übermittlung der Überlastungsanzeigen gilt damit nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Doch widerlegt der Beklagte die von ihm insoweit vorgetragene Kündigungsmotivation selbst. So ist seinem elektronischen Schreiben vom 03.11.2023 zu entnehmen, dass er eine seinem "Marktwert" entsprechende Vergütung von der Klägerin erwartet hat, ebenso wie eine Nachzahlung für die Monate seiner Tätigkeit nach Erlangung seines Abschlusses, dies insbesondere mit Blick auf die aus seiner Sicht gegebenen "sehr kritischen Arbeitsbedingungen im Neubau". Andernfalls werde er der Klägerin "nicht erhalten bleiben". Damit hat der Beklagte deutlich gemacht, dass jedenfalls die Arbeitsbedingungen es nicht sind, die ihn zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses motivieren könnten, sondern die aus seiner Sicht nicht angemessene Höhe seiner Vergütung. Mit weiterer elektronischer Nachricht vom 05.11.2023 bestärkte der Beklagte diesen Eindruck, führt er dort aus, das ihm zwischenzeitig vorgelegt Angebot entspräche zwar den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants DGPA, sei angesichts seiner Berufserfahrung gleichwohl unangemessen niedrig. Die Klägerin konnte den Inhalt dieser elektronischen Nachrichten nur dahingehend verstehen, dass die vormaligen Überlastungsanzeigen für den Beklagten keine Kündigungsrelevanz haben und dessen weiterer Verbleib alleine davon abhängt, ob eine Vereinbarung über die zutreffende Eingruppierung und Vergütungshöhe herbeigeführt werden könne.

    Ein Kündigungsberechtigter widerlegt sich hingegen selbst, wenn sein Verhalten erkennen lässt, dass er in einem angenommenen Pflichtenverstoß keine erhebliche Belastung des Arbeitsverhältnisses erblickt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 21.07.2020 - 8 TaBV 12/19). Eine solche Selbstwiderlegung steht der Annahme entgegen, aus etwaigen zuvor gegebenen Pflichtverletzungen Rechtsfolgen ziehen zu wollen.

    b) Gleichwohl kann die Klägerin einen Rückzahlungsanspruch nicht auf § 4 Abs. 1 S. 1 de Weiterbildungsvereinbarung stützen. Denn die Klausel benachteiligt, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, den Beklagten unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und ist damit unwirksam.

    aa) § 4 Abs. 1 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung ist nach übereinstimmender Auffassung der Parteien eine allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. §§ 305 ff BGB. Im Übrigen wurde die Klausel ihrem ersten Anschein nach dem Beklagten von der Klägerin vorformuliert vorgelegt und gilt damit bereits nach § 310 Abs. 3 Ziff. 1 BGB als Allgemeine Geschäftsbedingung.

    bb) Die Rückzahlungsklausel in § 4 Abs. 1 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung unterliegt einer Angemessenheits- und Transparenzkontrolle i.S.d. §§ 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB. Eine solche findet nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nur bei solchen Allgemeinen Geschäftsbedingungen statt, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzenden Regelungen vereinbart werden. Dazu zählen alle Gesetze im materiellen Sinne, ebenso wie richterrechtlich entwickelte Rechtsgrundsätze und auch solche Bestimmungen, die die Umstände des vom Verwender gemachten Hauptleistungsversprechens ausgestalten (BAG 25.04.2023, 9 AZR 187/22; 11.12.2018 - 9 AZR 383/18; 18.03.2014 - 9 AZR 545/12; 13.12.2011 - 3 AZR 791/09; LAG Hamm 15.11.2024 - 1 SLa 733/24; 29.01.2021 - 1 Sa 954/20).

    § 4 Abs. 2 der Weiterbildungsvereinbarung legt eine solche Ausgestaltung des Hauptleistungsversprechens fest. Dort wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Rückzahlung der Fortbildungskosten in Betracht kommt. Außerdem wird durch eine Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsvereinbarung ein Bleibedruck ausgelöst und eine von der arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1, 2 GG und somit eine von Rechtsvorschriften abweichende Bestimmung getroffen (vgl. BAG 25.04.2023, 9 AZR 187/22; 01.03.2022, 9 AZR 260/21; 11.12.2018 - 9 AZR 383/18; 18.11.2008 - 3 AZR 192/07; 23.01.2007 - 9 AZR 482/06; 11.04.2006 - 9 AZR 610/05; LAG Hamm 15.11.2024 - 1 SLa 733/24; 25.02.2022 - 1 Sa 1282/21; 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 - 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18; 10.09.2010 - 7 Sa 633/10).

    cc) § 4 Abs. 2 der Weiterbildungsvereinbarung benachteiligt den Beklagten gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligend. Die Klausel ist daher unwirksam und entfällt ersatzlos. Sie ist auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung mit einem zulässigen Inhalt aufrechtzuerhalten. Auch greifen Gründe des Vertrauensschutzes nicht.

    (1) Nach ständiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung müssen sich Rückzahlungsklauseln, die als allgemeine Geschäftsbedingungen formuliert sind, nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB daran messen lassen, ob sie den Arbeitnehmer als Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen. Dabei sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB angemessen zu berücksichtigen (vgl. nur BAG 01.03.2022, 9 AZR 260/21; 18.03.2014 - 9 AZR 545/12; 21.08.2012 - 3 AZR 698/10; 18.11.2008 - 3 AZR 192/07; 23.01.2007 - 9 AZR 482/06; 11.04.2001 - 9 AZR 610/05; LAG Hamm 15.11.2024 - 1 SLa 733/24; 25.02.2022 - 1 Sa 1282/21; 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 - 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18; 09.03.2012 - 7 Sa 1500/11; 14.01.2011 - 7 Sa 1386/10; 10.09.2010 - 7 Sa 633/10; LAG Nürnberg 26.03.2021 - 8 Sa 412/20; Schrade, Festschrift Ingrid Schmidt, 2021, S. 895, 897; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 338; Meier/Mosig, NZA 2008, 1168, 1169; Düwell/Ebeling, DB 2008, 406; Schmidt, NZA 2004, 1002).

    (2) Vorformulierte Rückforderungsklauseln sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dann unangemessen benachteiligend, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu beachten und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren (BAG 18.03.2008 - 9 AZR 186/07; LAG Hamm 15.11.2024 - 1 SLa 733/24; 25.02.2022 - 1 Sa 1282/21; 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 21.01.2021 - 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18). Um festzustellen, ob eine unangemessene Benachteiligung gegeben ist, sind die rechtlich anzuerkennenden Interessen der Vertragspartner wechselseitig zu berücksichtigen und zu bewerten. Dabei ist ein genereller und typisierender Maßstab anzulegen, der vom Einzelfall losgelöst ist. Unter Berücksichtigung der beteiligten Verkehrskreise sind Art, Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des Geschäfts zu berücksichtigen (BAG 25.04.2023, 9 AZR 187/22; 27.7.2010 - 3 AZR 777/08; 18.03.2008 - 9 AZR 186/07; 11.04.2006 - 9 AZR 610/05; LAG Hamm 15.11.2024 - 1 SLa 733/24; 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 - 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18).

    (3) Die Klausel in § 4 Abs. 1 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung ist jedenfalls deshalb unangemessen benachteiligend, weil sie unter Berücksichtigung des generalisierenden und typisierenden Maßstabs, der im Rahmen der Angemessenheitskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen anzulegen ist (BAG 25.04.2023, 9 AZR 187/22; 11.12.2018 - 9 AZR 383/18; LAG Hamm 25.02.2022 - 1 Sa 1282/21; 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 - 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa 49/18), nicht ausreichend nach dem Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenziert.

    (4) Denn bei einer näheren Betrachtung der Rückforderungsklausel bleibt der Beklagte in jedem Fall einer Eigenkündigung unterschiedslos zu Rückzahlung verpflichtet. So knüpft die Klägerin die Verpflichtung zur Rückzahlung der Fortbildungskosten an eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses "auf Wunsch" des Beklagten. Der von der Klägerin in dieser Klausel - aber ebenso in § 10a AVR Caritas - verwandte Begriff "Wunsch" hat für sich gesehen keinen rechtlichen Gehalt. Der Wortlaut der Rückzahlungsklausel in § 4 Abs. 1 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung bedarf deshalb der Auslegung, deren Ergebnis zunächst zu ermitteln und erst sodann zur Grundlage einer Inhalts- und Angemessenheitskontrolle zu machen ist (ErfKom-Preis, 25. Aufl. 2025, § 307 Rn. § 10). Dabei sind Klauseln so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden muss, wobei die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (BAG 23.03.2017 - 6 AZR 705/15; 19.03.2008 - 5 AZR 429/07; LAG Hamm 11.10.2019 - 1 Sa 503/19).

    (5) Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut selbst (BAG 14.09.2011 - 10 AZR 526/10; LAG Hamm 11.10.2019 - 1 Sa 503/19). Nach dem Vertragswortlaut entsteht eine Rückzahlungsverpflichtung, wenn das Arbeitsverhältnis "auf Wunsch des Mitarbeiters" beendet wird. Ein "Wunsch" ist etwas, das man gerne haben oder verwirklicht sehen möchte, ein Begehren oder Verlangen (Wahrig Deutsches Wörterbuch, 2011, "Wunsch"). Das von den Vertragsparteien in § 4 Abs. 1 Satz 1 der Weiterbildungsvereinbarung verwandte Wort "Wunsch" ist angesichts dessen ausgesprochen ungeeignet, für eine Klarheit der Rechtsbeziehung der Parteien zu sorgen. Denn das Arbeitsverhältnis wird als Dauerschuldverhältnis i.d.R. durch die Abgabe einseitiger Willenserklärungen - arbeitgeberseitige oder arbeitnehmerseitige Kündigungen - aufgelöst. Die Abgabe einer solchen Erklärung entspricht keinem "Wunsch", sondern dem selbstbestimmten Willen des Erklärenden. Nutzt die Klägerin gleichwohl den Begriff "Wunsch" im Kontext einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses und will sie daran Rechtswirkungen zu Lasten des Beklagten knüpfen, kann dies nur dahingehend verstanden werden, dass die Eigenkündigung des beklagten Arbeitnehmers gemeint ist. Ob damit auch eine durch den Arbeitnehmer veranlasste Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvereinbarung erfasst sein soll, die im Zusammenhang mit der Rückforderung von Fortbildungskosten regelmäßig irrelevant ist, mag dahinstehen. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass die Klägerin mit der Verwendung des Begriffs "Wunsch" eine Differenzierung nach Gründen für die Kündigung des Arbeitnehmers hat vornehmen wollen.

    (6) Die Formulierung in § 4 Abs. 2 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung erfasst damit unterschiedslos eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die auf eine Kündigung durch den Beklagten zurückzuführen ist (vgl. zu einer ähnlichen Klausel auch LAG Hamm 11.10.2019 - 1 Sa 503/19). Angesichts des klaren Auslegungsergebnisses ist es nicht erforderlich, die Unklarheitenregelung in § 305 c Abs. 2 BGB zu bemühen, die ohne Relevanz ist, wenn sich bereits ein eindeutiges Auslegungsergebnis ergibt.

    dd) Mit dem Auslegungsergebnis, an jede Eigenkündigung des beklagten Arbeitnehmers wird die Rechtsfolge einer Rückforderung unterschiedslos geknüpft, hält § 4 Abs. 2 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 nicht stand. Die Klausel benachteiligt den beklagten Arbeitnehmer entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen. Die Bestimmung ist damit unwirksam.

    (1) So ist inzwischen höchstrichterlich entschieden, dass eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB u.a. dann anzunehmen ist, wenn eine zur Rückzahlung verpflichtende Klausel auch einen solchen Arbeitnehmer binden will, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündigt, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Unter diesen Voraussetzungen ist eine Bindung des Arbeitnehmers an das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Rückzahlungsverpflichtung von Fortbildungskosten nicht durch billigenswerte Interessen des Arbeitgebers noch durch gleichwertige Vorteile des Arbeitnehmers gerechtfertigt (BAG 01.03.2022 - 9 AZR 260/21; vgl. ferner LAG Hamm 15.11.2024 - 1 SLa 733/24).

    (2) Angesichts des abstrakt-generellen Prüfungsmaßstabs, der anzulegen ist, ist es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel unerheblich, ob der Arbeitnehmer im Entscheidungsfall durch personenbedingte Gründe oder aus solchen zur Eigenkündigung veranlasst wurde, die die Arbeitgeberin zu vertreten hat. So missbilligen die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Fall (BAG 01.03.2022 - 9 AZR 260/21; 11.12.2018 - 9 AZR 383/18).

    (3) Gem. § 306 Abs. 1 BGB führt die Unwirksamkeit der Regelung in § 4 Abs. 2 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung zum ersatzlosen Wegfall dieser Klausel. Die Weiterbildungsvereinbarung bleibt im Übrigen unberührt und gibt dem beklagten Arbeitnehmer die Rechtsgrundlage für die arbeitgeberseitig erfolgte Finanzierung seines Studiums und der Zahlung einer Vergütung während der Praktika. Grundsätze des Vertrauensschutzes stehen dem nicht entgegen. So stellt es keine unzumutbare Härte i.S.d. § 306 Abs. 3 BGB für die klagende Arbeitgeberin dar, bleibt sie an die Fortbildungsvereinbarung im Übrigen gebunden. In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist spätestens seit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.12.2018 - 9 AZR 383/18 - bekannt, dass eine Rückzahlungsklausel eine Differenzierung auch dahingehend unternehmen muss, den Arbeitnehmer von der Rückzahlungsverpflichtung auszunehmen, sofern er das Arbeitsverhältnis kündigt, weil er unverschuldet nicht mehr in der Lage ist, seiner Tätigkeit nachzukommen.

    2. Die Klägerin kann ihren Zahlungsanspruch nicht auf § 10a Abs. 2 S. 1 AVR-Caritas stützen. Dabei kann es offenbleiben, ob dies bereits deshalb der Fall ist, weil auch in § 10a Abs. 2 S. 1 AVR-Caritas die Rechtsfolge der Rückzahlungsverpflichtung daran geknüpft ist, dass das Arbeitsverhältnis "auf Wunsch des Mitarbeiters" innerhalb der Bindungsfrist von 36 Monaten nach Abschluss der Fortbildung endet. § 10a Abs. 2 S. 1 AVR-Caritas scheidet nicht bereits deshalb als Anspruchsgrundlage aus, weil diese Bestimmung einen zu § 4 Abs. 1 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung identischen Wortlaut aufweist. Wenn auch dieser Wortlaut bei § 4 Abs. 1 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB führt, muss dies nicht zwangsläufig auch für § 10a Abs. 2 S. 1 AVR Caritas gelten. § 10a Abs. 2 S. 1 AVR-Caritas unterliegt als eine auf dem Dritten Weg zustande gekommene kirchliche Regelung zwar einer AGB-Kontrolle i.S.d. §§ 305 ff BGB. Doch ist der Kontrollmaßstab auf einen Verstoße gegen die Verfassung, höherrangige gesetzliche Bestimmungen oder die guten Sitten reduziert (BAG 16.12.2021 - 6 AZR 377/20; 08.09.2021 - 10 AZR 322/19; 30.10.2019 - 6 AZR 465/18; LAG Rheinland-Pfalz 22.08.2023 - 8 Sa 342/22). Ob die nach wie vor für rechtswirksam gehaltene Bestimmung in § 10a Abs. 2 S. 1 AVR-Caritas einer solchen Prüfung weiterhin standhalten würde (so noch BAG 17.11.2005 -6 AZR 160/05), mag dahinstehen. Denn die Anwendung dieser Bestimmung kommt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.

    a) Eine Anwendung des § 10a Abs. 2 S. 1 AVR-Caritas ergibt sich nicht aus § 306 Abs. 2 BGB. Nach dieser Bestimmung richtet sich der Inhalt des Vertrags unter Außerachtlassung der unwirksamen Klausel nach den gesetzlichen Vorschriften. Zu diesen Vorschriften gehören die AVR-Caritas nicht.

    b) Auch im Wege der geltungserhaltenden Reduktion kommt eine Anwendung der Regelung in § 10a Abs. 2 AVR-Caritas nicht in Betracht. Denn eine solche ist ausgeschlossen (vgl. BAG 23.01.2024 - 9 AZR 115/23; 01.03.2022 - 9 AZR 260/21; 11.12.2018 - 9 AZR 383/18; LAG Hamm 15.11.2024 - 1 SLa 733/24).

    c) Rechtsfehlerhaft hat das Arbeitsgericht angenommen, eine Anwendung der Regelung in § 10a Abs. 2 AVR-Caritas ergebe sich in Anwendung des Blue-Pencil-Tests. Danach ist die Teilbarkeit einer Klausel zu ermitteln, indem deren unwirksamer Teil mit einem "blauen Stift" gestrichen wird (Blue-Pencil-Test; BAG 12.03.2008 - 10 AZR 152/07; 06.05.2009 - 10 AZR 443/08; ErfKom-Preis, 25. Aufl. 2025, § 306 Rn. 1). An der Teilbarkeit der Klausel in § 4 Abs. 1 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung bestehen keine Zweifel. Ergebnis der Anwendung des Blue-Pencil-Tests ist der ersatzlose Entfall des Satzes in § 4 Abs. 1 S. 1 der Weiterbildungsvereinbarung. Damit tritt allerdings nicht die Rechtsfolge ein, einer anderen Klausel - mehr oder weniger wie bei dem nach § 306 Abs. 2 BGB vorgesehenen Rückfall auf den Inhalt gesetzlicher Bestimmungen - Geltung zu verschaffen.

    d) § 10a Abs. 2 S. 1 AVR-Caritas kommt auch nicht deshalb als Anspruchsgrundlage in Betracht, weil die Parteien dies arbeitsvertraglich vereinbart hätten. Ob es dem Willen der Vertragsparteien entspricht, § 10a Abs. 2 AVR-Caritas neben oder anstelle einer ansonsten unwirksamen Vertragsklausel aus der Weiterbildungsvereinbarung heranzuziehen, ist anhand allgemeiner Grundsätze zur Vertragsauslegung entsprechend den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.

    Die Parteien haben in der Weiterbildungsvereinbarung festgelegt, dass diese "zusätzlich zum Dienstvertrag vom 19.08.2020" abgeschlossen werde. Arbeitsvertraglich wurde festgehalten, dass die AVR-Caritas in ihrer jeweils geltenden Fassung zur Anwendung gelangen. Im Rahmen der an einem objektiven Erklärungsempfänger orientierten Auslegung lässt sich die Kammer davon leiten, dass eine ergänzende Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB im Anwendungsbereich des § 306 Abs. 2 BGB nur in eng begrenztem Umfang möglich ist. Eine solche Auslegung führt nicht zu dem Ergebnis, dass im Falle einer Unwirksamkeit der Rückforderungsklausel in § 4 Abs. 2 der Weiterbildungsvereinbarung in vollem Umfang § 10a AVR-Caritas greift. Vielmehr wollten die Parteien mit der Weiterbildungsvereinbarung die Regelung des § 10a AVR-Caritas in vollem Umfang ablösen und die Voraussetzungen der Fort- und Weiterbildung sowie die Rückforderung der aufgewandten Kosten einem in sich geschlossenen neuen Regelungsregime unterwerfen. Die in sich geschlossene Neuregelung der Übernahme von Fort- und Ausbildungskosten sowie deren Voraussetzungen für die Rückzahlung spricht entscheidend dagegen, dass eine Regelung getroffen werden sollte, die § 10a AVR-Caritas lediglich ergänzt (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation LAG Rheinland-Pfalz 16.11.2023 - 2 Sa 90/23).

    So sind die Abweichungen zwischen § 10a AVR und der Weiterbildungsvereinbarung erheblich:

    aa) Die Weiterbildungsvereinbarung legt nicht fest, dass die Fortbildung des Beklagten eine solche ist, die auf Veranlassung des Dienstgebers erfolgt und im Rahmen der Qualitätssicherung oder aber zur Sicherung des Personalbedarfs erfolgt, wie es § 10a Abs. 1 AVR-Caritas formuliert. Das Fehlen dieser Tatbestandsvoraussetzungen in der Weiterbildungsvereinbarung könnte seinen Grund darin haben, dass vorliegend zweifelhaft ist, ob § 10a AVR-Caritas überhaupt auf den berufsbegleitenden Studiengang des Beklagten Anwendung findet. Ein solches Studium ist eine Weiterbildung, die dazu dient, den Arbeitnehmer in einer anderen beruflichen Tätigkeit einzusetzen, als dies vormals gegeben war. Solche Fortbildungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 10a AVR-Caritas (Die AVR von A bis Z - Erläuterungen, 75. Aufl. Okt. 2024, F 1 Rn. 300). Der Kläger war vor Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Beklagten als Notfallsanitäter tätig. Er wurde während des Studiums zum Physician Assistant ausgebildet und sollte danach mit dieser Arbeitsaufgabe befasst werden.

    bb) Nach § 10a Abs. 1 a) AVR-Caritas werden die "bisherigen Dienstbezüge" fortgezahlt, sofern der Arbeitnehmer für die Fort- und Weiterbildungszeit freigestellt werden muss. Die Weiterbildungsvereinbarung legt dies hingegen anders fest. So erhielt der Beklagte nach § 2 der Weiterbildungsvereinbarung "für die Teilnahme am Studium eine unbezahlte Freistellung". Es ist unstreitig, dass der Beklagte für die Teilnahme an den universitären Veranstaltungen nicht von seiner an sich bestehenden Arbeitsverpflichtung unter Fortzahlung der an sich bestehenden Vergütung freigestellt worden war, sondern durch entsprechende Gestaltung seiner Dienstzeiten dafür Sorge getragen hat, dass er während der universitären Studienveranstaltungen nicht arbeiten musste. Hätten die Parteien für die Fortbildung des Beklagten § 10a AVR-Caritas zur Anwendung bringen wollen, hätte die Klägerin den Beklagten während seiner Teilnahme an erforderlichen universitären Veranstaltungen unter Fortzahlung der "Dienstbezüge" freistellen müssen. Der auf der Basis des Arbeitsvertrages bestehende Vergütungsanspruch wäre dem Beklagten erhalten geblieben.

    cc) Die Klägerin nimmt mit Blick auf die Praktika, die der Beklagte bei ihr leistete, in rechtlicher Hinsicht unzutreffend an, er sei von ihr zur Wahrnehmung der Praktika "freigestellt" worden. Die Klägerin ist ausweislich der Regelung in § 3, dritter Spiegelstrich der Weiterbildungsvereinbarung vielmehr umgekehrt vorgegangen. Auf der Grundlage der in § 2 der Weiterbildungsvereinbarung festgelegten unbezahlten Freistellung, die auch für Praktika gelten sollte, hat sie ausweislich der Regelung in § 3 der Weiterbildungsvereinbarung die während der Praktika aufgewandte Zeit "als Arbeitszeit angerechnet und als Überstunde vergütet". Dazu passt die Annahme der Klägerin, sie habe dem Beklagten für die Praktika eine Vergütung gezahlt, die "freiwillig" erfolgte. Hätte § 10a AVR-Caritas Geltung, würde die Klägerin nichts "freiwillig" zahlen. Sie wäre nach § 10a Abs. 1 AVR-Caritas schlicht zur Fortzahlung der aus dem Arbeitsvertrag folgenden Vergütung für die Zeit der Wahrnehmung von Fortbildungsmaßnahmen verpflichtet.

    dd) § 4 Abs. 3 der Weiterbildungsvereinbarung legt fest, dass der Beklagte zur Rückzahlung der Fortbildungskosten auch dann verpflichtet ist, wenn er schuldhaft das Ziel der Fortbildung nicht erreicht oder das Arbeitsverhältnis vor Abschluss der Fortbildung auf seinen Wunsch oder aus einem von ihm zu vertretenden Grund endet. Ein vergleichbarer Rückzahlungsanspruch ist § 10a AVR-Caritas nicht zu entnehmen.

    ee) Dafür sieht § 10a Abs. 3 AVR-Caritas vor, dass eine Rückzahlungsverpflichtung nicht gegeben ist, wenn das Arbeitsverhältnis aus Gründen der Schwangerschaft oder Niederkunft innerhalb der letzten drei Monaten gekündigt wurde. § 10 Abs. 4 AVR-Caritas legt fest, dass in besonderen Fällen von der Rückzahlungsregelung zugunsten des Mitarbeiters abgewichen werden könne. Den vorstehenden Regelungsinhalten vergleichbare Bestimmungen zugunsten des Arbeitnehmers enthält die Weiterbildungsvereinbarung der Parteien nicht.

    ff) Die erheblichen Unterschiede der Inhalte zwischen der Weiterbildungsvereinbarung und der Regelung in § 10a AVR-Caritas machen deutlich, dass mit der Weiterbildungsvereinbarung nicht etwa weitere, § 10a AVR-Caritas ergänzende Regelungen geschaffen werden sollten, sondern ein in sich geschlossenes Rückforderungsregime geschaffen wurde, das § 10a AVR-Caritas vollständig ablösen soll. Dies bestätigt zuletzt die von den Parteien in § 5 Abs. 1 der Weiterbildungsvereinbarung unter der Überschrift "Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen" enthaltene Regelung, wonach "die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen" unberührt bleiben, sofern einzelne Bestimmungen "dieses Vertrags" - also der Weiterbildungsvereinbarung - unwirksam sein sollten. § 5 Abs. 2 der Weiterbildungsvereinbarung legt den Parteien in diesem Fall eine Verhandlungsverpflichtung auf, die zum Ergebnis haben soll, eine Ersatzregelung zu vereinbaren, "die dem mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten Ziel am nächsten kommt". Eine solche Verhandlungsobliegenheit wäre überflüssig, würde im Falle der Unwirksamkeit von Bestimmungen der Weiterbildungsvereinbarung die Regelungen des § 10a AVR ohnehin Geltung beanspruchen können.

    III. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1 S.1, 97 ZPO. Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Das Verhältnis von arbeitsvertraglich vereinbarten allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einer uneingeschränkten Inhalts- und Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB unterliegen, zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes, deren Kontrolle auf eine Vereinbarkeit mit der Verfassung, anderem höherrangigen zwingendes Recht oder die guten Sitten beschränkt ist, ist von grundsätzlicher Bedeutung.

    Vorschriften§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB, § 307 Abs. 1 BGB, § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. c) ArbGG, §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, § 138 Abs. 3 ZPO, §§ 305 ff BGB, § 310 Abs. 3 Ziff. 1 BGB, §§ 307 Abs. 1 S. 1, 2 BGB, § 307 Abs. 3 S. 1 BGB, Art. 12 Abs. 1, 2 GG, § 310 Abs. 4 S. 2 BGB, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 305 c Abs. 2 BGB, §§ 305 ff. BGB, § 306 Abs. 1 BGB, § 306 Abs. 3 BGB, § 306 Abs. 2 BGB, §§ 133, 157 BGB, §§ 91 Abs. 1 S.1, 97 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG