10.07.2018 · IWW-Abrufnummer 202224
Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 10.03.2017 – 2 K 118/16
1. Das Nutzungsentgelt für die Zurverfügungstellung eines Grundstücks als Ausgleichsfläche für den Naturschutz (in Form sog. Ökopunkte) ist im Rahmen der Überschusseinkünfte grundsätzlich im Jahr des Zuflusses zu versteuern.
2. Gleiches gilt für ein Entgelt für die Übernahme einer Kompensationsverpflichtung für die Beeinträchtigung der Natur durch Baumaßnahmen.
3. Eine Verteilung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG kommt unabhängig von weiteren Voraussetzungen nur in Betracht, wenn vertraglich eine bestimm te Laufzeit für das Nutzungsrecht festgelegt ist.
Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urt. v. 10.03.2017
Az.: 2 K 118/16
In dem Rechtsstreit
wegen Einkommensteuer 2012 und 2013,
hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts am 10. März 2017 für Recht erkannt:
Tenor:
- Das Nutzungsentgelt für die Zurverfügungstellung eines Grundstücks als Ausgleichsfläche für den Naturschutz (in Form sog. Ökopunkte) ist im Rahmen der Überschusseinkünfte grundsätzlich im Jahr des Zuflusses zu versteuern.
- Gleiches gilt für ein Entgelt für die Übernahme einer Kompensationsverpflichtung für die Beeinträchtigung der Natur durch Baumaßnahmen.
- Eine Verteilung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG kommt unabhängig von weiteren Voraussetzungen nur in Betracht, wenn vertraglich eine bestimmte Laufzeit für das Nutzungsrecht festgelegt ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung
- einer im Jahr 2013 erhaltenen Zahlung von brutto 19.313,70 € für die Übernahme einer Kompensationsverpflichtung für die Beeinträchtigung von Knicks durch Baumaßnahmen.
Der verheiratete Kläger mit Wohnsitz auf eigenem Grundstück in A erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit aus Vermietung und Verpachtung, aus gewerblichen Beteiligungen sowie in geringem Umfang aus Kapitalvermögen. Daneben erzielte er als Eigentümer mehrerer Flächen Einkünfte aus Verpachtung, Verkauf von Heu, Silage und Holz.
Am 10. November 2011 kaufte der Kläger das Grundstück C in Größe von 2,7931 ha, im Grundbuch ausgewiesen als Landwirtschaftsfläche. Dieses Grundstück verpachtete er auf sieben Jahre vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2018 für einen Pachtzins von 700,00 € für 2012 und einen Pachtzins von 418,97 € ab 2013. In dem Vertrag ist festgelegt, dass der Pächter Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten sowie Rechte des Verpächters oder Dritter dulden muss. Der Pächter hat die Pachtsache im Übrigen extensiv zu bewirtschaften.
Am 2. Januar 2012 schloss der Kläger mit der E GmbH einen Nutzungsvertrag über Ausgleichsflächen bezogen auf das Grundstück C. In dem Vertrag heißt es auszugsweise:
§ 1 Vertragszweck
Zweck des vorliegenden Vertrages ist die Zurverfügungstellung von Grundflächen zum Zwecke des Ausgleichs in die Natur.
§ 2 Nutzungsrechtseinräumung
...
§ 2.4 Ausgleichsmaßnahmen
Das durch diesen Vertrag vereinbarte Nutzungsrecht umfasst das Recht, das vertragsgegenständliche Grundstück für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen betreffend einen Eingriff in Natur und Landschaft zu nutzen und die von der Unteren Naturschutzbehörde festgesetzten Öko-Punkte in ein Punktekonto einzubuchen und anschließend zu veräußern.
§ 3 Vertragsdauer
...
§ 3.2 Vertragslaufzeit
Die Laufzeit des Vertrages wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
§ 3.3 Vertragsende
Der Vertrag endet mit Ablauf des Monats, in dem die Windenergieanlagen einschließlich Nebenanlagen ordnungsgemäß beseitigt worden sind.
§ 4 Nutzungsentschädigung
...
§ 4.1 Ermittlung der Nutzungsentschädigung
Die Nutzungsentschädigung wird pauschal mit 70.000,00 € vereinbart.
...§ 5 Rechte Dritter
...
§ 5.1 Verhältnis zu landwirtschaftlichen Pächtern
Wenn die Grundstücke zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet worden sind, darf das Pachtverhältnis nur mit der Einschränkung weiter bestehen, dass die landwirtschaftliche Nutzung nur so zulässig ist, dass die gesetzlichen Vorschriften für Ausgleichsflächen eingehalten werden.
§ 6 Pflichten des Grundstückseigentümers
...
§ 6.1 Duldungspflicht
Der Grundstückseigentümer ist verpflichtet, auf den Grundstücken die Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde zu dulden. Eine zusätzliche Entschädigung wird nicht vereinbart.
Mit Bescheid vom 6. Juni 2012 erkannte der Kreis G, Untere Naturschutzbehörde, die Einrichtung eines Öko-Kontos auf dem Grundstück C an.
Die Zahlung der ersten Rate der insgesamt 70.000,00 € in Höhe von 35.000,00 € an den Kläger erfolgte am 10. Mai 2012, die zweite Rate wurde erst in 2014 gezahlt.Am 8. Oktober 2013 schloss der Kläger (Vertragspartner zu 1.) mit der I GmbH & Co. KG (Vertragspartner zu 2.) folgenden Vertrag. In dem Vertrag heißt es auszugsweise:
§ 1
Gegenstand des Vertrages ist die Übernahme der Entlassung von Kompensationsmaßnahmen für die Beeinträchtigung von Knicks durch Baumaßnahmen, z.B. durch Windkraftanlagen, Ausweisung von Baugebieten usw.. Die Kompensation erfolgt auf folgender Fläche: C.
§ 2
Der Vertragspartner zu 2.) plant den Bau/Erweiterung von Windenergieanlagen in der Gemeinde K.
Nach den Vorgaben der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises G sind ca. 270,5 m Knicks auszugleichen.
Der Vertragspartner zu 1.) nimmt dem Vertragspartner zu 2.) gegen Zahlung von ca. 16.230,00 € zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer von derzeit 19 %, entspricht 3.083,70 € (entspricht einem Nettobetrag von 60,00 € je Meter) diese Verpflichtung im Umfang von ca. 270,5 m im Naturraum Geest ab.
Am 6. Dezember 2013 stellte der Kläger der Firma I GmbH & Co. KG eine Rechnung für die Übernahme der Kompensationsverpflichtung für einen Knick (260 m Länge, in der er für 270,5 Meter zuzügl. Mehrwertsteuer 19.313,70 € berechnete). Die Zahlung erfolgte im Dezember 2013.
Mit Einkommensteuer(ESt)-Bescheid für das Jahr 2012 vom 30. Oktober 2013 setzte das Finanzamt im Rahmen der beantragten getrennten Veranlagung eine ESt von 3.788,00 € fest. Nachdem dem Finanzamt bekannt geworden war, dass der Kläger am 10. Mai 2012 eine Zahlung von 35.000,00 € (erste Rate einer Ausgleichsentschädigung für 28.234 Öko-Punkte von insgesamt 70.000,00 €) erhalten hatte, reichte der Kläger auf Nachfrage eine Einnahme-Überschuss-Rechnung ein. Den hieraus ermittelten Gewinn zuzüglich einer Pachteinnahme in Höhe von dann insgesamt 35.417,00 € berücksichtigte das Finanzamt mit Änderungsbescheid vom 9. Januar 2014 und setzte die ESt auf 16.516,00 € fest. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein.
Im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2013 berücksichtigte das Finanzamt nicht den vom Kläger in der Erklärung für die Entschädigungszahlungen angesetzten Betrag von 1.750,00 € (1/20 der in 2012 in Höhe von 35.000,00 € erhaltenen Zahlung), noch den Betrag von 811,50 € (1/20 der in 2013 in Höhe von 16.230,00 € erhaltenen Zahlung), zusammen 2.561,50 € als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
Stattdessen wurden der Bruttobetrag von 19.313,00 € als sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie der für die Fläche erhaltene Pachtüberschuss von 418,00 € bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Die ESt-Festsetzung aufgrund der getrennten Veranlagung mit Bescheid vom 31. März 2015 betrug 18.223,00 €. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger ebenfalls fristgerecht Einspruch.
Zur Auswertung weiterer Beteiligungseinkünfte wurden die ESt-Bescheide 2012 und 2013 jeweils mit Bescheid vom 30. Juni 2015 und zuletzt am 22. April 2016 geändert.
Mit seinen Einsprüchen begehrte der Kläger die Verteilung der erhaltenen Beträge auf 25 Jahre. Dingliche Nutzungsauflagen, die ein Landwirt eingehe, würden zeitanteilig auf die Laufzeit des Vertrages verteilt. Dies habe der Bundesfinanzhof (BFH) zu buchführenden Landwirten mit Urteilen vom 9. Dezember 1993 und vom 25. Oktober 1994 entschieden. Die Finanzverwaltung sei dieser Auffassung gefolgt (BMF-Schreiben vom 5. März 1995 sowie Felsmann, Besteuerung der Land- und Forstwirte A Tz. 751).
Die vertragliche Laufzeit sei nicht beschränkt. Gemäß BFH sei die Einnahme daher auf 25 Jahre zu verteilen. Diese Regelung gelte auch bei Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Es werde auf § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG sowie die Kommentierung von Felsmann A Tz. 753 verwiesen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2016 wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Einnahmen seien im Rahmen des § 22 Nr. 3 EStG durch Ansatz des Einmalbetrages zu versteuern. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG finde keine Anwendung, da nicht davon auszugehen sei, dass es sich um ein Entgelt für eine Nutzungsüberlassung handele. Die Zahlung sei vielmehr als Entschädigung (für die Duldung der Aufwertungsmaßnahmen durch die E GmbH bzw. für die Übernahme der Kompensationsverpflichtung eines Dritten) anzusehen, so dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht gegeben seien.
Auch die Entstehungsgeschichte der Regelung in § 11 EStG ließe den Schluss zu, dass die im betrieblichen bilanzierenden Bereich mögliche Verteilungsmöglichkeit (Berechnungsabgrenzungsposten) nicht generell das Zuflussprinzip des § 11 EStG im Privatbereich habe aushebeln sollten.
Mit der in § 11 EStG eingeführten Sonderregelung sollte der sich durch das BFH-Urteil vom 23. September 2003 (IX R 65/02) ermöglichten Sofortabzugsfähigkeit von Erbbauzinsen entgegengewirkt werden.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben. Ein Steuerpflichtiger könne Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren gleichmäßig auf den Zeitraum verteilen, für den diese Einnahme geleistet worden sei. Auch die Einschränkung einer Nutzung sei eine Nutzungsüberlassung. Die Einschränkung ermögliche nämlich dem Nutzungsberechtigten, diese land- und forstwirtschaftliche Fläche als Ausgleichsfläche zu vermarkten. Diese Vermarktung erfolge gegenüber solchen Firmen, die für bestimmte Bauvorhaben eine Ausgleichsfläche vorhalten müssten, weil sie dadurch Eingriffe in die Natur vornehmen würden. Welche Bedingungen eine solche Ausgleichsfläche erfüllen müsse, sei gesetzlich festgelegt bzw. würde von der Naturschutzbehörde angeordnet.
Eine solche Ausgleichsfläche stelle der Kläger zur Verfügung. Er verpflichte sich, die Nutzungseinschränkungen, die die Naturschutzbehörde durch Bescheid festgelegt habe, zu erfüllen. Hierfür erhalte er zum Ausgleich seiner eigenen Nutzungseinschränkungen eine Entschädigung.
Damit erfülle diese Entschädigungszahlung die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG. Der Hinweis des Finanzamts zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift tue nichts zur Sache. Insbesondere könne das Finanzamt daraus nicht ableiten, dass die strittigen Zahlungen keine Entgelte für eine Nutzungsüberlassung seien.
In diesem Zusammenhang würde auf das rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts Münster vom 19. Februar 2013 (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2014, 129) verwiesen. Danach seien Entschädigungszahlungen für die Durchführung naturrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen als Entgelte für eine Nutzungsüberlassung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG anzusehen. Dem Urteil sei nichts hinzuzufügen, es betreffe einen exakt vergleichbaren Sachverhalt.
Es müsse auf die BFH-Rechtsprechung zurückgegriffen werden, wonach bei unbestimmter Vertragsdauer von einer 25-jährigen Laufzeit auszugehen sei.
Im Übrigen könne aus § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht herausgelesen werden, dass das Entgelt für eine zahlenmäßig bestimmte Art im Zeitraum geleistet werden müsse. Wenn die Zahlung für den Zeitraum gleichmäßig verteilt werden könne, für den geleistet würde, bedeute dies bei grammatikalischer Auslegung, dass beide Zeiträume gleich lang bemessen werden müssten. Der Steuerpflichtige habe also kein Wahlrecht, die Zahlung beispielsweise auf drei Jahre zu versteuern, wenn sie für einen Zeitraum von zehn Jahren geleistet worden sei.
Der Kläger beantragt daher,
die ESt-Bescheide 2012 und 2013 vom 22. April 2016, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2016 zu ändern und das zu versteuernde Einkommen des Jahres 2012 um 33.600,00 € und das zu versteuernde Einkommen 2013 um 17.140,00 € herabzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Erwiderung verweist es im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung. Es handele sich bei den erhaltenen Entschädigungszahlungen um sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG. Hierfür bestehe keine Verteilungsmöglichkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Verwaltungsakte sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten; eine Änderung kommt somit nicht in Betracht (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Das Finanzamt hat zu Recht die in den Streitjahren erhaltenen Zahlungen als steuerrechtlich relevanten Zufluss im jeweiligen Streitjahr erfasst und eine Verteilung über mehrere Jahre abgelehnt.
1. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob es sich um Einkünfte nach § 13 EStG (dort unstreitig Ermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG), § 21 EStG oder § 22 Nr. 3 EStG handelt, da der Zufluss jeweils nach § 11 EStG zu beurteilen ist.
Allerdings spricht nach Ansicht des Gerichts viel dafür, die Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu erfassen.
Sonstige Einkünfte sind nach § 22 Nr. 3 EStG Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 bis 6) noch zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 gehören. Eine sonstige Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das um des Entgelts willen und damit in einem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ("do ut des") erbracht wird.
a. Mit Vereinbarung vom 2. Januar 2012, mit der durch den Vertragspartner der Erwerb des Rechts abgegolten wurde, das Grundstück des Klägers für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen betreffend einen Eingriff in Natur und Landschaft zu nutzen und Ökopunkte in ein Punktekonto einzubuchen und diese zu veräußern, wird nach wirtschaftlicher Betrachtung der Verzicht auf bestimmte zukünftige bzw. die Beschränkung eigener Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks durch den Kläger abgegolten. Dies ist der eigentliche Inhalt der Vereinbarung und nicht etwa eine Verpachtung an den Vertragspartner E GmbH oder eine landwirtschaftliche Nutzung des kurz zuvor erworbenen Grundstücks durch den Kläger.
Der Verzicht auf bestimmte zukünftige bzw. die Beschränkung eigener Nutzungsmöglichkeiten stellt ein Dulden bzw. Unterlassen dar, das um des Entgelts willen erbracht wird, so dass es sich der Definition nach um eine sonstige Leistung handelt.
b. Mit der Vereinbarung vom 8. Oktober 2013 übernahm der Kläger von der I GmbH & Co. KG, die eigentlich von dieser zu erfüllende Kompensationsverpflichtung für die Beeinträchtigung von Knicks durch Baumaßnahmen. Auch dies ist eine Leistung, die der Kläger gegen Entgelt erbracht hat, so dass auch hiermit die Definition der sonstigen Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG erfüllt ist.
Inhalt dieses Vertrages ist schon dem Wortlaut nach keine irgendwie geartete Nutzung des Grundstücks durch den Vertragspartner I GmbH & Co. KG oder eine eigene landwirtschaftliche Nutzung durch den Kläger. Dies zeigt sich auch an dem Umstand, dass (konsequenterweise) keine Vertragsdauer festgelegt ist.
2. Unabhängig von der Einordnung der Einkünfte, gilt für die zeitliche Zuordnung der Einnahmen jedenfalls § 11 EStG.
Die Vergütungen sind dem Kläger gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG jeweils im Streitjahr zugeflossen; die aufgrund der Vereinbarung vom 2. Januar 2012 im Jahr 2012 zugeflossene Teilzahlung i. H. v. 35.000 € ist somit in einer Summe im Jahr 2012 zu erfassen, die im Jahr 2013 erhaltene Zahlung von brutto 19.313,70 € insgesamt im Jahr 2013.
Eine Verteilung dieser Einkünfte hat das Finanzamt zu Recht abgelehnt, da § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht anwendbar ist.
a. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG kann der Steuerpflichtige Einnahmen, die auf eine Nutzungsüberlassung im Sinne des Abs. 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren im Voraus geleistet, sind sie nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.
Eine nähere Umschreibung des Begriffs Nutzungsüberlassung enthält das Gesetz nicht. Nach allgemeinem Rechtsverständnis wird insoweit auf die Begriffsbestimmung des § 100 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zurückgegriffen (z.B. Kister in Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG, § 11 Anm. 125; Bergan/Martin in Lademann, Kommentar zum EStG, § 11 RNr. 106). Nutzungen sind danach die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Eine Nutzungsüberlassung liegt demnach vor, wenn ein Gegenstand oder Recht einem anderen als dem Eigentümer bzw. Inhaber überlassen wird, damit dieser die Sache oder das Recht ähnlich einem Eigentümer gebrauchen kann. Keine Gebrauchsvorteile sind hingegen Vorteile aus dem Verbrauch oder der Zerstörung, ebenso die nur mittels einer Sache bzw. eines Rechts erzielten Vorteile aus der Veräußerung oder sonstigen rechtsgeschäftlichen Verwertung (Erman/Schmidt, Kommentar zum BGB, § 100 RNr. 5f).
Darüber hinaus muss die Dauer der Nutzungsüberlassung von vornherein feststehen. Der Abschluss eines zeitlich unbefristeten Mietvertrags mit Kündigungsmöglichkeit reicht ebenso wenig aus wie die Vereinbarung einer Laufzeit von bis zu 5 Jahren mit der Option zur Verlängerung (Kister a.a.O.; Bergan/Martin a.a.O. RNr. 108).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Dabei kann offenbleiben, ob es sich dem Grunde nach um eine Nutzungsüberlassung im Sinne des § 11 EStG bzw. § 100 BGB handelt, da jedenfalls kein bestimmter Zeitraum zwischen den Vertragsbeteiligten vereinbart worden ist.
b. Es ist schon zweifelhaft, ob von einer "Nutzung" im Sinne der § 11 EStG/§ 100 BGB gesprochen werden kann. Vielmehr wird die Vergütung gerade für eine "Nicht"-Nutzung gewährt. Statt einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung werden die Flächen aufgrund der Verpflichtung des Klägers nur extensiv dergestalt genutzt, dass im naturschutzrechtlichen Sinne keine Beeinträchtigung vorliegt. Dieses Unterlassen einer intensiven Nutzung stellt gerade einen "Nichtgebrauch" der Flächen dar. Auf der anderen Seite wird auch die Nutzung eines Grundstücks als Kreditunterlage zu den Gebrauchsvorteilen eines Grundstücks gerechnet (Palandt/Ellenberger, BGB-Kommentar, § 100 RNr. 1). Auch hier wird das Grundstück als solches gegenständlich nicht genutzt. Dies ist einer "Zurverfügungstellung" des Grundstücks zur Gewinnung von Ökopunkten durchaus vergleichbar.
c. Letztendlich kann diese Frage aber offen bleiben, da es jedenfalls an einem von vornherein vereinbarten Zeitraum fehlt.
Der Vertrag des Klägers mit der E GmbH ist ausdrücklich auf unbestimmte Zeit geschlossen (siehe § 3.2). Im Vertrag des Klägers mit der I GmbH Co. KG wird gar keine Vertragsdauer festgelegt.
Für das Wahlrecht aus § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG ist dies jedenfalls nicht ausreichend (vgl. Urteil des Schleswig-Holsteinisches FG vom 28. September 2016, 2 K 2/16).
Das Gericht teilt die von Felsmann in seinem Kommentar zur Besteuerung der Land- und Forstwirte unter Abschnitt C 14c vertretene Auffassung nicht, dass die vom Bundesfinanzhof (BFH) zur Frage der Rechnungsabgrenzung bei unbestimmter Vertragsdauer entwickelte (vgl. BFH vom 9. Dezember 1993 IV R 130/91, BStBl II 1995, 202) und von der Finanzverwaltung für bilanzierende Steuerpflichtige übernommene Rechtsprechung (Bundesministerium der Finanzen vom 15. März 1995, BStBl I 1995, 183) auch auf Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG und auf § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG zu übertragen sei. Diese Auffassung wird - soweit ersichtlich - auch von keinem anderen Gericht oder Autor vertreten und von Felsmann nicht weiter begründet.
Aus der Systematik des Gesetzes ergibt sich vielmehr, dass bei Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG wie im Rahmen der Überschusseinkünfte im Grundsatz das Zuflussprinzip zu beachten ist und eine Erweiterung nur bei einer ausdrücklich anderslautenden gesetzlichen Regelung in Betracht kommt. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG spricht davon, dass "der Steuerpflichtige ... Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Abs. 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen (kann), für den die Vorauszahlung geleistet wird". Er bezieht sich damit auf einen von den beteiligten Vertragsparteien von vorneherein vereinbarten bestimmten Zeitraum. Da die Vorschrift eine Ausnahme zum Grundprinzip der Erfassung bei Zufluss darstellt, kann sie weder erweiternd ausgelegt noch analog angewendet werden.
Im Gegensatz hierzu erfolgt die Gewinnermittlung bei bilanzierenden Steuerpflichtigen zur Wahrung des Realisationsprinzips grundsätzlich zeitraumbezogen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz, Nr. 5 HGB, vgl. BFH vom 9. Dezember 1993 IV R 130/91, BStBl II 1995, 202), so dass auch bei einem vertraglich unbestimmten Zeitraum eine zeitraumbezogene Rechnungsabgrenzung zwingend erforderlich ist und deshalb vom BFH mangels anderweitiger Regelung die Mindestzeitdauer von 25 Jahren angenommen wurde.
Aus diesen gegensätzlichen Grundprinzipien folgt daher aus Sicht des Gerichts konsequenterweise die unterschiedliche Behandlung der Zahlungen bei Bilanzierenden und Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG bzw. Überschusseinkünften.
Im Sachverhalt, der der vom Kläger zitierten Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 19. Februar 2013, EFG 2014, 129 zu Grunde lag, hatten die Beteiligten im Übrigen ein Entschädigungsentgelt für einen bestimmten Zeitraum von 20 Jahren für entgangenen Eigenertrag vereinbart und eben nicht für einen unbestimmten Zeitraum.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Gründe, die Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, sind nicht gegeben.
Die Entscheidung konnte mit Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin anstelle des Senates ergehen (§§ 79 a Abs. 3 und 4 FGO).