31.10.2014 · IWW-Abrufnummer 143122
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 23.07.2014 – 2 K 471/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes
URTEIL
Az: 2 K 471/14
In dem Finanzrechtsstreit
Frau
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte: Steuerberatungsgesellschaft
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegen ¬Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Zinsen 2009
hat der 2. Senat unter Mitwirkung von , und sowie der ehrenamtlichen Richter und auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 23. Juli 2014 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer unentgeltlichen Vermögensübertragung.
Die Klägerin war zu jeweils 20% an einer GmbH Co. KG (künftig: KG) und deren Komplementär-GmbH (künftig: GmbH) beteiligt. Weitere Beteiligte waren ihr Bruder E (jeweils zu 20%) und ihre Mutter B (zu jeweils 60%).
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 19. Dezember 2008 übertrug B im Wege der vorweggenommenen Erbfolge jeweils 50% ihrer Anteile an der KG und der GmbH auf die Klägerin und ihren Bruder, so dass diese nunmehr jeweils zu 50% beteiligt waren. Unter "IV. Dauernde Last" verpflichteten sich die Klägerin und E ab 2. Januar 2009 der Übertragenden jeweils € 1.750 monatlich auf deren Lebensdauer zu zahlen. Der Ehemann von B genehmigte die Übertragung.
Die KG verpachtete sämtliche, ihr zustehenden Grundstücke und Gebäude einschließlich technischer Anlagen seit 1. Februar 1995 an die C GmbH. Hieran war B weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt oder zur Vertretung befugt. E (bis 22. Januar 2009, Eintrag im Handelsregister) und die Klägerin waren Geschäftsführer der C GmbH, deren Alleingesellschafterin die D GmbH & Co. KG (künftig: D KG) war.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung machte die Klägerin für das Streitjahr einen Betrag von € 21.000 als dauernde Last bei den Sonderausgaben geltend, den der Beklagte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid zunächst berücksichtigte. Der Beklagte führte wegen dieser Frage bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die Übertragung der Anteile an der GmbH nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 1a c EStG falle, da die Klägerin schon nicht mindestens 50% übertragen erhalten habe. Aber auch die Übertragung der Anteile an der KG sei deswegen nicht begünstigt, da diese keine Tätigkeit im Sinn des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübe. Da die Übertragende an der C GmbH nicht beteiligt gewesen wäre, sei die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft (= C GmbH) nach Übertragung nicht weiterhin der Besitzgesellschaft (= KG) zuzurechnen.
Der Beklagte folgte diesen Feststellungen und setzte mit Bescheid vom ... für 2009 die Einkommensteuer ohne die Berücksichtigung der Sonderausgaben in Höhe von € 21.000 fest. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, soweit es um eine begünstigte Übertragung der Anteile an der KG geht, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom ... als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin trägt vor, dass der Anteil an der KG begünstigt übertragen werden konnte, weswegen eine dauernde Last von € 19.925 zu berücksichtigen sei, da das Verhältnis zwischen dem Wert der KG und dem Wert der GmbH 94,88% betrage.
Es läge eine Vermögensübertragung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a a EStG vor, da auch dann eine gewerbliche Tätigkeit im Sinn des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gegeben sei, wenn die Personengesellschaft aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als gewerblich anzusehen sei. Sowohl aufgrund der Heranziehung zur Gewerbesteuer auch in diesen Fällen wie auch dem Willen des Gesetzgebers bei der Änderung der Norm sei hier von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen. Es sei insbesondere vom Gesetzgeber nicht gewollt, dass eine Ungleichbehandlung zwischen Personengesellschaften, die unter § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG mit denen, die unter § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG fallen, erfolgen solle.
Im Übrigen sei hier aber auch von einer faktischen Beherrschung der KG und somit auch der C GmbH durch B auszugehen. Diese habe vor der Übertragung einen Anteil von 60% gehabt und so ihren Willen durchsetzen können. Dadurch habe sie auch auf die Verpachtung an die C GmbH, die das Grundstück und die Baulichkeiten zur Ausübung ihres Gewerbes benötigt habe, Einfluss nehmen können. Somit habe eine Betriebsaufspaltung zwischen der KG und der C GmbH vorgelegen, die dazu geführt habe, dass die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft auf die Besitzgesellschaft durchschlage.
Selbst wenn keine begünstigte Vermögensübertragung vorläge, dann seien die geleisteten Zahlungen im Rahmen einer entgeltlichen bzw. teilentgeltlichen Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistung zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt, unter anderem den Bescheid über Einkommensteuer für 2009 dahingehend zu ändern, dass € 19.925 an Sonderausgaben berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung vor, dass die gewerbliche Tätigkeit im Sinn des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, wie sie in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a a EStG genannt werde, keine solche nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sei.
Die KG werde auch nicht aufgrund einer Betriebsaufspaltung gewerblich geprägt, da B als Mehrheitsgesellschafterin zwar u.U. in der Lage gewesen wäre, auf die Verpachtung Einfluss zu nehmen, aber ansonsten keine Machtposition habe, um einen geschäftlichen Betätigungswillen bei der C GmbH durchzusetzen. Hinzukomme, dass der auf 15 Jahre abgeschlossene Pachtvertrag durch die KG nicht habe einfach beendet werden können. Mangels der Stellung einer Geschäftsführerin oder der Innehabung von Geschäftsanteilen habe B keinen faktischen Einfluss auf die C GmbH ausüben können. Erst mit Übertragung der Anteile auf die Klägerin und ihren Bruder sei diese Möglichkeit eröffnet gewesen.
Die Übertragung des GmbH- und KG-Anteils gegen wiederkehrende Leistungen auf Lebenszeit führe bei der Klägerin lediglich zu Anschaffungskosten auf die erworbenen Beteiligungen, die sich nach dem Barwert der wiederkehrenden Leistungen bemessen.
Darüber hinaus sei es auch fraglich, ob überhaupt eine unmittelbare Berücksichtigung bei der Einkommensteuer der Klägerin zu erfolgen habe, da sowohl der KG-Anteil wie auch der GmbH-Anteil Sonderbetriebsvermögen bei der D KG seien und dort im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung zu berücksichtigen wären.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze, die zu Gericht gereichten Behördenakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2014 Bezug genommen. Die Verfahrensakte 2 V 620/14 war beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I.
....
II.
Der Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
1. Mit der Übertragung der Anteile an der KG haben die Vertragsparteien keine Übertragung von Mitunternehmeranteilen an einer im Sinn des § 15 Abs. 1 Satz Nr. 1 EStG gewerblich tätigen Personengesellschaft vorgenommen, so dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a a EStG nicht gegeben sind.
Bei Mitunternehmeranteilen an Personengesellschaften, die eine land- und fortwirtschaftliche, gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben, wird durch den ausdrücklichen Bezug auf § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG die gewerblich geprägte Personengesellschaft gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ausgeschlossen, nicht hingegen bei Personengesellschaften, die aufgrund sogenannter Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gewerblich tätig sind (Schmidt, EStG-Kommentar, 32. Auflage, § 10, Rz. 61 und Blümich, EStG-Kommentar, 122. Auflage, § 10, Rz. 96 sowie Aufsatz von Geck in DStR 2011, 962). Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung insbesondere der Rechtsprechung entgegenwirken, die die Norm auch auf Fälle der Übertragung von Geldvermögen, Wertpapieren u.ä. anwandte, und hat bewusst § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zitiert, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass die gewerblich tätige Personengesellschaft privilegiert werden soll (BT-Drucksache 16/6290, 53). Personengesellschaften, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllen, gelten als gewerblich tätig, sind es aber nicht, so dass bei Einbeziehung solcher Übertragungen die gesetzliche Regelung unterlaufen würde.
Diese Handhabung steht auch nicht im Widerspruch dazu, dass bei Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften im Sinn des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG eine Übertragung im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a a EStG anzunehmen ist. Liegen die Voraussetzungen für eine gewerbliche Tätigkeit im Sinn des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch "Abfärbung" (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15. Dezember 2012, BStBl II 2011, 506) vor, so ist diese Gesellschaft gewerblich tätig, im Gegensatz zu der Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, die aufgrund u.a. der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft nur als gewerblich gilt.
Auch der Umstand, dass die KG gewerbesteuerpflichtig ist, lässt keine andere Entscheidung zu, da die Gewerbesteuerpflicht an andere Merkmale anknüpft und andere Ziele hat als die Privilegierung von Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen.
2. Bei der KG handelt es auch nicht deshalb um eine im Sinn des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gewerbliche Personengesellschaft, weil eine Betriebsaufspaltung mit der C GmbH vorliegen würde.
Tatbestandliche Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung sind eine enge sachliche und personelle Verflechtung zwischen der Kapitalgesellschaft als Betriebskapitalgesellschaft, an die das Grundstück vermietet oder verpachtet ist, und der Personengesellschaft als Besitzunternehmen, die das Grundstück vermietet oder verpachtet hat (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15. Oktober 1998, BStBl II 1999, 445).
Die enge sachliche Verflechtung liegt zwar vor, da das verpachtete Grundstück zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des von der C GmbH betriebenen gewerblichen Unternehmens gehört. Es fehlt jedoch an der engen personellen Verflechtung, da die Betriebsgesellschaft und das Besitzunternehmen nicht von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragen wurden (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 8. November 1971, BStBl II 1972, 63). Dieser einheitliche geschäftliche Betätigungswille tritt am klarsten bei Beteiligungsidentität zutage, wenn "an beiden Unternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind". Er kann aber auch bei Beherrschungsidentität vorhanden sein, wenn "die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, auch in der Betriebskapitalgesellschaft ihren Willen durchzusetzen" (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 8. November 1971, a.a.O.). Die Rechtsprechung sieht den Grund für die Gewerblichkeit der Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens darin, dass die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben, der auf die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit in einem Doppelunternehmen gerichtet ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 25. Juni 2013, BFH/NV 2013, 1802). Dies geschieht grundsätzlich mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts.
Vorliegend konnte zwar Rosmarie Einfluss auf die Verpachtung nehmen, da sie mit 60% an der KG Mehrheitsgesellschafterin war. Ihr stand darüber hinaus mangels unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligung an der C GmbH keine M öglichkeit zu, dort auf Entscheidungen dergestalt Einfluss zu nehmen, dass von einer Beherrschung gesprochen werden könnte, die zu einer Betriebsaufspaltung führen würde. Auch kann die Verpachtung nur im Rahmen der Gesetze als "Druckmittel" eingesetzt werden, so dass etwa eine Entziehung des Grundstücks während des Bestandes eines Pachtvertrages, der hier über 15 Jahren geschlossen war, nur im Fall einer Vertragsverletzung der C GmbH in Betracht käme. Dass nach 15 Jahren der Pachtvertrag nicht verlängert würde, etwa weil B einen entsprechenden Einfluss geltend machen würde, ist ein Risiko, das auch Unternehmen trifft, die von fremden Dritten ein Grundstück gepachtet haben.
3. Soweit der Vorgang nicht als Übertragung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG zu behandeln ist, kann es sich um Anschaffungskosten für die erworbene Beteiligung an der GmbH und der KG handeln. Hieraus ergeben sich aber keine steuerlichen Auswirkungen in den Streitjahren, sondern erst im Fall der Veräußerung. Im Übrigen fehlt es auch trotz Hinweis des Senats an weiterem Vortrag dazu, welche Auswirkungen sich durch die Behandlung als Anschaffungskosten auf die streitgegenständlichen Steuerbescheide ergeben würden. Erstmals in der mündlichen Verhandlung trug der Klägervertreter vor, in dem Betrag von € 19.925 könnte ein Zinsanteil enthalten sein, der zu Betriebsausgaben führen könnte. Hierzu erfolgte aber weder eine Konkretisierung oder ein Beweisantritt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist beim Bundesfinanzhof einzureichen; sie muss den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechen.
Vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen in § 62 Abs. 4 FGO genannten Prozessbevollmächtigten vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Straße 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/9231-201.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.