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  • · Fachbeitrag · Unternehmen in der Krise

    Steuervorauszahlungen zusammenveranlagter Eheleute laden zur Gestaltung ein

    | Für die Auszahlung eines Steuererstattungsanspruchs bei Ehegatten gibt es keine klare Regelung im Gesetz. Bisher musste in Zweifelsfragen auf die Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Das Finanzministerium NRW hat aktuell einen Erlass veröffentlicht, in dem die Regelungen für die Erstattung zu viel gezahlter Einkommensteuer an zusammenveranlagte Eheleute erläutert werden. |

     

    Wirkung einer Steuererstattung

    Die Regelung des § 36 Abs. 4 S. 3 EStG, wonach bei zusammenveranlagten Ehegatten die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten wirkt, dient der Verwaltungsvereinfachung. Diese Regelung setzt sich allein aus Gründen der Verfahrensökonomie über die materielle Rechtslage bezüglich der Erstattungsberechtigung hinweg. In Bezug auf den Erstattungsanspruch sind zusammenveranlagte Ehegatten weder Gesamt­gläubiger noch Mitgläubiger.

     

    Die gesetzliche Vermutung hinsichtlich der Einziehungsvollmacht gem. § 36 Abs. 4 S. 3 EStG ist aber widerlegbar.

     

    Das FA ist gehalten, die Interessen des Erstattungsberechtigten in seine Entscheidung einzubeziehen. Folglich darf das FA dann nicht mehr den gesamten Erstattungsbetrag an einen Ehegatten auszahlen, wenn es nach Aktenlage erkennt oder erkennen musste, dass der andere Ehegatte damit nicht einverstanden war. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Eheleute inzwischen geschieden sind, getrennt leben oder wenn ein Ehegatte die Erstattung an den anderen nicht billigt.

     

    PRAXISHINWEIS |   In der Praxis sollte immer ein schriftlicher Antrag gestellt werden, wenn von der Erstattung an einen Ehepartner abgewichen werden soll.

     

    § 36 Abs. 4 S. 3 EStG ist aber auch dann nicht anzuwenden, wenn das FA mit Abgabenrückständen einer der beiden Ehegatten aufrechnen will oder wenn der Erstattungsanspruch nur einer der beiden Ehegatten abgetreten, gepfändet oder verpfändet worden ist.

     

    In solchen Fällen muss die materielle Anspruchsberechtigung gem. § 37 Abs. 2 AO selbst dann geprüft werden, wenn die Ehegatten übereinstimmend davon ausgehen, dass der steuerliche Erstattungsanspruch ihnen gemeinsam zusteht. Zahlt das FA bei der Zusammenveranlagung aufgrund des gegen­über einem Ehegatten ergangenen Pfändungs- und Überweisungs­beschlusses auch den auf den anderen Ehegatten entfallenden Erstattungsbetrag an den Pfändungs­gläubiger aus, kann es von diesem die Rückzahlung dieses ohne Rechtsgrund gezahlten Betrags verlangen.

     

    Ermittlung des erstattungsberechtigten Ehegatten

    Der Erstattungsbetrag steht demjenigen Ehegatten zu, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Unerheblich ist dagegen, welcher Ehegatte den Steuerermäßigungstatbestand verwirklicht hat, der im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zu der Steuererstattung geführt hat. Dies gilt auch in Fällen des Verlustabzugs nach § 10d EStG. Unerheblich ist auch, auf wessen Einkünften die festgesetzten Steuern (Vorauszahlungen und Jahressteuern) beruhen.

     

    PRAXISHINWEIS |  Die Ermittlung des Erstattungsberechtigten ist immer eindeutig, wenn es um Lohnsteuer geht. Hier steht der Berechtigte fest. Problematisch wird es allerdings bei Vorauszahlungen zur Einkommensteuer. Hier muss die Frage der Tilgungsbestimmung geklärt sein.

     

    Tilgungsbestimmung

    Liegen keine Anhaltspunkte oder ausdrücklichen Absichtserklärungen für eine Tilgungsbestimmung vor, kann das FA als Zahlungsempfänger ‒ solange die Ehe besteht und die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben ‒ aufgrund der zwischen den Ehegatten bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft davon ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammenveranlagten Ehegatten begleichen will. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn über das Vermögen des anderen Ehegatten ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Ob die Ehegatten sich später trennen oder einer der Ehegatten nachträglich die getrennte Veranlagung (ab 2013 Einzelveranlagung) beantragt, ist für die Beurteilung der Tilgungs­absicht nicht maßgeblich, denn es kommt nur darauf an, wie sich die Umstände dem FA zum Zeitpunkt der Zahlung darstellen.

     

    Haben sich die Ehegatten vor der Zahlung getrennt, war dies dem FA zum Zeitpunkt der Zahlung aber noch nicht bekannt, kann das FA weiterhin davon ausgehen, dass der Ehegatte, der ohne individuelle Tilgungsbestimmung auf die gemeinsame Steuerschuld (Vorauszahlungsschuld) gezahlt hat, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen Ehegatten begleichen wollte.

     

    PRAXISHINWEIS |  In der „Ehekrise“ sollten Zahlungen immer auf eigene Rechnung geleistet werden. Nur so lässt sich verhindern, dass die Vorauszahlungen für den „Noch-Ehegatten“ ungewollt mitgeleistet werden.

     

    Die Angabe einer Tilgungsbestimmung muss dabei nicht ausdrücklich erfolgen, sondern kann sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben. Ein Indiz ist z.B. die Angabe des eigenen Namens im Feld „Verrechnungszweck“ einer Überweisung. Eine spätere „Interpretation“ (d.h. eine nachträglich geltend gemachte Tilgungsbestimmung) durch den zahlenden Ehegatten kann keine Berücksichtigung finden!

     

    Rechnet ein Ehegatte mit einem ihm allein zustehenden Erstattungsanspruch gegen die gemeinsame ESt-Schuld auf, kann das FA davon ausgehen, dass der Ehegatte, der ohne individuelle Tilgungsbestimmung auf die gemeinsame Steuerschuld geleistet hat, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen Ehegatten begleichen wollte. Im Fall der Aufrechnung durch das FA ergibt sich die Tilgungsbestimmung wegen der nach § 387 BGB erforderlichen Gegenseitigkeit dagegen nach der individuellen Gläubigerschaft des Steuererstattungsanspruchs.  

     

    PRAXISHINWEIS |  Im Fall eines Unternehmens in der Krise können die Vorauszahlungen durch den und im Namen des Nicht-Unternehmer-Ehegatten geleistet werden. Entscheidend ist hierbei der Zahlungsvorgang. Im Fall der Insolvenz bleibt damit das Geld erhalten, da der Erstattungsanspruch nicht in die Insolvenz­masse fällt. Voraussetzung ist natürlich, dass der Nicht-Unternehmer-Ehegatte über das notwendige Geld zur Zahlung der Vorauszahlung auf dem Konto verfügt. Ist dies nicht der Fall, bleibt die Möglichkeit eines Ehegattendarlehens.

     

    Achtung | Bei Zahlungen im Wege des Lastschrifteinzugs ist das FA gesondert über den Tilgungswillen zu informieren. Wird ein Verrechnungs­vertrag geschlossen, ergibt sich die Tilgungsbestimmung aus den vertrag­lichen Vereinbarungen.

     

    Zahlungsanweisung

    Bitten die Ehegatten zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. bei Abgabe der Steuer­erklärung, um Überweisung des Erstattungsbetrags an einen bestimmten Zahlungsempfänger, liegt lediglich eine Zahlungsanweisung vor, die den mate­riell-rechtlichen Erstattungsanspruch unberührt lässt. Die auf Wunsch eines der Ehegatten erfolgte Auszahlung des ihm materiell-rechtlich zustehenden Erstattungsanspruchs an den anderen Ehegatten oder einen Dritten führt ihm gegenüber zum Erlöschen seines Erstattungsanspruchs. Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde eine Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem Rechtsinhaber zu erfüllen.

     

    Fundstelle

    • FinMin 4.2.13, S 0160, astw.iww.de Abruf-Nr. 131723. Im Weiteren verweist das FinMin auf ein ausführliches BMF-Schreiben (31.1.13, IV A 3 - S 0160/11/10001, BStBl I 13, 17). Erlass und BMF-Schreiben sind Inhalt dieses Beitrags.
    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 535 | ID 42220560

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