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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Steuerliche Behandlung des 49-EUR bzw. Deutschland-Tickets

    von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg, www.steuer-webinar.de

    Seit dem 1.5.2023 ist das 49-EUR- bzw. Deutschland-Ticket auf dem Markt. Es ist der Nachfolger für das von Juni bis August 2022 befristet eingeführte 9-EUR-Ticket. Seit der Einführung haben rund 10 Mio. Kunden von dem neuen Angebot Gebrauch gemacht. Rund die Hälfte davon, also etwa 5 Mio. Fahrgäste, sind sogenannte Umsteiger aus bereits bestehenden Abonnements. Weitere 4,3 Mio. Fahrgäste sind Neuabonnenten, die den ÖPNV vorher mit Einzelfahrscheinen oder Zeitkarten ohne Abo genutzt haben. Rund 700.000 Menschen sind Neukunden, die den ÖPNV bislang in der Regel nicht genutzt haben. Anlass genug, die Eckpunkte zum Ticket sowie die steuerlichen Aspekte mit Praxishinweisen zu erläutern.

     

    Eckpunkte und Anwendungsbereich des Tickets

    Das 49-EUR-Ticket gilt für einen kompletten Kalendermonat ab dem 1.5.2023 deutschlandweit für alle Verkehrsmittel in der zweiten Klasse, also dem ÖPNV und SPNV. Damit besteht beispielsweise die Möglichkeit, mit nur einem Ticket deutschlandweit Fahrten mit U- und S-Bahnen, Straßenbahnen, Trambahnen, Stadt- und Regionalbussen sowie Regionalzügen (IRE, RE oder RB) zu tätigen. Auf Landes- oder Tarifgrenzen muss nicht geachtet werden. Keine Gültigkeit hat das Ticket allerdings im Fernverkehr, sodass das Ticket für eine Fahrt mit dem ICE, IC oder EC nicht genutzt werden kann. Insoweit bleibt es dabei, dass ein separater Fahrschein erworben werden muss. Das Deutschland-Ticket kostet monatlich 49 EUR. Darüber hinaus können die Länder auf ihre Kosten weitere Vergünstigungen etwa für Azubi-, Schüler- oder Sozialtickets anbieten.


    PRAXISTIPP | Bei den 49 EUR handelt es sich um einen Einführungspreis. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern haben bereits vereinbart, dass es von 2024 an eine Dynamisierung in Form eines automatischen Inflationsausgleichs geben soll.


    Das Ticket kann dabei nur mit einem jährlichen Abo erworben werden, wobei eine jährliche oder eine monatliche Zahlungsweise möglich ist. Der Preis bleibt dabei jedoch identisch. Er reduziert sich auch nicht, wenn bereits eine Bahncard 25, 50 oder 100 existieren sollte. Das Abo ist monatlich bis zum 10. eines Monats zum Ende des Monats kündbar.

     

    • Beispiel

    Schließt man ab dem 1.7.2023 ein Abo ab und kündigt dieses bis zum 10.7.2023, verliert das Abo mithin ab August seine Gültigkeit.

     

    Eigenerwerb des Tickets ohne Arbeitgeberbeteiligung

    Von dem 49-EUR-Ticket können vor allem Arbeitnehmer profitieren, die bisher mit dem Auto zur Arbeit gefahren sind und nun auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen und dadurch Kosten einsparen. Die Entfernungspauschale kann weiterhin als Werbungskosten geltend gemacht werden, da diese bis zu einem Jahresbetrag von 4.500 EUR unabhängig von der Art des gewählten Beförderungsmittels gilt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG). Damit kann das Ticket vollständig als Werbungskosten geltend gemacht werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass das 49-EUR-Ticket zusätzlich für sämtliche privaten Fahrten nutzbar ist. Zu beachten ist jedoch, dass es zu einer steuerlichen Entlastung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erst kommt, wenn mit den übrigen Werbungskosten insgesamt der Arbeitnehmer-Pauschbetrag i. H. v. 1.230 EUR überschritten wurde. Des Weiteren profitieren auch die Arbeitnehmer, die bereits bisher mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren sind und bisher höhere Kosten als 49 EUR monatlich für die Fahrtickets tragen mussten.

     

    Arbeitgeber unterstützen ihre Arbeitnehmer

    Das Ticket bietet auch Arbeitgebern Vorteile, wenn sie ihre Arbeitnehmer finanziell unterstützen und zugleich der Umwelt etwas Gutes tun möchten. Unterstützt der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer bei den Ticketkosten, kann der Arbeitgeber die Kosten als Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 4 EStG absetzen. Zudem sind die Vorteile beim Arbeitnehmer regelmäßig steuer- und beitragsfrei. Insgesamt sind drei verschiedene Unterstützungsmaßnahmen denkbar, welche für alle Arbeitnehmer des Arbeitgebers gelten:

     

    • Kostenzuschuss
    • Jobticket
    • Gehaltsumwandlung

     

    Was es bei den Varianten zu beachten gilt, wird im Folgenden erläutert.

     

    MERKE | Die Varianten gelten für alle Arbeitnehmer. Es kommt nicht darauf an, ob es sich bei dem Arbeitnehmer um eine Voll- oder Teilzeitkraft, einen Auszubildenden, eine Aushilfskraft, einen Minijobber oder einen Ruheständler handelt.

     

    Finanzieller Kostenzuschuss

    Leistet der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer einen Zuschuss zu den Ticketkosten, dann ist dieser Zuschuss gemäß § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei und über § 1 Abs. 1 SvEV (Sozialversicherungsentgeltverordnung) beitragsfrei. Einzige Voraussetzung ist, dass der Zuschuss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i. S. d. § 8 Abs. 4 EStG gewährt wird. Eine Gehaltsumwandlung oder ein Gehaltsverzicht zugunsten des Zuschusses wären damit nicht steuer- und beitragsfrei. Unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 3 Nr. 15 EStG kommt der Zuschuss somit brutto wie netto beim Arbeitnehmer an. Allerdings mindert der Zuschuss die Entfernungspauschale, welche der Arbeitnehmer selbst als Werbungskosten geltend machen kann. Deshalb regeln § 41b Abs. 1 Nr. 6 EStG und § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV, dass der Arbeitgeber den Zuschuss in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitnehmers ausweisen muss. Zudem muss der Arbeitgeber als Nachweis für die zweckentsprechende Verwendung des Zuschusses eine Kopie des Tickets zum Lohnkonto nehmen und aufbewahren.

     

    Beachten Sie | Bei dem Kostenzuschuss zeigt sich in der Praxis für viele Arbeitgeber ein Problem. Viele Arbeitgeber sind bereits vor Einführung des 49-EUR-Tickets dazu übergegangen, andere vom Arbeitnehmer abgeschlossene Tickets über § 3 Nr. 15 EStG steuer- und beitragsfrei zu bezuschussen. Belief sich der Zuschuss bisher auf einen Betrag oberhalb von 49 EUR, dann kann das zur Steuerfalle werden. Denn viele Tickets und Dauerkarten des Arbeitnehmers werden zum 1.5. auf das regelmäßig günstigere 49-EUR-Ticket umgestellt. Das hat zur Folge, dass die Aufwendungen des Arbeitnehmers sinken. Passt der Arbeitgeber seinen Zuschuss nicht an und erhält der Arbeitnehmer nun einen Zuschuss oberhalb der anfallenden Kosten im Monat, sind davon nur noch 49 EUR steuer- und beitragsfrei. Die darüber hinausgehenden Kosten unterliegen der individuellen Besteuerung und den Sozialabgaben.

     

    • Beispiel

    Der Arbeitgeber hat den bisherigen Kostenzuschuss i. H. v. 80 EUR pro Monat an seinen Arbeitnehmer versehentlich nicht angepasst. Der übersteigende Teil i. H. v. 31 EUR unterliegt der individuellen Besteuerung und den Sozialabgaben. Von dem Kostenzuschuss sind lediglich 49 EUR steuer- und beitragsfrei.

     

    Es muss allerdings darauf geachtet werden, dass eine Monatsbetrachtung gilt. Das BMF-Schreiben vom 30.5.2022 (BStBl I 22, 922) gilt für das neue 49-EUR-Ticket (Stand jetzt) nicht. Das BMF-Schreiben vom 30.5.2022 legte für das 9-EUR-Ticket aus Vereinfachungsgründen fest, dass es für das Jahr 2022 ausnahmsweise auf eine jahresbezogene Betrachtung der Kosten des Arbeitnehmers und den Zuschüssen des Arbeitgebers ankam. Damit konnten zu hoch gewährte Zuschüsse in künftigen Monaten verrechnet werden.

     

    MERKE | Die Nichtbeanstandungsregelung der Jahresbetrachtung gilt bei dem 49-EUR-Ticket ‒ Stand jetzt ‒ nicht. Insoweit ist auf jeden einzelnen Monat abzustellen. Ob es zu einer Vereinfachungsregelung kommt, ist nicht ersichtlich.

     

    Jobticket

    Mittlerweile hat sich das Jobticket im Alltag integriert. Der Arbeitgeber kann alternativ auch dazu übergehen, das 49-EUR-Ticket zu erwerben und dieses dem Arbeitnehmer als Jobticket zu überlassen. Die Überlassung kann dabei vollständig oder zu einem Anteil erfolgen. Das bedeutet, dass die Überlassung auch gegen eine Eigenbeteiligung des Arbeitnehmers erfolgen kann. Beim Jobticket gilt ebenfalls, dass die Ticketkosten beim Arbeitgeberunternehmen als Betriebsausgabe absetzbar sind. Dabei ist zu beachten, dass er eine etwaige Eigenbeteiligung des Arbeitnehmers als Betriebseinnahme erfassen muss. Der für den Arbeitnehmer ‒ durch das kostenlose oder verbilligte Ticket ‒ entstehende geldwerte Vorteil ist gemäß § 3 Nr. 15 EStG steuer- und gemäß § 1 Abs. 1 SvEV beitragsfrei, wenn der Arbeitnehmer das Ticket zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erhält.


    PRAXISTIPP | Auch beim Jobticket sind grundsätzlich wieder die Regelungen des § 8 Abs. 4 EStG zu beachten. Ein Gehaltsverzicht oder eine Gehaltsumwandlung wären schädlich und würden zur Steuer- und Beitragspflicht führen, was spätestens im Rahmen von Lohnsteuer-Außenprüfungen oder Rentenversicherungsprüfungen aufgegriffen wird.


    Wie der Arbeitnehmer das Ticket konkret nutzt, also ob für berufliche oder private Fahrten, ist unerheblich. Allerdings besteht für Arbeitgeber die Verpflichtung, den geldwerten Vorteil in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitnehmers anzugeben, da dieser die vom Arbeitnehmer geltend zu machende Entfernungspauschale mindert. Bei der verbilligten Überlassung des 49-EUR-Tickets an Arbeitnehmer empfiehlt es sich zudem, dass der Arbeitgeber mindestens 25 % des Ausgabepreises des Tickets selbst übernimmt, d. h. 12,25 EUR (25 % × 49 EUR).


    PRAXISTIPP | Wenn Arbeitgeber einen Zuschuss von mindestens 25 % auf den Ausgabepreis des Tickets leisten, können bis zum 31.12.2024 zusätzlich 5 % Übergangsabschlag bzw. Rabatt auf den Ausgabepreis gewährt werden (vgl. FAQ der Bundesregierung zum Deutschland-Ticket).


    Der Ticketpreis von 49 EUR reduziert sich folglich auf 46,55 EUR. Die Eigenbeteiligung des Arbeitnehmers beträgt damit 34,30 EUR im Monat.

    Gehaltsumwandlung

    Bei einer Gehaltsumwandlung ist der zufließende geldwerte Vorteil nicht über § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei und würde deshalb der Besteuerung und den Sozialabgaben unterliegen. Allerdings kann der Arbeitgeber gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG den Vorteil durch die Gehaltsumwandlung zugunsten des Jobtickets zu seinen Lasten mit 25 % pauschalieren. Dann erhält der Arbeitnehmer das durch die Gehaltsumwandlung gewährte Jobticket „brutto wie netto“, da die individuelle Besteuerung auf Ebene des Arbeitnehmers wie auch die Sozialabgaben entfallen. Bei dieser Variante besteht zudem der Vorteil, dass die Entfernungspauschale in voller Höhe erhalten bleibt und beim Arbeitnehmer keine Kürzung im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung zu erfolgen hat.

     

    • Beispiel: Markus, Stkl I, Bruttoarbeitslohn von monatl. 3.000 EUR

    Normal

    Gehaltsumwandlung

    Ergebnis Gehaltsumwandlung

    Lohnaufwand ArbG gesamt

    3.617,25

    3.620,09

    ArbG: Nachteil mtl. 2,84 EUR

    Kosten 49-EUR-Ticket

    ‒ 49,00

    Pauschale LSt zzgl. Soli

    ‒ 12,92

    Sozialabgaben ArbG-Anteil

    ‒ 617,25

    ‒ 607,17

    Bruttogehalt (steuerpflichtig)

    3.000,00

    2.951,00

    Sozialabgaben ArbN-Anteil

    ‒ 617,25

    ‒ 607,17

    Lohnsteuer (Jahr 2023)

    ‒ 341,75

    ‒ 330,41

    Nettogehalt

    2.041,00

    2.013,42

    Kosten 49-EUR-Ticket

    ‒ 49,00

    Effektives Netto von Markus

    1.992,00

    2.013,42

    Markus: Vorteil mtl. 21,42 EUR

     

    Umsatzsteuer und Vorsteuer

    Ein Vorsteuerabzug aus dem Erwerb eines 49-EUR-Tickets als Jobticket für Arbeitnehmer ist ausgeschlossen. Denn die vom Beförderungsunternehmen ausgeführte Leistung wird nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Arbeitnehmer bezogen (vgl. BMF 15.2.94 und Abschnitt 15.15 Abs. 1 UStAE). Leisten Arbeitnehmer eine Zuzahlung zum Jobticket, unterliegt diese als durchlaufender Posten auch nicht der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 5 UStG). Außerdem ergibt sich keine unentgeltliche Wertabgabe.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2023 | Seite 505 | ID 49575974

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