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  • · Fachbeitrag · § 17 EStG

    Veräußerung der wesentlichen Beteiligung nach Eintritt in unbeschränkte Steuerpflicht

    Der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG entstandene Vermögenszuwachs hat nicht i. S. v. § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen, wenn dort keine Steuer festgesetzt worden ist. Das hat der BFH aktuell entschieden.

     

    Sachverhalt

    Der Steuerpflichtige ist niederländischer Staatsbürger, lebte im Königreich der Niederlande und gründete im Jahr 1998 eine Kapitalgesellschaft (B.V.) mit einem Stammkapital von 18.000 EUR mit Sitz in den Niederlanden, deren Alleingesellschafter er war. Im Jahr 2006 zog er in die Bundesrepublik Deutschland und veräußerte mit Vertrag vom 4.5.2016 seine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an der B.V. für rund 1,5 Mio. EUR.

     

    Im Rahmen der Ermittlung des nach § 17 EStG angefallenen Veräußerungsgewinns führte der Steuerpflichtige zur Begründung aus, bei dem in Abzug gebrachten Betrag von 1.112.240 EUR handele es sich um den von den niederländischen Steuerbehörden festgestellten Wert der Beteiligung für Besteuerungszwecke in den Niederlanden. Das FA setzte hingegen lediglich den Stammkapitalwert von 18.000 EUR an, da maßgeblich auf die tatsächliche Steuerzahlung abzustellen sei, die in den Niederlanden aber nicht stattgefunden habe.

     

    Entscheidung und Begründung

    Dies sieht der BFH im Ergebnis genauso. Weist der Veräußerer nach, dass ihm die Anteile bereits im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG zuzurechnen waren und dass der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Vermögenszuwachs aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen hat, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Wert, den der Wegzugsstaat bei der Berechnung der der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer angesetzt hat, höchstens jedoch der gemeine Wert (§ 17 Abs. 2 Satz 3 EStG). § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG ist in den Fällen des § 6 Abs. 3 AStG nicht anzuwenden (§ 17 Abs. 2 Satz 4 EStG).

     

    Mit dem durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7.12.2006 (BGBl I 06, 2782) eingeführten § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG wird ‒ wenn dessen Voraussetzungen gegeben sind ‒ in den Fällen des Zuzugs eines Anteilsinhabers sichergestellt, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus einer späteren Veräußerung von steuerverstrickten Anteilen nicht die ursprünglichen Anschaffungskosten, sondern der Wert, den der Wegzugsstaat einer § 6 AStG vergleichbaren Wegzugsbesteuerung unterworfen hat, berücksichtigt wird.

     

    § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG unterscheidet nicht danach, ob der Anteilsinhaber von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums oder einem Drittstaat nach Deutschland gezogen ist. Eine Bindung der deutschen Finanzbehörde an die Steuerfestsetzung im ausländischen Wegzugsstaat besteht nicht. Die Finanzbehörde ist zur eigenständigen Prüfung berechtigt.

     

    Im Streitfall hatte der unbeschränkt Steuerpflichtige seinen im Privatvermögen gehaltenen Anteil i. H. v. 100 % an der B.V. als einer Kapitalgesellschaft nach niederländischem Recht im Jahr 2016 zum Preis von rund 1,5 Mio. EUR veräußert und damit den Tatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt. Die in Rede stehenden Anteile gehören zu den ähnlichen Beteiligungen i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG, weil sie Gesellschafterrechte verkörpern, wie das deutsche Recht es für GmbH-Anteile vorsieht.

     

    Das FG hatte im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG für erhöhte Anschaffungskosten nicht gegeben waren. Zwar hatte das FG festgestellt, dass die niederländische Regelung zur Wegzugsbesteuerung der deutschen Regelung des § 6 AStG vergleichbar ist. Der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Wertzuwachs der Beteiligung hatte in den Niederlanden aber nicht einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen.

     

    Da im Rahmen der Rechtsfolge des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG (Anknüpfung an den „Entstrickungswert“) jedoch maßgebend eine „Berechnung“ der der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer vorausgesetzt wird, tritt insoweit eine Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals „einer […] Steuer unterlegen hat“ in dem Sinne ein, dass zumindest ein Steuerbescheid des Wegzugsstaats mit Berechnung und Festsetzung der Steuer ergangen sein muss. Dafür spricht auch, dass der Veräußerer nachweisen muss, dass der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Wertzuwachs einer entsprechenden Steuer unterlegen hat.

     

    Daran fehlte es im Streitfall. Die niederländische Steuerbehörde hatte zwar mit Schreiben vom 28.12.2015 den Wert der Anteile im Zeitpunkt des Wegzugs mit 1.112.240 EUR festgestellt. Sie hatte allerdings für den Anteilswertzuwachs in den Niederlanden weder Steuern berechnet noch festgesetzt. Einen „Aufschubbescheid“ hat sie nicht erlassen. Eine Gleichstellung des Schreibens vom 28.12.2015 mit einem niederländischen Steuerbescheid war nicht möglich. Dies käme einer bloßen Fiktion gleich. Der Wertzuwachs der Beteiligung hatte daher in den Niederlanden keiner Steuer unterlegen.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 48079827