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  • · Fachbeitrag · § 10 EStG

    Kirchensteuererstattung und Erstattungsüberhang

    | Ein sich aus einer Erstattung von nicht veranlagter Kirchensteuer zum Kapitalertrag ergebender Erstattungsüberhang ist nicht als Erstattungsüberhang i. S. d. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung steuererhöhend zu berücksichtigen. |

     

    Sachverhalt

    Streitig war, ob in den Streitjahren 2014 und 2015 erstattete Kirchensteuer als sog. Erstattungsüberhang bei der Einkommensteuerveranlagung steuererhöhend anzusetzen ist. Die Steuerpflichtige war an einer GmbH beteiligt. Sie war bereits im Jahr 2012 aus der Kirche ausgetreten. Dennoch behielt die GmbH bei der Gewinnausschüttung im Vorjahr 2013 neben der Kapitalertragsteuer auch Kirchensteuer ein. Dieser Vorgang wiederholte sich im Streitjahr 2014. Die zu Unrecht einbehaltene Kirchensteuer wurde der Steuerpflichtigen im Jahr 2014 und im Jahr 2015 erstattet.

     

    Entscheidung

    Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2014 berücksichtigte das FA die Kirchensteuererstattung aus 2013 als Einnahme infolge. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Steuerpflichtigen recht.

     

    Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG sind die gezahlten Kirchensteuern als Sonderausgaben abzugsfähig. Bei jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben, wie z. B. Kirchensteuern, mindern im Jahr der Zahlung erfolgte Erstattungen den steuerlich berücksichtigungsfähigen Betrag. Denn es dürfen nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist.

     

    Mit Einfügung des § 10 Abs. 4b EStG durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde die Behandlung von erstatteten Sonderausgaben mit Wirkung ab dem 1.1.2012 erstmals gesetzlich geregelt. Zweck der Neuregelung ist, die Wiederaufrollung der Steuerfestsetzungen der Vorjahre zu vermeiden, sodass der Steuerpflichtige keine Änderungen für zurückliegende Veranlagungszeiträume mehr nachvollziehen muss.

     

    Bei den Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EStG sich ergebende Erstattungsüberhänge sind dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Begründet wird diese unterschiedliche Behandlung damit, dass die Aufwendungen, auf die sich die Erstattungsüberhänge beziehen, zuvor in vollem Umfang, und nicht nur wie die Vorsorgeaufwendungen, als Sonderausgaben abziehbar waren.

     

    Nach diesen Grundsätzen und gesetzlichen Regelungen wären also die vom FA jeweils aufgrund der Einkommensteuerveranlagungen der Steuerpflichtigen beruhenden Einkommensteuerfestsetzungen jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn es sich bei der in den Streitjahren erstatteten Kirchensteuer um solche handelte, die als Zuschlag zur Lohn- oder Einkommensteuer gezahlt worden ist.

     

    Nach Auffassung des FG muss jedoch für die als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer gezahlte Kirchensteuer, wie im Streitfall, etwas anderes gelten. Denn seit dem Veranlagungszeitraum 2009 unterscheidet das Gesetz beim Sonderausgabenabzug für gezahlte Kirchensteuer zwischen der als Zuschlag zur Lohn- oder Einkommensteuer gezahlten Kirchensteuer und der als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer gezahlten Kirchensteuer.

     

    Während die als Zuschlag zur Lohn- und Einkommensteuer gezahlte Kirchensteuer unbeschränkt als Sonderausgabe abziehbar ist, scheidet ein Sonderausgabenabzug für als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer gezahlte Kirchensteuer von vornherein aus.

     

    Die gesetzgeberische Entscheidung, durch die Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 die Einkünfte aus Kapitalvermögen einer eigenständigen Besteuerung zu unterwerfen, ist nach dem Grundsatz der Folgerichtigkeit auch bei der Anwendung der Vorschrift des § 10 Abs. 4b EStG zu beachten.

     

    So hat der Gesetzgeber selbst durch die Änderung der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG klargestellt, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2009 zwischen der als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer gezahlten Kirchensteuer und der als Zuschlag zur Lohn- und Einkommensteuer gezahlten Kirchensteuer zu unterscheiden ist. In den Streitjahren hat sich dementsprechend die Zahlung der Kirchensteuer für die Steuerpflichtige nicht nur nicht auf die veranlagte Einkommensteuer „ausgewirkt“, sondern war von vornherein aus dem Anwendungsbereich für einen Sonderausgabenabzug ausgeschlossen.

     

    Das FG legte dementsprechend die in § 10 Abs. 4b EStG getroffene Regelung als Gegenstück (actus contrarius) zur Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus, sodass die als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer erstattete Kirchensteuer vom Ansatz eines Erstattungsüberhangs auszunehmen ist.

     

    Zwar ergibt sich dadurch zunächst ein ungerechtfertigter Vorteil der Steuerpflichtigen dadurch, dass sich die als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer gezahlte Kirchensteuer auf die Bemessungsgrundlage der Kapitalertragsteuer ermäßigend ausgewirkt hat. Dieser Vorteil ist aber nicht über den Ansatz eines Erstattungsüberhangs „abzuschöpfen“. Hier muss es gegebenenfalls zu einer Änderung der Kapitalertragssteuerfestsetzung kommen.

     

    Das FA hat die zunächst eingelegte Revision ( Az. X R 39/18) zwischenzeitlich zurückgenommen. Das FG-Urteil ist also rechtkräftig.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 46013024

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