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  • · Nachricht · § 22 EStG

    Rückwirkend bewilligte Erwerbsminderungsrente nach vorherigem Bezug erstattungspflichtiger Leistungen nach dem SGB II

    | Hat ein Steuerpflichtiger von einem Jobcenter Leistungen nach dem SGB II bezogen und erstattet die DRV infolge der späteren Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente dem Jobcenter diese Leistungen, gilt sein Rentenanspruch insoweit gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt. Die Erwerbsminderungsrente unterliegt bereits im Zeitpunkt des Zuflusses der Leistungen nach dem SGB II im Umfang der Erfüllungsfiktion mit ihrem Besteuerungsanteil der Einkommensteuer. Diese Erfüllungsfiktion tritt auch dann ein, wenn die Sozialleistungen nach dem SGB II ggf. zu Unrecht gewährt worden sein sollten, sofern die Leistungen auf wirksamen und nicht offensichtlich fehlerhaften Bescheiden des Sozialleistungsträgers beruhen und tatsächlich eine Erstattung zwischen den beteiligten Sozialleistungsträgern gemäß §§ 102 ff. SGB X vorgenommen wurde. |

     

    Sachverhalt

    Die Steuerpflichtige war bis zum 31.1.2008 bei der B GmbH beschäftigt. Von dieser erhielt sie Ende Januar 2008 eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe von 28.969 EUR. Aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Erwerbsunfähigkeit war sie im Streitjahr 2008 nicht mehr aktiv beruflich tätig. Im Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 25.5.2010 bezog sie vom Jobcenter Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes und zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

     

    Mit Bescheid vom 25.5.2010 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) der Steuerpflichtigen rückwirkend ab dem 1.1.2008 für die Zeit bis zum 30.6.2011 eine Rente auf Zeit wegen voller Erwerbsminderung. Der Nachzahlungsbetrag für die bereits abgelaufenen Bewilligungsmonate in Höhe von insgesamt 27.998 EUR wurde ‒ bis auf einen Restbetrag in Höhe von 900 EUR ‒ von der DRV nicht an die Steuerpflichtige, sondern als Erstattungsleistung nach § 103 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) an das Jobcenter ausgezahlt. Von der Erstattung entfielen 11.870 EUR auf Leistungen des Jobcenters im Streitjahr 2008.

     

    Das FA unterwarf den Betrag von 11.870 EUR 2008 gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG der Besteuerung.

     

    Im Einspruchsverfahren machte die Steuerpflichtige geltend, im Hinblick auf das in § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG statuierte sog. Zuflussprinzip seien ihr die Renteneinkünfte frühestens im Jahr 2010, d. h. in dem Jahr, in dem der Rentenversicherungsträger den entsprechenden Bewilligungsbescheid erlassen habe, zugeflossen und zu versteuern. Zudem hätte das Jobcenter die im Streitjahr 2008 gewährten Leistungen nach dem SGB II wegen der Abfindungszahlung der GmbH zurückverlangen können. §§ 103 und 107 SGB X seien bei zu Unrecht gewährten Sozialleistungen nicht anwendbar.

     

    Entscheidung

    Der BFH entschied jedoch, dass die Leistungen, die die Steuerpflichtige erhalten hatte, infolge der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X in Höhe der von der DRV geleisteten Erstattung in diesem Jahr als Leibrente mit ihrem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Leistungsgewährung durch das Jobcenter ggf. materiell rechtswidrig gewesen sein sollte. Denn für die Besteuerung ist entscheidend, dass die der Steuerpflichtigen gewährten SGB II-Leistungen und die Erwerbsminderungsrente auf wirksamen Bescheiden des Jobcenters bzw. der DRV beruhen. Diese Bescheide sind von ihr weder angefochten noch vom Jobcenter bzw. der DRV aufgehoben worden. Zudem hat das Jobcenter der Steuerpflichtigen die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes und zur Eingliederung in Arbeit gewährt und ihr belassen, genauso wie die DRV dem Jobcenter dessen Zahlungen gemäß §§ 102 ff. SGB X tatsächlich erstattet hat.

     

    Das FA hat die wirksamen Bescheide der Sozialleistungsträger sowie die vorgenommene Erstattung an den vorleistenden Sozialleistungsträger zu respektieren und sie auch im Rahmen der Besteuerung zu beachten. Denn die Rechtsbeziehungen zwischen unterschiedlichen Sozialleistungsträgern in einem gegliederten Sozialleistungssystem erfordern aber auch, dass jeder Leistungsträger die Regelungsbefugnis des zuständigen Trägers respektiert und seinen eigenen Entscheidungen zugrunde legt. Deshalb sind Entscheidungen des zuständigen Trägers grundsätzlich von anderen Trägern hinzunehmen.

     

    Wenn aber bereits in einem sozialrechtlichen Erstattungsverfahren der eine Sozialleistungsträger den Bescheid des anderen grundsätzlich zu akzeptieren hat, muss dies umso mehr für eine fachfremde Finanzbehörde in einem Besteuerungsverfahren gelten. Diese hat die Bescheide der beiden betroffenen Sozialleistungsträger sowie die zwischen ihnen vorgenommene Erstattung der Besteuerung zugrunde zu legen. Die Bindung an die Bescheide des Jobcenters und der DRV sowie die darauf beruhende Erstattung war im Streitfall gegeben, da die Bescheide wirksam und auch nicht offensichtlich fehlerhaft waren.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 45481220

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