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  • 06.05.2014

    Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 16.12.2013 – 5 TaBV 16/13


    Tenor:

    Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 08.08.2013 - 2 BV 10/13 - wird zurückgewiesen.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe

    Die Beteiligten des vorliegenden Beschlussverfahrens streiten darüber, ob die Beteiligte zu 1. die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. verlangen kann.

    Die Antragstellerin ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die in den Bereichen Rehabilitation/Unterstützung/Betreuung/Integration tätig ist. Sie beschäftigt insgesamt ca. 50 Arbeitnehmer. Bei der Antragstellerin ist ein Betriebsrat gebildet. Der Beteiligte zu 3. ist Vorsitzender dieses Betriebsrats. Er ist 1955 geboren, verheiratet und hat ausweislich der von ihm vorgelegten Lohnsteuerkarte ein unterhaltsberechtigtes Kind. Er ist seit dem 01.02.1990 bei der Antragstellerin beschäftigt. Er ist in die tarifliche Entgeltgruppe IVa BMT-AW II eingestuft und bezieht ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 3.885,81 €.

    Mit Schreiben vom 18.02.2013 hat die Beteiligte zu 1. die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur beabsichtigten Kündigung (außerordentliche Kündigung unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist im Umfang der für eine ordentliche Kündigung geltenden Kündigungsfrist) des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3 beantragt.

    Das Antragsschreiben hat u. a. folgenden Wortlaut:

    "... Sehr geehrte Frau E.,

    im November 2012 ist Ihnen mit Datum vom 21.11.2012 ein Antrag auf Zustimmung zur Kündigung von Herrn C. zugegangen. Mit Datum vom 13.12.2012 ist Ihnen dann die vorbehaltliche Rücknahme des Kündigungsantrages zugegangen, da Herr C. sich auf eine günstige Prognose berief, die sich auf eine zu erwartende gesundheitliche Wiederherstellung unmittelbar im Anschluss an eine Rehabilitationsmaßnahme am Ende des letzten Jahres bezog. Mittlerweile ist Herr C. als arbeitsunfähig aus der Rehabilitation entlassen worden, und es sind zwei weitere Krankmeldungen eingegangen.

    Vor dem Hintergrund dieser Sachlage ist - im Gegensatz zu den von Herrn H. geäußerten Erwartungen - ohne Zweifel mit weiteren erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zu rechnen, insbesondere unter Bezugnahme der im Schreiben vom 21.11.2012 dargelegten krankheitlichen Vorgeschichte von Herrn C., auf die ich mich mit diesem Schreiben ausdrücklich beziehe. Aus diesem Grund sehe ich mich nun erneut gezwungen, das mit Herrn C. bestehende Arbeitsverhältnis zu beenden.

    Es ist weiterhin beabsichtigt, gegenüber Herrn C. die außerordentliche Kündigung unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist im Umfang der für eine ordentliche Kündigung maßgeblichen Kündigungsfrist (sechs Monate zum Ende des Kalendervierteljahres) auszusprechen. Im Hinblick auf das Mandat von Herrn C. als Mitglied des Betriebsrates bedarf eine solche Kündigung der Zustimmung des Betriebsrates. Es wird dementsprechend hiermit ausdrücklich beantragt,

    der Betriebsrat möge der beabsichtigten Kündigung (außerordentliche Kündigung unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist im Umfang der für eine ordentliche Kündigung geltenden Kündigungsfrist) zustimmen.

    Die Sozialdaten Herrn C. finden Sie im Schreiben vom 21.11.2012. Ich bitte darum, schnellstmöglich die Beschlussfassung des Betriebsrates über den vorstehend gestellten Antrag herbeizuführen und mir den diesbezüglichen Beschluss des Betriebsrates mitzuteilen. Ich hoffe und gehe davon aus, dass der Betriebsrat im Rahmen der Abwägung zwischen den Interessen von Herrn C. am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses einerseits und den überaus langen krankheitsbedingten Fehlzeiten von Herrn C. beruhenden massiven Belastungen des Arbeitsgebers andererseits Verständnis für die wahrlich nicht leichte, unter den gegebenen Umständen jedoch unumgängliche Entscheidung des Arbeitgebers aufbringt und der beabsichtigten Kündigung zustimmt. ..."

    Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Antragsschreibens wird auf Bl. 15 d. A. Bezug genommen.

    Mit Schreiben vom 21.02.2013 hat der Beteiligte zu 2. die Erteilung der Zustimmung verweigert. Das Schreiben des Beteiligten zu 2. hat u. a. folgenden Wortlaut:

    "... Sehr geehrte Frau U.,

    auch wenn wir Verständnis für die von Ihnen aufgeführten betrieblichen Belastungen haben, sind wir nach wie vor der Ansicht, dass vor einer außerordentlichen Kündigung ein Gespräch mit dem Stelleninhaber geführt werden sollte.

    Der vorgesehenen Kündigung von Herrn C. können wir daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen. ..."

    Mit dem am 12.04.2013 beim Arbeitsgericht eingegangen Schriftsatz macht die Beteiligte zu 1. die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung und der Gewährung einer sozialen Auslauffrist von sechs Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres des mit dem Beteiligten zu 3. bestehenden Arbeitsverhältnisses geltend.

    Die Beteiligte zu 1. hat vorgetragen,es sei in Zukunft mit weiteren erheblichen Entgeltfortzahlungskosten zu rechnen und der Dienstbetrieb werde erheblich gestört. Des Weiteren sei eine negative Gesundheitsprognose ohne weiteres gegeben, weil der Beteiligte zu 3. seit April 2012 durchgängig arbeitsunfähig erkrankt sei. Dem geltend gemachten Antrag stehe auch nicht § 626 Abs. 2 BGB entgegen. Denn im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeitszeiten des Beteiligten zu 3. handele es sich vorliegend um einen sogenannten Dauertatbestand.

    Die Beteiligte zu 1. hat beantragt,

    die Zustimmung des Antragsgegners zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist von sechs Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres des mit Herrn C. bestehenden Arbeitsverhältnisses zu ersetzen.

    Die Beteiligten zu 2., 3. haben beantragt,

    den Antrag zurückzuweisen.

    Die Beteiligten zu 2., 3. haben vorgetragen, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten worden, so dass bereits deshalb der Antrag der Beteiligten zu 1. zurückzuweisen sei. Im Hinblick auf die gesetzliche Zweiwochenfrist sei es dem Arbeitgeber verwehrt, erst rund sieben Wochen nach Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat den streitgegenständlichen Antrag beim Arbeitsgericht einzureichen.

    Des Weiteren werde die Verwirkung der Anhörung des Betriebsrats der Beteiligten zu 1. sowie insgesamt die ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats gerügt. Auch im Übrigen seien die gesetzlichen Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB nicht gegeben, insbesondere fehle es an einer negativen Gesundheitsprognose.

    Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat daraufhin durch Beschluss vom 08.08.2013 - 2 BV 10/13 - den Antrag zurückgewiesen.

    Hinsichtlich des Inhalts der Gründe der Entscheidung wird auf Bl. 143-145 d. A. Bezug genommen.

    Gegen den ihr am 29.08.2013 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 1. durch am 18.09.2013 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Sie hat die Beschwerde durch am 29.10.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

    Die Beschwerdeführerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, vorliegend seien allein die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen und zu bewerten, die für eine wegen langanhaltender Erkrankung ausgesprochene - hier: beabsichtigte - Kündigung vorliegen müssten. Krankheit sei keineswegs als wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Vielmehr seien die Voraussetzungen einer lang anhaltenden Erkrankung gegeben; ob der Beteiligte zu 3. wieder arbeitsfähig werde, sei bei Einleitung des vorliegenden Verfahrens nicht absehbar gewesen. Dabei sei es auch nach Antragstellung der Beteiligten zu 1. verblieben. Der Beteiligte zu 3. sei ärztlicherseits weiterhin in fast regelmäßigen Intervallen arbeitsunfähig krankgeschrieben worden, nämlich:

    AUB vom 23. Januar 2013 für die Zeit bis zum 1. Februar 2013;
    AUB vom 29. Januar 2013 bis zum 27. Februar 2013;
    AUB vom 26. Februar 2013 bis zum 31. März 2013;
    AUB vom 28. März 2013 für die Zeit bis zum 27. April 2013;AUB vom 29. April 2013 für die Zeit bis zum 31. Mai 2013;
    AUB vom 28. Mai 2013 für die Zeit bis zum 30. Juni 2013;
    AUB vom 25. Juni 2013 für die Zeit bis zum 27. Juli 2013;
    AUB vom 24. Juli 2013 für die Zeit bis zum 30. August 2013;
    AUB vom 30. August 2013 für die Zeit bis zum 30. September 2013;
    AUB vom 8. Oktober 2013 für die Zeit bis zum 4. November 2013.

    Damit sei eine negative Gesundheitsprognose gegeben. Das dienstliche Verhalten der Geschäftsführung der Beteiligten zu 1. gegenüber dem Beteiligten zu 3. - sowohl in dessen Eigenschaft als Arbeitnehmer wie auch in dessen Eigenschaft als Mitglied - Vorsitzender des Betriebsrats - habe mit der Erkrankung des Beteiligten zu 3. nichts zu tun. Insoweit bestehe entgegen der Auffassung und Behauptung des Beteiligten zu 3. kein kausaler Zusammenhang. Die erhebliche betriebliche Beeinträchtigung liege schon darin, dass der Arbeitgeber auf unabsehbare Zeit gehindert sei, den Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einzuteilen und einzusetzen. Eine irgendwie geartete Planung des Einsatzes des Beteiligten zu 3. sei ebenso wenig möglich, wie der von Vertretungskräften. Des Weiteren sei es der Beteiligten zu 1. weder möglich noch zumutbar, den Ablauf der für den Beteiligten zu 3. maßgeblichen fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des Kalenderjahres abzuwarten.

    Auch die notwendigerweise vorzunehmende Interessenabwägung führe nicht zur Unwirksamkeit der beabsichtigten Kündigung.

    Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Beteiligten zu 1. und Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdebegründungsschrift vom 29.10.2013 (Bl. 187-196 d. A.) nebst Anlage (Bl. 197 d.A.) Bezug genommen.

    Die Beschwerdeführerin beantragt,

    in Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 8. August 2013, Az.: 2 BV 10/13, wird die Zustimmung des Antragsgegners zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres des mit dem weiteren Beteiligten bestehenden Arbeitsverhältnisses ersetzt.

    Die Beschwerdegegner (Beteiligte zu 2., 3.) beantragen,

    die Beschwerde zurückzuweisen.

    Die Beschwerdegegner verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und heben insbesondere hervor, wenn wegen Krankheit ausnahmsweise überhaupt einmal eine außerordentliche Kündigung in Betracht komme, so sei sie wie eine ordentliche Kündigung in drei Stufen zu prüfen. Vorliegend sei weder eine negative Gesundheitsprognose gegeben, noch mit erheblichen betrieblichen Auswirkungen zu rechnen. Schließlich müsse die Interessenabwägung, die deshalb, weil es sich um eine außerordentliche Kündigung handele, die nur ganz ausnahmsweise überhaupt zulässig sein könne, besonders intensiv durchgeführt werden müsse, nur zugunsten des Beteiligten zu 3. enden. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Beteiligten zu 3. maßgeblich auch auf das Verhalten der Beteiligten zu 1. ursächlich zurückzuführen seien.

    Schließlich sei die gesetzliche Frist des § 626 Abs. 2 BGB vorliegend nicht eingehalten worden. Wenn es der Beteiligten zu 1. nach ihrem zweitinstanzlichen Vorbringen nicht zuzumuten gewesen sein solle - was zu bestreiten sei - , noch weiter abzuwarten und erhebliche Belastungen für die verbleibenden Beschäftigten bestünden, was ebenfalls zu bestreiten sei, so müsse die Frage gestattet sein, warum man sich dann sieben Wochen Zeit lasse, bevor die Antragsschrift beim Arbeitsgericht eingehe. Zu einem derartigen Zeitpunkt habe der Beteiligte zu 2. ebenso wie der Beteiligte zu 3. nicht mehr damit rechnen müssen, dass noch ein derartiges Antragsverfahren im Raum stehe.

    Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Beteiligten zu 2 und 3 im Beschwerdeverfahren wird auf die Schriftsätze vom 04.12.2013 (Bl. 223 bis 229 d. A.) und vom 06.12.2013 (Bl. 236 bis 241 d. A.) Bezug genommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

    Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 16.12.2013.

    II. Das Rechtsmittel der Beschwerde ist nach §§ 87 Abs. 1, 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Beschwerde ist auch gem. §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

    Das Rechtsmittel der Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

    Denn das Arbeitsgericht ist jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür, dass die Beteiligte zu 1 und Beschwerdeführerin die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2 und Beschwerdegegners zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3 und Beschwerdegegners verlangen kann, vorliegend nicht gegeben sind.

    Gemäß § 103 Abs. 1 BetrVG ist die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist.

    Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Gemäß § 626 Abs. 2 BGB kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

    Soweit - wie vorliegend - die außerordentliche Kündigung eines gemäß § 15 Abs. 1 bis 3 KSchG geschützten Amtsträgers erst zulässig ist, nachdem der Betriebsrat seine Zustimmung erteilt hat oder die verweigerte Zustimmung rechtskräftig ersetzt worden ist, ist auch § 626 Abs. 2 BGB anwendbar. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber innerhalb der Ausschlussfrist bereits das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 103 BetrVG einleiten muss, um sein Kündigungsrecht nicht zu verlieren (BAG 18.08.1977 EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 20, 07.05.1986 EzA § 103 BetrVG 1972, Nr. 31, 24.10.1996, EzA § 103 BetrVG, Nr. 37, 21.06.1995 EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 143; GK-BetrVG (Raab), 9. Auflage 2010, § 103, Rn. 85).

    Zwar ist nicht zu verkennen, dass dadurch die von § 626 Abs.2 BGB eingeräumte Überlegungsfrist des Arbeitgebers nicht unerheblich verkürzt wird. Da die Äußerungsfrist des § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG entsprechend gilt, muss der Arbeitgeber spätestens am 10. Tag nach Kenntnis von den maßgeblichen Kündigungstatsachen das Zustimmungsverfahren beim Betriebsrat einleiten, um bei Ausschöpfung der Dreitagefrist durch den Betriebsrat noch am 14. Tag nach Kenntnis das Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten zu können. Andererseits steht der Arbeitgeber vor derselben Situation, wenn er den Betriebsrat vor der außerordentlichen Kündigung lediglich gemäß § 102 BetrVG anhören muss, da in Bezug auf das Anhörungsverfahren Einigkeit besteht, dass die Anhörungsfrist die Überlegungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht verlängert, das Anhörungsverfahren also innerhalb dieser Frist abgeschlossen sein muss (GK-BetrVG Raab, a. a. O., Rn. 86). Das Zustimmungsverfahren weist insoweit gegenüber dem Anhörungsverfahren keine Unterschiede auf, die eine Verlängerung der Frist gebieten würden (BAG 18.08.1977, a. a. O.). Ebenso wenig steht die Analogie zu § 91 Abs. 2 SGB IX dieser Auffassung entgegen. Zwar stellt diese Vorschrift für die Fristwahrung auf den Zeitpunkt des Antragseingangs bei der Stelle ab, deren Zustimmung für die Kündigung erforderlich ist. Dies wäre vorliegend der Betriebsrat. Andererseits ist dem Integrationsamt aber gemäß § 91 Abs. 3 SGB IX eine Frist zur Entscheidung von zwei Wochen zur Entscheidung eingeräumt, so dass allein deshalb die Zustimmung nicht innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingeholt werden kann. Insoweit ist also die Situation mit derjenigen im Fall des § 103 BetrVG nicht vergleichbar (GK-BetrVG, Raab, a. a. O.).

    Entscheidend für diese Auffassung spricht der Zweck des § 626 Abs. 2 BGB, dem Arbeitnehmer baldmöglichst Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nimmt. Dieser Zweck gebietet es grundsätzlich, dass die Kündigung dem Arbeitnehmer innerhalb der Zweiwochenfrist zugeht. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist im Rahmen des § 103 BetrVG nur zu rechtfertigen, wenn wegen der Notwendigkeit eines Zustimmungsersetzungsverfahrens die Einhaltung dieser Frist ausgeschlossen ist. Dagegen wäre es nicht gerechtfertigt, den Ausspruch der Kündigung auch dann nach Ablauf der Frist zuzulassen, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung erteilt. Dies wäre aber zumindest möglich, wenn man für die Fristwahrung auf den Zeitpunkt des Antragseingangs beim Betriebsrat abstellen, eine Hemmung der Frist während des Verfahrens annehmen oder gar den Fristbeginn auf einen Zeitpunkt nach Abschluss des Verfahrens verlegen würde. Der Arbeitgeber muss daher den Antrag auf Zustimmung beim Betriebsrat so rechtzeitig stellen, dass er im Fall der Zustimmung des Betriebsrats noch innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB die Kündigung aussprechen und den Zugang herbeiführen kann. Dann ist es aber nur folgerichtig, für den Fall der Zustimmungsverweigerung die Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens innerhalb der Zweiwochenfrist zu verlangen (GK-BetrVG Raab, a. a. O., Rn. 87; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoss, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Auflage 2014, Kap. 4, Rn. 1105, 632).

    Ein nach Ablauf der Zweiwochenfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB gestellter Antrag ist unbegründet, da die Voraussetzungen für eine Zustimmungsersetzung dann nicht (mehr) vorliegen (BAG 18.08.1977, a. a. O.).

    Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Antrag der Beteiligten zu 1 und Beschwerdeführerin verspätet beim Arbeitsgericht eingegangen; das gilt selbst dann, wenn man als maßgeblich insoweit für den Beginn der Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB auf den Zeitpunkt des Antragseingangs beim Betriebsrat abstellt.

    Etwas anderes folgt vorliegend entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht daraus, dass sie sich für den Ausspruch der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung auf einen sogenannten Dauertatbestand beruft, der im Hinblick auf § 626 Abs. 2 BGB besonderen Modalitäten unterliegt. So geht das BAG (21.03.1996 EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 10) z. B. davon aus, dass dann, wenn die dauernde Unfähigkeit des Arbeitnehmers, die vertraglichen Dienste zu erbringen, den Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers bildet, es sich um einen Dauerzustand handelt, bei dem es für die Einhaltung der Zweiwochenfrist ausreicht, dass er in den letzten zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung angehalten hat (BAG 25.03.2004 EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 4). Allerdings kann andererseits bei nicht abgeschlossenen Dauerzuständen (z.B. einer längerfristigen Erkrankung) der entscheidende Sachverhalt bereits abgeschlossen sein, sobald der Arbeitgeber weiß, dass der Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend ausfällt und er sich darauf in seiner Personalplanung einstellen muss (vgl. KR/Fischermeier, 10. Auflage, 2013, § 626 BGB, Rn. 323 ff.).

    Unabhängig davon, ob nach Maßgabe dieser Grundsätze vorliegend überhaupt von einem Dauerzustand auszugehen ist, und unabhängig davon, ob die Beschwerdeführerin sich darauf überhaupt beruft, ist vorliegend die Zweiwochenfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Die Beschwerdeführerin hat sich in ihrem Antragsschreiben an den Beteiligten zu 2 ausweislich dessen Inhalts nicht auf eine Kündigung wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit berufen und sich insoweit vielmehr zu den allgemeinen Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung (dreistufige Überprüfung) geäußert; dies gilt auch für das tatsächliche Vorbringen in beiden Rechtszügen. Lediglich ergänzend hat sie darauf hingewiesen, dass der Beteiligte zu 3 seit April 2012 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt ist. Andererseits hat sie vorgetragen, dass der Beteiligte zu 3 ab Januar 2013 regelmäßige Krankheits- bzw. Arbeitsunfähigkeitsphasen hatte, also gar nicht dauernd arbeitsunfähig war. Schon dieses Vorbringen spricht dagegen, von einem Dauerzustand insoweit auszugehen. Hinzu kommt, dass die Kammer davon ausgeht, dass es darauf im hier maßgeblichen Zusammenhang nicht ankommt. Vielmehr hat der Arbeitgeber mit der Antragstellung beim Betriebsrat eindeutig zu erkennen gegeben, dass aus seiner Sicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gegeben sind. Unabhängig davon, ob es sich nun um einen Dauerzustand handelt oder aber nicht, ist dann zu verlangen, dass er spätestens beginnend mit dem Eingang des Antrags beim Betriebsrat innerhalb der Zweiwochenfrist im Falle der Zustimmungsverweigerung das Beschlussverfahren gemäß § 103 Abs. 1 BetrVG einleitet.

    Nach alledem ist davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin unbegründet und die Beschwerde folglich zurückzuweisen ist.

    Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 2 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

    Vorschriften§ 626 Abs. 2 BGB, § 626 Abs. 1 BGB, § 626 Abs. 1 BGB, §§ 87 Abs. 1, 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 87 Abs. 2