17.05.2022 · IWW-Abrufnummer 229245
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 15.03.2022 – 5 Sa 168/21
1. Ist eine Unterstützungskasse berechtigt, die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente einzustellen, wenn die Versicherte eine neue berufliche Tätigkeit ausübt, die ihrer früheren Lebensstellung entspricht, kann die Wiederaufnahme der Tätigkeit auf einem anderen Arbeitsplatz, aber in demselben Beruf zum Wegfall der Rente führen.
2. Die Lebensstellung wird sowohl durch das Einkommen als auch durch die soziale Wertschätzung bestimmt. Geringfügige Abweichungen sind allerdings hinzunehmen. Eine Einkommenseinbuße von bis zu 10 % ist in aller Regel als zumutbar anzusehen.
3. Die Einstellung der Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente kann gerechtfertigt sein, wenn eine Sozialarbeiterin, die nach einer suchttherapeutischen Weiterbildung auch als Bezugstherapeutin eingesetzt war, ihre Tätigkeit als Sozialarbeiterin in einem anderen Klinikbereich der Arbeitgeberin, jedoch ohne therapeutische Aufgaben, wieder aufnimmt.
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 17.06.2021 - 2 Ca 63/20 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Nebenintervention zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Fortzahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, die Bestandteil einer betrieblichen Altersversorgung ist.
Die im Juni 1970 geborene Klägerin absolvierte von 1987-1990 eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester und arbeitete etwa ein Jahr lang in diesem Beruf. Anschließend studierte sie an einer Fachhochschule Sozialpädagogik. Am 15.08.1996 nahm sie eine Vollzeitbeschäftigung als Sozialarbeiterin in der seinerzeit noch kommunal betriebenen Nervenklinik A-Stadt, Klinikum für Neurologie und Psychiatrie, auf. In dieser Klinik werden Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen behandelt, insbesondere mit Alkohol- und Drogenabhängigkeiten. Die Klägerin war zunächst auf der Alkoholentzugsstation tätig. Ab 01.02.1997 erhielt sie das Entgelt der Vergütungsgruppe Vb BAT-O und ab 01.11.1997 das Entgelt der Vergütungsgruppe IVb BAT-O. Am 06.10.1998 schloss sie ihr Studium als Diplom-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogen (FH) erfolgreich ab. Ab 1999 arbeitete sie auf der Drogenentzugsstation. Das Arbeitsverhältnis ging in der Folgezeit auf die Helios Kliniken A-Stadt GmbH über, bei der die Klägerin bis heute arbeitsvertraglich als Sozialarbeiterin beschäftigt ist.
Gesellschafterin der Helios Kliniken A-Stadt GmbH ist die Helios Kliniken GmbH. Diese schloss mit dem bei ihr gebildeten Konzernbetriebsrat am 12.11.2002 eine Konzernbetriebsvereinbarung zur Durchführung von Entgeltumwandlungen nach § 1b BetrAVG im Helios-Konzern. Danach liegt die Durchführung der aus Entgeltumwandlung finanzierten betrieblichen Altersversorgung bei der Helios Zusatzversorgungskasse - dem beklagten Verein. Der Beklagte ist eine Unterstützungskasse im Sinne des § 1b Abs. 4 BetrAVG. Nach § 5 Abs. 1 der Konzernbetriebsvereinbarung richten sich Voraussetzungen, Umfang, Höhe, Inhalt, Form und Dauer der Leistungen jeweils nach den Leistungen, die sich als Versicherungsleistung aus den Rückdeckungsversicherungen ergeben, welche der Beklagte gemäß seiner Satzung und seinem Leistungsplan mit den Beiträgen aus Entgeltumwandlungen abschließt. Ziffer II Nr. 2 des Leistungsplans der Helios ZVK vom 01.10.2002 enthält eine gleichlautende Regelung. Nach diesem Leistungsplan erfolgt die Rückdeckung über das Versicherungskonsortium des Dachverbandes der Unterstützungskassen deutscher Krankenhäuser e. V. (DUK) und dem von ihm gewährten Versicherungstarif.
Im Rahmen der Vertragsanbahnung erhielt die Klägerin die Broschüre des DUK vom 20.04.2005 zur "Entgeltumwandlung über das DUK Versorgungswerk - Rückgedeckte Unterstützungskasse". Diese Broschüre stellt die Grundzüge des Versicherungsmodells nebst Berechnungsbeispielen kurz dar und enthält im Anhang die jeweiligen Musterformulare für das Beratungsprotokoll, für die Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Entgeltumwandlung und für den Leistungsausweis. Zur Berufsunfähigkeitsrente im Rahmen der Entgeltumwandlung finden sich dort folgende Angaben:
"...
2.2 Weitere Vorteile für den Arbeitnehmer
...
> Durch die Entgeltumwandlung im Rahmen der Unterstützungskasse erhält der Arbeitnehmer auch für seinen Umwandlungsbetrag die gleichen günstigen Leistungen und Bedingungen aus dem DUK-Tarif wie bei der Zusage des Arbeitgebers im Rahmen der arbeitgeberfinanzierten Versorgung. Diese sind:
Höhere Überschussbeteiligung durch den eigenen Abrechnungsverband, keine Leistungsausschlüsse und keine abstrakte Verweisbarkeit im Falle der Berufsunfähigkeit.
...
IV. Die Berufsunfähigkeitsrente im Rahmen der Entgeltumwandlung
4.1 Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung
Durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-Reformgesetz) werden die Rentenansprüche wegen verminderter Erwerbsfähigkeit neu geregelt. Seit dem 01.01.2001 wird die zuvor geltende Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente durch eine zweistufige Erwerbsminderungsrente ersetzt.
4.2 Was bedeutet Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Regelungen?
Für die Feststellung der Erwerbsminderung ist allein das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt maßgebend. Für diese Feststellung findet weder die Ausbildung noch der Status der bisherigen Tätigkeit Beachtung.
> Ein Arbeitnehmer erhält gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung (volle Erwerbsminderungsrente), wenn er bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nur weniger als 3 Stunden am Tag arbeiten kann.
> Für den Fall, dass er mehr als 3 Stunden, jedoch weniger als 6 Stunden am Tag arbeiten kann, erhält der Arbeitnehmer eine gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (halbe Erwerbsminderungsrente).
Das bedeutet: Der Schutz der Arbeitnehmer im Falle von Berufsunfähigkeit wurde mit der Einführung des EM-Reformgesetzes abgeschafft. Das finanzielle Risiko, aus gesundheitlichen Gründen dem ausgeübten Beruf nicht mehr nachgehen zu können, muss privat abgesichert werden.
...
4.4. Die Leistungen der Berufsunfähigkeitsrente über das DUK Versorgungswerk
Im Rahmen der Entgeltumwandlung über das DUK Versorgungswerk haben Sie die Möglichkeit, das Berufsunfähigkeitsrisiko effektiv durch eine Berufsunfähigkeits-Rente (BU-Rente) abzusichern.
> Auch für die Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos gelten die im ersten Teil dieser Broschüre dargestellten Förderungen, da die BU-Rente ebenfalls im Wege der Entgeltumwandlung über die Unterstützungskasse eingerichtet werden kann. ...
> Im Gegensatz zur gesetzlichen Erwerbsminderungsrente wird bei der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung über den DUK die Feststellung der Berufsunfähigkeit auf die konkrete Tätigkeit im Unternehmen bezogen. Sie werden nicht auf andere berufliche Tätigkeiten verwiesen.
> Bei der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente können sie alternativ 500 € oder 750 € wählen. Unter Beachtung der individuellen Regelung im Leistungsplan besteht auch die Möglichkeit eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.000 € abzusichern.
Im Fall der Berufsunfähigkeit müssen keine Beiträge mehr geleistet werden (Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit).
..."
In dem Formular des Leistungsausweises heißt es:
"...
Die monatliche Berufsunfähigkeitsrente setzt ein, wenn Sie vor Erreichen der Altersgrenze wegen Berufsunfähigkeit aus den Diensten Ihres Arbeitgebers ausscheiden und gilt längstens bis zum Erreichen der Altersgrenze. Wann Berufsunfähigkeit vorliegt, richtet sich nach den besonderen Bedingungen des Lebensversicherers, bei dem die ... diese Leistungen versicherungsmäßig rückdeckt.
..."
Die Klägerin vereinbarte mit ihrer Arbeitgeberin am 01.11.2005 auf dem entsprechenden Musterformular aus der Broschüre des DUK eine Gehaltsumwandlung zugunsten einer Versorgung über den Beklagten in Höhe eines monatlichen Betrages von € 114,70, beginnend mit dem 01.12.2005. Der Vertrag enthält folgende weitere Bestimmungen:
"...
Der Arbeitnehmer erhält zum Ausgleich dieser Kürzung eine betriebliche Altersversorgung nach dem jeweils zwischen dem Klinikum und der Unterstützungskasse geltenden Leistungsplan.
Diese betriebliche Altersversorgung soll zusätzlich umfassen:
Der Arbeitgeber verpflichtet sich, den oben genannten Betrag im Sinne des § 1 b Abs. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) zur Verfügung zu stellen. Die Unterstützungskasse wird diese Zuwendung in Form einer Prämie für eine bei Aufnahme des Arbeitnehmers in den Begünstigtenkreis abzuschließende Lebensversicherung in Form einer Rückdeckungsversicherung regelmäßig für die Dauer bis zum Eintritt des Versorgungsfalls einzahlen.
..."
Zugleich erklärte die Klägerin ihr Einverständnis mit dem Abschluss einer Rückdeckungsversicherung auf ihr Leben und beantwortete verschiedene Fragen zu ihrem Gesundheitszustand. Darüber hinaus enthält der Vertrag eine Widerrufsbelehrung. Der Beklagte und die Arbeitgeberin erteilten der Klägerin daraufhin am 10.01.2006 einen Leistungsausweis entsprechend dem Muster der Broschüre.
Der Beklagte versicherte die Klägerin bei der E., die, nachdem ihr der Beklagte den Streit verkündet hat, dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beigetreten ist (im Folgenden: Nebenintervenientin). Mit der Nebenintervenientin hatte der DUK am 14.05./30.06.2004 bzw. 27.04.2005 einen Kollektivvertrag für die ihm angehörenden Mitglieder, u. a. den Beklagten, geschlossen. Nach diesem Kollektivvertrag ist Versicherungsnehmer die jeweilige Unterstützungskasse, hier also der Beklagte. Der Unterstützungskasse stehen die Ansprüche aus den Versicherungen zu. Diese schuldet auch die Beiträge. Versicherte Personen sind die einzelnen Arbeitnehmer. Die Versicherungsleistungen werden an die Unterstützungskasse, also den Beklagten, gezahlt. Des Weiteren sieht der Kollektivvertrag verschiedene Versicherungsmodelle vor und enthält bestimmte Abweichungen von den regulären Bedingungen für die Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung.
Die Bedingungen der Nebenintervenientin für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, Stand: 01.2005, haben folgenden Wortlaut:
"...
Die Klägerin erhielt diese Versicherungsbedingungen weder bei Abschluss der Vereinbarung vom 01.11.2005 zur Gehaltsumwandlung noch mit den daraufhin erteilten Leistungsausweisen.
Im Zeitraum Oktober 2006 bis Oktober 2009 erwarb die Klägerin berufsbegleitend die Qualifikation einer Sozialtherapeutin, Schwerpunkt Sucht. Hierzu besuchte sie je Quartal eine einwöchige Schulung in C-Stadt. Parallel dazu zeichnete sie die von ihr durchgeführten Therapiesitzungen per Video auf und versandte die Filme an ihre Ausbilder. Vor Ort gab es Arbeitsgruppen, in denen sich die Klägerin mit Fachkollegen beriet. Zudem waren Hausaufgaben zu erledigen. Sodann übernahm die Klägerin ergänzend die Aufgaben einer Bezugstherapeutin. Am 10.12.2009/04.01.2010 schloss die Klägerin mit ihrer Arbeitgeberin für das Kalenderjahr 2010 eine befristete Bonusvereinbarung über die Zahlung von € 200,00 brutto monatlich.
In der Zeit von April 2010 bis September 2011 befand sich die Klägerin im Mutterschutz bzw. in der Elternzeit. Im Anschluss daran vereinbarte die Klägerin mit ihrer Arbeitgeberin eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden, zunächst befristet bis zum 18.03.2012. Zudem wechselte sie in die Tagesklinik der Klinik für Abhängigkeitserkrankungen. Aufgrund der entgeltlosen Dienstzeit vom 01.05.2010 bis zum 31.08.2011 informierte der DUK die Klägerin mit Schreiben vom 14.11.2011 über die Neuberechnung der Versorgungsleistungen durch die Rückdeckungsversicherung.
Anfang 2012 beantragte die Klägerin eine Höhergruppierung von der Entgeltgruppe 9 in die Entgeltgruppe 13 TVöD. Dies lehnte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 05.06.2012 mangels einer abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulausbildung oder gleichwertiger Fähigkeiten ab. Mit Änderungsvertrag vom 10.10.2012 vereinbarte die Klägerin mit der Arbeitgeberin eine monatliche Bonuszahlung von € 300,00 brutto, befristet vom 01.08.2012 bis zum 31.07.2013. Im Jahr 2013 bildete sich die Klägerin berufsbegleitend zum CRA-Counselor (Counselor im Community Reinforcement Approach) weiter, einem verhaltenstherapeutischen Ansatz für die Behandlung Suchtkranker. Die Bonusvereinbarung über € 300,00 brutto monatlich wurde zunächst um ein weiteres Jahr, d. h. bis zum 31.07.2014, und anschließend bis zum 31.07.2015 verlängert. Verlängert wurde auch die befristete Absenkung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden, zuletzt bis zum 18.03.2014. Ab dem 01.09.2014 vereinbarte die Klägerin mit der Arbeitgeberin eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 36 Stunden, zunächst für die Dauer eines halben Jahres, später um ein weiteres Jahr verlängert bis zum 29.02.2016. In der Tagesklinik führte die Klägerin zu rund 40 % ihrer Tätigkeit psychotherapeutische Einzel- und Gruppengespräche. Etwa 15 % der Arbeitszeit entfielen auf Teamsitzungen, Visiten und Supervision. Die sozialrechtliche Beratung und Unterstützung sowie die Antragstellung für weiterführende Behandlungsmaßnahmen und Beratung nahmen etwa 15 % der Arbeitszeit in Anspruch. Zu rund 30 % waren administrative Aufgaben, wie z. B. Dokumentation, Verfassen von Briefen, Stellen von Anträgen, zu erledigen. Im Januar 2015 belief sich das Gehalt der Klägerin bei 36 Wochenstunden auf € 4.002,85 brutto bzw. € 2.217,59 netto.
Im März 2015 trat bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung auf, die ab dem 13.04.2015 zu einer langandauernden Arbeitsunfähigkeit führte.
Die Klägerin erhielt vom DUK und dem Beklagten unter dem Datum 13.07.2015 einen Leistungsausweis, nach dem sich die monatliche Berufsunfähigkeitsrente auf € 916,00 beläuft.
Am 01.11.2015 beantragte die Klägerin bei der zuständigen Servicegesellschaft Leistungen wegen Berufsunfähigkeit. Die von der Nebenintervenientin beauftragte Gutachterin kam in ihrem psychiatrischen Gutachten vom 10.01.2017 zu dem Ergebnis, dass mit einer raschen Wiederherstellung der seelischen Gesundheit nicht zu rechnen ist, jedenfalls keinesfalls im Jahr 2017. Die Nebenintervenientin erkannte daraufhin mit Schreiben vom 09.03.2017 ihre Leistungspflicht an und zahlte der Klägerin rückwirkend ab 01.05.2015 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von zuletzt € 975,00 monatlich (Garantiebetrag € 916,00 zuzüglich Überschussanteile). Zugleich wurde die Klägerin von der Pflicht zur Beitragszahlung freigestellt. Am 17.02.2016 stellte das Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern bei der Klägerin rückwirkend zum 01.12.2015 unbefristet einen Grad der Behinderung von 40 fest.
Am 23.03.2018 schloss die Klägerin mit ihrer Arbeitgeberin einen Änderungsvertrag, mit dem sie befristet für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis zum 30.09.2018 eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden vereinbarte. Am 01.04.2018 nahm die Klägerin die Arbeit als Sozialarbeiterin wieder auf, allerdings nicht an ihrem bisherigen Arbeitsplatz, sondern in einem anderen Klinikbereich. Die Klägerin ist seitdem nicht mehr therapeutisch tätig. Laut Aufgaben- und Arbeitsplatzbeschreibung vom 10.05.2019 sind ihr insbesondere Beratungs- und Informationsaufgaben sowie Koordinierungsaufgaben in sozialen und sozialrechtlichen Angelegenheiten sowie in Fragen der nachstationären Versorgung und der Rehabilitation übertragen. Die Klägerin leistet Hilfe zur Nachsorge, unterstützt also beispielsweise die Patienten bei der Beantragung einer Betreuung oder eines Pflegegrades bzw. Behindertengrades, organisiert Pflegeplätze, hilft bei der Antragstellung auf Arbeitslosengeld etc. Einen Teil ihrer Arbeitsleistung kann sie von zu Hause aus erbringen. An der Eingruppierung änderte sich nichts. Im April 2018 belief sich das monatliche Gehalt der Klägerin bei 35 Wochenstunden auf € 3.674,46 brutto bzw. € 2.239,73 netto.
Die Klägerin unterrichtete die Nebenintervenientin mit Schreiben vom 21.05.2018 über die Wiederaufnahme der Tätigkeit und übersandte den Änderungsvertrag vom 23.03.2018. Die Klägerin erhielt daraufhin einen Nachprüfungsfragebogen. Zudem holte die Nebenintervenientin einen Bericht der die Klägerin behandelnden Ärztin ein, den diese am 17.04.2019 anfertigte. Mit Schreiben vom 16.07.2019 teilte die Nebenintervenientin der Klägerin sodann mit, dass sie die Berufsunfähigkeitsleistungen mit Ablauf des Monats Oktober 2019 einstellen wird und ab November 2019 die Versicherungsbeiträge wieder zu entrichten sind. Mit Schreiben vom 09.09.2019 widersprach die Klägerin der angekündigten Leistungseinstellung und forderte eine Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente.
Seit Mitte 2021 ist die Klägerin wieder in Vollzeit, also mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden, tätig.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass ihr die Berufsunfähigkeitsrente auch über den 31.10.2019 hinaus zustehe. Die in gesunden Tagen zuletzt ausgeübte Tätigkeit könne sie nach wie vor nicht mehr verrichten. Die Bedingungen der Nebenintervenientin für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung seien nicht Bestandteil des Vertrages geworden. Die Klägerin habe diese weder bei Abschluss der Versicherung noch später erhalten. Die aktuelle Tätigkeit der Klägerin entspreche nicht ihrer bisherigen Lebensstellung, und zwar weder im Hinblick auf die soziale Wertschätzung noch das Einkommen. Die Tätigkeit einer Sozialtherapeutin habe ein deutlich höheres Qualifikationsniveau. Das ergebe sich schon aus der Zahlung eines Bonus. Selbst wenn die Klägerin nicht ausschließlich therapeutisch gearbeitet habe, so sei diese Tätigkeit dennoch für den bisherigen Arbeitsplatz prägend gewesen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin [als Berufsunfähigkeitsrente für den Zeitraum November 2019 bis März 2021] € 15.749,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 2.925,00 seit Rechtshängigkeit und aus jeweils € 916,00 seit dem 01.02.2020, 01.03.2020, 01.04.2020, 01.05.2020, 01.06.2020, 01.07.2020, 01.08.2020, 01.09.2020, 01.10.2020, 01.11.2020, 01.12.2020, 01.01.2021, 01.02.2021 und 01.03.2021 zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Beklagte zur Rückzahlung der von ihm für die Monate November 2019 bis März 2021 zu Lasten der Klägerin vereinnahmten Beiträge in Höhe von € 1.949,90 und zur Herausgabe der hieraus gezogenen Nutzungen verpflichtet ist,
3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin beginnend mit dem Monat April 2021 bis auf Weiteres, längstens jedoch bis einschließlich zum 01.12.2035, monatlich im Voraus zum 01. eines jeden Monats eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von € 916,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils € 916,00 seit dem jeweils 2. eines jeden Monats zu zahlen,
4. A. im Wege der Stufenklage
a. In der ersten Stufe:
den Beklagten zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über den Betrag, um den sich die in der Zeit vom 01.02.2020 bis zum 31.03.2021 zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente durch die Überschussbeteiligung jeweils erhöht,
b. In der zweiten Stufe:
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin den sich aus der Auskunft zu Ziffer 4. A. a. für die Zeit vom 01.02.2020 bis 31.03.2021 ergebenden Betrag zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
B. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin beginnend mit dem Monat April 2021 bis auf Weiteres, längstens jedoch bis einschließlich 01.12.2035, monatlich im Voraus zum 1. eines jeden Monats einen sich aus der Zuweisung der Überschussanteile ergebenden zusätzlichen Betrag zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem jeweiligen monatlichen zusätzlichen Betrag zu zahlen,
5. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin beginnend mit dem Monat April 2021 bis auf Weiteres von der Beitragszahlung zum Versicherungsvertrag "Arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung 'Entgeltumwandlung' über die HELlOS Zusatzversorgungskasse e. V. (HZVK)" mit der Vertragsnummer 84-357485-61 freizustellen.
Der Beklagte und die Nebenintervenientin haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, dass eine Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliege, da die Klägerin seit dem 01.04.2018 wieder in ihrem Beruf arbeite. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie auch über den Oktober 2019 hinaus weiterhin berufsunfähig sei. Hierfür trage sie die Darlegungs- und Beweislast. Die neue Tätigkeit entspreche der bisherigen Lebensstellung. Sie stelle keine deutlich geringeren Anforderungen an die Kenntnisse und Fähigkeiten der Arbeitsplatzinhaberin. Die Klägerin habe solche Tätigkeiten auch schon auf ihrem früheren Arbeitsplatz ausgeführt. Die therapeutische Arbeit habe ohnehin weniger als 50 % der Arbeitszeit in Anspruch genommen. Eine relevante Einkommenseinbuße habe die Klägerin nicht erlitten. Die Vergütungsgruppe habe sich nicht geändert. Unabhängig davon wäre aber ein Einkommensverlust von bis zu 20 % nach der einschlägigen Rechtsprechung noch hinzunehmen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Beklagte berechtigt gewesen sei, die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente ab November 2019 einzustellen. Zwar seien die Versicherungsbedingungen der Nebenintervenientin für die Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung, Stand Januar 2005, zunächst nur für das Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Beklagten bedeutsam. Nach der Konzernbetriebsvereinbarung seien diese Regelungen aber auch im Verhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin anzuwenden. Abweichende Vereinbarungen enthalte weder die Vereinbarung zu Entgeltumwandlung mit der Arbeitgeberin noch die Informationsbroschüre des DUK. Laut der Broschüre sei nur die Verweisung auf andere Berufe (abstrakte Verweisung), nicht aber die Verweisung auf eine konkret ausgeübte vergleichbare Tätigkeit (konkrete Verweisung) ausgeschlossen. Die seit April 2018 ausgeübte Tätigkeit entspreche der bisherigen Lebensstellung der Klägerin. Selbst unter Berücksichtigung der Bonuszahlung habe sich das Einkommen der Klägerin nicht spürbar verschlechtert. Die Tätigkeit erfordere keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten. Ebenso wenig habe sich die soziale Wertschätzung der Tätigkeit verringert. Soweit der Versicherer nach § 174 VVG dem Versicherungsnehmer den Wegfall der Voraussetzungen für die Leistungspflicht in Textform mitteilen müsse, finde diese Regelung auf das Versicherungsverhältnis mit der Klägerin gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 3 EGVVG keine Anwendung, da es sich um einen Altvertrag handele. Unabhängig davon genüge aber das Schreiben vom 16.07.2019 den gesetzlichen Anforderungen. Die Nebenintervenientin habe die Tätigkeiten in dem Schreiben einander gegenübergestellt und deutlich gemacht, auf welche Umstände sie die Einstellung der Leistungen stütze.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die seit April 2018 ausgeübte berufliche Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung der Klägerin entspreche. Die Einkommenseinbuße habe das Arbeitsgericht unzutreffend berechnet, da es nicht von einer 40-Stunden-Woche, in der die Klägerin in gesunden Tagen zuletzt gearbeitet habe, sondern von einer 36-Stunden-Woche ausgegangen sei. Das Bildungsniveau einer Sozialtherapeutin Sucht unterscheide sich deutlich von dem des Berufs einer Sozialarbeiterin. Die Therapieleistungen der Klägerin seien beim Rentenversicherungsträger abrechenbar gewesen. Eine Sozialtherapeutin in einer Rehabilitationseinrichtung werde höher bezahlt und genieße ein besseres Ansehen. Die Tätigkeit sei mit derjenigen eines Psychologen oder Arztes gleichzustellen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 17.08.2021 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 17.06.2021, Az. 2 Ca 63/20,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin [als Berufsunfähigkeitsrente für den Zeitraum November 2019 bis März 2021] € 15.749,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 2.925,00 seit Rechtshängigkeit und aus jeweils € 916,00 seit dem 01.02.2020, 01.03.2020, 01.04.2020, 01.05.2020, 01.06.2020, 01.07.2020, 01.08.2020, 01.09.2020, 01.10.2020, 01.11.2020, 01.12.2020, 01.01.2021, 01.02.2021 und 01.03.2021 zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Beklagte zur Rückzahlung der von ihm für die Monate November 2019 bis März 2021 zu Lasten der Klägerin vereinnahmten Beiträge in Höhe von € 1.949,90 und zur Herausgabe der hieraus gezogenen Nutzungen verpflichtet ist,
3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin beginnend mit dem Monat April 2021 bis auf Weiteres, längstens jedoch bis einschließlich zum 01.12.2035, monatlich im Voraus zum 01. eines jeden Monats eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von € 916,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils € 916,00 seit dem jeweils 2. eines jeden Monats zu zahlen,
4. A. im Wege der Stufenklage
2. in der ersten Stufe:
den Beklagten zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über den Betrag, um den sich die in der Zeit vom 01.02.2020 bis zum 31.03.2021 zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente durch die Überschussbeteiligung jeweils erhöht,
b. in der zweiten Stufe:
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin den sich aus der Auskunft zu Ziffer 4. A. a. für die Zeit vom 01.02.2020 bis 31.03.2021 ergebenden Betrag zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
B. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin beginnend mit dem Monat April 2021 bis auf Weiteres, längstens jedoch bis einschließlich 01.12.2035, monatlich im Voraus zum 1. eines jeden Monats einen sich aus der Zuweisung der Überschussanteile ergebenden zusätzlichen Betrag zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem jeweiligen monatlichen zusätzlichen Betrag zu zahlen,
5. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin beginnend mit dem Monat April 2021 bis auf Weiteres von der Beitragszahlung zum Versicherungsvertrag "Arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung 'Entgeltumwandlung' über die HELlOS Zusatzversorgungskasse e. V. (HZVK)" mit der Vertragsnummer 84-357485-61 freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Klägerin sei entgegen ihrer Behauptung vor der Berufsunfähigkeit nicht als mit dem ärztlichen Personal gleichgestellte Behandlerin tätig gewesen. Näher begründet habe sie diese pauschale Behauptung nicht. Das Gleiche gelte für das von ihr behauptete deutlich höhere Qualifikationsniveau und den ebenfalls nicht näher dargelegten Ansehensverlust. Die Unterschiede seien allenfalls geringfügig. Die Lebensstellung der Klägerin habe sich nicht nennenswert verändert. Das subjektive Empfinden der Klägerin sei nicht ausschlaggebend.
Die Nebenintervenientin schließt sich dem Antrag des Beklagten an. Prägend für die Tätigkeit der Klägerin vor der Berufsunfähigkeit sei die Qualifikation als Sozialarbeiterin gewesen. Daran habe sich nichts geändert. Das entspreche der arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Auch müsse die soziale Stellung nicht identisch sein; es genüge eine Vergleichbarkeit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit der zutreffenden Begründung die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht macht sich die Ausführungen der Vorinstanz zu eigen.
Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten weder einen Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente über den 31.10.2019 hinaus noch kann sie ab November 2019 eine Befreiung von der Beitragszahlung verlangen. Der zum 01.11.2015 begründete Anspruch ist zum 31.10.2019 erloschen, da die Klägerin seitdem nicht mehr im Sinne der Versorgungsbedingungen berufsunfähig ist.
Die Klägerin kann ihre Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gegenüber dem Beklagten geltend machen. Der Beklagte ist passivlegitimiert.
Wird die Versorgung über eine Unterstützungskasse nach § 1b Abs. 4 BetrAVG durchgeführt, besteht zwischen dem Arbeitgeber und der Unterstützungskasse eine Gesamtschuld. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Unterstützungskassen nach § 1b Abs. 4 Satz 1 BetrAVG rechtsfähige Versorgungseinrichtungen sind, die - anders als bei anderen mittelbaren Durchführungswegen - auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewähren. Gleichwohl haben Arbeitnehmer in den Fällen, in denen der Arbeitgeber die Leistungen einer Unterstützungskasse versprochen hat, einen Anspruch auch gegen die Unterstützungskasse. Der Ausschluss des Rechtsanspruchs ist lediglich als ein an sachliche Gründe gebundenes Widerrufsrecht zu verstehen (BAG, Urteil vom 13. Juli 2021 - 3 AZR 298/20 - Rn. 24, juris = NZA 2022, 193; BAG, Urteil vom 22. Januar 2019 - 3 AZR 9/18 - Rn. 41, juris). Dieser Ausschluss des Rechtsanspruchs ist historisch und aufsichtsrechtlich bedingt. Dadurch wird lediglich die Aufsichtsbefugnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausgeschlossen (LAG Hessen, Urteil vom 27. Juni 2007 - 8 Sa 234/06 - Rn. 30, juris; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 4. Auflage 2020, Kapitel 4. Inhalt und Umfang der Leistungspflicht, Rn. 82).
Aus der Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Arbeitgeberin vom 01.11.2005 zur Entgeltumwandlung zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung ergibt sich kein Anspruch gegen den Beklagten auf Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente über den 31.10.2019 hinaus. Nach dieser Vereinbarung erhält die Klägerin zum Ausgleich für die Gehaltskürzung eine betriebliche Altersversorgung nach dem jeweils zwischen der Arbeitgeberin und der Unterstützungskasse geltenden Leistungsplan. Laut Leistungsplan des Beklagten vom 01.10.2002 bestimmen sich die Voraussetzungen, der Umfang, die Höhe und die Form der Versorgungsleistungen nach den Versicherungsleistungen aus der Rückdeckungsversicherung. Die gleiche Regelung enthält § 5 Abs. 1 der Konzernbetriebsvereinbarung vom 12.11.2002. Betriebsvereinbarungen sind im Betrieb bekannt zu machen (§ 77 Abs. 2 Satz 4 BetrVG), sodass die Arbeitnehmer, für die eine Betriebsvereinbarung unmittelbar und zwingend gilt, hiervon Kenntnis nehmen können.
Der Leistungsausweis der Klägerin vom 10.01.2006, der dem Musterformular in der Broschüre entspricht, nimmt ebenfalls Bezug auf die besonderen Bedingungen des Rückversicherers. Wann Berufsunfähigkeit vorliegt, richtet sich nach dessen Bedingungen. Zumindest diese Bestimmung war der Klägerin bei Vertragsschluss bekannt, da ihr die Broschüre des DUK mit einem entsprechenden Mustertext vorlag. Eine dynamische Bezugnahme, also eine Bezugnahme auf die jeweils gültigen Bedingungen des Rückversicherers, enthält die Bestimmung nicht. Maßgeblich sind die seinerzeit geltenden besonderen Bedingungen der Nebenintervenientin unter Berücksichtigung der - hier nicht bedeutsamen - Änderungen und Ergänzungen in dem Kollektivvertrag.
Diese Bedingungen sind sowohl für die Entstehung des Anspruchs auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente gegenüber dem Beklagten maßgeblich als auch für das Erlöschen eines solchen Anspruchs.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 der Bedingungen der Nebenintervenientin für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, Stand 01.2005, entfällt die Leistungspflicht, wenn der Versicherte nach Anerkennung der Leistungspflicht eine neue berufliche Tätigkeit ausübt, die seiner früheren Lebensstellung entspricht. Die Lebensstellung wird sowohl durch das Einkommen als auch durch die soziale Wertschätzung bestimmt, wie sie durch den zuletzt ausgeübten Beruf geprägt waren (§ 2 Abs. 1 Unterabs. 2 der Versicherungsbedingungen). Zuletzt ausgeübter Beruf ist derjenige, wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgestaltet war (§ 2 Abs. 1 Unterabs. 1 der Versicherungsbedingungen).
Die Lebensstellung des Versicherten wird von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Die bisherige Lebensstellung ist gewahrt, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (BGH, Urteil vom 26. Juni 2019 - IV ZR 19/18 - Rn. 17, juris = NJW 2019, 2774; OLG E-Stadt, Urteil vom 15. Januar 2021 - 20 U 29/20 - Rn. 44, juris). Der Versicherte darf in dem von ihm ausgeübten Verweisungsberuf unabhängig von einem unter Umständen auch höheren Einkommen nicht "unterwertig", also seine frühere Qualifikation und seinen beruflichen oder sozialen Status unterschreitend, beschäftigt sein (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 - IV ZR 11/16 - Rn. 12, juris = VersR 2018, 152).
Gewisse Einkommenseinbußen sind allerdings hinzunehmen. Eine generelle Quote lässt sich angesichts der Bandbreite individueller Einkommen nicht festlegen; geboten ist stets eine einzelfallbezogene Beurteilung, da sich die prozentuale Einkommens- oder Gehaltsminderung unterschiedlich belastend auswirken kann, je nachdem ob das Einkommen oder Gehalt vor Eintritt des Versicherungsfalles hoch oder niedrig war (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96 - Rn. 14, juris = NJW-RR 1998, 239). Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist keine Einkommensversicherung. Sie knüpft weder in der Höhe ihrer Leistungen an das bei Vertragsabschluss gegebene Einkommensniveau an noch verlangt sie als nachvertragliche Obliegenheit die Anzeige etwaiger grundlegender Änderungen der Einkommensverhältnisse zur Anpassung des Versicherungsschutzes (OLG E-Stadt, Urteil vom 15. Januar 2021 - 20 U 29/20 - Rn. 51, juris). Eine Einbuße von bis zu 10 % ist in aller Regel als zumutbar anzusehen (vgl. OLG E-Stadt, Urteil vom 15. Januar 2021 - 20 U 29/20 - Rn. 51, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Oktober 2018 - I-24 U 4/18 - Rn. 15, juris = NJW-RR 2019, 25; OLG Celle, Beschluss vom 22. Mai 2017 - 8 U 59/17 - Rn. 32, juris = NJW-RR 2017, 1112). Bei einer Absenkung von bis zu 20 % ist die Gleichwertigkeit der Lebensstellung fraglich, wobei allerdings eine deutliche Tendenz zur Gleichwertigkeit besteht. Bei einer Absenkung um bis zu 30 % gilt dasselbe mit einer deutlichen Tendenz zur Ungleichwertigkeit. Jede darüberhinausgehende Absenkung führt in der Regel zu einer Ungleichwertigkeit (OLG Celle, Beschluss vom 22. Mai 2017 - 8 U 59/17 - Rn. 32, juris = NJW-RR 2017, 1112 [OLG München 24.03.2017 - 10 U 3749/16]).
Bei dem gebotenen Einkommensvergleich ist das vor Geltendmachung der Berufsunfähigkeit tatsächlich erzielte Einkommen grundsätzlich nicht auf den Vergleichszeitpunkt fortzuschreiben (BGH, Urteil vom 26. Juni 2019 - IV ZR 19/18 - Rn. 28, juris = NJW 2019, 2774). Beim Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an. Die Berufsunfähigkeitsversicherung sichert nicht die künftige Verbesserung dieser Lebensumstände (BGH, Urteil vom 26. Juni 2019 - IV ZR 19/18 - Rn. 29, juris = NJW 2019, 2774).
Hinsichtlich der Wertschätzung des Berufs geht es um das soziale Ansehen, das der Beruf als solcher normalerweise jedem verleiht, der ihn ausübt, indem er ihn einem bestimmten Stand oder Berufsstand zuordnet. Indikatoren hierfür sind die gesellschaftliche Bedeutung des Berufs, eine damit verbundene Vertrauens- oder Vorgesetztenstellung, die Selbständigkeit der Tätigkeit und der erforderliche Grad der Ausbildung (OLG Nürnberg, Urteil vom 30. April 1998 - 8 U 3172/96 - Rn. 23, juris = MDR 1998, 840).
Die Klägerin übt ab April 2018 eine berufliche Tätigkeit aus, die ihrer früheren Lebensstellung, also der bis April 2015 ausgeübten beruflichen Tätigkeit, entspricht.
Sie ist weiterhin als Sozialarbeiterin beschäftigt. Die Schwerpunkte ihrer Aufgaben mögen sich in einem gewissen Umfang verschoben haben. Das ändert aber nichts daran, dass die aktuelle Tätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert als die vorherige. Zum Teil sind es dieselben Aufgaben, die zu erledigen sind. Die sozialrechtliche Beratung und Unterstützung der Patienten bei der Beantragung weiterer Leistungen und Hilfen war ihr auch schon zuvor übertragen. Weggefallen sind psychotherapeutische Einzel- und Gruppengespräche mit Suchtkranken. Ob für diese Tätigkeit eine Zusatzqualifikation als Sozialtherapeutin mit dem Schwerpunkt Sucht zwingend erforderlich ist, kann dahinstehen. Für eine Abrechnung mit dem Rentenversicherungsträger mag sie nötig sein. Förderlich für eine fachgerechte Erledigung der Aufgaben ist sie in jedem Fall. Es handelt sich um eine Zusatzqualifikation, nicht aber um eine höhere Ausbildungsstufe, wie z. B. eine wissenschaftliche Hochschulausbildung oder eine Zweitausbildung auf einem anderen Fachgebiet. Schon dem zeitlichen Ausbildungsumfang nach ersetzt sie nicht ein psychologisches oder medizinisches Universitätsstudium und vermittelt nicht mit einem solchen Studium vergleichbare Kenntnisse und Fähigkeiten. Die Klägerin wird seit April 2018 nicht unterhalb ihrer Fachhochschulqualifikation beschäftigt. Sie ist weiterhin in ihrem Beruf als Sozialarbeiterin tätig. Die jetzige Tätigkeit erfordert ebenso wie die frühere ein Fachhochschulstudium der sozialen Arbeit bzw. eine vergleichbare Ausbildung. Beide Tätigkeiten entsprechen dem Berufsbild einer Sozialarbeiterin. Den Beruf einer Sozialarbeiterin kann die Klägerin weiterhin ausüben. Geringfügige Unterschiede in den fachlichen Anforderungen sind unerheblich. Eine deutliche Abstufung im Hinblick auf die Kenntnisse und Fähigkeiten liegt jedenfalls nicht vor.
Die Einkommenseinbuße beim Bruttogehalt beläuft sich auf etwas weniger als 10 % und ist deshalb hinzunehmen. Die Lebensstellung wird dadurch nicht berührt. Auszugehen ist von einer 36-Stunden-Woche. In diesem zeitlichen Umfang hat die Klägerin bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit gearbeitet. Verkürzt gearbeitet hatte sie bis dahin bereits rund dreieinhalb Jahre lang. Gesundheitliche Beeinträchtigungen hatte die Klägerin im Zusammenhang mit der Arbeitszeitreduzierung gegenüber der Arbeitgeberin nicht geltend gemacht. Vielmehr haben die Arbeitsvertragsparteien die regelmäßige Arbeitszeit von zunächst 30 auf 36 Stunden erhöht.
Die Änderung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ab April 2018 von vorher 36 auf nunmehr 35 Stunden wirkt sich nur geringfügig auf den Verdienst aus und ist deshalb unerheblich. Wie sich das Arbeitsentgelt im Einzelnen zusammensetzt, ist nicht ausschlaggebend, da sich die Lebensstellung nach dem Gesamtverdienst richtet.
Die soziale Wertschätzung der beruflichen Tätigkeit hat sich nicht verändert. Die von der Klägerin seit April 2018 ausgeübte Tätigkeit genießt weder innerhalb des Betriebs noch in der Öffentlichkeit ein merklich geringeres Ansehen. Die Stellung der Klägerin in der innerbetrieblichen Hierarchie hat sich nicht geändert. Die Klägerin hatte keine Leitungsfunktionen inne, die für den Status regelmäßig von Bedeutung sind. Sie war nicht zuvor einer höheren betrieblichen Ebene zugeordnet. Insbesondere war sie nicht als Ärztin, Psychiaterin oder Psychologin tätig bzw. in den Augen der übrigen Beschäftigten sowie der Patienten hinsichtlich Kompetenz, Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen dieser Mitarbeitergruppe zugeordnet. Die Klägerin hat bis April 2015 in der Wahrnehmung des sozialen Umfeldes keinen anderen Beruf als denjenigen einer Sozialarbeiterin ausgeübt. Zwar hat sich das Aufgabengebiet seit April 2018 zum Teil geändert. Die nunmehr übertragenen Tätigkeiten sind aber nicht solche eines anderen Berufs, den die Klägerin zuvor nicht ausgeübt hat. Die früheren wie die aktuellen Tätigkeiten entsprechen dem beruflichen Spektrum einer Sozialarbeiterin. Die Aufgabenveränderung hat nicht zu einem sozialen Abstieg der Klägerin geführt. Sofern die Unterschiede außerhalb des unmittelbaren Arbeitsbereichs überhaupt wahrgenommen werden, sind diese nicht so groß, dass das soziale Ansehen darunter merkbar leidet.
Selbst wenn die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeitsrente ausschließlich nach den bei Vertragsschluss vorliegenden Angaben in der Broschüre des DUK zu beurteilen wären, ergäbe sich nichts anderes.
Laut der Broschüre ist die Feststellung der Berufsunfähigkeit auf die konkrete Tätigkeit im Unternehmen bezogen; eine Verweisung auf andere berufliche Tätigkeiten findet nicht statt (Ziffer 4.4 der Broschüre, 3. Absatz). Dementsprechend heißt es unter Ziffer 2.2 der Broschüre, dass eine abstrakte Verweisbarkeit im Falle der Berufsunfähigkeit ausgeschlossen ist. Die Berufsunfähigkeitsversicherung soll das Risiko, aus gesundheitlichen Gründen dem ausgeübten Beruf nicht mehr nachgehen zu können, absichern (Ziffer 4.2 der Broschüre 4. Absatz).
Bezugspunkt ist der ausgeübte Beruf. Berufsunfähigkeit tritt ein, wenn dieser Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Dass ggf. ein anderer Beruf ausgeübt werden kann, ist unerheblich. Abstrakte Verweisung bzw. Verweisbarkeit bedeutet, dass der Versicherungsnehmer nur dann berufsunfähig ist, wenn er neben seinem bisherigen Beruf auch keine vergleichbare Tätigkeit ausüben kann (Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 4. Auflage 2020, Kapitel 8. Abstrakte und konkrete Verweisung, Rn. 4). Die abstrakte Verweisung ist sowohl nach der Broschüre als auch nach den Versicherungsbedingungen der Nebenintervenientin ausgeschlossen. Die Klägerin kann nicht auf eine andere Berufstätigkeit verwiesen werden. Geht sie jedoch ihrem bislang ausgeübten Beruf tatsächlich weiterhin oder wieder nach, liegt keine Berufsunfähigkeit vor, sodass sie keine Berufsunfähigkeitsrente nebst Freistellung von der Beitragspflicht (mehr) beanspruchen kann. Ausgeschlossen ist nach der Broschüre nur die abstrakte Verweisung, nicht aber die konkrete Verweisung auf eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit in dem bisher ausgeübten Beruf.
Schließlich ist das Arbeitsgericht zu Recht von einem Altvertrag ausgegangen, auf den § 174 VVG keine Anwendung findet. Auf die ausführliche Begründung des Arbeitsgerichts wird verwiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.