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  • 01.08.2005 | Baurecht

    Das Haftungsverhältnis zwischen Architekt und einem Sonderfachmann

    von RA Christian Stake, Werne

    In der Juni-Ausgabe von „Verbraucherrecht kompakt“ hatten wir in einer Rechtsprechungsübersicht dargestellt, wann der Bauherr den Architekten wegen eines Baumangels etc. erfolgreich in die Haftung nehmen kann (Stake, VK 05, 118). Oftmals sind jedoch auch Sonderfachleute am Bau tätig, auf deren Angaben oder Gutachten der Architekt seine Leistung aufbaut. Die Rechtsprechungsübersicht zeigt auf, wie sich das Haftungsverhältnis zwischen Architekt und Sonderfachmann in diesen Fällen darstellt.  

     

    Rechtsprechungsübersicht: Haftungsverhältnis Architekt – Sonderfachmann

    Beauftragt ein Bauherr in selbstständigen Verträgen einen Architekten und einen Sonderfachmann (hier: Bodengutachter), ist der Sonderfachmann regelmäßig nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn in dessen Vertragsverhältnis mit dem Architekten. Entsprechendes gilt für den Architekten im Vertragsverhältnis zwischen Bauherrn und Sonderfachmann.  

     

    Der Architekt muss die Fachkenntnisse aufweisen, die für die Durchführung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ein Architekt kann sich nicht darauf berufen, dass ihm an der Universität die für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen Fachkenntnisse nicht vermittelt worden sind.  

    BGH,  

    10.7.03, VII ZR 329/02, 

    BauR 03, 1918,  

    Abruf-Nr. 031900 

    Der Architekt, der bauleitend und mängelüberwachend tätig ist, muss den Bauherrn grundsätzlich nicht über Einzelheiten einer gegen einen Sonderfachmann (hier: Statiker) drohenden Verjährung belehren.  

     

    Ist aber eine Verantwortung des Statikers für aufgetretene Probleme nahe liegend und ist eine Verjährung möglicher Regressansprüche gegen den Ingenieur denkbar, muss der Architekt den Auftraggeber auf die mögliche Verantwortlichkeit und das Risiko einer Verjährung hinweisen und dem Bauherrn anwaltlichen Rat nahe legen. Veranlasst er stattdessen nur einen weiteren Versuch der Nachbesserung, der aber die drohende Verjährung weder unterbricht noch hemmt, verstößt er gegen seine Beratungspflicht.  

     

    Unter diesen Umständen kann er sich dann selbst schadenersatzpflichtig machen. Ist der Statiker für die Mängel verantwortlich und diesem gegenüber bereits die Verjährung eingetreten, muss er dem Bauherrn für den Entgang des richtigen Haftenden im Umfang von dessen Haftung selbst einzustehen.  

    OLG Stuttgart,  

    20.6.02, 2 U 209/01, 

    BauR 03, 1062,  

    Abruf-Nr. 043153 

    Wenn der Bauherr für die Beurteilung der Wasser- und Bodenverhältnisse eines Baugrundstücks einen Sonderfachmann einschaltet, wird dadurch der Architekt nicht von seiner eigenen Verantwortung entbunden.  

     

    An einer Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung des Architekten für einen eingetretenen Schaden (hier: Wassereintritt durch drückendes Grundwasser infolge unzureichender Dimensionierung vorhandener Betonplatten) fehlt es aber, wenn der Sonderfachmann Vorgaben und Hinweise des Architekten nicht berücksichtigt hat.  

    OLG Hamm,  

    17.3.04, 25 U 177/03, 

    IBR 05, 30,  

    Abruf-Nr. 043227 

    Der Architekt haftet nicht für Mängel des Baugrundgutachtens, die ausschließlich durch fehlerhafte Vorgaben des Baugrundgutachters verursacht worden sind. Zwischen dem Architekten und dem Baugrundgutachter besteht ein Gesamtschuldverhältnis, wenn der Architekt einen unzuverlässigen Gutachter hinzuzieht, die Mängel des Gutachtens auf seinen eigenen unzureichenden Vorgaben beruhen, oder er für ihn erkennbare Mängel des Gutachtens nicht beanstandet.  

     

    Der Architekt haftet für die offensichtliche Fehlerhaftigkeit des Baugrundgutachtens gesamtschuldnerisch mit dem Gutachter, wenn er den inhomogenen Bodenaufbau und damit die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens hätte erkennen und beanstanden müssen. Im Innenverhältnis scheidet eine Mithaftung des Architekten jedoch aus, wenn sein Pflichtenverstoß gegenüber der mangelhaften Leistung des Baugrundgutachters bei Abwägung der wechselseitigen Verschuldensanteile gänzlich zurücktritt.  

    OLG Brandenburg, 8.4.04, 12 U 158/03, 

    IBR 05, 222,  

    Abruf-Nr. 051869 

    Das Bauordnungsrecht und das Brandschutzkonzept müssen sich nicht nach den Angaben des Bauherrn über voraussichtliche Besucherzahlen ausrichten, sofern die mögliche Besucherzahl darüber liegt. Es kann dem Architekten daher nicht vorgeworfen werden, wenn er in dem Bauantrag ein Brandschutzkonzept des Brandschutzsachverständigen für 600 Personen übernimmt, obgleich der Bauherr die Besucherzahl auf maximal 199 Personen schätzt. Der Brandschutzsachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Architekten. Der Architekt haftet dann nicht auf Zahlung von Geldersatz wegen überflüssiger Brandschutzmaßnahmen.  

    OLG Düsseldorf, 29.4.04, 5 U 144/03, BauR 05, 423,  

    Abruf-Nr. 051633 

    Der Architekt haftet für Fehler des Statikers, wenn er nicht überprüft, ob dieser von richtigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die relevanten Wünsche des Bauherrn berücksichtigt hat.  

    OLG Stuttgart,  

    12.5.04, 3 U 185/03, 

    Abruf-Nr. 051870 

    Der Auftraggeber schuldet dem lediglich mit der Planung des Bauvorhabens beauftragten Architekten keine fehlerfreie Bauaufsicht. Dementsprechend sind die von ihm mit der Bauaufsicht beauftragten Personen nicht seine Erfüllungsgehilfen, deren Verschulden er sich im Verhältnis zum planenden Architekten zurechnen lassen müsste.  

    OLG Düsseldorf,  

    22.6.04, 21 U 225/03, BauR 05, 128,  

    Abruf-Nr. 042547 

    Es gehört zu den Hauptleistungspflichten eines Architekten, ein zur Verfügung gestelltes Bodengutachten im Rahmen einer Evidenzkontrolle auf inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Der Architekt haftet dem Auftraggeber auf Schadenersatz, wenn er das offenkundig falsche Bodengutachten kritiklos in seine Entwurfs- und Genehmigungsplanung hat einfließen lassen. Der Anspruch verjährt in fünf Jahren.  

    OLG Brandenburg,  

    25.8.04, 4 U 185/03, 

    BauR 05, 155,  

    Abruf-Nr. 051634 

    Ein Architekt muss einem eingeschalteten Sonderfachmann (hier: Tragwerksplaner) die Angaben machen, die dieser für seine Leistungserbringung benötigt. Zusätzlich muss der Architekt die Einhaltung seiner Vorgaben überwachen. Kommt es infolge unzureichender Information und Überwachung des Sonderfachmanns zu Planungsfehlern und deshalb zu Ausführungsfehlern, haftet der Architekt.  

    OLG München,  

    27.10.04, 27 U 862/03, 

    BauR 05, 156,  

    Abruf-Nr. 043073 

    Die Grundstücks- und Gebäudeeinmessung ist die wesentliche Grundlage für eine plangerechte Bauausführung. Der bauleitende Architekt ist daher verpflichtet, die von einem Sonderfachmann im Auftrag des Bauherrn vorgenommene Einmessung zu überprüfen.  

    OLG Nürnberg,  

    2.2.05, 6 U 2921/04

    Abruf-Nr. 051871 

    Der Tragwerksplaner haftet neben dem Bodengutachter gesamtschuldnerisch, wenn er auf erkennbare Fehler des Bodengutachtens nicht hingewiesen hat und es dadurch zu einem Schaden gekommen ist. Der Tragwerksplaner muss ungeeignete Untersuchungsmethoden des Baugrundgutachters erkennen können.  

    OLG Frankfurt a.M.,  

    23.3.05, 23 U 308/03, 

    Abruf-Nr. 051872 

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2005 | Seite 136 | ID 94493