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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungspraxis

    Können Unterhaltsansprüche gepfändet werden?

    | Ein Leser besitzt einen Kostenfestsetzungsbeschluss gegen eine 18-jährige Mandantin. Deren Vater ist ihr unterhaltspflichtig. Nun möchte er den vom Vater zu zahlenden Unterhalt pfänden. Ist dies möglich? |

     

    Gemäß § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO sind Unterhaltsrenten unpfändbar, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen. Nach dem Zweck der Regelung - und entgegen dem Wortlaut der Norm (Unterhalts-„Renten“) - werden generell Unterhalts-„Forderungen“ erfasst, die im Rahmen und aufgrund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung geschuldet werden und damit auch einmalige 
Unterhaltsbeträge (BGH NJW 97, 1441). Die Bezüge im Sinne des § 850b ZPO sind im Gegensatz zu § 850a ZPO relativ unpfändbar. Sie stellen kein Arbeitseinkommen dar (BGH VE 05, 127). Sie werden nur wie Arbeitseinkommen 
behandelt, weil sie dem Lebensunterhalt des Schuldners dienen sollen.

     

    Unterhaltsleistungen können aber aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung wie Arbeitseinkommen gemäß §§ 850, 850b, 850d ZPO gepfändet werden, wenn durch die Vollstreckung in das sonstige Vermögen des Schuldners die Forderung nicht in voller Höhe getilgt werden kann und die Pfändung der „Billigkeit“ entspricht (§ 850b Abs. 2 ZPO). Unterhaltsforderungen sind solange relativ unpfändbar, solange eine Pfändbarkeit durch das Vollstreckungsgericht nicht angeordnet wurde. Voraussetzung einer solchen - konstitutiven (BGH, NJW 70, 282) - Anordnung sind:

     

    • Antrag des Gläubigers: Im Antrag sind die Tatsachen schlüssig darzulegen und zu beweisen. Dabei genügt nicht die Angabe des bloßen Gesetzestextes.

     

    • Unvollständige Gläubigerbefriedigung: Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn eine Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers führt bzw. voraussichtlich 
geführt hätte, wobei der Nachweis einer erfolglosen Pfändung weder die Abgabe einer Vermögensauskunft voraussetzt, noch wird dieser Nachweis durch eine Vermögensauskunft erbracht. Der BGH (NJW 07, 2450) lässt 
offen, ob allein mit dem Hinweis auf die Abgabe der Vermögensauskunft die Aussichtslosigkeit der Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen nachgewiesen ist (LG Meiningen 18.7.07, 4 T 164/07).

     

    • Billigkeit der Pfändung: Was zur Billigkeit der Pfändung darzulegen ist, ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung ist zum einen mitentscheidend, aus welchem Anspruch heraus die Forderung resultiert. Zum anderen spielt die Höhe der Einkünfte eine wesentliche Rolle. Es müssen besondere Umstände die Pfändung rechtfertigen. Diese können sich z.B. aus einer Deliktsforderung ergeben (OLG Hamm Rpfleger 02, 162; OLG Schleswig Rpfleger 02, 87). Die Anforderungen an den Vortrag sind nicht zu überspannen (Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, 6. Aufl., 
§ 850b Rn. 22).

     

    Achtung | Nur wenn feststeht, dass zusätzlich diese besonderen Voraussetzungen für die Pfändung vorliegen, darf die Pfändung der grundsätzlich b
unpfändbaren Bezüge zugelassen werden (BGH VE 05, 127).

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 129 | ID 40276450