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  • · Fachbeitrag · Verfahrensrecht

    Wiederherstellung eines Pfändungsbeschlusses im Rechtsmittelverfahren

    Im Rechtsmittelverfahren kann ein durch richterlichen Beschluss aufgehobener Pfändungsbeschluss nicht wiederhergestellt werden. Ein nur mit diesem Ziel eingelegtes Rechtsmittel ist unzulässig (BGH 21.2.13, VII ZB 9/11, Abruf-Nr. 131034).

     

    Sachverhalt

    Gläubiger G. betreibt aus einem Titel gegen Schuldner S. die Zwangsvollstreckung. Auf seinen Antrag hat das Vollstreckungsgericht am 18.6.10 einen Pfändungsbeschluss erlassen, mit dem angebliche Gehaltsansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner D. gepfändet worden sind. Am 6.7.10 hat D. hiergegen Erinnerung eingelegt. Aufgrund einer Verfügung des Vollstreckungsgerichts vom 19.7.10 bewirkte G. den Erlass eines neuen, weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich derselben Forderung.

     

    Mit Beschluss vom 23.9.10 hat das AG auf die Erinnerung des D. den Pfändungsbeschluss vom 18.6.10 aufgehoben. Er sei fehlerhaft gewesen, weil er entgegen gesetzlichen Pfändungsbeschränkungen nicht bezeichnet habe, welche Einkommensteile der Pfändung nicht unterworfen seien. Hiergegen hat G. sofortige Beschwerde eingelegt. Er hat sie damit begründet, dass der beanstandete Mangel des Pfändungsbeschlusses nicht dessen Aufhebung rechtfertige. Vielmehr habe eine klarstellende Entscheidung ergehen müssen. Diesen Klarstellungsantrag stelle er nun. Er enthalte auch einen erstmaligen Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO. Das Beschwerdegericht hat die 
sofortige Beschwerde verworfen. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte G. die Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts sowie des Beschlusses des AG vom 23.9.10 und die Zurückweisung der Erinnerung des D. gegen den Pfändungsbeschluss des AG vom 18.6.10 erreichen. Der BGH wies die Rechtsbeschwerde als unzulässig zurück.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Beschwerdegericht hat angenommen, es fehle an einem schützenswerten Interesse des Gläubigers an einer abändernden Entscheidung des 
Beschwerdegerichts. Aufgrund des für ihn nachträglich ergangenen weiteren PfÜB fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Zeit ab Erlass dieses Beschlusses, der die Bezüge des Schuldners ab August 2010 erfasse. Es gehe dem Gläubiger nur um den Zeitraum davor, nämlich um die Bezüge des Schuldners für den Monat Juli 2010. Hier wolle er erreichen, dass sein Rang gewahrt werde, weil diese Forderung inzwischen von einem anderen Gläubiger gepfändet worden sei.

     

    Aber auch hierfür fehle ihm ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Heilung eines Mangels der Pfändung sei in Bezug auf die Rangfolge nur mit Wirkung ex nunc möglich.

     

    Dem Gläubiger fehlt auch für seine Rechtsbeschwerde das Rechtsschutzbedürfnis. Die im Wege der Abhilfe auf die Erinnerung des Drittschuldners erfolgte Aufhebung des Pfändungsbeschlusses vom 18.6.10 durch den Beschluss vom 23.9.10 ist ungeachtet der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Gläubigers sofort wirksam geworden. Der ursprüngliche Pfändungsbeschluss kann daher nicht wieder hergestellt werden.

     

    Eine Rechtsbeschwerde wäre nur mit dem Ziel zulässig, eine Vollstreckung mit neuem Rang zu ermöglichen (BGH 5.5.11, VII ZB 25/10; OLG Koblenz Rpfleger 86, 229; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn. 743).

     

    Praxishinweis

    Der Gläubiger hat vorliegend nicht die Rechtsfolgen des § 776 ZPO bedacht. Diese Vorschrift regelt, dass in den Fällen des § 775 Nr. 1, 3 ZPO zugleich die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben sind. In den Fällen des § 775 Nr. 4, 5 ZPO bleiben diese Maßregeln einstweilen bestehen. Dasselbe gilt in den Fällen des § 775 Nr. 2 ZPO, sofern nicht durch die Entscheidung auch die Aufhebung der bisherigen Vollstreckungshandlungen angeordnet ist.

     

    Die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme (hier: PfÜB) wird somit in der Regel sofort wirksam und hängt nicht von der formellen Rechtskraft der aufhebenden Entscheidung ab (BGH VE 04, 138; BGH Rpfleger 76, 298). Die Aufhebung lässt daher die Zwangsvollstreckungsmaßnahme endgültig entfallen, sofern nicht mit der Aufhebung eine Anordnung nach § 570 Abs. 2 ZPO verbunden war.

     

    Folge: Das Pfändungspfandrecht und die Wirkungen der Verstrickung entfallen mit der Aufhebung. Ein Rang geht verloren und kann nicht wiederhergestellt werden (OLG Koblenz Rpfleger 72, 120). Mit dem Ziel eine Vollstreckung mit neuem Rang zu ermöglichen hat der Gläubiger seine Rechtsmittel aber nicht eingelegt.

     

    Der Gläubiger, dem es vorliegend allein um die rangwahrende Pfändung hinsichtlich des Einkommens des Schuldners für den Monat Juli 2010 ging, hätte im Erinnerungsverfahren zusätzlich darauf hinweisen sollen, dass das 
Gericht von Amts wegen seine ergehende Entscheidung von der Rechtskraft abhängig macht. In diesem Fall wäre sein Rang gewahrt gewesen.

     

    Achtung: Ein Antrag des Gläubigers wäre nicht erforderlich gewesen, das Gericht hätte § 570 Abs. 2 ZPO von Amts wegen beachten müssen (Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 766 Rn. 31). Das OLG Schleswig hat einen Amtshaftungsanspruch gegen das Land bejaht, weil der über die Erinnerung entscheidende Richter § 570 Abs. 2 ZPO (damals noch § 572 Abs. 2 ZPO) trotz zwingender Verpflichtung nicht angewandt hat und der Gläubiger deshalb seinen Rang verlor (SchlHA 93, 91).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Einstellung der Zwangsvollstreckung: Prozessbürgschaft bei Drittwiderspruchsklagen und ihre Folgen, VE 04, 138
    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 76 | ID 38943480