· Teilungsversteigerung
Vererbter Miteigentumsanteil an Grundstück und Versteigerung des gesamten Grundstücks

| In der Praxis sind Grundstücksgemeinschaften oft verschachtelt, vor allem bei Erbengemeinschaften. Hierbei kann es zu Konflikten bei der Auseinandersetzung kommen, insbesondere, wenn Erbteile gepfändet werden. Der BGH hat nun geklärt, ob trotz Pfändung eine Teilungsversteigerung zulässig ist. Er entschied: Jeder Miterbe allein kann die Teilungsversteigerung des gesamten Grundstücks verlangen, auch wenn nur ein Miteigentumsanteil zum Nachlass gehört (sog. großes Antragsrecht). Ebenso kann trotz Pfändung ein Miterbe die Teilungsversteigerung selbstständig betreiben, ohne Mitwirkung des Gläubigers (§ 2039 S. 1 BGB). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Die Beteiligte B 2 war Miteigentümerin eines Grundstücks. Gemeinsam mit der B 1 war sie zudem als Erbengemeinschaft an einem weiteren Miteigentumsanteil eingetragen. Auf Antrag der B 1 wurde die Teilungsversteigerung angeordnet. Die B 2 pfändete den Erbanteil der B 1 und ließ diesen zur Einziehung übertragen; dies wurde im Grundbuch vermerkt. Trotz der Pfändung übertrug B 1 ihren Erbanteil per notariellem Vertrag an B 3, zu deren Gunsten ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen wurde. B 3 beantragte den Beitritt zum Versteigerungsverfahren, zog diesen Antrag aber zurück, nachdem das Gericht ihr mitteilte, dass sie automatisch in die Rechtsstellung der B 1 eingetreten sei. B 2 beantragte Aufhebung bzw. einstweilige Einstellung des Verfahrens, da sie der Ansicht war, die B 3 sei nicht wirksam in die Verfahrensstellung eingetreten. Diese Anträge wurden vom Vollstreckungsgericht und im Beschwerdeverfahren abgelehnt. B 2 verfolgte ihr Anliegen mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde weiter. Der BGH (20.3.25, V ZB 63/23, Abruf-Nr. 247886) wies diese zurück und bestätigte die Rechtsnachfolge von B 3.
Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung stärkt die Position von Pfändungsgläubigern und klärt die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Verfahren: Im Streitfall bestand eine Erbengemeinschaft (B 1 + B 2 zu 1/2-Anteil) innerhalb einer Bruchteilsgemeinschaft (B 2 und B 1 zu 1/2-Anteil + B 2 zu 1/2-Anteil). Es bieten sich zwei Möglichkeiten der Auseinandersetzungsversteigerung:
- § 2039 S. 1 BGB i. V. m. § 749 BGB ermöglicht es einem Miterben, die Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft an einem Grundstück zu verlangen. B 2 kann somit die Bruchteilsgemeinschaft, bestehend aus seinem 1/2-Anteil und dem 1/2-Anteil der Erbengemeinschaft (B 2 + B 1; dieses Recht steht auch B 1 zu) auseinandersetzen. Sämtliche Gemeinschaften an dem Grundstück werden aufgehoben (sog. großes Antragsrecht).
- B 1 und B 2 sind jeweils berechtigt, nur die zwischen ihnen bestehende Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen; versteigert wird dann nur der ihnen zur gesamten Hand gehörige 1/2-Anteil (sog. kleines Antragsrecht). Dies führt nur zur Aufhebung einer Gemeinschaft aus mehreren Gemeinschaften und dient der Verwertung des Nachlasswerts, nicht der Verfügung über den Nachlass.
Beachten Sie | Auch Gläubiger eines Mitglieds der Miteigentümergemeinschaft können sich die dargestellte Situation zunutze machen und die Teilungsversteigerung für ihren Schuldner beantragen. Voraussetzung hierfür ist entweder, dass der Gläubiger den Anspruch auf Auseinandersetzung und Teilung des sich hieraus ergebenden Erlöses pfändet (z. B. bei einer Bruchteils- oder Erbengemeinschaft) oder bei einer Erbengemeinschaft den Erbteil pfändet (§ 859 ZPO).
Folge: Der Gläubiger tritt damit in die Rolle des Miterben bzw. Bruchteilseigentümers und kann ein Versteigerungsverfahren beantragen.
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Der BGH stellt klar, dass eine Pfändung ‒ hier durch B 2 ‒ den betroffenen Miterben nicht (B 1) daran hindert, ein Teilungsversteigerungsverfahren selbstständig zu betreiben. Denn die Pfändung bewirkt nur eine Verfügungsbeschränkung des Erbteils zugunsten des Gläubigers, lässt aber die Rechtsinhaberschaft beim Schuldner als Miterben. An die Stelle des Auseinandersetzungsanspruchs tritt der (ungeteilte) Anspruch auf Auszahlung des anteiligen Übererlöses. Daran setzt sich das Pfandrecht des B 2 im Wege der dinglichen Surrogation fort. Das Pfändungspfandrecht wird somit nicht beeinträchtigt, sondern verwirklicht. Die durch die Teilungsversteigerung entstehende Erlösposition bleibt daher pfändungsgeschützt (§ 804 ZPO i. V. m. Surrogation).
MERKE |
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Der Erwerber eines Erbteils (hier: B 3) tritt kraft Gesetzes in die Rechtsstellung des bisherigen Erben ein ‒ unabhängig von einer Grundbucheintragung. Materiell-rechtliche Einwände gegen die Erbteilsübertragung sind im Teilungsversteigerungsverfahren irrelevant.
Die Fortführung der Teilungsversteigerung ist nicht durch § 28 ZVG ausgeschlossen, da kein rechtliches Hindernis i. S. d. Norm gegeben ist. Das Pfändungspfandrecht bleibt im Rahmen der Surrogation am Erlös der Versteigerung erhalten (§ 804 ZPO, §§ 2039, 2042 BGB).
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Vorteil | Beschreibung |
Schutz des Pfändungspfandrechts bleibt erhalten | Das Pfandrecht setzt sich im Erlös aus der Teilungsversteigerung fort (Surrogation). |
Keine Sperrwirkung für Miterben | Miterben können eigenständig tätig werden, was eine schnellere Liquidation begünstigt und sich somit aufgrund der Surrogationswirkung vorteilhaft für Gläubiger auswirkt. |
Verwertungserleichterung | Die Verwertung des Erbteils wird durch die Teilungsversteigerung erleichtert, auch ohne eigene Initiative des Gläubigers. |
Erhöhung der Verwertungsmasse | Durch das große Antragsrecht kann der Gläubiger Einfluss auf das ganze Grundstück nehmen. |
Rechtssicherheit trotz Drittübertragung | Der Eintritt eines Dritterwerbers in das Verfahren ist wirksam und beeinträchtigt das Pfandrecht nicht. |
Checkliste / Anwaltliche Beratung von Pfändungsgläubigern |
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