Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · PfÜB-Erlass

    Lange Wartezeiten: So können Sie reagieren

    | Oft tut sich nach Beantragen eine PfÜB mehrere Wochen bzw. Monate lang nichts. Das Gericht teilt nicht einmal ein Aktenzeichen mit. Telefonische Auskunft erhält man nicht, schriftliche Sachstandsanfragen bleiben unbeantwortet. Der folgende Beitrag zeigt, wie Sie hierauf reagieren können. |

    1. PfÜB ist Eilsache

    Der Erlass PfÜB ist als Maßnahme der Zwangsvollstreckung regelmäßig als Eilsache zu behandeln. Denn mit dem PfÜB wird ein Pfandrecht an einer Forderung begründet und der Gläubiger erhält durch die Überweisung die Möglichkeit, sie zu realisieren. Die Dringlichkeit ergibt sich insbesondere daraus, dass Verzögerungen zu Rangnachteilen führen können, da die Pfändung nach dem Prioritätsprinzip wirkt („wer zuerst kommt, mahlt zuerst“; § 804 Abs. 3 ZPO).

     

    Beachten Sie | Zudem muss die Zustellung nach § 829 Abs. 2 S. 2 ZPO „sofort“ erfolgen, sofern keine öffentliche Zustellung erforderlich ist. Dies unterstreicht die gesetzliche Erwartung einer schnellen Bearbeitung, da jede Verzögerung die Wirksamkeit der Pfändung und den Rang des Gläubigers gefährden kann.

    2. Vergleich mit Justizverwaltung: Dort ist Eile geboten

    Der Erlass eines PfÜB gilt im Bereich der Verwaltungsvollstreckung stets als Eilsache, weil mit dieser Maßnahme unmittelbar in die Rechte des Schuldners eingegriffen und ein Rangverhältnis unter mehreren Gläubigern geschaffen wird. Eine zügige Entscheidung ist notwendig, um den Zweck der Vollstreckung ‒ vor allem die Sicherung des staatlichen Anspruchs und die Vermeidung von Rangnachteilen für die vollstreckende Behörde ‒ zu gewährleisten.

     

    Beachten Sie | § 5 VwVfG verpflichtet in diesem Zusammenhang Behörden, Verwaltungsverfahren „einfach, zweckmäßig und zügig“ durchzuführen. Dieses sog. Beschleunigungsgebot erleichtert das sofortige Handeln bei Vollstreckungsverfahren, weil es die Verwaltung dazu anhält, keine unnötigen Verzögerungen eintreten zu lassen und Maßnahmen wie Pfändungen oder andere Vollstreckungsschritte rasch umzusetzen. Dieses Gebot bildet damit die Grundlage, dass Vollstreckungsbehörden Eilsachen wie den Erlass eines PfÜB vorrangig behandeln und unverzüglich handeln dürfen und müssen. Die Verwaltung ist dadurch nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, in solchen Fällen beschleunigt tätig zu werden, um den Zweck der Vollstreckung nicht zu gefährden.

    3. Verzögerungsrüge kann als „Druckmittel“ helfen

    Eine Verzögerungsrüge (§ 198 GVG) ist ein Rechtsbehelf, mit dem ein Verfahrensbeteiligter geltend machen kann, dass ein Gerichtsverfahren unangemessen lange dauert.

     

    Die Zwangsvollstreckung ist ein gerichtliches Verfahren im Sinne des § 198 GVG, sofern ein Gericht involviert ist. Das betrifft insbesondere

    • Vollstreckung durch Gerichtsvollzieher (unter Aufsicht des Amtsgerichts).
    • Zwangsversteigerungsverfahren,
    • Zwangsverwaltung und
    • Pfändung von Forderungen durch das Vollstreckungsgericht (§§ 828 ff. ZPO)

     

    In all diesen Fällen kann eine unangemessene Verfahrensdauer durch eine Verzögerungsrüge gerügt werden.

     

    Beachten Sie | Die Verzögerungsrüge ist bei dem aktuell mit der Zwangsvollstreckung befassten Gericht zu erheben. Sie kann nur erhoben werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine unangemessene Verfahrensverzögerung bestehen. Eine abstrakte Befürchtung reicht daher nicht.

     

    Eine Verzögerungsrüge ist im Rahmen der Zwangsvollstreckung ein zentrales Instrument für Beteiligte, die einen Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Dauer des Verfahrens geltend machen möchten.

     

    Ohne eine vorherige Verzögerungsrüge ist keine Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer des Vollstreckungsverfahrens zulässig.

     

    Die Rüge selbst ändert nicht die Verfahrenslage oder den Gang der Zwangsvollstreckung. Sie hat keine aufschiebende oder beschleunigende Wirkung kraft Gesetzes, aber faktisch kann sie eine Beschleunigung auslösen.

     

    In der Praxis führt die Rüge dazu, dass sich das Gericht des Problems bewusst wird ‒ z. B. lange Bearbeitungszeit von Vollstreckungsanträgen, Untätigkeit eines Rechtspflegers, lange Terminabstände ‒ und dann das Verfahren beschleunigt, um eine Entschädigungsklage zu vermeiden. Sie wirkt quasi wie ein Warnsignal an das Gericht, dass eine Entschädigung droht. Sie soll helfen, eine Verzögerung abzustellen, ohne sofort klagen zu müssen.

     

    Musterformulierung / Verzögerungsrüge nach § 198 GVG im Zwangsvollstreckungsverfahren

    An das …gericht ‒ Vollstreckungsgericht ‒

     

    Az.: …

     

    Hiermit erhebe ich gemäß § 198 Abs. 3 GVG förmlich Verzögerungsrüge wegen der unangemessen langen Dauer des o. g. Zwangsvollstreckungsverfahrens.

     

    Ich habe am … für meinen Mandanten einen Antrag auf [z. B. Pfändung, Eintrag einer Sicherungshypothek, Sachpfändung etc.] gestellt. Seitdem sind mehrere Monate vergangen, ohne dass eine Entscheidung getroffen bzw. eine Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt wurde. Trotz mehrfacher Nachfragen am … ist bislang keine nennenswerte Verfahrensförderung erfolgt.

     

    Nach meinem Verständnis liegt in der vorliegenden Verfahrensweise eine unangemessene Verzögerung im Sinne von § 198 Abs. 1 GVG vor. Ich bitte um kurzfristige Mitteilung über den Stand des Verfahrens und die weiteren geplanten Maßnahmen. Diese Rüge dient zugleich der Wahrung meines Rechts auf eine Entschädigung nach § 198 GVG, sollte sich die Verfahrensverzögerung weiterhin fortsetzen oder bereits ein erheblicher Nachteil eingetreten sein.

     

    Rechtsanwalt

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2025 | Seite 190 | ID 50549733