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  • · Fachbeitrag · Pfüb

    Das geht: Mehrere PfÜB-Ausfertigungen bei mehreren Drittschuldnern

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Eine Leserin schilderte uns folgenden Fall: Im PfÜB-Formular hatte sie auf Seite 1 angekreuzt „Die Zustellung wird selbst veranlasst“. Sie hatte insgesamt drei Drittschuldner aufgeführt. Sie beantragte zugleich, drei PfÜB-Ausfertigungen zu erteilen. Der Rechtspfleger teilte ihr daraufhin Folgendes mit: „Es ergeht eine Ausfertigung nebst zwei vollstreckbaren Abschriften, soweit in ausreichender Zahl eingereicht. Weitere Ausfertigungen sind gesetzlich nicht vorgesehen. Die Ausfertigungen nebst Abschriften gehen von Gerichtsvollzieher zu Gerichtsvollzieher. Parallelzustellungen sind nicht möglich.“ Unsere Leserin fragt, ob der Rechtspfleger Recht hat. |

    1. Der Rechtspfleger irrt sich

    Zunächst ist hinsichtlich der gerichtlichen Zwischenverfügung anzumerken: Nicht der Rechtspfleger, sondern der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) ist für die Erteilung der Ausfertigung des PfÜB verantwortlich, was aber gemäß § 8 Abs. 5 RPflG unschädlich ist.

     

    Des Weiteren ist die Ansicht des Vollstreckungsgerichts falsch. Selbstverständlich können auf Antrag des Gläubigers mehrere PfÜB-Ausfertigungen - nicht Abschriften - erteilt werden. Diese werden auch nicht „vollstreckbar“ erteilt.

     

    PRAXISHINWEIS | Zwar ist der erlassene PfÜB u. U. für den Gerichtsvollzieher ein Herausgabetitel gemäß § 836 Abs. 3 ZPO, wenn dem Schuldner Urkunden weggenommen werden sollen, die zum Beweis des Bestehens der gepfändeten Forderung dienen (z.B. Kontoauszüge, Verdienst-, Lohnbescheinigungen, etc.). Allerdings wird der PfÜB dann nicht vollstreckbar ausgefertigt, geschweige denn, dass „vollstreckbare Abschriften“ erteilt werden.

     

    2. Sinn und Zweck der „Selbstzustellung“

    Der Sinn und Zweck der beantragten Selbstzustellung besteht für den Gläubiger in Folgendem: Durch die nahezu gleichzeitige Beauftragung des jeweils zuständigen Gerichtsvollziehers kann er an die im PfÜB genannten verschiedenen Drittschuldner zustellen (§ 829 Abs. 3 ZPO; Zöller/Stöber, ZPO, 31 Aufl., § 829 Rn. 14). Somit kann er beinahe gleichzeitig bei sämtlichen Forderungen ein Pfandrecht begründen (§ 829 Abs. 3 ZPO; VE 15, 178).

     

    Wenn also, wie der Rechtspfleger meint, nur eine PfÜB-Ausfertigung erteilt werden kann, hätte das für den Gläubiger bei beantragter Selbstzustellung zur Folge, dass der ihm übersandte PfÜB zunächst einem Gerichtsvollzieher übersandt werden müsste. Dieser würde den PfÜB „seinem“ Drittschuldner zustellen. Anschließend würde der Gerichtsvollzieher den zugestellten PfÜB an den Gläubiger zurück übersenden. Dieser müsste dann erneut einen anderen Gerichtsvollzieher mit der Zustellung an den nächsten Drittschuldner beauftragen, usw. Dies wäre für den Gläubiger zeitlich nachteilig. Insofern muss das Vollstreckungsgericht auf Antrag mehrere PfÜB-Ausfertigungen erteilen. Denn nur so kann durch die parallelen Aufträge an mehrere Gerichtsvollzieher tatsächlich die Gleichzeitigkeit der Pfandrechte durch Zustellung an die jeweiligen Drittschuldner sichergestellt werden.

     

    MERKE | Der Antrag auf Erteilung weiterer PfÜB-Ausfertigungen wird oft mit der Erteilung weiterer vollstreckbarer Titelausfertigungen gemäß § 733 ZPO verwechselt. Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun. Die Erteilung weiterer vollstreckbarer Ausfertigungen des Vollstreckungstitels ist eine Ausnahme, um den Schuldner vor einer mehrfachen Vollstreckung zu schützen, da andernfalls aus jeder erteilten Titelausfertigung eine Vollstreckung möglich ist. Aus mehreren PfÜB-Ausfertigungen kann hingegen - mit Ausnahme von § 836 Abs. 3 ZPO - nicht mehrfach vollstreckt werden.

     

    3. Weitere Möglichkeit: Gleichzeitige Zustellung beantragen

    Es gibt eine weitere Möglichkeit, nahezu gleichzeitig an mehrere Drittschuldner zuzustellen: Gläubiger können ausdrücklich eine „gleichzeitige Zustellung (entgegen § 121 GVGA)“ beantragen. Diese Möglichkeit ist allerdings im amtlichen PfÜB-Formular auf Seite 1 nicht vorgesehenen, sodass dieser Antrag gesondert mittels Anschreiben zu stellen ist.

     

    MERKE | Bei den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird mittlerweile in zehn Bundesländern das Computerprogramm forumSTAR als Fachanwendung verwendet. Dieses Programm bietet den Mitarbeitern in den Serviceeinheiten sowie Richtern und Rechtspflegern eine umfassende und effiziente Unterstützung bei der Erledigung ihrer vielfältigen Aufgaben. In diesem speziellen Computerprogramm ist die Möglichkeit einer „gleichzeitigen Zustellung (entgegen § 121 GVGA)“ vorgesehen. Insofern muss die Geschäftsstelle nach Erlass eines PfÜB entsprechend viele PfÜB-Ausfertigungen herstellen und diese dann an die einzelnen Gerichtsvollzieherverteilerstellen an den unterschiedlichen Vollstreckungsgerichten mit dem Hinweis versenden, dass eine Zustellung an den jeweiligen Drittschuldner entgegen § 121 GVGA gleichzeitig vorzunehmen ist.

     

    4. Handlungsempfehlung

    Sollte sich das Vollstreckungsgericht weigern, mehrere Ausfertigungen des erlassenen PfÜB bzw. die beantragte „gleichzeitige Zustellung entgegen § 121 GVGA“ zu erteilen, legen Sie Erinnerung ein. Der UdG kann dieser abhelfen. Hilft er nicht ab, muss er die Sache dem Richter vorlegen. Gegen dessen Entscheidung ist die sofortige Beschwerde möglich, über die das LG entscheidet. Hat das LG die Rechtsbeschwerde zugelassen, entscheidet der BGH.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Vorteile der „Selbstzustellung” nutzen, VE 16, 106
    • Mehrere Drittschuldner: Effektive Vollstreckung fängt mit dem richtigen Antrag an, VE 15, 178
    Quelle: Ausgabe 03 / 2017 | Seite 51 | ID 44465838