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  • · Fachbeitrag · P-Konto

    BGH: Pfändungsfreie Übertragung von Guthaben in übernächsten Monat nach Zahlungseingang

    | Bereits in VE 15, 20, haben wir darüber berichtet, dass der BGH entschieden hat: Gepfändetes Guthaben auf einem P-Konto, das erst nach Ablauf des auf den Zahlungseingang folgenden Kalendermonats an den Gläubiger geleistet werden darf, kann, soweit der Schuldner hierüber in diesem Kalendermonat nicht verfügt und dabei seinen Pfändungsfreibetrag nicht ausschöpft, in den übernächsten Monat nach dem Zahlungseingang übertragen werden. Es erhöht dort den Pfändungsfreibetrag ( BGH 4.12.14, IX ZR 115/14 ). |

    1. Darum geht es

    Im Kern geht es bei der Entscheidung darum, dass auch für gesperrtes Guthaben i.S. von § 835 Abs. 4, § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO die Möglichkeit besteht, Guthaben nach Maßgabe des § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO pfändungsfrei in den Folgemonat zu übertragen. Die Entscheidung bedeutet letztlich eine Schwächung der Position von Gläubigern im Rahmen der Pfändung bei einem P-Konto.

     

    Im Einzelnen muss folgendermaßen unterschieden werden:

    2. Ansparguthaben

    Zur Sicherung der persönlichen Lebensgrundlage des Schuldners kann dieser monatlich über sein Guthaben auf einem als Pfändungsschutzkonto geführten Girokonto bis zur Höhe des Freibetrags nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO in Verbindung mit § 850c Abs. 2a ZPO verfügen. Insoweit wird das Guthaben von der Pfändung nicht erfasst (§ 850k Abs. 1 S. 1 ZPO).

     

    Soweit der Schuldner trotz eines entsprechenden Guthabens den Freibetrag nicht ausschöpft, steht ihm dieses Guthaben im Folgemonat zusätzlich pfändungsfrei zur Verfügung (§ 850k Abs. 1 S. 3 ZPO).

     

    Wichtig | Die durch § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO geschaffene Möglichkeit, im Fall eines nicht ausgeschöpften Freibetrags das betreffende Guthaben pfändungsfrei in den folgenden Monat zu übernehmen, soll den Schuldner in die Lage versetzen, in begrenztem Umfang Guthaben anzusparen, um auch solche Leistungen der Daseinsvorsorge bezahlen zu können, die nicht monatlich, sondern in größeren Zeitabständen zu vergüten sind (BT-Drucksache 16/7615, S. 13, 18 f.).

     

    Der BGH stellt ausdrücklich klar: Wenn über ein solches übertragenes Guthaben im Folgemonat nicht verfügt wird, ist es an den Gläubiger auszuzahlen. Eine zweimalige Übertragung in einen weiteren Monat scheidet daher aus.

     

    • Beispiel

    Der alleinstehende und kinderlose Schuldner S. erhält monatliches Arbeitseinkommen in Höhe von 1.500 EUR auf sein Pfändungsschutzkonto überwiesen. An monatlicher Miete sind 400 EUR sowie monatliche Abschläge für Strom und Gas in Höhe von insgesamt 200 EUR zu zahlen. Darüber hinaus sind monatliche Versicherungsbeiträge von 150 EUR zu leisten. S. beansprucht noch eine Bar-Auszahlung von 200 EUR.

     

    Lösung: Der derzeitige Freibetrag beträgt 1.045,04 EUR. S. hat hierüber in Höhe von insgesamt 950 EUR verfügt, sodass ein Rest von 95,04 EUR verbleibt, den er auf dem Konto belässt. Diesen Restbetrag kann er in den Folgemonat übertragen (§ 850k Abs. 1 S. 3 ZPO). Verfügt S. auch nicht im Folgemonat nach der Pfändung über diesen Restbetrag, muss die Bank diesen an den Gläubiger abführen.

     

    3. Auszahlungssperre

    Bis zur Einführung des § 835 Abs. 4 ZPO mit Wirkung zum 16.4.11 (BGBl. I S. 615; vgl. VE 11, 58) konnten Beträge, die zum Ende eines Monats auf dem Konto eingingen, aber für den Folgemonat bestimmt waren, insbesondere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II), von der Pfändung erfasst werden, wenn der Schuldner zuvor schon in Höhe des Freibetrags über sein Guthaben verfügt hatte. Sie standen dann im Folgemonat für den Lebensunterhalt nicht mehr zur Verfügung.

     

    Zur Lösung dieses sog. „Monatsanfangsproblems“ (vgl. VE 11, 58) bestimmte der Gesetzgeber, dass bei der Pfändung künftiger Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto eingehende Zahlungen erst nach Ablauf des Folgemonats an den Gläubiger ausgekehrt werden dürfen.

     

    § 835 Abs. 4 ZPO regelt daher eine Auszahlungssperre bei künftigen Guthaben auf einem P-Konto. Nach § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO gehört das so gesperrte Guthaben zu dem Guthaben nach § 850k Abs. 1 S. 1 ZPO, über das der Schuldner in Höhe seines Freibetrags verfügen darf. Insofern kann Guthaben, das aufgrund von § 835 Abs. 4 ZPO erst nach Ablauf des auf den Zahlungseingang folgenden Monats an den Gläubiger geleistet werden darf, unter den Voraussetzungen des § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO in den hierauf folgenden Monat, somit in den übernächsten Monat nach dem Zahlungseingang, übertragen werden und erhöht in diesem Monat den Pfändungsfreibetrag.

     

    Wichtig | Die Zurechnung von Einkünften des Vormonats zu dem Guthaben, aus dem im Folgemonat in Höhe des Freibetrags verfügt werden kann, ist somit vom Ansparguthaben zu unterscheiden. Sie verändert gerade nicht den Freibetrag, über den der Schuldner in einem Monat verfügen kann, und ermöglicht deshalb kein Ansparen von Guthaben über diesen Freibetrag hinaus. Sie stellt nur sicher, dass dem Schuldner aus einer überpünktlichen Zahlung, insbesondere von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, keine Nachteile erwachsen.

     

    Die Anwendung des § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO auf gesperrtes Guthaben nach § 835 Abs. 4, § 850k Abs. 1 Satz 2 ZPO führt daher nicht zur zweimaligen Anwendung einer vom Gesetzgeber nur einmalig vorgesehenen Übertragungsmöglichkeit.

     

    Die Auszahlungssperre nach § 835 Abs. 4 ZPO bis zum Ablauf des Folgemonats bezweckt hingegen zusammen mit § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO, dass Zahlungseingänge dem Schuldner in dem Zeitraum tatsächlich zur Verfügung stehen, für den sie bestimmt sind. Der Schuldner soll also nicht dadurch schlechter stehen, dass ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erst in dem Monat, für den die Leistungen gedacht sind, sondern bereits im Vormonat überwiesen werden. Er kann deshalb noch im Monat nach dem Leistungsempfang über das dadurch gebildete Guthaben im Rahmen seines Freibetrags verfügen (BT-Drucksache 17/4776, S. 8 f.).

     

    Soll daher ein Guthaben, das aus Gutschriften im Vormonat herrührt, einem Guthaben aus Gutschriften im laufenden Monat gleichstehen, weil der Schuldner aus der Auszahlung im Vormonat keinen Nachteil erleiden soll, darf auch bezüglich der Möglichkeit, Guthaben pfändungsfrei in den nachfolgenden Monat zu übertragen, kein Unterschied bestehen. Verweigerte man dem Schuldner, der seine Einkünfte bereits im Vormonat erhält, die Möglichkeit, Guthaben nach Maßgabe des § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO anzusparen, wäre er gegenüber dem Schuldner, der die Leistung in dem Monat erhält, für den sie bestimmt ist, in einer Weise benachteiligt, für die kein rechtfertigender Grund erkennbar ist.

     

    • Beispiel

    Die Sozialleistungen des Schuldners S. in Höhe von 1.000 EUR werden Ende Februar dem P-Konto gutgeschrieben. Im März verfügt S. hierüber in Höhe eines Betrags von 900 EUR.

     

    Lösung: S. hat einen Grundfreibetrag von derzeit 1.045,04 EUR. Der nicht ausgeschöpfte Restbetrag von 100 EUR ist als Guthaben grundsätzlich für den Gläubiger pfändbar. Allerdings bestimmt § 835 Abs. 4 ZPO, dass dieses Guthaben erst nach dem Ablauf des übernächsten Monats nach Zahlungseingang (April) an den Gläubiger ausgezahlt werden darf. Für den Monat April erhöht sich nun der Grundfreibetrag einmalig auf 1.145,04 EUR.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Monatsanfangsproblem: Lösung durch Änderung des Auszahlungsschutzes in Sicht?, VE 11, 58
    • Gesetzliche Lösung zum Monatsanfangsproblem gilt auch für Altfälle, VE 11, 168
    • P-Konto: Nachträglich gezahltes Übergangs- und Krankengeld ist pfändbar, VE 14, 166
    Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 46 | ID 43181961