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  • · Fachbeitrag · Corona-Soforthilfe

    P-Konto: Corona-Soforthilfe pfändbar, wenn Schuldner Zweckgebundenheit nicht glaubhaft macht

    | In VE 20, 81 , haben wir über die Pfändbarkeit der auf einem P-Konto des Schuldners gutgeschriebenen Corona-Soforthilfe berichtet. Das AG Koblenz hat jetzt in zwei Beschlüssen eine Pfändbarkeit bejaht. |

     

    Sachverhalt

    Die Schuldner sind im Besitz eines P-Kontos bei der Drittschuldnerin. Dem jeweiligen Konto bei der Drittschuldnerin wurde ein Betrag von 2.200 EUR bzw. 5.000 EUR die Corona-Soforthilfe gutgeschrieben.

     

    Die Schuldner beantragten die „Freigabe des P-Kontos“. Zur Begründung gaben sie an, von der Soforthilfe „Mieten, Strom usw. zahlen“. Durch Zwischenverfügungen hat das Gericht die Schuldner aufgefordert, anzugeben, welche Schulden, die aufgrund der Corona-Krise entstanden sind, gezahlt werden sollen. Entsprechende Unterlagen hat es dabei vom jeweiligen Schuldner angefordert. In beiden Fällen haben die Schuldner hierauf nicht reagiert.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Vollstreckungsgericht legte den jeweiligen Antrag auf Freigabe als solchen nach § 765a ZPO aus und wies in beiden Fällen den Antrag als unbegründet zurück, weil die Schuldner nicht dargelegt hatten, dass sie die strengen Voraussetzungen der Regelung erfüllt hatten (AG Koblenz 27.5.20, 22 M 721/19, Abruf-Nr. 216415 und 3.6.20, 22 M 2863/19, Abruf-Nr. 216416).

     

    Der Anspruch auf Gewährung der Corona-Soforthilfe sei zwar ein nach § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbarer Anspruch. Hierzu hat der BGH u. a. die Fälle der Zweckbindung als Pfändungshindernis anerkannt, die einen Gläubigerzugriff gemäß § 851 Abs. 1 ZPO ausschließen, soweit er mit dem zum Rechtsinhalt gehörenden Anspruchszweck unvereinbar wäre (BGH 5.11.04, IXa ZB 17/04, Abruf-Nr. 043331).

     

    Die Zweckbindung muss sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ableiten, wie dies z. B. bei den Vorschriften zur Gewährung öffentlicher Beihilfen regelmäßig der Fall ist. Sie kann sich auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses und bei öffentlich-rechtlichen Leistungen ferner aus den einschlägigen normersetzenden oder norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften ergeben (BGH 29.10.69, I ZR 72/67).

     

    Bei dem jeweiligen Gläubiger handelte es sich auch nicht um einen sog. Anlassgläubiger, der von der Zweckgebundenheit der Corona-Soforthilfe geschützt wäre. Denn die Soforthilfe ist für die Deckung der laufenden Betriebskosten des Unternehmens einzusetzen. So könnte der Anspruch auf Corona-Soforthilfe etwa zugunsten von aktuellen Vermietern, Leasinggebern oder Lieferanten des Schuldners gepfändet werden. Altgläubiger aus der Zeit vor der Corona-Pandemie ‒ so wie im vorliegenden Fall der Gläubiger ‒ können hingegen grundsätzlich nicht auf die Corona-Soforthilfe im Wege der Forderungspfändung zugreifen.

     

    Das Vollstreckungsgericht sah aber vorliegend eine Pfändbarkeit als dennoch gegeben an. Das Gericht hatte mittels Zwischenverfügungen bei den Schuldnern Unterlagen angefordert, um überprüfen zu können, ob die Hilfen durch die Schuldner tatsächlich im Rahmen der dargestellten Zweckbindung eingesetzt werden. Denn die Corona-Soforthilfe ist zweckgebunden. Sie dient der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Begünstigten und der Überbrückung von dessen aktuellen Liquiditätsengpässen infolge der Corona-Pandemie. Dies hatten die Schuldner nicht glaubhaft gemacht.

     

    Insbesondere in einem der beiden Fälle drängte sich beim Vollstreckungsgericht die Vermutung auf, dass der Schuldner die gewährte Hilfe zweckentfremdet eingesetzt hatte. Hierfür sprach vor allem die Tatsache, dass gegen den Schuldner bereits seit dem 2012 Pfändungen vorliegen. Hieraus folgt, dass seine Liquiditätsengpässe gerade nicht infolge der Corona-Pandemie entstanden sind.

     

    Relevanz für die Praxis

    Im Rahmen eines Antrags nach § 765a ZPO auf Freigabe der einem P-Konto gutgeschriebenen Corona-Soforthilfe müssen Gläubiger unbedingt auf Folgendes achten: Schuldner müssen konkret darlegen, dass die Pfändung unzumutbar und sittenwidrig ist. Zudem sind die (angeblichen) anfallenden betrieblichen Kosten glaubhaft zu machen und dass die Soforthilfe benötigt wird, um den Fortbestand des schuldnerischen Betriebs zu schützen.

     

    Insofern müssen Schuldner folgende Unterlagen bei Antragstellung vorlegen:

     

    Checkliste / Diese Unterlagen muss der Schuldner beibringen

    • Bescheid über die Gewährung der Corona-Soforthilfe,
    • Nachweis, dass es sich beim gepfändeten Konto um ein P-Konto handelt (Bankbescheinigung),
    • Nachweis der Höhe des Freibetrags durch Bankbescheinigung,
    • Nachweis der Gutschrift der Corona-Soforthilfe auf dem P-Konto durch Vorlage von Kontoauszügen,
    • Kontoauszüge der letzten drei Monate,
    • Aufstellung und Nachweise hinsichtlich der laufenden Betriebskosten,
    • Aufstellung und Nachweise hinsichtlich offener Eingangsrechnungen.
     

    Weiterführende Hinweise

    • Trauriger Anlass, aber: Pfänden Sie jetzt Kurzarbeitergeld, VE 20, 73
    • So pfänden Sie Hilfen für Solo-Selbstständige und Einzelunternehmer, VE 20, 81
    • Räumungsschutz in Corona-Zeiten verlängert, VE 20, 93
    • Welche Zahlungen als Anerkennung für Beschäftigte in der Corona-Krise sind pfändbar?, VE 20, 98
    Quelle: Ausgabe 08 / 2020 | Seite 135 | ID 46650957