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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungskosten

    Vergütung für Auswertung eines Vermögensverzeichnisses

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob Rechtsanwälte bzw. Inkassodienstleister für die Auswertung eines vom Schuldner im Rahmen der Vermögensauskunft abgegebenen Vermögensverzeichnisses, wonach sich kein zugriffsfähiges Vermögen ergibt, dennoch eine besondere Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG beanspruchen können. |

    1. Grundsätzliches vom AG Bremen

    Das AG Bremen hat hierzu in seinem Beschluss vom 29.5.19 (247 M 472059/18, Abruf-Nr. 230854) entschieden: Es ist für die Annahme des Beginns einer Vollstreckungsmaßnahme nicht erforderlich, dass bereits eine Tätigkeit mit Außenwirkung vorgenommen wurde. Vielmehr genügt hierzu die einem konkreten Auftrag entsprechende Durchführung einer internen Prüfung, ob die Voraussetzungen einer bestimmten Zwangsvollstreckungsmaßnahme vorliegen, auch wenn die Prüfung nur einen geringen Arbeitsaufwand erfordert.

    2. Entstehen der Gebühr: Konkreter Auftrag ist entscheidend

    Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG ist eine besondere Angelegenheit jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers. Ob eine Vollstreckungsmaßnahme dieselbe oder aber eine andere, besondere Angelegenheit begründet, richtet sich vor diesem Hintergrund konkret danach, ob die zu beurteilende Vollstreckungsmaßnahme mit einer anderen Vollstreckungsmaßnahme in einem inneren Zusammenhang steht. Dabei stehen nur die Einzelmaßnahmen in einem inneren Zusammenhang, die die einmal eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Befriedigung fortsetzen (BGH NJW 19, 3018).

     

    Beachten Sie | Entscheidend ist daher für das Entstehen der Gebühr der durch den Gläubiger erteilte Auftrag.

     

    Gerade bei Inkassounternehmen regeln vielfach deren Inkassobedingungen, dass diese ermächtigt werden, die Wahl potenziell zur Verfügung stehender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Dies bedeutet, dass die auftragsgemäße Prüfung der Voraussetzungen weiterer Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die unter keiner der in § 19 RVG geregelten Fälle zu subsumieren ist, nicht mehr im inneren Zusammenhang mit dem Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft steht.

     

    Beachten Sie | Das Verfahren zur Vermögensauskunft ist nämlich mit der Erteilung bzw. Verweigerung der Auskunft durch den Schuldner beendet (vgl. BGH VE 19, 26).

     

    Die nur auf die Verwertung der erlangten Informationen gerichtete Prüfung dient somit einem anderen Verfahrensziel, als die ursprüngliche Vollstreckungsmaßnahme, die bereits durch Erteilung der Auskunft erledigt ist.

     

    MERKE | Der Auftrag, ‒ nur ‒ die Auswertung des Vermögensverzeichnisses vorzunehmen, stellt somit neben dem nach § 18 Abs. 1 Nr. 16 RVG zu beurteilenden Verfahren zur Abnahme einer Vermögensauskunft eine nach Nr. 3309 VV RVG separat zu vergütende besondere Angelegenheit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG dar.

     

    Hierbei gilt es zu beachten, dass sich die Gebühr nach dem Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich Nebenforderungen berechnet (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 RVG) und nicht wie bei der Abgabe der Vermögensauskunft auf maximal 2.000 EUR gedeckelt ist (vgl. § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG).

     

    Beachten Sie | Die Gebühr fällt nicht an, wenn aufgrund der Auswertung des Vermögensverzeichnis sich daraus zugriffsfähige Vermögenswerte ergeben und anschließend in diese vollstreckt wird. In diesem Fall steht die Auswertung in einem inneren Zusammenhang mit der sich anschließenden Vollstreckungsmaßnahme

     

    3. Erstattungsfähigkeit durch den Schuldner

    Die Kosten für die Auswertung des Vermögensverzeichnisses sind Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig waren (§ 91 ZPO). Sie fallen daher dem Schuldner zur Last.

     

    Beachten Sie | Sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben oder können gesondert durch Beschluss festgesetzt werden (§ 788 ZPO).

     

    Eine Notwendigkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn die Auswertung der Auskunft über die bloße Kenntnisnahme ihres Inhalts hinausgeht und die auf die Verwertung der erlangten Informationen gerichtete Prüfung zudem einem anderen Verfahrensziel als die ursprüngliche Vollstreckungsmaßnahme (Abnahme der Vermögensauskunft) dient.

     

    MERKE | In der Praxis wird es regelmäßig so sein, dass nach dem Aktenstand meist nicht sofort ersichtlich ist, dass das Nichtbestehen erfolgversprechender Vollstreckungsmöglichkeiten gegen einen Schuldner auch ohne gesonderte Prüfung „auf den ersten Blick“ ersichtlich ist und es daher ‒ jedenfalls aus Gründen der Schadensminderungspflicht ‒ an der Erstattungsfähigkeit der Kosten fehlt.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2022 | Seite 184 | ID 48534000