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  • · Fachbeitrag · Persönlichkeitsrechte

    Löschen von Videos im Internet: So gestalten Sie den Titel vollstreckungsfähig

    | Mit einem Titel können Sie für Ihren Mandanten erwirken, dass im Internet kursierende Videos von ihm gelöscht werden, etwa wenn Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Hierzu müssen Sie die betreffenden Videos genau bezeichnen, z. B. durch Abbildungen. Eine aktuelle Entscheidung des LG Frankfurt zeigt, dass das Problem noch einmal größer ist, wenn vom Gläubiger berufsbedingt zahlreiche Videos im Netz existieren. |

     

    Sachverhalt

    Der Schuldner hatte Bilder und Videos bearbeitet, in denen die Gläubigerin als Comicfigur dargestellt wurde und postete diese auf vier Plattformen im Internet. Der Gläubigervertreter hatte daher ein Versäumnisurteil erwirkt, dass die Videos entfernt werden. Darin war tenoriert, dass die vom Schuldner „bei YouTube, Facebook, TubeID und MetaVideos eingestellten Videos, in denen ... vorkommt, zu löschen“ waren.

     

    Die Gläubigerin gab im Folgenden an, dass weiterhin Videos des Schuldners auf YouTube-Kanälen platziert waren, in denen sie vorkam, und begründete damit einen Antrag beim AG, ein Ordnungsmittel zu verhängen (Höhe: 1.200 EUR). Dem entsprach das Gericht. Gegen den Beschluss erhob der Schuldner erfolgreich Beschwerde, das LG Frankfurt hob den Beschluss auf (13.11.18, 2-03 T 6/18, Abruf-Nr. 206262).

     

    Entscheidungsgründe

    Es sei nicht hinreichend ersichtlich, dass der Schuldner gegen seine Pflicht verstoßen habe, die auf den o. g. Plattformen eingestellten Videos mit der Gläubigerin zu löschen. Der Tenor im Versäumnisurteil sei hierfür nicht hinreichend bestimmt und damit nicht vollstreckungsfähig gewesen.

     

    Das Vollstreckungsgericht muss den Titel vor Vollstreckung auslegen, um zu ermitteln, welche Verhaltensweisen dieser erfasst. Die Frage, was genau unter den Titel fällt, muss für die Parteien und das Vollstreckungsgericht so klar beantwortet werden, dass später kein neues Erkenntnisverfahren im Gewande des Vollstreckungsverfahrens stattfinden muss (BGH NJW 80, 700, 701).

     

    Das LG verwies insoweit auf ähnliche Rechtsprechung (Konzertaufnahmen durch konkrete Bezugnahme auf Anlagen: OLG München 23.1.14, 6 U 3515/12; Löschung „aller im Besitz ... befindlichen“ Fotos: OLG Koblenz 20.5.14, 3 U 1288/13; „Bildnisse ... aus ihrem privaten Alltag“: KG 28.7.06, 9 U 191/05). Die Gläubigerin hatte die zu löschenden Videos nicht genauer bezeichnet.

     

     

    Relevanz für die Praxis

    Dass Vollstreckungstitel zu unbestimmt sind, gehört zu den ärgerlichsten (und leider häufigen) Fehlern im Erkenntnisverfahren, die die gesamte Vollstreckung scheitern lassen können.

     

    Zu den „Klassikern“ darunter gehört, den Text für einen Zeugnisanspruch nicht Wort für Wort im Vollstreckungstitel zu tenorieren (VE 18, 62). Die Vollstreckung kann aber nur erfolgen, wenn hinreichend klar ist, welche konkrete Leistung vom Schuldner gefordert wird (BAG 14.2.17, 9 AZB 49/16).

     

    Dasselbe gilt, wenn ein Schuldner konkret etwas mit Audio- oder Filmmaterial unternehmen soll. Bereits das OLG Frankfurt hatte in diesem Jahr ähnlich entschieden (25.6.18, 6 W 9/18).

     

    PRAXISTIPP | Hier war der Fall noch einmal besonders gelagert, als dass die Gläubigerin berufsbedingt stärker in der Öffentlichkeit stand als andere Personen. Daher konnte es auch rechtmäßig veröffentlichte Videos geben, „in denen die Antragstellerin vorkommt“. Existiert also ohnehin zahlreiches Video- und Bildmaterial, muss der tenorierte Inhalt des Vollstreckungstitels zu löschendes Material genau bezeichnen, um es von möglicherweise auch von zulässigen Videos, die im Internet vom Gläubiger abrufbar sind, abzugrenzen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Anspruch B: Forderung muss bestimmt sein, VE 18, 33
    • Schuldner muss sich an vorformulierten Zeugnistext halten, VE 18, 62
    • „Zimmerlautstärke“ nicht zu vollstrecken, Abruf-Nr. 34374220
    Quelle: Ausgabe 02 / 2019 | Seite 32 | ID 45626197