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  • Prozesskostenhilfe

    PKH im Verfahren der Zwangsvollstreckung

    von VRiLG Uwe Gottwald, Koblenz

    Bereits in „Vollstreckung effektiv“ 4/02, Seite 48, wurde über die Bewilligung von PKH im Zwangsvollstreckungsverfahren berichtet. Gerade für Kläger, die schon im Erkenntnisverfahren – meist unter Beiordnung eines Rechtsanwalts – PKH bewilligt bekommen haben, stellt sich die Frage, ob sie diese auch für die Vollstreckung erhalten. Darüber hinaus ist für sie von Bedeutung, ob ihnen dort ein Anwalt beigeordnet wird, der die „Klippen“ der Zwangsvollstreckung kennt, oder ob sie diese selbst betreiben müssen. Schließlich ist es auch für den Rechtsanwalt von Interesse, ob sein Mandant aus dem Erkenntnisverfahren für das Zwangsvollstreckungsverfahren unter seiner Beiordnung ebenfalls PKH bewilligt bekommt. Der folgende Beitrag fasst den Diskussionsstand zusammen und gibt Tipps, wie die Bewilligung unter Beiordnung eines Rechtsanwalts erlangt werden kann.

    Örtliche und funktionelle Zuständigkeit müssen beachtet werden

    Die Bewilligung von PKH setzt neben einem entsprechenden Antrag voraus, dass die örtliche Zuständigkeit des zuständigen Gerichts beachtet werden muss (§ 117 Abs. 1 S. 3 ZPO). Je nach der beabsichtigten Vollstreckungsmaßnahme ist dies:

    • das Vollstreckungsgericht für die ihm zugewiesenen Verfahren (§ 764 Abs. 1 ZPO), z.B. für die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte (§ 828 Abs. 1, 2 ZPO) und für die Mobiliarvollstreckung einschließlich der Anträge auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, die in seinem Bezirk stattfinden soll (§ 764 Abs. 2 ZPO). Funktionell zuständig ist der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 5 RPflG);
    • das Grundbuchamt bzw. Schiffsregistergericht1 GBO; § 4 SchiffsRegO) für die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück bzw. eingetragenes Schiff durch Sicherungsbzw. Schiffshypothek (§ 866 Abs. 1, § 870a Abs. 1 ZPO). Funktionell zuständig ist der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1h RPflG);
    • das AG als Vollstreckungsgericht in dessen Bezirk das Grundstück liegt (§ 1 Abs. 1 ZVG) für das Verfahren der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung. Funktionell zuständig ist der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1i RPflG);
    • das Prozessgericht für die Zwangsvollstreckung von Handlungen und Unterlassungen (§§ 887, 888, 890 ZPO). Funktionell zuständig ist der Richter.

    Erfolgsaussicht ist nur bedingt zu prüfen

    Die „hinreichende Aussicht auf Erfolg“ (§ 114 ZPO) ist im Verfahren der Zwangsvollstreckung – anders als im Erkenntnisverfahren – differenziert zu betrachten. Zunächst kann sie keine Rolle spielen, da sich ein Erfolg der Vollstreckung kaum prognostizieren lässt. So sind sich Rechtsprechung und Literatur darin einig, dass dieses Kriterium an sich ungeeignet ist (Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 119 Rn. 9; Behr/Hantke, RPfleger 81, 266).

    Dies lässt sich aber nicht verallgemeinern. Ist z.B. bekannt, dass bezüglich eines Schuldners in jüngster Zeit mehrere Zwangsvollstreckungsversuche erfolglos waren, bietet die Zwangsvollstreckung in der Regel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Sie erscheint jedenfalls mutwillig, wenn keine Veränderungen bezüglich der Vermögensverhältnisse des Schuldners dargelegt werden können. Der Gläubiger muss daher schlüssig darlegen und glaubhaft machen, dass der Schuldner zwischenzeitlich pfändbares Vermögen erlangt hat und deshalb die beabsichtigte Maßnahme hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

    Als Orientierungsmaßstab kann insoweit auf die Voraussetzungen der wiederholten eidesstattlichen Versicherung nach § 903 ZPO und die diesbezügliche Rechtsprechung verwiesen werden (Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 903 Rn. 7).

    Was bewirkt die PKH-Bewilligung?

    Grundsätzlich muss der Schuldner die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung einschließlich derjenigen der Ausfertigung und Zustellung des Titels tragen. Die Bewilligung von PKH hindert den Gläubiger nicht daran, die Kosten der Zwangsvollstreckung beim Schuldner nach § 788 ZPO zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Einer rechtskräftigen Kostenentscheidung bedarf es nicht, weil § 788 ZPO die Grundlage hierfür bildet (Gottwald, Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 788 Rn. 9).

    Grundsatz: PKH-Bewilligung für jeden Vollstreckungsabschnitt gesondert

    Grundsätzlich scheidet eine pauschale Bewilligung für die (gesamte) Zwangsvollstreckung aus. Für jeden Vollstreckungsabschnitt ist daher PKH gesondert zu bewilligen, da die Zuständigkeit für die Bewilligung von PKH der Zuständigkeit für die beabsichtigte Vollstreckungsmaßnahme folgt und für die einzelnen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung unterschiedliche Zuständigkeiten gegeben sind (s.o., S. 168).

    Außerdem ist die Erfolgsaussicht jeder einzelnen Vollstreckungsmaßnahme zu prüfen: Hierunter fallen alle Maßnahmen, die zur Durchführung des konkreten Vollstreckungszugriffs erforderlich werden, wie etwa bei der Sachpfändung die Pfändung und Verwertung des Gegenstands einschließlich aller vorbereitenden sowie begleitenden Maßnahmen.

    Ausnahme: In gesetzlich geregelten Fällen Pauschalbewilligung möglich

    Eine Ausnahme sieht das Gesetz bei der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen vor. Hier ist einePauschalbewilligung möglich (§ 119 Abs. 2 ZPO) und zwar

    • Ist die Kündigung der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen, richtet sachlich beschränkt auf die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen (§§ 803 bis 863 ZPO) und
    • örtlich beschränkt auf das AG, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll (= Vollstreckungsgericht).

    Die Pauschalbewilligung (§ 119 Abs. 2 ZPO) erfasst daher:

    • die Vollstreckung in körperliche Sachen durch den Gerichtsvollzieher (§§ 808 ff. ZPO), in Forderungen und andere Rechte durch das Vollstreckungsgericht (§§ 828 ff. ZPO) sowie
    • das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (§§ 899 ff. ZPO).

    Die Pauschalbewilligung kann isoliert oder im Zusammenhang mit dem Gesuch um Erlass einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme bei dem zuständigen Vollstreckungsgericht beantragt werden. Für die Entscheidung über den Antrag ist funktionell der Rechtspfleger zuständig (§ 20 Nr. 17 RPflG). In dem stattgebenden Beschluss ist auf den beschränkten Umfang der Bewilligung nach Maßgabe des § 119 Abs. 2 ZPO hinzuweisen.

    Wechselt der Schuldner jedoch seinen Wohnsitz in den Bezirk eines anderen AG, erstreckt sich die Bewilligung nicht auf Vollstreckungshandlungen im Bezirk des nun zuständigen Vollstreckungsgerichts. Vielmehr ist ein neuer Antrag auf Pauschalbewilligung für die Zwangsvollstreckung erforderlich.

    Auch dem Schuldner kann ausnahmsweise PKH bewilligt werden

    Auch dem Schuldner kann ausnahmsweise im Vollstreckungsverfahren PKH bewilligt werden, z.B. für Einstellungsanträge nach den § 765a ZPO, §§ 30a, 180 Abs. 2 ZVG oder im Hinblick auf die Einlegung von Rechtsbehelfen, wie Erinnerung (§ 766 ZPO) oder sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO). Des weiteren ist dies für Anträge nach § 813b Abs. 1, § 825 Abs. 1, § 850f Abs. 1, § 850g S. 1, § 850i Abs. 1 und § 850k Abs. 1, 2 ZPO möglich. In all diesen Fällen ist – neben den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners – vom Gericht zu prüfen, ob der Antrag oder Rechtsbehelf des Schuldners hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig ist. Achtung: Eine Pauschalbewilligung (s.o., S. 169) zu Gunsten des Schuldners scheidet völlig aus.

    Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Vollstreckung ist immer noch umstritten

    Obwohl einige Gerichte sich bereits der Argumentation des LG Koblenz (VE 4/02, 48; siehe auch S. 171) angeschlossen haben, bleibt umstritten, unter welchen Voraussetzungen den Beteiligten bei Bewilligung von PKH ein Rechtsanwalt beizuordnen ist.

    Nach § 121 Abs. 2 S. 1 ZPO wird einer Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn eine Vertretung durch Rechtsanwälte zwar nicht vorgeschrieben ist, dies aber erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten wird (Grundsatz der „Waffengleichheit“). Ist der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten, treten auch im Zwangsvollstreckungsverfahren keine Probleme bei der Beiordnung auf.

    Ist dies nicht der Fall, muss stets die Erforderlichkeit einer Beiordnung geprüft werden. Hierbei spielen sowohl objektive als auch subjektive Merkmale eine Rolle. Abzustellen ist auf den Einzelfall. Gefordert wird im Allgemeinen das Bestehen eines sachlichen und persönlichen Bedürfnisses nach anwaltlicher Unterstützung (OLG Zweibrücken FamRZ 86, 287). Maßgebend sind hierbei Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache (KG FamRZ 95, 629) sowie die Fähigkeit des Antragstellers, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (OLG München FamRZ 99, 792; 1355). In der Rechtsprechung hat sich eine umfangreiche Kasuistik herausgebildet.

    Argumente für eine Beiordnung bereits im PKH-Antrag vortragen

    Auf Grund der uneinheitlichen Rechtsprechung ist es daher für Gläubiger wichtig, direkt im Antrag durchschlagende Argumente vorzutragen, die für eine Beiordnung sprechen.


    Quelle: Vollstreckung effektiv - Ausgabe 12/2002, Seite 168

    Quelle: Ausgabe 12 / 2002 | Seite 168 | ID 107595