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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungspraxis

    Gläubiger können PfÜB-Formulare selbst gestalten

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Integrieren Gläubiger die amtlichen PfÜB-Formulare in ihre Software und stimmen diese nicht mit dem amtlichen Formular bzw. vorgefertigten Formulierungen überein, kann es zu Problemen kommen. Endlich hat ein Gericht hierzu auch einmal gläubigerfreundlich entschieden. |

    1. Der Fall des LG Koblenz (6.9.13, 2 T 446/13, n.v.)

    Die Gläubigerin beantragte mittels des vorgeschriebenen amtlichen Formulars nach §§ 1, 2, 3 ZVFV den Erlass eines PfÜB, wodurch u.a. Forderungen aus dem dort aufgeführten Anspruch A (an Arbeitgeber) gepfändet werden sollten. Auf Seite 4 des Formulars wurden zusätzlich zu dem im amtlichen Formular aufgeführten zwei Ansprüchen weitere drei pfändbare Ansprüche formularmäßig aufgeführt, und zwar:

     

    • 3. auf Aushändigung der nächsten Lohnabrechnung.
    • 4. auf Provisionen, Fixum, Garantiesummen bei selbstständigen und freien Handels-/Versicherungsvertretern, auch Ausgleichansprüche nach § 89b HGB und
    • 5. Vergütungen aus selbstständigen Auftragsverhältnissen aus Dienstleistungs-, Werk- und Werklieferungsverträgen

     

    Zusätzlich wurden auf Seite 8 des Formulars ergänzend zu den im amtlichen Formular aufgeführten fünf Anordnungen zwei weitere Anordnungen aufgeführt und zwar dass:

     

    • der Schuldner ab Pfändung sämtliche Kontoauszüge an die Gläubigerin herauszugeben hat (BGH 9.12.12, VII ZB 49/10),

     

    • der Schuldner gemäß § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO verpflichtet ist, die bei ihm vorhandenen Nachweise, die gemäß § 850k Abs. 2, Abs. 5 S. 2 ZPO zur Erhöhung der Pfändungsfreibeträge führen können, an die Gläubiger herauszugeben. Dem Schuldner wird nachgelassen die Übergabe durch Herausgabe von Kopien zu erfüllen (BGH VII ZB 59/10).

     

    Das AG wies den Antrag als unzulässig zurück. Begründung: Da die Gläubigerin acht eigene Eintragungen vorgenommen habe, die den Eindruck erweckten, dass sie Bestandteil des amtlichen Formulars seien, habe sie die Struktur des Formulars wesentlich verändert. Das LG als Beschwerdegericht erteilte der Argumentation des AG eine Abfuhr und hob den Beschluss auf.

    2. Grundsatz: Änderungen sind nicht zu akzeptieren

    Zielrichtung der einheitlich eingeführten PfÜB-Formulare ist es, Vereinfachungen bei der Justizverwaltung zu erwirken und damit gegebenenfalls Einsparungen zu erzielen (BR-Drucksache 326/12, 1,2). Dieses Ziel ist gefährdet, wenn Gläubiger die Formulare beliebig ändern könnten. Insofern sind Änderungen des Formulars durch den Gläubiger nicht zu akzeptieren.

    3. Fallspezifische Änderungen sind möglich

    Hier war zu berücksichtigen, dass das Formular im Bereich der Angabe 
„Anspruch A (an Arbeitgeber)“ auf Seite 4 des Formulars und „Es wird angeordnet, dass ...“ auf Seite 8 des Formulars nicht vollständig ist. Zu diesem Zweck ist vorgesehen, dass zusätzlich zu den zwei bzw. fünf aufgeführten 
ankreuzbaren Möglichkeiten der Ansprüche bzw. Anordnungen weitere Angaben gemacht werden können.

     

    Wichtig | Das BMJ vertritt hierzu die Auffassung, die Formulare berücksichtigten die am häufigsten vorkommenden Fallkonstellationen. Da es aber nicht möglich sei, in einem verbindlichen Formular sämtliche Fallkonstellationen, die in der Praxis vorkommen können, abzubilden, ohne den Umfang der Formulare in unvertretbarer Weise auszuweiten, gelte im Grundsatz, dass Gläubiger gerade im Kasten „Anspruch A (an Arbeitgeber)“ die Möglichkeit haben sollen, weitere Forderungen an den Arbeitgeber einzutragen. Gleiches gilt für die möglichen weiteren Anordnungen auf Seite 8 des Formulars. Ob dies mittels individuellen Einfügens im Formular durch EDV geschieht, oder ein Anwalt in seinem selbst veränderten Formular - ohne FÄnderung der Seitenzahl und der Grundstruktur des Formulars - weitere ankreuzbare Alternativen einfügt, ist unerheblich.

    4. Fazit

    Die Entscheidung ist gläubigerfreundlich. Ob sie allerdings richtig ist, darf 
bezweifelt werden. Das LG verwirft ausdrücklich die Auffassung des LG Mannheim (VE 13, 150), wonach ein Antrag auf Erlass eines PfÜB zwingend auf dem dafür vorgesehenen amtlichen Vordruck erfolgen muss. Wird dieser Antrag durch das Hinzufügen von Text abgeändert, ist er unzulässig. Vielmehr gilt, dass Veränderungen hinzunehmen sind, wenn zusätzliche Angaben dort erfolgen, wo sie das Formular ausdrücklich vorsieht (LG Kiel VE 13, 123).

     

    Auch wenn die Kammer fallspezifische Änderungen zulässt, widerspricht sie sich in ihrer Argumentation. Denn die Änderungen im Bereich der weiteren Anordnungen auf Seite 8 des Formulars betreffen nicht den vorliegenden Vollstreckungsfall, die Lohnpfändung, sondern vielmehr die Kontopfändung. Dennoch sollten Gläubiger im Bereich des LG Koblenz die Entscheidung dazu nutzen, die amtlichen Formulare in ihre Software einzubinden und in die vorhandenen Freifelder ständig vorkommende Pfändungstexte bzw. Anordnungen einfügen, auch wenn diese für den konkreten Vollstreckungsfall nicht erforderlich sind. Dies spart letztlich Zeit.

     

    Leserservice | Haben auch Sie zu dieser Problematik Erfahrungen gemacht oder Entscheidungen erstritten? Teilen Sie dies der Redaktion mit (ve@iww.de).Wir werden im Rahmen unserer Berichterstattung in einer der nächsten Ausgaben von „Vollstreckung effektivr“ hierauf zurückkommen.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 202 | ID 42343750