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  • · Nachricht · Grunderwerbsteuer

    Grundstückserwerb durch Veräußererseite

    | Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage), die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben. Der BFH hatte (erneut) darüber zu entscheiden, ob beim Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstücks die Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. In der Entscheidung ging es um die Konstellation, dass das Grundstück von einer zur Veräußererseite gehörenden Person mit bestimmendem Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung erworben wird. Entscheidend ist, ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs das unbebaute oder das bebaute Grundstück ist. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger ist Makler. Wegen des Baus von 6 Eigentumswohnungen stand er mit einer Kirchengemeinde in Kontakt. Die A-KG, die mit dem Kläger zusammenarbeitete, fertigte Planungsunterlagen für die Bebauung und stellte einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids. Der Kläger verteilte zwecks Vermarktung der Wohnungen ein Exposé mit den Emblemen seiner Immobilienfirma und der A-KG. Angeboten wurde der Erwerb einer Eigentumswohnung aus einer Hand. Mit der Kirchengemeinde war vereinbart, dass der Kläger eine der Wohnungen erwerben sollte. Dies geschah auch nach deren Fertigstellung. Das FA setzte gegen den Kläger Grunderwerbsteuer fest, die sich aus einem kapitalisierten Erbbauzins von 24.221 EUR (Jahreswert 1.303 EUR × Vervielfältiger 18,589) und dem Kaufpreis für die Wohnung von 165.000 EUR zusammensetzte. Die gegen die Einbeziehung der Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg.

     

    Entscheidung

    Beim Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstücks seien die Bauerrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen, wenn das Grundstück von einer zur Veräußererseite gehörenden Person mit bestimmendem Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung erworben wird. Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist in diesem Fall das unbebaute Grundstück.

     

    Ein einheitlicher Vertragsgegenstand liegt im Streitfall nach Auffassung des BFH nicht vor. Denn eine Person, die zur Veräußererseite gehört und bei der Bebauung mitwirkt, indem sie das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung maßgebend beeinflusst, sei grunderwerbsteuerrechtlich, so der BFH, nicht die Erwerberin eines unbebauten Grundstücks im Zustand der späteren Bebauung. Sie sei vielmehr als Bauherr anzusehen.

     

    Das gelte auch, wenn diese Person nicht selbst das Grundstück veräußere oder Bauleistungen erbringe. Wenn das Bauvorhaben und/oder die Vermarktung des bebauten Grundstücks dadurch gefördert werde, dass die Person die Leistungen des Grundstücksveräußerers und des Bauunternehmers zu einer einheitlichen Gesamtleistung ‒ dem Verkauf eines bebauten Grundstücks ‒ zusammenführe, sei keine andere Beurteilung geboten.

     

    Vorliegend habe der Kläger aufgrund der Absprachen mit der Kirchengemeinde und der A-KG zur Veräußererseite gehört. Sein Handeln sei auf die Errichtung und den Verkauf der Eigentumswohnungen gerichtet gewesen.

     

    Erläuterungen

    Voraussetzung für die Annahme eines einheitlichen Vertragsgegenstandes ist ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren zur Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands führenden Vereinbarungen. Ein solcher Zusammenhang liegt u. a. vor, wenn der Erwerber beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber der Veräußererseite in seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten werde. Für den Erwerb eines Grundstücks im bebauten Zustand ist dabei typisch, dass der Erwerber ‒ im Gegensatz zu einem Bauherrn ‒ in seinen Möglichkeiten, sowohl den Grundstücksverkäufer als auch den Bauunternehmer selbst zu bestimmen, eingeschränkt ist. Insoweit ist es nur konsequent, wenn der BFH bei einem Erwerb von einer zur Veräußererseite gehörenden Person mit bestimmendem Einfluss einen einheitlichen Vertragsgegenstand verneint.

     

    Aktuell offen im Zusammenhang mit der Problematik des einheitlichen Vertragswerk ist die Rechtsfrage, ob eine spätere Erhöhung der Baukosten so wesentlich sein kann, dass insgesamt ein einheitlicher Erwerbsgegenstand abzulehnen ist (offenes Revisionsverfahren beim BFH, II R 25/17).

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 45455253

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