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  • · Fachbeitrag · Erbrecht

    Eindeutige Testamentsformulierungen

    von RD a.D. Michael Marfels, Nordkirchen

    | Das Urteil des OLG Oldenburg vom 11.9.19, 3 U 24/18 zeigt, wie wichtig es bei der Abfassung von Testamenten ist, eindeutige Formulierungen zu finden. |

     

    Sachverhalt

    In dem entschiedenen Fall hatten sich die Eheleute in einem notariellen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Erben des Letztversterbenden sollten „unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen“ sein. Der Überlebende sollte allerdings auch die Erbfolge „unter den gemeinschaftlichen Abkömmlingen abändern“ können. Nach dem Tod ihres Ehemannes setzte die Ehefrau in einem zweiten Testament ihre eine Tochter und deren Sohn, also ihren Enkel, zu ihren Erben ein.

     

    Die andere Tochter hielt dieses zweite Testament für unwirksam, da ihre Eltern verfügt hätten, nur die „gemeinschaftlichen Abkömmlinge“ könnten als Erben eingesetzt werden. Dies seien aber nur die gemeinsamen Kinder. Eine Erbeinsetzung des Enkelsohns sei nicht möglich, sodass sie neben ihrer Schwester zur Hälfte Erbin sei entsprechend dem Testament ihrer Eltern.

     

    Entscheidung

    Das LG Osnabrück gab der klagenden Tochter recht, da die gemeinsamen Kinder der Eheleute Erben geworden seien, sodass die Einsetzung des Enkelsohns durch die Ehefrau nach dem gemeinsamen Testament nicht möglich gewesen sei. Dagegen wandten sich die von der Ehefrau eingesetzte Tochter und deren Sohn mit ihrer Berufung zum OLG. Das Testament der Ehefrau sei wirksam. Sie hätte auch den Enkel einsetzen dürfen.

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG gab der Berufung statt. Das Wort „Abkömmlinge“ sei nicht allein auf Kinder beschränkt. Zu den „Abkömmlingen“ gehören nach Auffassung des OLG auch Enkel und Urenkel. Dies ergebe sich bereits aus § 1924 Abs. 1 BGB. Hätten die Eheleute gewollt, dass nur die eigenen Kinder, nicht aber Enkel von dem überlebenden Ehegatten eingesetzt werden können, hätten die Eheleute auch den Begriff „Kinder“ gewählt. Es sei auch plausibel, dass die Eheleute alle ihre zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Abkömmlinge ‒ ob Kinder, Enkel oder Urenkel ‒ gleichbehandeln wollten. Denn häufig hätten die eigenen Kinder beim Versterben der Eltern bereits eine gefestigte Lebensstellung, während die Enkel und gegebenenfalls die Urenkel sich noch ihr eigenes Lebensumfeld schaffen müssten und eher finanzielle Unterstützung nötig hätten. Es sei auch nachvollziehbar, dass die Eheleute alle Abkömmlinge gleichbehandeln wollten und der Umfang des Erbes der einzelnen Enkelkinder nicht davon abhängen sollte, ob ihre Eltern noch lebten und wie viele Geschwister sie jeweils hätten.

     

    FAZIT | Wenn Ehegatten ein gemeinsames Testament verfassen, bedenken sie sich häufig zunächst einmal gegenseitig. Nach dem Tod des Letztversterbenden sollen dann häufig die Kinder erben, manchmal auch die Enkel ‒ oder eine ganz andere Person oder Einrichtung. Wenn man abweichend von der gesetzlichen Erbfolge ein Testament verfasst, sollte man es eindeutig fassen, damit im Erbfall keine Auslegungsprobleme bestehen, wie der vom OLG Oldenburg entschiedene Fall zeigt.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 46347698

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