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  • · Fachbeitrag · § 15 UStG und §§ 163, 227 AO

    Postfachangabe und Vertrauensschutz: Der EuGH wird‘s wohl richten!

    | Stein des Anstoßes sind die unionsrechtlichen Anforderungen an den Vorsteuerabzug. Der BFH sieht unterschiedliche Anforderungen an den Vorsteuerabzug als klärungsbedürftig an und hatte daher zwei deutsche Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH formuliert. Gleichzeitig wurde der EuGH vom BFH gebeten, sich zum Vertrauensschutz des Rechnungsempfängers zu positionieren. Die Schlussanträge des Generalanwalts liegen nunmehr vor. Sie lassen darauf hoffen, dass die bislang strengen deutschen Vorgaben erheblich gelockert werden müssen. |

     

    Sachverhalt 1 (Rs. C-374/16)

    Im ersten Sachverhalt erwarb der Steuerpflichtige, ein Kfz-Händler, Fahrzeuge von der X-GmbH. Unter der von der X-GmbH in den Rechnungen angegebenen Anschrift befand sich zwar deren satzungsmäßiger (statuarischer) Sitz. Es handelte sich hierbei jedoch um einen sogenannten „Briefkastensitz“, unter dem der Fahrzeugverkäufer lediglich postalisch erreichbar war. Geschäftliche Aktivitäten fanden dort nicht statt.

     

    Sachverhalt 2 (Rs. C-375-16)

    Im zweiten Sachverhalt erwarb ein Steuerpflichtiger, ebenfalls ein Kfz-Händler, mehrere Pkw vom Unternehmer Z, der seinerseits Fahrzeuge im Onlinehandel vertrieb. In den Rechnungen des Z war eine Anschrift angegeben, an der dieser zwar Räumlichkeiten angemietet hatte, die aber nicht geeignet waren, um dort geschäftliche Aktivitäten zu entfalten.

     

    Ausführlich zu beiden Vorabentscheidungsersuchen AStW 9/2016, 762, astw.iww.de, Abruf-Nr. 44162097.

     

    Entscheidung

    Nach Auffassung des Generalanwalts ist wie folgt zu entscheiden:

     

    Postfachangabe zulässig

    Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie steht nationalen ‒ hier: den deutschen ‒ Rechtsvorschriften entgegen, wonach das Recht auf Vorsteuerabzug davon abhängt, dass in der Rechnung die Adresse, an der der Aussteller seine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, angegeben ist.

     

    Einhaltung von Sorgfaltspflichten sind kein Tatbestandsmerkmal des Vorsteuerabzugs

    Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie steht nationalen Rechtsvorschriften entgegen, wonach dann, wenn die formellen Rechnungsanforderungen nicht erfüllt sind, der Vorsteuerabzug nur gewährt wird, wenn der Steuerpflichtige nachweist, alles getan zu haben, was von ihm in zumutbarer Weise verlangt werden kann, um sich von der Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überzeugen.

     

    Anforderungen an das Verwaltungsverfahren

    Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die nationalen Verfahrensbestimmungen, nach denen der Steuerpflichtige seinen guten Glauben an die Unversehrtheit der Rechnung geltend machen kann, mit dem Effektivitätsgebot, insbesondere unter Berücksichtigung von Länge, Komplexität und Kosten der betreffenden Verfahren vereinbar sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Sollte der EuGH wie vom Generalanwalt vorgeschlagen entscheiden, wäre hinsichtlich der Rechnungsangaben etc. wieder alles so wie vor der einschneidenden neuen BFH-Rechtsprechung. Die Diskussion um den Gutglaubensschutz würde aber neue Fahrt aufnehmen ‒ endlich!

     

    Bis zur Entscheidung sollte die Praxis wie an dieser Stelle bereits vorgeschlagen verfahren, d. h., vergleichbare Faktgestaltungen sollten nicht bestandskräftig/rechtskräftig werden (AStW 9/2016, 762).

     

    Fundstelle

    Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 665 | ID 44773157

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