· Nachricht · Körperschaftsteuer
Erwerb von Gesellschaftsanteilen im Rahmen einer Erbauseinandersetzung
| Die EU-Kommission hatte die sog. Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG als rechtswidrig gewährte staatliche Beihilfe beurteilt und Deutschland angewiesen, jegliche Beihilfe, die unter dieser Regelung seit dem Beginn der Anwendungsfrist gewährt wurde, zurückzufordern (EU-Kommission, Beschluss v. 26.11.11 - IP/11/65). Deutschland ist dem nachgekommen, hat jedoch gegen den Beschluss vor dem EuG (Gericht der Europäischen Union, welcher dem EuGH nachgeordnet ist) geklagt, sodass der EuG diese aus diesem Grunde abweisen musste (EuG 18.12.12, Rs. T-205/11; bestätigt durch EuGH 3.7.14, C-102/13 P). Die Klage war allerdings verfristet. Neben der Bundesrepublik Deutschland haben diverse Unternehmen Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Kommission erhoben. Das EuG entschied nun über die Klagen zweier Unternehmen, die fristgerecht Klage erhoben hatten. |
Sachverhalt und Entscheidung
Am 26.1.2011 erließ die Kommission den Beschluss 2011/527/EU über die staatliche Beihilfe Deutschlands C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“ (ABl. L 235, S. 26). Im angefochtenen Beschluss qualifizierte die Kommission die Sanierungsklausel als unzulässige staatliche Beihilfe. Nach der Entscheidung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, wies das deutsche Bundesfinanzministerium die Finanzverwaltung an, die Sanierungsklausel nicht mehr anzuwenden. Daraufhin wurde der gegenüber der Klägerin erlassene Steuerbescheid durch einen neuen Bescheid zur Körperschaftsteuer ersetzt, der die Sanierungsklausel nicht berücksichtigte.
Hiergegen wandte sich die Klägerin beim EuG. Das EuG behandelte die Klage als zulässig, bejahte insbesondere die Klagebefugnis.
Die Klage war allerdings nicht erfolgreich. Das EuG entschied, dass der Beschluss der Kommission rechtmäßig sei. Die Sanierungsklausel verstoße gegen das europäische Subventionsrecht, weil sie eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verlustuntergang bei Anteilsübertragungen enthalte. Die Sanierungsklausel stelle entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine allgemeine Maßnahme dar, die potenziell von allen Unternehmen in Anspruch genommen werden kann. Die Sanierungsklausel betreffe lediglich eine in einer bestimmten Situation befindliche Gruppe von Unternehmen, und zwar Unternehmen in Schwierigkeiten. Sie sei daher dem ersten Anschein nach selektiv.
Diese selektive Begünstigung lasse sich nicht aufgrund der Natur und des Aufbaus des Steuersystems rechtfertigen: Das Hauptziel der streitigen Maßnahme bestehe darin, die Sanierung von Unternehmen in Schwierigkeiten zu fördern. Dieses Ziel gehöre zu den Grund- oder Leitprinzipien des Steuersystems und liege deshalb nicht innerhalb, sondern außerhalb dieses Systems. Daher erübrige sich eine Prüfung, ob die streitige Maßnahme in angemessenem Verhältnis zum verfolgten Ziel stehe. Die Sanierungsklausel lässt sich nach Auffassung des EuG auch nicht mit dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit rechtfertigen. Sie gelte nur für Unternehmen in Schwierigkeiten. Unter diesen Umständen verlange das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht, dass ein Unternehmen in Schwierigkeiten in den Genuss des Verlustvortrags kommt, nicht aber ein gesundes Unternehmen, das Verluste erwirtschaftet hat und die übrigen in der Sanierungsklausel vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt.
Die Sanierungsklausel sei auch nicht durch die Unterschiede zwischen schädlichen Beteiligungserwerben und Beteiligungserwerben zu Sanierungszwecken auf der einen und objektiven Unterschieden zwischen den Steuerpflichtigen auf der anderen Seite gerechtfertigt. Es seien auch andere Unternehmen denkbar, die nicht die Voraussetzungen der Sanierungsklausel erfüllen, die auf wirtschaftliche Schwierigkeiten stoßen und nicht in der Lage sind, die Verwertung der Verluste zu steuern, ohne dass die Sanierungsklausel auf sie Anwendung fände.
Erläuterungen
Art. 107 Abs. 1 AEUV verbietet grundsätzlich Beihilfen, die „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ begünstigen. Damit sind selektive Beihilfen gemeint. Mit dieser Entscheidung des EuG wird die Auffassung der Kommission bestätigt, dass die Rückforderung bereits gezahlter Beihilfen rechtmäßig ist. Der Klägerin steht allerdings noch der Weg zum EuGH offen, um die Entscheidung des EuG überprüfen zu lassen. Bleibt die Kommissionsentscheidung bestehen, wäre die Sanierungsklausel endgültig als rechtswidrige Beihilfe anzusehen. In der Folge wären entsprechende Steuervorteile - ungeachtet etwaiger Bestandskraft von Steuerbescheiden - zurückzufordern. Unmittelbare Auswirkungen für die jetzige Fassung des § 8c KStG im Hinblick auf die Konzernklausel und die „stille-Reserven-Klausel“ lassen sich aus der Entscheidung nicht ableiten. Auch der sog. Sanierungserlass ist von der Entscheidung nicht unmittelbar betroffen.
Fundstelle
- EuG 4.2.16, T-287/11