31.07.2012
Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 27.03.2012 – 6 TaBV 101/11
1. Die Regelung einer Erfassung von Arbeitszeit, die über arbeitstäglich 10 Stunden hinaus geleistet wird, bei gleichzeitiger systembedingter Kappung dieser Stunden, ist vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG im Rahmen einer Gleitzeitvereinbarung mit umfasst. Die Arbeitnehmer werden durch die Stundenklappung nicht enteignet, wenn ihnen - wie hier - diese Regelung vor deren Inkrafttreten bekannt war.
2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Betriebspartner einem Teil der Beschäftigten (AT-Angestellten) die über 300 Stunden hinausgehenden Arbeitszeitkontingente zum Jahresende hin zu kappen. Die Differenzierung dieser Personengruppe ist gerechtfertigt, da diese weit freier in der Lage sind, aufgebaute Arbeitszeitguthaben rechtzeitig abzubauen. Auch hier tritt wegen der Kappung keine Enteignung ein.
3. Die ausgesprochene Teilkündigung der vorstehenden Regelungen durch den Betriebsrat beendet diese jedenfalls nicht ohne Nachwirkung.
Landesarbeitsgericht München
Im Namen des Volkes
BESCHLUSS
In dem Beschlussverfahren
mit den Beteiligten
1. A.
A-Straße, A-Stadt
- Antragsteller und Beteiligter zu 1 und Beschwerdeführer -
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B.
B-Straße, B-Stadt
2. Firma C.,
A-Straße 1, A-Stadt
- Beteiligte zu 2 und Beschwerdegegnerin -
Verfahrensbevollmächtigte:
Syndizi D. Geschäftsstelle B-Stadt - Oberbayern
D-Straße, B-Stadt
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 27. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Künzl und die ehrenamtlichen Richter Halbig und Hellmich-Gase
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 08.11.2011 - 25 BV 182/11- wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten auch im Beschwerdeverfahren über die Wirksamkeit einzelner Passagen einer Betriebsvereinbarung.
Der antragstellende Betriebsrat (nachfolgend: Betriebsrat) ist Betriebsrat des u.a. von der Beteiligten zu 2. (nachfolgend: Arbeitgeberin) geführten Gemeinschaftsbetriebes in AStadt.
Unter dem Datum 13. Mai 2009 schlossen die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit (Anlage ASt 1, Bl. 11 ff. d. A.; nachfolgend BV Arbeitszeit), auf welche Bezug genommen wird und die u.a. regelt:
"...
2. Gleitzeit
2.1 Alle Mitarbeiter können Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie die Inanspruchnahme von Gleitzeit (Gleitzeit und Gleitzeittage) innerhalb der in dieser Vereinbarung genannten Grenzen (vgl. 2.2.) selbst bestimmen.
...
2.3 Dem Arbeitszeitgesetz entsprechend darf im Rahmen der Gleitzeitregelung eine werktägliche Arbeitszeit von 10 Stunden grundsätzlich nicht überschritten werden.
2.4 Persönliches Gleitzeitkonto
2.4.1 Bei Über- oder Unterschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit pro Monat wird die Differenz auf die Folgemonate übertragen. Der Gleitzeitrahmen beträgt +/- 150 Stunden. Trifft der Vorgesetzte keine Anordnung nach 2.4,3 Satz 2, so werden für AT-Mitarbeiter auch Zeitguthaben über + 150 Stunden dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben, für tarifliche Mitarbeiter werden die über 150 Stunden hinausgehenden Stunden entspr. Ziff. 4 dem Freizeitkonto zugeführt. Verbleibt bei AT-Mitarbeitern am 31.12. ein positiver Saldo von mehr als 300 Stunden, so verfällt dieser. Wiedereinsetzen verfallener Gleitzeit ist ausgeschlossen. Der Betriebsrat wird über verfallene Gleitzeit informiert.
2.4.2 Für den Ausgleich des persönlichen Zeitkontos handelt jeder Mitarbeiter eigenverantwortlich; dies unterliegt aber auch der Kontrollpflicht der zuständigen Führungskraft. Mitarbeitern und Führungskräften stehen mindestens monatlich "Gleitzeitliste/Mitarbeiter" bzw. "Gleitzeitliste/Abteilung" zur Verfügung.
2.4.3 Bei einem Stand des Gleitzeitkontos zum Monatsende ab +/- 80 Stunden sollen Führungskraft und Mitarbeiter Maßnahmen vereinbaren, die die Einhaltung der Grenzen von +/- 150 Stunden sicherstellen, wobei Zeit nur durch Zeit ausgeglichen werden kann. Zur Sicherstellung der Gleitzeitgrenzen von +/- 150 Stunden kann die Führungskraft bei einem Gleitzeitstand von +/- 100 Stunden Arbeitszeit bei negativem Guthaben oder die Entgegennahme von Gleitzeit bei positivem Guthaben anordnen.
..."
Am 13. Sept. 2009 haben die Betriebspartner zu Ziff. 2.3 der BV Arbeitszeit eine Protokollnotiz vereinbart (Anlage ASt 2, Bl. 13 d. A.; nachfolgend: Protokollnotiz), die wie folgt lautet:
"Die tägliche Arbeitszeit darf gemäß dem Arbeitszeitgesetz 10 Stunden nicht überschreiten. Darüber hinaus geleistete Zeiten, sowie Zeiten außerhalb der Rahmenarbeitszeit sind im Zeiterfassungssystem zu protokollieren, werden aber dort systemseitig gekappt. In Fällen, die als Ausnahme/Notfälle im Sinne des Gesetzes zu betrachten sind, kann der Mitarbeiter mit schriftlicher Zustimmung seiner Führungskraft sowie Personalbereich und Betriebsrat diese Zeiten seinem Gleitzeitkonto gutschreiben lassen.
Dieses Verfahren gewährleistet einerseits die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und stellt andererseits klar, dass dem Mitarbeiter in den o.g. Ausnahmen/Notfällen keine Nachteile entstehen. Die Beteiligung des Betriebsrats ist bei diesem Verfahren sichergestellt."
In der Zeit vom 1. Jan. bis 7. Dez. 2010 wurden auf Grund der Kappungsregelung der Protokollnotiz 2.747,51 Stunden gekappt (vgl. Anlage ASt 3, Bl. 14 ff. d. A.).
Der Betriebsrat kündigte auf Grund eines am 1. Feb. 2011 gefassten Beschlusses die Protokollnotiz mit Schreiben vom 1. Feb 2011 (Anlage ASt 4, Bl. 25 d. A.). Gestützt auf einen Beschluss vom selben Tag kündigte der Betriebsrat weiterhin mit Schreiben vom 1. Feb. 2011 (ASt 5, Bl. 26 d. A.) Ziff. 2.4.1. Satz 4 ff der BV Arbeitszeit. Die Arbeitgeberin teilte mit Schreiben vom 14. Feb. 2011 (ASt 6, Bl. 27 d. A.) mit, sie akzeptiere die Kündigungen nicht.
Mit seinem am 19. Apr. 2011 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und der Arbeitgeberin am 28. Apr. 2011 zugestellten Antragsschrift vom 19. Apr. 2011 begehrt der Betriebsrat die Feststellung der Unwirksamkeit der gekündigten Teile der BV Arbeitszeit, hilfsweise die Feststellung, dass diese Passagen durch seine Kündigungen vom 1. Feb. 2011 ohne Nachwirkung beendet worden seien.
Er hält Ziff. 2.4.1 Satz 4 ff. BV Arbeitszeit für unwirksam, da zwischen Tarifmitarbeitern und AT-Mitarbeitern unterschieden werde.
Ebenso sei die Protokollnotiz unwirksam. Die Betriebspartner hätten, wie der Betriebsrat meint, keine Verfügungsmacht über die Arbeitszeit der einzelnen Beschäftigten. Enteignung sei kein angemessenes und taugliches Mittel, um Arbeitnehmer zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen anzuhalten. Die Regelung verstoße gegen Art. 14 GG und Art. 17 EU-Grundrechte-Charta. Es bestünden prinzipiell erhebliche Bedenken gegen die Einführung von Kappungsregelungen über die erzwingbare Mitbestimmung.
Die ausgesprochenen Teilkündigungen seien wirksam, da jeweils eigene Regelungskomplexe betroffen seien.
Demgegenüber hält die Arbeitgeberin die beanstandeten Passagen für wirksam. Insbesondere werde nicht über die Arbeitszeit der Mitarbeiter disponiert, sondern es werde verhindert, dass Arbeitszeiten von mehr als 10 Stunden/Tag überhaupt entstünden. Die Kappung entspreche ihrer Verpflichtung, die Mitarbeiter zur Einhaltung der Höchstarbeitszeit anzuhalten und sei dazu angemessen. Den Beschäftigten entstehe kein Nachteil, da in Einzelfällen die mehr geleisteten Stunden gutgeschrieben werden könnten.
Die Kappung des über 300 Stunden liegenden Zeitsaldos der AT-Angestellten verfolge ebenso ein berechtigtes und legitimes Interesse der Betriebspartner. Jeder Mitarbeiter habe eigenverantwortlich für einen Ausgleich zu sorgen.
Die Teilkündigungen hält die Arbeitgeberin wegen dadurch bedingter Störung des Gesamtgefüges für unwirksam.
Das Arbeitsgericht München hat die Anträge mit Beschluss vom 8. Nov. 2011 (Bl. 60 ff. d. A.) vollumfänglich zurückgewiesen. Wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf diese Entscheidung Bezug genommen.
Im Wesentlichen führt das Arbeitsgericht zur Begründung aus, die Protokollnotiz sei wirksam.
Sie verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Der Arbeitgeber sei mit dem Betriebsrat berechtigt, festzulegen, im welchem Umfang er bereit sei, Arbeitszeit gegen Vergütung entgegenzunehmen. Die Arbeitnehmer würden dadurch auch nicht enteignet, da sie vor Ableistung der Arbeitszeit über die Haltung ihres Arbeitgebers Bescheid wüssten.
Die hilfsweise ausgesprochene Teilkündigung der Regelung des Satzes 2 der Protokollnotiz sei unwirksam, da diese das Äquivalenzgefüge störe.
Ebenso sei die Regelung in Ziff. 2.4.1 Sätze 4 ff. BV Arbeitzeit wirksam. Unter Bezugnahme der Ausführungen zur Protokollnotiz sei der Arbeitgeber zusammen mit dem Betriebsrat auch hier berechtigt, festzulegen, in welchem Umfang er Überstunden annehmen wolle. Die Arbeitnehmer würden auch insoweit nicht enteignet, auch liege kein enteignungsgleicher Eingriff vor. Sie seien in der Lage, selbst für einen Ausgleich zu sorgen.
Auch hier sei die ausgesprochene Teilkündigung wegen eines Verstoßes ins Äquivalenzgefüge unwirksam.
Gegen diesen ihm am 15. Nov. 2011 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 13. Dez. 2011, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen war, Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat er die Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 15. Feb. 2012 beantragt; dem war mit Beschluss vom 14. Dez. 2011 (Bl. 86 d. A.) entsprochen worden. Mit Schriftsatz vom 14. Feb. 2012, der am selben Tag per Telefax eingegangen war, hat der Betriebsrat seine Beschwerde begründet.
Er ist der Ansicht, die Protokollnotiz, die einen Teil der BV Arbeitszeit darstelle, da sie sich auf deren Ziff. 2.3. beziehe und ohne diese keinen Sinn mache, sei unwirksam, da die Betriebspartner keine Verfügungsmacht über die Arbeitszeit der einzelnen Beschäftigten hätten.
Habe ein Arbeitnehmer mehr als 10 Stunden an einem Tag gearbeitet, könne der Arbeitgeber nicht verfügen, dass die darüber hinausgehenden, geleisteten Stunden wieder entfielen. Höchst vorsorglich habe er die Regelung wirksam gekündigt; die Teilkündigung sei statthaft, da der gekündigte Teil einen selbstständigen Komplex betreffe, der auch Gegenstand einer eigenständigen Betriebsvereinbarung sein könne. Die BV Arbeitszeit stelle eine aus sich heraus stimmige und sinnvolle Regelung auch ohne die Protokollnotiz dar. Die Kündigung habe die Protokollnotiz auch mit sofortiger Wirkung beendet, da deren Inhalt nicht der erzwingbaren Mitbestimmung unterliege.
Ebenso sei Ziff. 2.4.1 Satz 4 ff. BV Arbeitszeit unwirksam, da die Betriebspartner keine Dispositionsbefugnis über die geleistete Arbeitszeit der Arbeitnehmer hätten. Auch insoweit habe er, wie er meint, die Sätze 4 ff. kündigen können, da Ziff. 2.4.1 mit den Sätzen 1 - 3 weiterhin Sinn mache. Hinsichtlich der Nachwirkung gelte das vorher Gesagte.
Das Arbeitsgericht habe seine Entscheidung zu Unrecht auf § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gestützt.
Der BV Arbeitszeit läge keine Überstundenproblematik zugrunde. Vielmehr werde die Arbeitszeit der Mitarbeiter (Gleitzeit) geregelt. Die Kappung von geleisteten Arbeitsstunden stelle einen enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriff dar.
Er b e a n t r a g t:
Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 08.11.2011, Aktenzeichen 25 BV 182/11 wird abgeändert und
1. festgestellt, dass die Regelung Satz 2 in der Protokollnotiz vom 13.10.2009 zu Ziff., 2.3 der zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit vom 13.05.2009 mit folgenden Inhalt
"Darüber hinaus geleistete Zeiten, sowie Zeiten außerhalb der Rahmenarbeitszeit sind im Zeiterfassungssystem zu protokollieren, werden dort aber systemseitig gekappt."
unwirksam ist.
Hilfsweise:
festgestellt dass die Regelung Satz 2 in der Protokollnotiz vom 13.10.2009 zu Ziff., 2.3 der zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit vom 13.05.2009 mit folgenden Inhalt
"Darüber hinaus geleistete Zeiten, sowie Zeiten außerhalb der Rahmenarbeitszeit sind im Zeiterfassungssystem zu protokollieren, werden dort aber systemseitig gekappt."
durch die Kündigung des Antragstellers vom 01.02.2011 ohne Nachwirkung beendet worden ist.
2. und festgestellt, dass die Regelung der Ziff. 2.4.1 Sätze 4, 5 und 6 der zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit vom 13.05.2009 mit folgendem Inhalt
"Verbleibt bei AT-Mitarbeitern am 31.12. ein positiver Saldo von mehr als 300 Stunden, so verfällt dieser. Wiedereinsetzen verfallener Gleitzeit ist ausgeschlossen. Der Betriebsrat wird über verfallene Gleitzeit informiert."
durch die Kündigung des Antragstellers vom 01.02.2011 ohne Nachwirkung beendet worden ist.
Die Arbeitgeberin b e a n t r a g t,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
Nach ihrer Ansicht verstößt die Protokollnotiz nicht gegen § 611 Abs. 1 BGB; § 612 BGB sei unanwendbar. Die tägliche Arbeitszeit dürfe 10 Stunden nicht überschreiten; dieses Ziel zu wahren, unterstütze diese Vereinbarung. Die Eigentumsgarantie sei dadurch nicht tangiert, da nur das erworbene Eigentum, nicht aber ein möglicher Eigentumserwerb geschützt sei. Auch sei das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht verletzt, da mit dieser Regelung das Entstehen von mehr als 10 Arbeitsstunden pro Tag verhindert werden solle. Dazu sei die beanstandete Reglung auch in der Lage.
Ebenso sei Ziff. 2.4.1 Sätze 4 ff. BV Arbeitszeit wirksam vereinbart. Weder verstoße diese gegen § 611 Abs. 1 BGB noch sei die Eigentumsgarantie verletzt. Auch hier sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt, da die Regelung der Verhinderung zu hoher Zeitguthaben diene. Der Gleichheitssatz sei nicht verletzt. Die AT-Mitarbeiter seien freier in der Aufgabenerfüllung und eher in der Lage, eigenverantwortlich Zeitguthaben auszugleichen.
Die Hilfsanträge hält die Arbeitgeberin für unbegründet. Die Teilkündigungen seien unzulässig.
Wegen des Sachvortrags der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Schriftsätze des Betriebsrats vom 19. Apr. 2011 (Bl. 1 ff. d. A.), vom 19. Sept. 2011 (Bl. 48 ff. d. A.), vom 14. Feb. 2012 (Bl. 106 ff. d. A.) und vom 26. März 2012 (Bl. 155 ff. d. A.), der Arbeitgeberin vom 28. Juli 2011 (Bl. 41 ff. d. A.) und vom 19. März 2012 (Bl. 139 ff. d. A.) sowie auf die Protokolle vom 27. Okt. 2011 (Bl. 55 ff. d. A.) und vom 27. März 2011 (Bl. 151 ff. d. A.) Bezug genommen.
B. Die statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte und formund fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG).
II. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht sowohl die Haupt- als auch die Hilfsanträge des Betriebsrats abgewiesen. Denn weder die Protokollnotiz noch die beanstandete Passage in der Betriebsvereinbarung sind unwirksam. Beide sind von der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG umfasst; die Regelungen stellen inhaltlich zudem keine Benachteiligung einzelner Arbeitnehmergruppen ohne sachlichen Grund dar. Fernerhin sind die Hilfsanträge unbegründet, da - unbeschadet der Zulässigkeit einer Teilkündigung - die gekündigten Passagen jedenfalls nicht ohne Nachwirkung beendet werden konnten.
1. Die Anträge sind zulässig.
Ihnen steht insbesondere nicht entgegen, dass der antragstellende Betriebsrat an der Schaffung der nunmehr angegriffenen Regelungen selbst unmittelbar beteiligt war. Auch in diesem Fall hat er ein rechtlich schützenswertes Interesse, wenn ihm nachfolgend Zweifel an der Wirksamkeit der zunächst mitgetragenen Vereinbarung kommen, deren Unwirksamkeit feststellen zu lassen (ebenso HaKo-BetrVG/Lorenz, 3. Aufl., § 77 Rz. 126; Richardi in: Richardi, BetrVG, 13. Aufl., § 77 Rz. 314). Insbesondere muss sich der Betriebsrat nicht auf die Kündigung der Betriebsvereinbarung und/oder der Protokollnotiz verweisen lassen, da im Falle eines zwingenden Mitbestimmungsrechtes die Angelegenheit nicht geklärt ist, sondern die aus Betriebsratssicht unwirksame Vereinbarung nachwirkte (§ 77 Abs. 6 BetrVG).
2. In der Sache haben die Anträge keinen Erfolg.
Weder Satz 2 der zwischen den Betriebspartnern abgeschlossene Protokollnotiz zur BV Arbeitszeit noch Ziff. 2.4.1 Sätze 4 - 6 BV Arbeitszeit sind unwirksam. Deren Inhalt bewegt sich im Rahmen des bestehenden Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG und verletzt nicht höherrangiges Recht. Insbesondere ist weder der Gleichheitssatz verletzt noch führen die Regelungen - entgegen der Ansicht des Betriebsrats - zu einer Enteignung der von ihnen betroffenen Arbeitnehmer. Auch die Hilfsanträge sind unbegründet.
Bestehen schon Bedenken gegen die Statthaftigkeit der ausgesprochenen Teilkündigung, so hat diese jedenfalls die zugrunde liegende Vereinbarung nicht ohne Nachwirkung beseitigt.
a. Zu Satz 2 der Protokollnotiz zur BV Arbeitszeit (Hauptantrag)
aa. Die Regelung der Protokollnotiz bewegt sich im Rahmen des Mitbestimmungsrechts des § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG.
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. Die Befugnis der Betriebspartner, in diesen Fragen eine betriebsinterne Vereinbarung zu treffen, schließt die Schaffung von Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit (vgl. BAG v. 18. 8. 2009 - 9 AZR 517/08, NZA 2009, 1207 [Vertrauensarbeitszeit]; BAG v. 18. 4. 1989 - 1 ABR 3/88, DB 1989, 1978 [Gleitzeit]; zur Arbeitszeitflexibilisierung allgemein Fitting, BetrVG 25. Aufl., § 87 Rz. 115, 116; HaKo-BetrVG/Kohte, aaO., § 87 Rz. 45; Preis in: Wlotzke/Preis/Kreft, BetrVG, 4. Aufl., § 87 Rz. 59; Richardi in: Richardi, aaO., § 87 Rz. 279; Compensis, NJW 2007, 3089, 3092 f.), aber auch die Ausgestaltung der Arbeitszeitmodelle ein. So können bei Gleitzeitregelungen Ausgleichszeiträume für Gleitzeitguthaben und Gleitzeitrückstände, wie auch möglich Obergrenzen dafür festgelegt werden (BAG v. 9. 12. 2003 - 1 ABR 52/02, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 6; BAG v. 22. 7. 2003 - 1 ABR 28/02, NZA 2004, 507, 510; vgl. auch LAG Hamm, 26. 3. 2009 - 17 Sa 1898/08, juris; LAG Hamm v. 10. 9.2007 - 10 TaBV 85/07, juris, insbes. Rz. 48 [juris]; LAG Hessen v. 9. 10. 1998 - 5 TaBV 8/97, NZA-RR 1999, 88).
Die Befugnis zur Ausgestaltung der Arbeitszeitsysteme schließt die Befugnis der Betriebspartner ein, festzulegen, in welchem Umfang die Arbeitnehmer arbeitstäglich gleiten, d.h. maximal arbeiten bzw. im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit Arbeitsleistung erbringen dürfen, sowie die Folgeregelung, was mit darüber hinaus - nicht betriebsnotwendig - erbrachter Arbeitszeit geschehen soll (Ausgleich der geleisteten höheren Arbeitszeit, vgl. LAG Hamm v. 10. 9. 2007, aaO.; Obergrenzen für die Übertragung einer höheren, geleisteten Arbeitszeit, vgl. BAG v. 9. 12. 2003, aaO.).
In diesem Rahmen hält sich Satz 2 der Protokollnotiz zur BV Arbeitszeit, wenn dort geregelt ist:
"Darüber hinaus geleistete Zeiten, sowie Zeiten außerhalb der Rahmenarbeitszeit sind im Zeiterfassungssystem zu protokollieren, werden aber dort systemseitig gekappt."
Diese Vereinbarung ist nicht ohne Blick auf den weiteren Regelungsgehalt der Protokollnotiz verständlich. In ihr ist zunächst die Regelung von Ziff. 2.3 BV Arbeitszeit wiederholt, dass die tägliche Arbeitszeit 10 Stunden nicht überschreiten darf (Satz 1 der Protokollnotiz BV Arbeitszeit). Erst dann, wenn Arbeitnehmer dennoch mehr als 10 Stunden am Tag arbeiten, werden die darüber hinaus, also die 10 Stunden übersteigenden Zeiten, zwar erfasst, aber systemseitig gekappt, d.h. nicht dem Arbeitszeitkonto des einzelnen Arbeitnehmers gutgeschrieben (Satz 2 der Protokollnotiz BV Arbeitszeit). Mit dieser Vereinbarung wird zudem nicht generell die Gutschrift der über 10 Stunden hinaus geleisteten Arbeitszeit ausgeschlossen; vielmehr erfasst gerade Satz 3 der Protokollnotiz BV Arbeitszeit insbesondere die auch in § 14 ArbZG geregelten Ausnahme- und Notfälle. Soweit die über 10 Stunden hinaus zu erbringende Arbeitszeit wegen einer Ausnahme- oder Notsituation betrieblich erforderlich ist, kann sich der einzelne Mitarbeiter mit schriftlicher Bestätigung seines Vorgesetzten die geleistete Zeit dennoch gutschreiben lassen.
bb. Diese Vereinbarung verstößt nicht gegen § 612 BGB i.V.m. dem jeweiligen Arbeitsvertrag.
Die Betriebspartner legen damit nicht die Vergütung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitszeit fest. Einmal ist damit geregelt, dass die Arbeitnehmer nicht mehr als 10 Stunden/Tag arbeiten dürfen; eine darüber hinaus - freiwillig - erbrachte Arbeitszeit wird nicht vergütet.
Diese Regelung hält sich im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes und berücksichtigt auch die Interessen der Beschäftigten. Sie wirkt zunächst der - freiwilligen - Arbeitsleistung über 10 Stunden hinaus und damit dem "Raubbau" an der eigenen Arbeitskraft der Arbeitnehmer entgegen. Wenn die dennoch geleistete Überzeit zwar dokumentiert, aber gleichzeitig systemseitig gekappt wird, ist dies nach diesseitiger Ansicht nicht zu beanstanden. Das den Arbeitnehmern bekannte Kappen der Überzeit über 10 Stunden hinaus, stellt einen negativen Anreiz dar, nicht freiwillig über diesen Zeitrahmen hinaus zuarbeiten. Den Arbeitnehmern ist auf Grund der betrieblichen Regelung klar bzw. muss klar sein, eine über 10 Stunden/Tag erbrachte Arbeitsleistung wird ohne Vergütung erbracht. Es steht ihnen damit frei, nach Ablauf der höchstzulässigen täglichen Arbeitszeit, ihre Arbeitsleistung einzustellen. Geschieht dies nicht, so wissen sie, dass sie für diese Zeiten keine Vergütung beanspruchen können (vgl. auch LAG Hessen v. 9. 10. 1998, aaO.). Dass diese Zeiten dennoch dokumentiert werden, berücksichtigt das Interesse des Arbeitgebers, der davon Kenntnis haben muss, um ggf. einer dennoch erbrachten freiwilligen Arbeitsleistung über täglich 10 Stunden hinaus entgegenwirken zu können.
Zudem berücksichtigt die Protokollnotiz auch, dass sich Arbeitnehmer einer ggf. als Anordnung von Überzeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) zu verstehenden Anweisung, über arbeitstäglich 10 Stunden hinaus betrieblich notwendige Arbeitsleistung zu erbringen, kaum widersetzen können; in diesen Fällen kann der Arbeitnehmer mit schriftlicher Bestätigung die angeordnet geleistete Arbeitszeit dennoch dem Zeitkonto gutschreiben lassen.
cc. Die Regelung verstößt zudem nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG bzw. des Art. 17 EU-Grundrechte-Charta. Beide Normen weisen keinen qualitativen inhaltlichen Unterscheid auf. Letztere Norm lautet:
Eigentumsrecht
(1) Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.
(2) Geistiges Eigentum wird geschützt.
Im systembedingten Entfallen der über täglich 10 Stunden hinaus geleisteten Arbeitszeit liegt kein enteignender Eingriff gegenüber den betreffenden Arbeitnehmern. Diese haben es, solange keine Anordnung der Arbeitsleistung, verbunden mit der Möglichkeit, sich die Arbeitszeit dann mit einer schriftlichen Bestätigung des Vorgesetzten gutschreiben zu lassen, gegeben ist, selbst in der Hand, ihre Arbeit rechtzeitig einzustellen, dass es zu keiner Kappung der Arbeitszeit kommt. Sie können selbst vermeiden, dass erbrachte Arbeitsleistung nicht vergütet wird. Zwar wird den Arbeitnehmern damit die Möglichkeit genommen, weiteren Verdienst durch Erbringung einer Arbeitsleistung über täglich 10 Stunden hinaus zu erzielen. Allerdings haben sie darauf keinen Anspruch. Von den in der Protokollnotiz berücksichtigten Ausnahmefällen in § 14 ArbZG abgesehen, sind 10 Stunden täglicher Arbeitszeit das Höchste, das ein Arbeitgeber anordnen oder entgegennehmen darf und - umgekehrt -, das ein Arbeitnehmer erbringen darf (§ 3 Satz 2 ArbZG). Ein Anspruch auf Einräumung einer Möglichkeit, in zeitlich weiterem Umfang eine Arbeitsleistung zu erbringen, ist schon von daher ausgeschlossen.
In der Umsetzung der Vorgaben des geltenden Arbeitszeitrechts kann sonach weder ein Eingriff gesehen werden, noch haben die Arbeitnehmer, die freiwillig eine über die tägliche Höchstarbeitszeit hinausgehende Arbeitsleistung erbringen, eine eigentumsgleich geschützte Rechtsposition erworben, welche der Arbeitgeber in jedem Falle zu beachten hätte.
b. Zum Hilfsantrag hinsichtlich der Protokollnotiz zu BV Arbeitszeit
Auch der Hilfsantrag des Betriebsrats ist unbegründet. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der ausgesprochenen Teilkündigung; jedenfalls aber hätte diese - ihre Statthaftigkeit unterstellt - den gekündigten Teil nicht ohne Nachwirkung beendet.
aa. Der Ausspruch einer Teilkündigung, wie vorliegend geschehen, ist in der BV Arbeitszeit, aber auch in der hier gegenständlichen Protokollnotiz nicht ausdrücklich geregelt.
Hinsichtlich ihrer Zulässigkeit bestehen konkret Bedenken, denen aber im Ergebnis nicht weiter nachzugehen ist.
aaa. Nach § 77 Abs. 5 BetrVG können die Betriebspartner die Kündigungsmöglichkeit einer geschlossenen Betriebsvereinbarung regeln. Dies beinhaltet sowohl die Festlegung einer Kündigungsfrist, aber auch die Regelung, ob die Betriebsvereinbarung nur insgesamt oder auch teilweise kündbar sein soll (BAG v. 6. 11. 2007 - 1 AZR 826/06, NZA 2008, 422, unter Rz. 28 f.). Eine derartige Regelung war vorliegend weder in der BV Arbeitszeit noch in der später angeschlossenen Protokollnotiz erfolgt.
bbb. Ohne eine ausdrückliche Vereinbarung der Möglichkeit einer Teilkündigung, kommt eine solche nach dem Charakter einer Betriebsvereinbarung nur in Betracht, ob diese in das der Betriebsvereinbarung zugrunde liegende Ordnungsgefüge oder in ein von den Betriebsparteien ausdrücklich vereinbartes Äquivalenzgefüge eingriffe. Die Betriebsvereinbarung bildet eine normative, wie ein Gesetz auf die Arbeitsverhältnisse der beschäftigten Arbeitnehmer einwirkendes Ordnungsgefüge, das deren Arbeitsverhältnisse gestaltet (vgl. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG). Zudem stellt sie das Ergebnis einer zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossenen Vereinbarung dar; deren Gegenstände müssen jedoch nicht zwangsläufig in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen und können jeweils für sich einen sinnvollen und in sich geschlossenen Regelungskomplex bilden. Nur dann, wenn eine ausgesprochene Teilkündigung in dieses Ordnungs- und Äquivalenzgefüges eingreift, ist sie unzulässig (BAG v. 6. 11. 2007, aaO.).
Eine derartige Störung des Ordnungsgefüges einer Betriebsvereinbarung durch eine Teilkündigung erfolgt dann, sofern die Betriebsvereinbarung nur einen einzigen Gegenstand regelt, der aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen notwendig in ein und derselben Betriebsvereinbarung geregelt sein muss. Hingegen kommt es zu keiner Beeinträchtigung des Ordnungsgefüges, wenn die Betriebsvereinbarung mehrere Regelungskomplexe beinhaltet, die in gleicher Weise in gesonderten Betriebsvereinbarungen geregelt werden könnten, die aber - mehr oder weniger zufällig - in einer einzigen Betriebsvereinbarung zusammengefasst worden waren. Für die Unterscheidung ist jeweils die geregelte betriebsverfassungsrechtliche "Angelegenheit" (vgl. zu diesem Begriff z.B. § 50 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1; § 58 Abs. 1 Satz 1, Abs.2 Satz 1; § 77 Abs. 6; § 87 Abs. 1, 2 Satz 1 BetrVG) maßgeblich. Die Frage inwieweit eine selbstständige Regelung einer betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheit gekündigt werden kann, ist nicht von der mehr oder minder zufälligen äußerlichen Zusammenfassung mehrerer Regelungskomplexe in einer Urkunde abhängig; vielmehr kommt es auf die inhaltlich selbständige Regelung an, die ebenso Gegenstand einer gesonderten Betriebsvereinbarung sein könnte (BAG v. 6. 11. 2007, aaO., unter Rz. 30 m.w.N.; Fitting, aaO., § 77 Rz. 153).
Die Zulässigkeit der Teilkündigung einer Betriebsvereinbarung setzt neben der Selbständigkeit des Regelungskomplexes keinen erkennbaren Willen der Betriebsparteien voraus, dass die Regelungskomplexe ein eigenes rechtliches Schicksal erleiden können (BAG v. 6. 11. 2007, aaO.; Fitting, aaO.).
ccc. Vorliegend handelt es sich der Sache nach um nur eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, welche in der BV Arbeitszeit geregelt ist, was gegen die Statthaftigkeit einer Teilkündigung spricht. Allerdings war die Protokollnotiz nicht zeitgleich mit der BV Arbeitszeit, sondern erst zeitlich nachfolgend vereinbart worden. Daher kann durchaus auch erwogen werden, wie der Betriebsrat annimmt, diese bilde kein einheitliches Ordnungsgefüge mit der BV Arbeitszeit, weswegen eine Teilkündigung lediglich der Protokollnotiz erfolgen könne. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen.
bb. Jedenfalls, auch wenn man eine Teilkündigung zulassen wollte, hätte diese die Regelung in der Protokollnotiz nicht ohne Nachwirkung, wie der Betriebsrat hilfsweise festzustellen begehrt, beendet. Denn der Regelungsgehalt der insgesamt gekündigten Protokollnotiz betrifft eine Angelegenheit des zwingenden Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und ggf. Nr. 3 BetrVG (vgl. oben B. II. 2. a. aa.); da deren Inhalt auch durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt werden könnte, wirkte ihr Inhalt bis zum Abschluss einer neuen Regelung nach (§ 77 Abs. 6 BetrVG).
c. Zur Wirksamkeit von Ziff. 2.4.1 Sätze 4 - 6 BV Arbeitszeit (Hauptantrag)
Die Regelung in Ziff. 2.4.1 Sätze 4 - 6 BV Arbeitszeit ist ebenso wirksam. Diese Vereinbarung ist vom zwingenden Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst.
Die Betriebspartner waren berechtigt, eine Kappungsgrenze hinsichtlich aufgelaufener Zeitguthaben im Zusammenhang mit der getroffenen einzuführen. Diese Kappungsregelung verstößt weder gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da nur AT-Angestellte betroffen sind, noch greift diese Kappungsregelung in die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG. Art. 17 EU-Grundrechte-Charta) ein.
aa. Insoweit kann zunächst auf die Ausführungen oben (B. II. 2. a. aa.) Bezug genommen werden. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, einschließlich der Pausen sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, umfasst zunächst die Befugnis der Betriebspartner zur Schaffung einer betriebsinternen Gleitzeit- oder Vertrauensarbeitszeitregelung sowie auch deren Ausgestaltung ein. Sie können bei Gleitzeitregelungen Ausgleichszeiträume für Gleitzeitguthaben und Gleitzeitrückstände, wie auch möglich Obergrenzen dafür festlegen (BAG v. 9. 12. 2003, 22. 7. 2003, jeweils aaO.; GKBetrVG/Wiese, 9. Aufl., § 87 Rz. 335 m.w.N.). Im Rahmen der Ausgestaltung des Arbeitszeitmodells können die Betriebspartner festlegen, in welchem Umfang die Arbeitnehmer arbeitstäglich gleiten, d.h. maximal arbeiten bzw. im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit Arbeitsleistung erbringen dürfen sowie, was mit darüber hinaus - nicht betriebsnotwendig - erbrachter Arbeitszeit geschehen soll (vgl. BAG v. 9. 12. 2003, aaO.; LAG Hamm v. 10. 9. 2007, aaO.); denn auch bei Vereinbarung flexibler Arbeitszeit sind zwingend die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten (BAG v. 28. 7. 1981 - 1 ABR 90/79, NJW 1982, 1116).
bb. Dem Arbeitsgericht ist zuzustimmen, dass mit der gewählten Regelung in Ziff. 2.4.1 BV Arbeitszeit im Gegensatz zur Protokollnotiz zu BV Arbeitszeit nicht per se bereits der Aufbau eines höheren Stundenkontingents als 300 Stunden verhindert wird. Auch ist die gewählte Regelung, entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin, nicht per se geeignet, AT-Angestellte von einer über täglich 10 Stunden hinausgehenden Arbeitszeit abzuhalten.
Wann das Stundenkontingent aufgebaut worden war, ob innerhalb der arbeitstäglichen 10-Stundengrenze oder nicht, spielt für die Frage der Kappung keine Rolle. Allerdings ist diese Regelung nicht gleichheitswidrig, da nur AT-Angestellte betroffen sind.
aaa. Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG, als besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatz, zu beachten (BAG v. 18. 9. 2007 - 3 AZR 639/06, NZA 2008, 56; BAG v. 22. 3. 2005 - 1 AZR 49/04, NZA 2005, 773).
Dieser zielt auf die Sicherstellung der Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten und den Ausschluss einer gleichheitswidrigen Regelbildung. Mithin kommt er insbesondere bei einer unterschiedlichen Gruppenbildung durch die Betriebspartner zur Anwendung. Eine solche ist vorliegend gegeben, da nach Ziff 2. 4. 1 Sätze 4 ff. BV Arbeitszeit nur bei AT-Angestellten, nicht aber auch bei Tarifarbeitnehmern Arbeitszeitguthaben von mehr als 300 Stunden zum Jahresende gekappt werden.
Der Gleichheitssatz verlangt eine sachliche Rechtfertigung unterschiedlicher Rechtsfolgen für verschiedene Arbeitnehmergruppen, insbesondere wenn daran unterschiedliche Leistungen knüpfen. Doch verstößt eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung erst dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, da sich kein vernünftiger Grund für die Differenzierung finden lässt. Demgegenüber ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz schon dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass daraus die Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden könnte (BAG v. 18. 9. 2007, aaO.).
bbb. Die von Ziff. 2.4.1 Sätze 4 ff. BV Arbeitszeit vorgenommene Gruppenbildung ist als personenbezogene Gruppenbildung sachlich gerechtfertigt. Es sind hinreichende Unterschiede der beiden Normadressatengruppen von ausreichendem Gewicht zu erkennen, welche die vorgenommene Differenzierung rechtfertigen.
Die Betriebsvereinbarung unterscheidet zwischen Tarifarbeitnehmern und ATAngestellten.
Eine Kappung des Stundenkontingents erfolgt allein bei Letzteren, sofern zum Jahresende das aufgebaute Stundenkontingent des Freizeitkontos 300 Stunden übersteigt. Demgegenüber werden bei den Tarifarbeitnehmern die 150 Stunden übersteigenden Zeitguthaben schon während des Jahres jeweils dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben, ohne dass ein Verfall oder eine Kappung einträte.
Diese Differenzierung zwischen den beiden Arbeitnehmergruppen ist nach Ansicht der entscheidenden Kammer sachlich gerechtfertigt. Denn die AT-Angestellten haben, im Gegensatz zu den Tarifarbeitnehmern, eine wesentlich bessere und vor allem eigenständige Möglichkeit, aufgebaute Zeitguthaben selbstständig wieder abzubauen. Ihnen kann schon auf Grund ihrer Tätigkeit eine wesentlich höhere Eigenverantwortung zugebilligt werden, selbstständig dafür zu sorgen, ein entstandenes Stundenkontingent so rechtzeitig abzubauen, dass es zu keiner Kappung nach Ziff. 2.4.1 Sätze 4 ff. BV Arbeitszeit kommt. Dem Betriebsrat ist zwar zuzubilligen, dass es bei einem Stundenkontingent von knapp unter 300 Stunden im Dezember im Ausnahmefall dennoch zu einem weitergehenden besonderen Arbeitsanfall der AT-Angestellten im Dezember kommen kann, mit der Folge, dass die 300 Stundengrenze überschritten wird und einzelne geleistete Arbeitsstunden gekappt werden. Diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen und rechtzeitig durch Zeitabbau Vorsorge zu treffen, ist den AT-Angestellten aber möglich und zumutbar. Geschieht dies - aus welchen Gründen auch immer - dennoch nicht, so ist die Kappung (ausnahmsweise) hinzunehmen.
Demgegenüber ist den Tarifangestellten ein den AT-Angestellten vergleichbar freier Abbau evtl. aufgebauter Zeitguthaben nicht möglich. Sie sind in weit höherem Maße darauf angewiesen, dass sie von den Vorgesetzten den Freizeitausgleich genehmigt erhalten. Im Falle verweigerter Genehmigung scheidet (regelmäßig) eine selbstständige Freizeiteinbringung der einzelnen Arbeitnehmer aus.
ccc. Die Kappung der über 300 Stunden hinausgehenden Zeitguthaben zum Jahresende verstößt ebenso wenig gegen die Eigentumsgarantie der Art. 14 GG, Art. 17 EU-Grundrechte-Charta. Zwar wird den AT-Angestellten mit der Kappung aufgebauter Zeitguthaben, also geleisteter Arbeitsstunden, etwas genommen, worauf sie bereits einen Anspruch erworben haben, nämlich die Vergütung geleisteter Arbeitszeit. Allerdings hatte es vorher in ihren Händen gelegen, rechtzeitig das aufgebaute Zeitguthaben so abzubauen, dass es zu keiner Kappung geleisteter Arbeitszeit kommen würde. Es liegt demnach in der Hand der einzelnen AT-Beschäftigten, Sorge zu tragen, dass kein zu hohes Arbeitszeitkonto aufläuft, dass die Gefahr einer Kappung zum Jahresende bestehen kann oder ein zu hoch aufgelaufenes Arbeitszeitkonto so rechtzeitig und so weit abzubauen, dass es zu keiner Kappung nach Ziff. 2.4.1 Sätze 4 ff. BV Arbeitszeit kommt. Im Übrigen ist dem Erstgericht zuzustimmen, das der Ausgleichszeitraum von einem Jahr angemessen und verhältnismäßig ist, um einer Stundenkappung entgegenzuwirken.
d. Zum Hilfsantrag hinsichtlich der Kappungsregelung in Ziff. 2.4.1 BV Arbeitszeit
Die Kappungsregelung in Ziff. 2..4.1 Sätze 4 ff. BV Arbeitzeit ist ebenso wenig durch die ausgesprochene Teilkündigung nachwirkungslos entfallen. Hier bestehen bereits große Bedenken gegen den statthaften Ausspruch einer Teilkündigung. Jedenfalls aber zeitigte die Teilkündigung, ihre Statthaftigkeit unterstellt, auch hier Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG.
aa. Hinsichtlich der Statthaftigkeit einer Teilkündigung ist auf die oben gemachten Ausführungen (B. II. 2. b. aa.) Bezug zu nehmen.
Nach diesen Grundsätzen bestehen vorliegend bereits Bedenken gegen deren Statthaftigkeit, da die BV Arbeitszeit nur eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, nämlich die Gleitzeiteinführung und deren Ausgestaltung, beinhaltet. Die Kündigung eines Teils der getroffenen Regelungen ist als eine Störung des Ordnungs- und des Äquivalenzgefüges der getroffenen Vereinbarung zu sehen. Denn der Abschluss der einen Vereinbarung ist ggf. nur wegen der Zugeständnisse, welche ein Betriebspartner in einem anderen Punkt gemacht hatte, zustande gekommen. Mit der "Herausnahme" einzelner Regelungen durch Ausspruch einer Teilkündigung wird die aus Sicht beider Betriebspartner zunächst ausgewogene BV Arbeitszeit in ihrem Ordnungs- und Äquivalenzgefüge beeinträchtigt.
bb. Doch letztlich kann Vorstehendes auch hier dahinstehen. Wäre die Teilkündigung als statthaft anzusehen, hätte diese den gekündigten Teil (Ziff. 2.4.1 Sätze 4 - 6 BV Arbeitszeit) jedenfalls nicht ohne Nachwirkung beseitigt. Denn der Regelungsgehalt der gekündigten Sätze betrifft eine Angelegenheit des zwingenden Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (vgl. oben B. II. 2. c. aa.), das auch die Regelung der Modalitäten der Gleitzeitvereinbarung einschließt. Deren Inhalt könnte durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt werden, weswegen ihr Inhalt jedenfalls bis zum Abschluss einer neuen Regelung nachwirkte (§ 77 Abs. 6 BetrVG).
III. Die Rechtsbeschwerde war nach § 92 Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
Dr. Künzl
Halbig
Hellmich-Gase