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  • 02.02.2011

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 25.02.2010 – 6 K 2045/09

    Das häusliche Arbeitszimmer eines Hochschullehrers bildet nicht den Mittelpunkt seiner gesamten Tätigkeit als Hochschullehrer


    Tatbestand

    Streitig ist, ob das häusliche Arbeitszimmer des Klägers den Mittelpunkt seiner gesamten Berufstätigkeit darstellt.

    Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Beide Kläger erzielen Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit, der Kläger als Hochschullehrer und die Klägerin als Lehrerin. Der Kläger hat daneben Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Beteiligung an Mitunternehmerschaft und Stromerzeugung mit Fotovoltaik-Anlage) und in geringem Umfang aus selbstständiger Arbeit als Autor.

    Beide Kläger haben ein häusliches Arbeitszimmer. Die Aufwendungen des Klägers für sein Arbeitszimmer im Streitjahr 2007 betrugen 1.079,96 €, die der Klägerin 529,88 €.

    In ihrer Einkommensteuererklärung für 2007 machten die Kläger die Kosten für die Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Der Beklagte ließ diese Kosten nicht zum Abzug zu, da die Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der jeweiligen gesamten beruflichen Tätigkeit darstellen würden.

    Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger zu dem Arbeitszimmer der Klägerin vor, diese müsse als Lehrerin zwangsläufig ein Arbeitszimmer unterhalten, da sie an der Schule nicht über ein Arbeitszimmer verfüge. Zu dem Arbeitszimmer des Klägers trugen sie vor, dieses stelle den Mittelpunkt seiner Tätigkeit dar.

    Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 01.07.2009 hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für die häuslichen Arbeitszimmer zurückgewiesen; die Festsetzung wurde gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 4 AO wegen der Anwendung der Neuregelung zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (§§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b), 9 Abs. 5 Satz 1 EStG) für vorläufig erklärt.

    Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, der Kläger sei Hochschullehrer an der katholischen Universität X. Dort habe er den Lehrstuhl für neuere und neueste Geschichte inne. Das Arbeitszimmer bilde den Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit. Dort erbringe er die Handlungen und Leistungen, die für den von ihm ausgeübten Beruf wesentlich und prägend seien. Sowohl der quantitative als auch der qualitative Schwerpunkt seiner Tätigkeit lägen im häuslichen Arbeitszimmer.

    Seine Tätigkeit umfasse gleichrangig die Bereiche Lehre und Forschung. Im Arbeitszimmer bereite er die Vorlesungen vor und nach. Hierfür habe er seit 1970 eine umfassende Spezialbibliothek aufgebaut, die ihm in dieser Form weder an der Universität noch in anderen frei zugänglichen öffentlichen Sammlungen zur Verfügung stehe. Diese enthalte über 10.000 Bücher, sowie Kopien und Verfilmungen aus deutschen, europäischen und amerikanischen Archiven, die für seine Forschungstätigkeit und zur Vorbereitung der Vorlesungen und Seminare von existenzieller Bedeutung seien. Die Forschungstätigkeit übe er ausschließlich im Arbeitszimmer aus.

    Was die Prüfungstätigkeit angehe, sei das Korrigieren der Prüfungsarbeiten im häuslichen Arbeitszimmer deutlich stärker zu gewichten als die mündlichen Prüfungen.

    Vom Arbeitsumfang her entspreche die Tätigkeit im Arbeitszimmer ca. 80% seiner gesamten beruflichen Tätigkeit. Er sei an vier Arbeitstagen, sowie am Wochenende und während der vorlesungsfreien Zeit dort ganzzeitig tätig.

    Zudem sei §§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG in der für 2007 gültigen Fassung verfassungswidrig. Hinsichtlich des Arbeitszimmers der Ehefrau werde daher beantragt, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen.

    Ergänzend wird auf die Klageschrift vom 03.06.2009 (Bl. 8 - 12 Prozessakte - PrA -), sowie die Schriftsätze vom 14.10.2009 (Bl. 55 - 57 PrA), vom 21.10.2009 (Bl. 66 PrA) und vom 18.11.2009 (Bl. 74/75 PrA) Bezug genommen.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 18. September 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2009 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nicht selbstständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 1.079,96 € und bei den Einkünften der Klägerin aus nicht selbstständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 539,88 € berücksichtigt werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, der Kläger halte sich lt. Anlage zur Einkommensteuererklärung an drei Tagen in der Woche an der Universität auf und habe deshalb aus beruflichen Gründen einen doppelten Haushalt begründet. Dort stehe ihm ein Arbeitszimmer zur Verfügung. In den Vorjahren sei das häusliche Arbeitszimmer gleichwohl anerkannt worden, da er dort mehr als 50% seiner gesamten beruflichen Tätigkeit verrichtet habe.

    Maßgeblich sei der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit. Dem zeitlichen Umfang komme nur indizielle Bedeutung zu. Bei einem Hochschullehrer seien die Lehrveranstaltungen das prägende Element. Daher könne der zeitliche Umfang der Tätigkeit im Arbeitszimmer nur von untergeordneter Gewichtung sein.

    Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 17.08.2009 (Bl. 43 - 47 PrA) und vom 29.10.2009 (Bl. 70/71 PrA) Bezug genommen.

    Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

    Gründe

    I.

    Hinsichtlich des Antrages betreffend das Arbeitszimmer der Klägerin ist die Klage unzulässig.

    In diesem Punkt wurde der angefochtene Einkommensteuerbescheid gemäß § 165 AO für vorläufig erklärt.

    Hinsichtlich des Arbeitszimmers der Klägerin tragen die Kläger nichts vor, was über die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Neuregelung hinausgeht.

    Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH fehlt einer Klage, die sich ausschließlich gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift richtet, das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Bescheid bereits vor Klageerhebung wegen eines deswegen bereits anhängigen Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht für vorläufig erklärt wurde (z.B. Beschluss vom 30.11.2007 - III B 26/07, Juris). Besondere Gründe für ein ausnahmsweise gleichwohl vorhandenes Rechtsschutzbedürfnis haben die Kläger nicht vorgetragen.

    Die Aussetzung des Verfahrens nur betreffend das Arbeitszimmer der Klägerin wäre zudem nicht möglich; mit der Aussetzung des gesamten Verfahrens waren weder die Kläger, noch der Beklagte einverstanden.

    Hinsichtlich des Arbeitszimmers des Klägers ist die Klage zulässig, da die Kläger über die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Neuregelung hinaus auch geltend machen, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers bilde und deshalb die Aufwendungen für das Arbeitszimmer unbeschränkt abzugsfähig seien.

    Dass die tatsächlichen Aufwendungen auch unter dem früheren Höchstbetrag für den beschränkten Abzug liegen, ist unerheblich, da nach der Neuregelung überhaupt kein Abzug möglich wäre, wenn das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstellen würde.

    II.

    Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, nicht begründet.

    Nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einschließlich der Ausstattung grundsätzlich nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

    Nach dieser Vorschrift sind Kosten des häuslichen Arbeitszimmers nur noch abziehbar, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet, dann allerdings der Höhe nach unbegrenzt.

    Ein häusliches Arbeitszimmer ist durch die enge räumliche Verbindung zwischen privater Wohnung und betrieblich genutztem Raum gekennzeichnet. Dies ist stets der Fall, wenn das Arbeitszimmer Teil der Wohnung ist, aber auch bei einem Arbeitszimmer im Keller oder im Dachgeschoss des für eigene Wohnzwecke genutzten Hauses.

    Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient (ständige BFH-Rechtsprechung, Frotscher § 4 EStG, Rz. 764 m.w.N.) Der BFH hat mit seiner Definition den Begriff des häuslichen Arbeitszimmers auf ein Zimmer beschränkt, das in Ausstattung und Funktion einem Büro entspricht. Typischerweise ist ein Arbeitszimmer mit einem Schreibtisch und einem Schreibtischstuhl sowie Bürogeräten ausgestattet.

    Dass das Arbeitszimmer des Klägers als ein häusliches Arbeitszimmer in diesem Sinne anzusehen ist, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

    Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers sind begrifflich nur dann Betriebsausgaben (Werbungskosten), wenn sie ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich bzw. beruflich veranlasst sind. Eine Abziehbarkeit dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten kommt daher nur in Betracht, wenn feststeht, dass der Raum so gut wie ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt wird.

    Auch die nahezu ausschließliche Verwendung des Arbeitszimmers für berufliche Zwecke ist unstreitig.

    Ab 2007 sind Aufwendungen für ein betrieblich oder beruflich veranlasstes häusliches Arbeitszimmer nur noch dann überhaupt abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet.

    Somit kommt es entscheidend darauf an, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers bildet.

    Ob das Arbeitszimmer Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers ist, richtet sich danach, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Merkmale seiner Tätigkeit in dem Arbeitszimmer diejenigen Tätigkeiten vorgenommen und Leistungen erbracht werden, die für die konkrete berufliche Tätigkeit wesentlich und prägend sind.

    Für die Betrachtung sind alle betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten zusammen zu fassen; bei mehreren Tätigkeiten kommt es also darauf an, ob das Arbeitszimmer der Mittelpunkt aller Tätigkeiten bildet (BFH Urteile vom 23.09.1999 - VI R 74/98, BStBl II 2000, 7 und vom 13.10.2003 - VI R 27/02, BStBl II 2004, 771).

    Der Mittelpunkt der Betätigung liegt dort, wo der Steuerpflichtige diejenigen Handlungen vornimmt und diejenigen Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind (vgl. BFH v. 23.01.2003 - IV R 71/00, BStBl II 2004, 43,BFH/NV 2003, 859; FG München v. 08.11.2000 - 1 K 1066/98, EFG 2001, 268). Allein aus dem Umstand, dass in dem Arbeitszimmer Geschäftsideen entwickelt werden, unternehmensbezogene Entscheidungen getroffen werden sowie die Organisation der Tätigkeit erfolgt („Steuerungszentrale”), kann nicht geschlossen werden, dass das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der Tätigkeit ist. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn die Entwicklung von Geschäftsideen prägend für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen ist (was z. B. bei einem Unternehmensberater der Fall sein kann; vgl. BFH v. 28.08.2003 - IV R 34/02, BStBl II 2004, 53,BFH/NV 2003, 1654).

    Die Frage, ob es sich um den Mittelpunkt handelt, ist nach qualitativen Aspekten zu beurteilen. Die Tätigkeit in dem häuslichen Arbeitszimmer muss den inhaltlichen Schwerpunkt der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit darstellen. Die in dem Arbeitszimmer verbrachte Zeit hat lediglich indizielle Bedeutung (vgl. BFH v. 23.01.2003 - IV R 71/00, BStBl II 2004, 43; BFH v. 13.11.2002 - VI R 29/02, BStBl II 2004, 59,BFH/NV 2003, 693; BFH v. 13.11.2002 - VI R 104/01, BStBl II 2004, 65,BFH/NV 2003, 65; BFH v. 13.10.2003 - VI R 27/02, BStBl II 2004, 771,BFH/NV 2004, 398; BFH v. 06.07.2005 - XI R 87/03, BStBl II 2006, 18,BFH/NV 2006, 156). Für die Frage, ob das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der Tätigkeit ist, kommt es daher entscheidend weder darauf an, an wie vielen Tagen der Steuerpflichtige in dem Arbeitszimmer gearbeitet hat, noch darauf, wie viel Umsatz oder Gewinn er aus der Tätigkeit im Arbeitszimmer erwirtschaftet hat (vgl. BFH v. 26.06.2003 - IV R 9/03, BStBl II 2004, 50,BFH/NV 2003, 1376). Die Tatsache einer dauerhaften Außendiensttätigkeit allein steht der Annahme des Mittelpunkts der Tätigkeit im Arbeitszimmer nicht entgegen. Liegt das Schwergewicht der Tätigkeit eines Ingenieurs bei der Erarbeitung komplexer theoretischer Problemlösungen, während die Umsetzung durch andere Unternehmen erfolgt, kann der Mittelpunkt der Tätigkeit auch dann im Arbeitszimmer liegen, wenn daneben auch Beratung beim Kunden erfolgt (vgl. BFH v. 13.11.2002 - VI R 29/02, BStBl II 2004, 59,BFH/NV 2003, 693).

    Erbringt der Steuerpflichtige qualitativ gleichwertige Tätigkeiten im Arbeitszimmer und an anderen Orten, ist das Arbeitszimmer Mittelpunkt der Tätigkeit, wenn er mehr als die Hälfte der Tätigkeitstage im Arbeitszimmer verbringt (vgl. BFH v. 23.5.2006 - VI R 21/03, BStBl II 2006, 600,BFH/NV 2006, 1573 zu einem Tele-Arbeitsplatz).

    Bei einem Lehrer, Dozenten, oder Professor befindet sich der Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit dort, wo der Unterricht stattfindet, also nicht im häuslichen Arbeitszimmer (vgl. FG Baden-Württemberg v. 19.11.1996 - 6 K 238/95, EFG 1997, 728; FG Köln v. 21.06.2001 - 10 K 1408/99, EFG 2002, 808; FG Münster v. 07.12.2006 - 14 K 5248/04, EFG 2007, 663; FG Baden-Württemberg v. 22.11.2006 - 7 K 194/03, EFG 2007, 903; BFH v. 21.11.1997 - VI R 4/97, BStBl II 1998, 351,BFH/NV 1998, 657; BFH v. 28.02.2003 - VI R 125/01, BStBl II 2004, 72,BFH/NV 2003, 988); das gilt selbst dann, wenn im Arbeitszimmer die Lehrkonzepte und Unterlagen erarbeitet werden (vgl. BFH v. 24.02.2005 - IV R 29/03, BFH/NV 2005, 1271 für einen selbstständigen Trainer).

    Der Streitfall gibt keinen Anlass, von der diesbezüglichen Rechtsprechung des BFH (zuletzt Beschlüsse vom 16.08.2007 - VIII B 210/06, Juris und vom 22.10.2007 - XI B 12/07, Juris) abzuweichen.

    Er enthält keine Besonderheiten, die es gleichwohl gebieten würden, das Arbeitszimmer als qualitativen Mittelpunkt der Tätigkeit des Klägers anzusehen.

    Der nicht verifizierbare Vortrag des Klägers, er verbringe ca. 80% seiner Arbeitszeit in seinem Arbeitszimmer, kann dahin stehen, da es auf das quantitative Element nur dann ankommt, wenn die im Arbeitszimmer erledigten Arbeiten und die andernorts erledigten Arbeiten qualitativ gleichwertig sind. Das Gleiche gilt für das behauptete Verhältnis von 2:1 hinsichtlich der Vorbereitung und Durchführung von Seminaren und den angeblich geringen zeitlichen Anteil der mündlichen Prüfungen an der gesamten Prüfungstätigkeit.

    Von der qualitativen Gleichwertigkeit der im Arbeitszimmer geleisteten Arbeiten im Verhältnis zu der an der Hochschule erbrachten Arbeitsleistung ist gerade beim Grundtypus des Hochschullehrers nicht auszugehen.

    Das Korrigieren von Prüfungsarbeiten gehört zu den typischen Tätigkeiten eines Hochschullehrers. Diese Tätigkeit ist jedoch - auch wenn sie unerlässlich ist - nicht geeignet, den Mittelpunkt der Tätigkeit eines Professors von der Hochschule in sein Arbeitszimmer zu verlagern.

    Das Vor- und Nachbereiten von Vorlesungen und die Durchführung von Forschungsprojekten gehören ebenfalls zu den typischen Tätigkeiten eines Professors.

    Auch ist es für einen Professor nicht ungewöhnlich, dass er sich dafür eine umfangreiche häusliche Bibliothek zulegt. Die Forschungstätigkeit in noch weitgehend unerforschten Bereichen gebietet es geradezu, sich sehr spezielle Literatur - oft auch aus dem Ausland - zuzulegen, die in der Universitätsbibliothek nicht unbedingt vorhanden ist.

    Ebenso wie bei einem Lehrer der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit an der Schule liegt, liegt er für den Professor hinsichtlich der Seminare und der Prüfungstätigkeit an der Universität. Beim Lehrer liegt der Schwerpunkt in der Vermittlung des Wissens und der Leistungskontrolle; die Vorbereitung des Unterrichts und das Korrigieren der Arbeiten sind zwar für die Tätigkeit des Lehrers unerlässlich, aber nicht der eigentliche Schwerpunkt seiner Aufgabe, so zeitintensiv diese Tätigkeiten auch sein mögen. Nichts anderes gilt für den Hochschullehrer, dessen Aufgabe es ist, in den Vorlesungen und Seminaren den Studenten Wissen zu vermitteln und durch Klausuren den Wissensstand der Studenten abzufragen.

    Ein Unterschied zum Lehrer besteht beim Universitätsprofessor allerdings insoweit, als zu dessen Aufgaben auch die Forschung auf seinem Gebiet gehört; die Aufgaben Forschung und Lehre sind dabei regelmäßig - so auch im Falle des Klägers - gleichwertig.

    Diesen Unterschied hat der BFH jedoch - selbst wenn die Forschungstätigkeit zum großen Teil im Arbeitszimmer durchgeführt wird - nicht zum Anlass genommen, deshalb den qualitativen Mittelpunkt von der Universität in das Arbeitszimmer zu verlagern (zuletzt Beschlüsse vom 26.11.2008 - VIII B 7/07 und vom 22.10.2007 - XI B 12/07). Dies ist auch nach Auffassung des Senats nicht geboten, da die Forschung keine vorrangige Aufgabe des Professors ist, sondern eine mit der Lehre gleichrangige.

    Davon abgesehen bestehen im Streitfall erhebliche Zweifel, dass der Kläger tatsächlich die Forschungstätigkeit so gut wie ausschließlich in seinem Arbeitszimmer ausübt, da er sich immerhin an drei Tagen in der Woche am Sitz der Universität aufhält. Der Kläger trägt die objektive Beweislast für die Voraussetzungen des unbeschränkten Abzugs der Kosten für das Arbeitszimmer.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Anmerkung

    Revision eingelegt (BFH VI R 71/10)

    VorschriftenEStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, EStG § 9 Abs. 5

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