08.01.2010
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 05.04.2001 – 5 K 495/99
1. Aufwendungen für ein unbebautes Grundstück sind dann als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit einer Bebauung des Grundstückes und einer anschließenden Vermietung des Gebäudes besteht. Der Wille zur Einkunftserzielung muss aus den äußeren Umständen erkennbar und in ein konkretes Stadium getreten sein.
2. Am erforderlichen Zusammenhang von Grundstücksaufwendungen mit späteren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung fehlt es jedoch, wenn ein Steuerpflichtiger schon bei der Anschaffung nicht konkret damit rechnen konnte, das Grundstück nach einer überschaubaren Zeit bebauen zu dürfen. Im Streitfall konnte davon nicht ausgegangen werden, weil beim Erwerb des Grundstücks, das in einem Flächennutzungsplan als eine Wohnbaufläche ausgewiesen war, weder schon ein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes eingeleitet noch konkret weitere Planungen und Überlegungen in dieser Richtung vorhanden waren.
Im Namen des Volkes
hat der 5. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg – aufgrund der mündlichen Verhandlung – in der Sitzung vom 5. April 2001 durch
Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …
Richter am Finanzgericht …
Ehrenamtliche Richter …
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Mit Kaufvertrag vom 25. Oktober 1995 erwarb die Klägerin (Klin) das 1.670 qm große unbebaute Grundstück, Flurstück … zum Preis von 250.500 DM. Laut Vertrag handelte es sich um eine Baumwiese. Bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages händigte einer der Verkäufer der Klin ein Schreiben des … … vom 4. September 1995 mit nachstehendem Inhalt aus:
„Bezug: Ihre Anfrage vom 25.08.1995
Sehr geehrter …
Sie fragen bei uns an, ob nach dem Grundstückverkehrsgesetz Bedenken gegen eine Teilung des Grundstücks Flurstück Nr. … der Gemarkung … mit 81,66 Ar bestehen.
Grundsätzlich soll ein Grundstück, welches im Außenbereich liegt, nicht geteilt werden, da es nach dem Grundstückverkehrsgesetz eine unwirtschaftliche Verkleinerung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 und somit eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden bedeutet.
Da das Grundstück jedoch in einer vorgesehenen Bebauung liegt, bestehen von unserer Seite gegen eine Teilung nach dem Grundstückverkehrsgesetz keine Bedenken.”
In der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Jahr 1995 gab die Klin in der Anlage V an, es handele sich bei dem Grundstück um Rohbauland, das sie zum Zwecke der Vermietung zu bebauen plane. Dementsprechend machte sie einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung dieses Grundstückes in Höhe von … DM (… DM Schuldzinsen + … DM Notar für Geldbeschaffung) geltend. Der Beklagte (Bekl) berücksichtigte zunächst diesen Verlust in dem ESt-Bescheid 1995. Er erklärte jedoch diesen Verwaltungsakt gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) für vorläufig mit der Begründung, er könne zur Zeit die Einkunftserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilen.
In der ESt-Erklärung für das Jahr 1996 begehrte die Klin die Anerkennung eines Verlustes aus Vermietung und Verpachtung dieses Grundstückes in Höhe von … DM.
Auch diesen Verlust berücksichtigte der Bekl im ESt-Bescheid 1996, den er ebenfalls wie in 1995 gemäß 165 Abs. 1 AO für vorläufig erklärte.
In der ESt-Erklärung für das Streitjahr 1997 gab die Klin schließlich einen Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des o.g. Grundstückes in Höhe von (Schuldzinsen … DM + Grundsteuer … DM + Sonstige Kosten … DM =) … DM an.
Anlässlich der Veranlagung für das Jahr 1997 fragte der Bekl bei der Stadtverwaltung … an, ob die Gemeinde in dem Gebiet, in dem das o.g. Grundstück liegt, ein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes eingeleitet und ob die Klin bereits einen Antrag auf Baugenehmigung eingereicht habe. Beide Fragen beantwortete die Stadt … mit „nein”. In einer Antwort vom 28. Oktober 1998 auf ein weiteres Schreiben des Bekl teilte die Stadt … u. a. folgendes mit:
„Was die Umsetzung-Bebauungsplan/Erschließung des Gebietes … betrifft, so sind derzeit keine Überlegungen vorhanden, dieses Gebiet kurzfristig „umzusetzen”. Soweit von der Liegenschaftsverwaltung zu erfahren war, ist die Stadt mit … … nicht in Grundstücksverhandlungen”
Daraufhin ließ der Bekl im ESt-Bescheid 1997 vom 5. November 1998 den von der Klin bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Verlust nicht mehr zum Abzug zu.
Dagegen führte die Klin Einspruch. Hierbei legte sie neben Zeitungsartikeln, die über die Planungen der Stadt … das Gebiet … betreffend berichteten, auch ein Schreiben der Stadt … – vom 27. September 1999 an die Klin vor, das wie folgt lautet:
„Sehr geehrte …
wie Sie in ihrem Schreiben vom 09.09.1999 richtig erwähnen, ist der Gemarkungsbereich … im Flächennutzungsplan und in der Stadtentwicklungsplanung vom Februar 1996 als eine künftige Wohnbaufläche ausgewiesen. Bei den von Ihnen erwähnten Planungen der Stadt … handelt es sich um vorbereitende Bauleitplanungen, die bis zum heutigen Tag über strukturelle Überlegungen noch nicht weiterentwickelt werden konnten.
Für die Ausweisung ihres Grundstücks als Bauland bedarf es der Durchführung der verbindlichen Bauleitplanung und darauf aufbauend der Durchführung von Erschließungsmaßnahmen. Ausschließlich diese Planungen und Maßnahmen sind rechtlich relevant für die Ausweisung und Nutzung als Bauland.
Über den Zeitpunkt der Durchführung dieser Erschließungsmaßnahmen kann zum heutigen Tag, wie dies auch dem Finanzamt … mit Schreiben vom 28.10.98 mitgeteilt wurde, noch keine Aussage gemacht werden.
Im Übrigen sind die Entwicklungsziele der Stadt … insbesondere im Hinblick auf die Ausweisung von Bauland, in der Broschüre … … niedergelegt und kann zum Preis von … erworben werden. Auch die von Ihnen erwähnten Gespräche mit … hatten als Grundlage die o. g. Ausführungen.”
In der von der Stadt … im Februar 1996 herausgegebenen Broschüre … … ist auf … zum Gebiet … … Folgendes ausgeführt:
„Dieses Gelände bietet sich in besonderer Weise für ein Wohnbaugebiet an. Wesentliche Erschließungsstraßen sind bereits vorhanden, sowie eine gute Erschließung durch den ÖPNV. Die Stadt besitzt bereits heute einen großen Flächenanteil.
Die städtebaulichen Gestaltungsmöglichkeiten werden durch folgende Vorgaben eingeschränkt:
• Nord-West-Orientierung des Hangs
• Lärmimmission durch den Verkehr der …
• Leitung der Bodenseewasserversorgung
• 10 kV und 110 kV Leitungen
Voraussetzung für eine gute Ausnutzung und Gestaltung ist eine Verlegung der bestehenden 10 kV und 110 kV Leitungen.
Die Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs ist notwendig. Aus Gründen des Landschaftsschutzes sollte eine südliche Erweiterung über den bisherigen Ortsrand des Wohngebiets … hinaus, nicht zur Diskussion gestellt werden. Dieser kostbare Bestand an freier Landschaft, der von einem landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb bewirtschaftet wird, sollte nach derzeitigem Kenntnisstand bewahrt und daher nicht als Baufläche ausgewiesen werden.”
In der Einspruchsentscheidung vom 1. Dezember 1999 wies der Bekl den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage macht die Klin im wesentlichen geltend, sie habe von den Herren … und … mit notariellem Kaufvertrag vom 25. Oktober 1995 Bauerwartungsland erworben. Bereits vor Abschluss des Kaufvertrags habe sie eine klare künftige Bebauungsabsicht gehabt.
Sie sei mit einem der Verkäufer, Herrn … persönlich bekannt. Durch Zufall habe sie davon erfahren, dass die Stadt … den Herren … und … angeboten habe, deren Grundstück mit 81,66 ar zu einem Preis von 140 DM pro qm zu kaufen. Zu dieser Zeit habe sich die Stadt … intensiv darum bemüht, Grundstücke in dem Bauerwartungslandgebiet … anzukaufen. Nachbargrundstücke habe die Stadt erwerben können. Aus der angespannten Haushaltslage der Stadt … … folgend habe es auf der Hand gelegen, dass in diesem Gebiet eine baldige Bebauung möglich sein würde. Im Frühjahr 1996 habe die Stadt … das Gebiet dann in der Stadtentwicklungsplanung als künftige Wohnbaufläche ausgewiesen.
Das Grundstück sei für sich allein zu groß gewesen. Deshalb habe sie nur eine Teilfläche von 1670 qm erstanden. Nach Abzug der Grundstücksabgabe im Umlegungsverfahren ergebe diese Fläche einen Bauplatz von ca. 10 ar. Sie habe sich mit den Verkäufern auf einen Kaufpreis von 150 DM geeinigt, der um 10 DM über dem Angebot der Stadt … gelegen habe.
Herr … selbst habe damals auch feste Bauabsichten gehabt. Er habe jedoch mit einem Eigenheimbau die Zeit bis zur Umlegung nicht abwarten wollen, da er bereits im Vorruhestand gewesen sei. In sämtlichen Verkaufsgesprächen habe Herr … eine voraussichtliche Zeitspanne von drei bis fünf Jahren bis zur Baulandumlegung des Baugebiets … genannt. Als alter … habe er intensive Kontakte auch ins Rathaus gehabt. Seine Ausführungen zur künftigen Bebauung seien daher für sie absolut glaubhaft gewesen. Sie habe auch selbst über Bekannte Erkundigungen beim Rathaus einholen lassen, so durch ihren Lebensgefährten und Prozessbevollmächtigten, der damals … gewesen sei, und dem … in … Beide hätten die Auskünfte erhalten, wonach mittelfristig, also in ca. vier bis fünf Jahren, mit einer Bebauungsmöglichkeit des Gebietes fest zu rechnen sei. Vor Abschluss des Kaufvertrages habe Herr … ihr auf ihren ausdrücklichen Wunsch im Beisein des Notars das Auskunftsschreiben des … vom 4. September 1995 ausgehändigt, wonach keine Bedenken gegen eine Teilung des Grundstücks bestünden, weil das Grundstück in einer vorgesehenen Bebauung liege. Darüber hinaus habe sie sich im Flächennutzungsplan der Region … informiert, in dem das Gebiet … als Bauerwartungsland ausgewiesen gewesen sei. In den letzten Jahren habe sie sich selbst laufend nach dem Stand des Verfahrens erkundigt. Ihre Bebauungsabsicht gehe auch aus ihrem Schreiben vom 27. Januar 1997 an die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (Finanzgerichts(FG)-Akte, S. 12) hervor.
Tatsächlich seien derzeit intensive Vorplanungen für das Baugebiet … im Gange. Sie verweise auf die vorgelegten Zeitungsausschnitte. Die Stadt … habe auch einen städtebaulichen Wettbewerb ausgeschrieben, der inzwischen abgeschlossen sei. Ein Baulandumlegungsbeschluss des Stadtrats sei in Kürze zu erwarten. Die gesamte Planung des Neubaugebietes habe sich nur durch die schlechte Baukonjunkturlage verzögert. Die Stadt … habe zunächst noch Restflächen in den alten und letzten Baugebieten veräußern müssen. Aufgrund der geringen Nachfrage habe dies mehr Zeit als erwartet in Anspruch genommen. Außerdem hätten erst die notwendigen Haushaltsmittel für die Planung zur Verfügung stehen müssen.
Für sie stelle der Grundbesitz eines wesentliche Säule ihrer Altersversorgung dar. Sie plane, auf dem Grundstück ein Gebäude zur Vermietung zu errichten. Nur in ferner Zukunft, in ihrem Lebensabend, komme eventuell einmal eine Eigennutzung in Betracht. Voraussichtlich könne sie erst in … Jahren in Rente gehen. Für den Bau stehe ihr Eigenkapital in Form von Ersparnissen, zugesagten Geldzuwendungen ihrer Eltern, zwei von ihr im Jahre 1997 extra für diesen Zweck neu abgeschlossenen und mit 40.000 DM voll einbezahlten Bausparverträge mit einer Bausparsumme von 100.000 DM sowie ihre zwischenzeitlich voll abbezahlte 2½ -Zimmer-Wohnung in … mit einem Verkehrswert von ca. 250.000 DM zur Verfügung. Außerdem hätten ihre Eltern Bausparverträge abgeschlossen, die ihr nach Zuteilung übertragen würden. Ihre Geschwister seien bereits alle Hausbesitzer und dabei von ihren Eltern unterstützt worden. Sie selbst habe die Absicht, ganz zu ihrem Lebensgefährten nach … zu ziehen, so dass sie das künftige Haus für eine Selbstnutzung nicht benötige. Ihr Lebensgefährte besitze in … ein Zweifamilienhaus mit einer 120 qm großen Wohnung, die er derzeit allein bewohne.
Die Art der künftigen Bebauung spiele keine Rolle. Sie gehe davon aus, dass die Stadt … bei der Zuteilung der Bauplätze im Umlegungsverfahren die Wünsche der Grundstückseigentümer berücksichtige. Sie könne sich nicht vorstellen, dass bei der Verteilung der Bauplätze dem Bauinteressenten für Zweifamilien- oder Doppelhäuser ein Bauplatz zur Bebauung mit Geschosswohnbau zugewiesen werde. Jedenfalls sei ihr Grundstück für die Bebauung mit einem Doppelhaus oder Zweifamilienhaus geeignet. Ihr Grundstück liege am Rande einer bereits bestehenden Bebauung … In diesem stünden Landhäuser sowie Ein- und Zweifamilienhäuser in großer Zahl mit 10 ar und größerer Grundfläche.
Der Bekl könne ihr die bisher eingetretenen zeitlichen Verzögerungen nicht anlasten. Bis zum heutigen Tage habe sie auf eine schnelle Bebaubarkeit gedrängt und die notwendigen finanziellen Vorkehrungen für eine künftige Bebauung getroffen. Eine Architektenplanung könne im jetzigen Stadium noch nicht erwartet werden. Hierzu müssten die endgültige Grundstücksgröße, Grundstückslage, Bauvorgaben für Geschossflächen- und Wohnflächenzahlen sowie z. B. die vorgeschriebene Dachneigung feststehen. Erst dann machten Architektenplanungen und die damit verbundenen Kosten Sinn. Der Zeitraum vom Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks am 25. Oktober 1995 bis jetzt dürfte nicht als außergewöhnlich lang anzusehen sein.
Die Klin beantragt,
den ESt-Bescheid 1997 vom 5. November 1998 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 1. Dezember 1999 dahin zu ändern, dass ein Verlust bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von … DM berücksichtigt wird.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung aus, angefallene Finanzierungskosten könnten nur dann als vorab entstandene Werbungskosten steuerlich abzugsfähig sein, wenn der Steuerpflichtige schon bei der Anschaffung des Grundstückes konkret damit habe rechnen können, das Anwesen in überschaubarer Zeit bebauen zu dürfen und wenn er außerdem seine erkennbare Bauabsicht auch nachhaltig zu verwirklichen suche. Davon könne ausgegangen werde, wenn die Gemeinde in dem betreffenden Gebiet das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes eingeleitet habe und der Steuerpflichtige nach dessen Abschluss unverzüglich den Antrag auf Baugenehmigung stelle. Liege das Grundstück jedoch in einem noch nicht genehmigten Baugebiet und sei nach Auskunft der Gemeinde in absehbarer Zeit auch nicht mit der Erstellung eines Bebauungsplanes oder der Erteilung einer Baugenehmigung zu rechnen, könne eine konkrete Bauabsicht nicht angenommen werden. So sei es aber im Streitfall. Die Stadt … habe bis zum heutigen Tag keinen Bebauungsplan aufgestellt. Unklar sei damit auch die künftige Bebauungsart. Die Klin habe Bauerwartungsland mit einer Fläche von 16,7 ar erworben. Bei einer Umlegung dürfte ihr damit ca. 10 ar Bauland zur Verfügung stehen. In Ballungsgebieten werde wohl kaum ein zur Vermietung vorgesehenes Ein- oder Zweifamilienhaus auf einem derart großen und damit wertvollen Bauplatz errichtet. Hinzu komme, dass wegen der allgemeinen Knappheit von Bauland gerade auch in … kaum Bauplätze von 10 ar für Ein- oder Zweifamilienhäuser ausgewiesen werden dürften. Es sei daher durchaus damit zu rechnen, dass im Falle einer Umlegung der Klin zwei Bauplätze zugeteilt würden.
Im Übrigen zweifle er an der Bauabsicht. Es sei noch kein Architekt mit der Planung eines Vermietungsobjekts beauftragt worden. Auch habe die Klin bisher keine Finanzierungspläne bei Banken eingeholt. Jedenfalls könne er wegen der großen Zeitspanne zwischen dem Erwerb des Grundstückes und einer eventuell späteren Bebauung keine konkrete Bauabsicht erkennen. Wie die tatsächlichen Gegebenheiten zeigten, habe die Klin bei Anschaffung des Grundstückes nicht konkret damit rechnen können, das Grundstück in überschaubarer Zeit bebauen zu dürfen.
Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 8. März 2001 ist der Stadtbaumeister der Stadt … Herr … als Zeuge vernommen worden. Wegen des Inhalts der Zeugenaussage wird auf die Tonaufnahme Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bekl hat die Aufwendungen der Klin für das o. g. Grundstück zu Recht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in den Urteilen vom 4. Juni 1991 IX R 30/89 (Bundessteuerblatt – BStBl – II 1991, 761) und IX R 89/88 (BFH/NV 1991, 741), der der Senat folgt, sind Aufwendungen für ein unbebautes Grundstück dann als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit einer Bebauung des Grundstückes und einer anschließenden Vermietung des Gebäudes besteht. Der Wille, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, muss aus den äußeren Umständen erkennbar und in ein konkretes Stadium getreten sein. Am erforderlichen Zusammenhang von Grundstücksaufwendungen mit späteren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung fehlt es jedoch dann, wenn ein Steuerpflichtiger schon bei der Anschaffung nicht konkret damit rechnen konnte, das Grundstück nach einer überschaubaren Zeit bebauen zu dürfen. So verhält es sich aber im Streitfall.
Die Klin hatte am 25. Oktober 1995 ein Grundstück in einem Gebiet erworben, das lediglich in einem seit 1981 aufgestellten Flächennutzungsplan … als eine Wohnbaufläche ausgewiesen war. Nach Aussage des Zeugen … waren zu diesem Zeitpunkt für dieses Gebiet keine konkreten weiteren Planungen im Gange. Es war lediglich, so der Zeuge … mehr oder weniger festgelegt, dass dann, wenn ein neues Wohngebiet von der Stadt … erschlossen werden sollte, das Gebiet … … herangezogen wird. Allerdings habe der Gemeinderat im Mai 1989 noch beschlossen, gewisse bauplanmäßige Arrondierungen in anderen Gebieten vorzunehmen, bevor mit der Erschließung eines Baugebietes in der Größenordnung … begonnen werde. Dementsprechend seien diese Arrondierungen in zwei Gebieten durchgeführt worden. Konkret sei es mit der Heranziehung des Gebiets … erst geführt worden. Konkret sei es mit der Heranziehung des Gebiets … erst 1999 geworden, als die Stadt die Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs in Auftrag gegeben habe. Auf Nachfrage erklärte er weiter, dass die Stadt … 1995 einen Zeitpunkt für die Erschließung des Gebiets auch noch nicht ins Auge gefasst hatte.
Bei dieser Sachlage im Jahre 1995, bei der noch kein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes eingeleitet war, bei der nicht einmal konkret weitere Planungen und Überlegungen in dieser Richtung vorhanden waren, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klin konkret damit rechnen konnte, das Grundstück nach einer überschaubaren Zeit bebauen zu dürfen. Der Klin ist zwar zuzugeben, dass aufgrund der längerfristigen planerischen Vorstellungen der Stadt … die Annahme nahe lag, dass das Gebiet … auf längere Sicht gesehen Bauland wird. Es war aber nicht absehbar, wann dies geschehen sollte. Die Ausweisung des Gebietes hing von Faktoren, wie dem örtlichen Bedarf an Bauland ab, der wiederum von der Bevölkerungsentwicklung, der Ansiedlungs-, der Raum- und Investitionspolitik der Stadt … abhing. Hierzu hat der Zeuge … ausgeführt, dass die Stadt … 1995 einen starken Bevölkerungszuzug hatte, der inzwischen nachgelassen hat. Größeren Bedarf habe man derzeit nicht. Reihenhäuser würden nur noch sehr zögerlich vermarktet. Der Druck nach Bauland sei eigentlich nur für Einfamilienhäuser da. Die Infrastruktur der Gemeinde sei nicht auf eine stark wachsende Einwohnerzahl ausgerichtet. Der politische Wille sei, keine Leute von außen anzuziehen. Die Stadt … wolle außerdem als eine Fläche sparende Gemeinde verhindern, dass große Brachflächen entstehen und die Landschaft so verzettelt werde. All diese von dem Zeugen … erwähnten Unwägbarkeiten sprechen bei der Beantwortung der Frage nach der zeitlichen Überschaubarkeit im Jahre 1995, das o. g. Grundstück bebauen zu können, für sich und illustrieren geradezu die Unmöglichkeit einer zeitlichen Überschaubarkeit. Dies wird zudem überdeutlich anhand der weiteren Bekundungen des Zeugen … So äußerte er sich noch dahingehend, dass nach dem städtebaulichen Wettbewerb das Gebiet … nicht auf einen Schlag, sondern nacheinander in mehreren oder mindestens zwei Abschnitten erschlossen werden soll. Es dauere noch mindestens drei bis fünf Jahre vom Zeitpunkt des im Herbst zu erwartenden Beschlusses über die Aufstellung eines Bebauungsplanes, bis die Erschließung so weit sei, dass im ersten Abschnitt gebaut werden könne. Wann dann der zweite Abschnitt in Angriff genommen werde, hänge vom Bedarf ab. Er müsse auch leider feststellen, dass das Grundstück der Klin südlich hinter dem … liege. Was die Erschließung des Gebietes … angehe, werde derzeit eigentlich nur nördlich des … bedacht.
Angesichts dieser Aussagen des … und Zeugen … nimmt der Senat nicht an, dass die von der Klin über ihren Lebensgefährten und Prozessbevollmächtigten sowie über den … in … bei der Stadt … eingeholten Auskünfte im Jahre 1995 dahingehend lauten konnten, in ca. vier bis fünf Jahren sei mit einer Bebauungsmöglichkeit des Gebietes fest zu rechnen. Jedenfalls sind von dem … keine derartigen Auskünfte erteilt worden. Wie ungenau oder auch unrichtig das Wissen der Klin über das Gebiet … war, zeigt im übrigen die Behauptung der Klin, die Stadt … habe sich 1995 intensiv darum bemüht, Grundstücke in dem Bauerwartungsland … anzukaufen, wobei die Gemeinde die Grundstücke angeblich zu einem Preis von 140 DM pro qm erworben habe. Nach der glaubhaften Schilderung des Zeugen, der sich vor seiner Vernehmung als Zeuge ausdrücklich noch einmal bei dem Liegenschaftsamt der Stadt … nach den Ankaufspreisen erkundigt hatte, hat die Stadt … Grund stücke nur zu limitierten Preisen, die nicht über 100 DM lagen, angekauft. Er gab weiter zu verstehen, dass aus den Grundstücksaufkäufen nicht habe gefolgert werden können und auch nicht gefolgert worden sei, dass eine Umwandlung des Bauerwartungslands in Bauland angestanden sei. So führte er aus, dass die Stadt seit Jahrzehnten eine vorausschauende Grundstückspolitik betreibe. In dem Gebiet des Bauerwartungslandes … habe sie schon in den 70iger Jahren angefangen, dort Grundstücke zu einem limitierten Preis zu erwerben, der sich im Lauf der Jahre von ca. 50 DM auf 100 DM heute gesteigert habe. Er wies darauf hin, dass die Stadt in der Regel bei einem limitierten Preis nur dann Grundstücke erwerben könne, wenn die Grundstückseigentümer davon ausgingen, dass es noch lange dauere, bis Bauerwartungsland zu Bauland werde. Derzeit, vor allem nach Abschluss des städtebaulichen Wettbewerbs, habe die Stadt kaum eine Möglichkeit, in jenem Gebiet Grundstücke zu erstehen. Die Grundstückseigentümer behielten jetzt die Grundstücke in Erwartung der Aufstellung eines Bebauungsplanes erst einmal selbst. Wenn dennoch Grundstücke auf den Markt kämen, dann seien sie so teuer, dass die Stadt mit ihrem limitierten Preis nicht mehr mithalten könne. Aus dieser Aussage geht klar hervor, dass es nicht so war, wie die Klin glauben machen will, dass durch den städtischen Ankauf von Grundstücken bei der Bevölkerung damals eine Erwartung erzeugt wurde, ein Bebauungsplanaufstellungsbeschluss stehe in den nächsten drei bis fünf Jahren bevor.
Wenn die Verkäufer des Grundstückes allerdings in der Klin eine solche Erwartung möglicherweise geweckt haben sollten, dann spricht dies allenfalls für die Gewandtheit der Verkäufer. Nach der Sachlage war diese Erwartung nicht gerechtfertigt. Ob die Klin eine solche Erwartungshaltung hatte, in absehbarer Zeit auf dem Grundstück bauen zu dürfen, kann der Senat aufgrund den äußeren Umständen nicht feststellen. Jedenfalls konnte sie zum Zeitpunkt des Kaufes des Grundstückes nicht konkret damit rechnen. Auch das Schreiben des Amtes für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur Münsingen vom 4. September 1995, das nur an den damaligen planerischen Zustand des Gebietes, in dem das Grundstück liegt, anknüpft, kann daran nichts ändern.
Im Übrigen zweifelt der Senat daran, dass die Klin nach einer Umlegung das Baugrundstück – wenn überhaupt – vollumfänglich dem Mietwohnungsbau zuführen wird. Es ist nach der Aussage des Zeugen … davon auszugehen, dass die Klin nach der eventuellen Baulandumlegung ein Baugrundstück von ca. 10 ar erhalten wird. Nach dem jetzigen Planungsstand bekäme sie damit je nach bebauungsplanlicher Ausweisung ein Baugrundstück für fünf Reihenhäuser oder für drei Doppelhäuser oder für zwei Einfamilienhäuser. Zum einen ist es fraglich, ob sie mehrere Häuser ohne Verkauf eines Grundstücksanteils finanzieren kann. Zum anderen werden angesichts des erheblichen Investitionsaufwandes und den damit verbundenen Rentabilitätsüberlegungen derzeit Einfamilienhäuser in aller Regel nur zur Selbstnutzung neu gebaut. Jedenfalls steht für den Senat damit auch nicht die Absicht der Klin fest, künftig mit die o.g. Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen zu wollen. Die Feststellungslast hierfür trägt die Klin.
Aus alldem ergibt sich, dass die Klage keinen Erfolg hat. Die Klin hat deshalb gemäß § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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