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  • 07.04.2020 · IWW-Abrufnummer 215156

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 10.12.2019 – 3 K 1681/19

    1. Da das EStG den Entnahmewert für die private Nutzung betrieblich genutzter PKW nur nach der 1%- oder der Fahrtenbuch-Methode bemisst, scheidet die systematische Korrektur dieser Regelungen aus Billigkeitsgründen durch pauschale Deckelung des Entnahmewerts auf die Summe der in diesem Veranlassungszeitraum für den jeweiligen PKW zu erfassenden Betriebsausgaben mangels gesetzlicher Grundlage aus.

    2. Es gibt aus dem Billigkeitserlass durch BMF-Schreiben vom 18. 11. 2009 keinen generellen Anspruch für Steuerpflichtige auf Anwendung dieser sog. Kostendeckelung.

    3. Sollte ausnahmsweise die Kostendeckelung aus Billigkeitsgründen bei einer im Einzelfall bestehenden, besonderen sachlichen oder persönlichen Härte in Betracht kommen, kommt die Anwendung der Billigkeitsregelung für einen Veranlagungszeitraum nur in Betracht, wenn in die in diesem Jahr zu erfassenden Betriebsausgaben zuzüglich einmalig geleisteter Betriebsausgaben anderer Veranlagungszeiträume (insbesondere Leasing-Sonderzahlungen), die auch für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geleistet wurden, den Ansatz nach der 1%-Methode übersteigen.


    Finanzgericht Rheinland-Pfalz

    Urteil vom 10.12.2019


    In dem Finanzrechtsstreit
    1. des Herrn
    2. der Frau
    - Kläger -
    prozessbevollmächtigt: zu 1-2:
    gegen
    das Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Einkommensteuer 2016

    hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 3. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. Dezember 2019 durch

    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht xxx
    den Richter am Finanzgericht Dr. xxx
    den Richter am Finanzgericht xxx
    den ehrenamtlichen Richter Dipl. Betriebswirt (FH) Geschäftsführer xxx
    den ehrenamtlichen Richter Landwirtschaftsmeister xxx
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    I. Die Klage wird abgewiesen.
    II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
    III. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Klage betrifft die Frage, ob der Entnahmewert für die private Nutzung eines betrieblichen PKW nach der sog. 1%-Methode zu ermitteln ist, weil im Streitjahr die tatsächlichen Betriebsausgaben zuzüglich einer bereits im Vorjahr abgeflossenen Leasing-Sonderzahlung den Ansatz nach der 1%-Methode übersteigen, oder ob der Entnahmewert mit den tatsächlich im Streitjahr abgeflossenen Betriebsausgaben anzusetzen und damit auf einen unter dem Ansatz nach der 1%-Methode liegenden Wert beschränkt ist.

    Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr (2016) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (Bl. 3 Einkommensteuerakten). Neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Verkaufsleiter erzielte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Bereich "... Beratung Ingenieurwesen" (Bl. 5 Einkommensteuerakten), die er im Wege der vereinfachten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelte (Bl. 10 ff. Bilanzakten).

    Nachdem der Kläger das vorgenannte Einzelunternehmen zum 1. Januar 2015 gegründet (Bl. 7 Umsatzsteuerakten) hatte, leaste er für den Leasingzeitraum 19. Januar 2015 bis 18. Januar 2018 im Rahmen seines freiberuflichen Einzelunternehmens einen PKW der Marke BMW, Typ "X3" (Bruttolistenpreis 55.800 Euro, Bl. 23 Rechtsbehelfsakten), mit einer Vertragslaufzeit von 36 Monaten. Neben einer im Jahr 2015 gezahlten Leasing-Sonderzahlung in Höhe von 13.361,34 Euro netto zuzüglich Umsatzsteuer waren monatliche Leasingraten in Höhe von 250 Euro zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart (vgl. Bl. 14 und 21 Bilanzakten). Der Kläger machte in seiner Einnahmenüberschussrechnung für das Jahr 2015 Leasingkosten in Höhe von 16.672,66 Euro (Bl. 1 Rückseite Bilanzakten) als Betriebsausgaben geltend, in denen die vorgenannte Leasing-Sonderzahlung ohne Umsatzsteuer enthalten war (vgl. Bl. 14 Bilanzakten; Bl. 17 Gerichtsakten), und die der Beklagte auch in voller Höhe als Betriebsausgaben für den Veranlagungszeitraum 2015 berücksichtigte. Ein Fahrtenbuch führte der Kläger im Streitjahr nicht.

    Mit Einkommensteuererklärung (Bl. 3 ff. Einkommensteuerakten) und Einnahmenüberschussrechnung für das Streitjahr (Bl. 11 ff. Bilanzakten) vom 14. Januar 2018 erklärte der Kläger Entnahmen aus privater KFZ-Nutzung in Höhe von insgesamt 5.797,92 Euro (Bl. 11 Bilanzakten) sowie Betriebsausgaben für KFZ-Kosten in Höhe von insgesamt 5.977,60 Euro (3.000 Euro für Leasingkosten; 1.172,43 Euro für Steuern, Versicherung, Maut; 1.805,17 Euro für sonstige Fahrtkosten ohne AfA). Insgesamt errechnete der Kläger einen Verlust aus seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von -4.980 Euro.

    Mit Einkommensteuerbescheid vom 21. März 2018 (Bl. 21 ff. Einkommensteuerakten) legte der Beklagte seiner Veranlagung einen Verlust des Klägers aus seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von lediglich -4.080 Euro zugrunde. Der "Privatanteil an den Kfz-Kosten" sei nicht in Höhe von 5.797,92 Euro, sondern in Höhe von 6.696 Euro anzusetzen. Dies ergebe sich aus der fiktiven Verteilung der im Jahr 2015 geleisteten Leasing-Sonderzahlung in Höhe von 13.361 Euro auf die 12 Monate des Jahres 2016 als zusätzliche Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Kfz-Nutzung, sodass eine Kostendeckelung nicht erfolge.

    Mit einfacher Email vom 25. März 2018 (Bl. 1 Rechtsbehelfsakten) legten die Kläger Einspruch ein und wandten sich gegen die fiktive Verteilung der Leasing-Sonderzahlung auf die Laufzeit des gesamten Leasingvertrags, die damit bewirkte fiktive Erhöhung der Betriebsausgaben auf einen über den nach der 1%-Methode ermittelten Wert hinausgehenden Betrag und im Ergebnis gegen die Nichtanwendung der Kostendeckelung auf die im Streitjahr tatsächlich abgeflossenen Betriebsausgaben. Diese Vorgehenswese sei weder durch das EStG noch durch BMF-Schreiben gedeckt.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2019 (Bl. 20 ff. Rechtsbehelfsakten) wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Sinngemäß begründete der Beklagte dies damit, dass zwar eine tatsächliche Verteilung der im Jahr 2015 geleisteten Leasing-Sonderzahlung auf die gesamte Laufzeit des Leasingvertrags nicht in Betracht komme, da die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG aufgrund des nicht über mehr fünf Jahren laufenden Leasingvertrags nicht erfüllt seien. Allerdings sei zumindest bei der Berechnung, ob der Ansatz der Entnahme nach der 1%-Methode die tatsächlichen Aufwendungen der Kfz-Nutzung übersteige, eine fiktive Verteilung der im Jahr 2015 geleisteten Leasing-Sonderzahlung auf den gesamten Leasingzeitraum vorzunehmen.

    Zwar bestehe eine Anweisung durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18. November 2009, den pauschalen Nutzungswert der privaten PKW-Nutzung auf die tatsächlich damit im Zusammenhang stehenden betrieblichen Ausgaben zu begrenzen (sog. Kostendeckelung). Dabei sei es zwar nicht ausdrücklich im BMF-Schreiben geregelt, entspreche aber dem dort gewählten betriebswirtschaftlichen Begriff "Gesamtkosten", dass hierzu auch zeitanteilige Leasing-Sonderzahlungen hinzuzurechnen seien. Es komme insofern nicht auf den Abfluss-Zeitpunkt von Aufwendungen nach dem Abfluss-Prinzip, sondern auf die wirtschaftlich zutreffende Erfassung des Nutzungswerts des PKW an. Im Streitjahr übersteige die Summe der tatsächlichen und fiktiven, anteilig im Jahr 2016 zu berücksichtigenden Betriebsausgaben daher den nach der 1%-Methode anzusetzenden Betrag, sodass letzterer anzusetzen sei. Dies gelte insbesondere deshalb, weil es sich bei der Kostendeckelung lediglich um eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Abgabenordnung (AO) handele, die lediglich eine Übermaßbesteuerung vermeiden, nicht aber eine Begünstigung für Steuerpflichtige erreichen wolle. Dies entspreche auch den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 3. September 2015, Az. VI R 27/14.

    Mit Schreiben vom 31. Juli 2019 (Bl. 3 ff. Gerichtsakte) erhoben die Kläger Klage und begründeten diese damit, dass sie aufgrund der geltenden Verwaltungsvorschrift vom 18. November 2009 einen Anspruch auf Kostendeckelung hätten, da die im Streitjahr tatsächlich abgeflossenen Betriebsausgaben des Klägers gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG anzusetzen seien. Eine zuungunsten der Steuerpflichtigen verschärfende Regelung zur periodengerechten Zurechnung von Betriebsausgaben enthalte das BMF-Schreiben gerade nicht, auch nicht durch die Verwendung des Begriffs "Gesamtkosten", der gerade nicht von einer Abweichung vom Abflussprinzip spreche. Das BFH-Urteil vom 3. September 2015, Az. VI R 27/14 sei nicht anzuwenden, da es nur zu einem bilanzierenden Arbeitgeber ergangen sei.

    Die Kläger beantragen,

    1. den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 21. März 2018 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2019 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit ein Privatanteil für Kraftfahrzeugkosten in Höhe von 5.797,00 Euro - anstatt von 6.696,00 Euro - angesetzt wird, und

    2. hilfsweise: die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung nimmt der Beklagte umfassend auf seine Einspruchsentscheidung Bezug. Eine Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO solle nur eine Übermaßbesteuerung vermeiden, habe aber nicht den Zweck einer niedrigeren Besteuerung. Daher müsse die Kostenanknüpfung losgelöst vom zeitlichen Abfluss einzelner Aufwendungen erfolgen. Zudem entspreche es der neuen Verfügungslage der Finanzverwaltung nach Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene, dass nunmehr alle Gesamtkosten einschließlich einmaliger Vorauszahlungen für einen Nutzungszeitraum zu ermitteln und hierbei periodengerecht zu verteilen seien. Dies gelte auch für im Voraus geleistete Leasing-Sonderzahlungen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Da die Kläger mit in der begehrten, aber vom Beklagten abgelehnten Ablehnung der sog. "Kostendeckelung" rügen, dass dieses Vorgehen nicht durch das EStG gedeckt sei, und damit die Verletzung zwingender gesetzlicher Vorschriften durch die angegriffenen Bescheide des Beklagten vortragen, ist ihr Begehren insofern als Antrag auf Anfechtung der angegriffenen Bescheide im Wege einer Anfechtungsklage im Sinne von § 40 Abs. 1 Halbsatz 1 FGO und nicht als eine auf Erlass im Billigkeitswege gerichtete Verpflichtungsklage auszulegen.

    II.

    Die Klage ist zulässig. Insbesondere war der mit einfacher Email erhobene Einspruch formgerecht erhoben. Gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der für das Streitjahr geltenden Fassung kann ein Einspruch auch elektronisch eingelegt werden. Damit ist die Übermittlung des Einspruchs per E-Mail gemeint. Eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne von § 87a Abs. 3 Satz 2 AO ist nicht erforderlich, da auch bei schriftlicher Einreichung keine eigenhändige Unterschrift erforderlich ist (BFH, Urteil vom 13. Mai 2015 - III R 26/14 -, BFHE 250, 12, BStBl II 2015, 790).

    III.

    Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Entscheidung des Beklagten, die Nutzungsentnahme für die private PKW-Nutzung des Klägers nicht auf die mit dem PKW zusammenhängenden Betriebsausgaben des freiberuflichen Einzelunternehmens des Klägers zu beschränken, sondern von der Anwendung der 1%-Methode auszugehen, keine Verletzung zwingenden Rechts darstellt (dazu 1.). Zudem haben die Kläger auch keinen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen (dazu 2.), zumal die Tatbestandsvoraussetzungen des Billigkeitserlasses nicht vorliegen (dazu 3.).

    1.

    Die Kläger können die von ihnen begehrte sog. "Kostendeckelung" mit einer Beschränkung der Nutzungswertentnahme auf die Höhe der tatsächlich im Streitjahr gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG abgeflossenen Betriebsausgaben des klägerischen Einzelunternehmens schon deshalb nicht verlangen, weil hierfür eine gesetzliche Grundlage fehlt.

    a)

    Nutzt ein Steuerpflichtiger einen zum Betriebsvermögen gehörenden PKW auch für private Zwecke, so liegt hierin eine Nutzungsentnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG. Der aus dem Betriebsvermögen erzielte Gewinn ist daher grundsätzlich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG um den Wert der Entnahmen zu erhöhen. Auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist der Wert einer Entnahme dem Gewinn hinzuzurechnen (ständige Rechtsprechung seit BFH, Urteil vom 16. Januar 1975 - IV R 180/71 -, BFHE 115, 202, BStBl II 1975, 526; BFH, Urteil vom 31. Oktober 1978 - VIII R 196/77 -, BFHE 127, 168, BStBl II 1979, 401; BFH, Urteil vom 12. März 1992 - IV R 31/91 -, BFH/NV 1993, 405). Wegen des Prinzips der Totalgewinngleichheit bei der Gewinnermittlungnach § 4 Abs. 3 EStG ist der Entnahmegewinn nach denselben Grundsätzen zu berechnen ist wie bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG (BFH, Urteil vom 14. November 2007 - XI R 37/06 -, BFH/NV 2008, 365).

    Folglich richtet sich die Entnahmebesteuerung der Höhe nach bei Steuerpflichtigen wie dem Kläger, die ihren Gewinn im Wege der vereinfachten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Verweisung des § 6 Abs. 7 Nr. 2 EStG ebenfalls nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG.

    Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, erfolgt die Entnahmebesteuerung nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG, sondern nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und Satz 3 EStG. Dabei ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG eine spezialgesetzliche Bewertungsregel. Nur wenn sie gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG wegen eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs nicht eingreift, ist die Nutzungsentnahme nach allgemeinen Regeln mit dem darauf entfallenden Aufwand zu bewerten (BFH, Urteil vom 3. Februar 2010 - IV R 45/07 -, BFHE 228, 312, BStBl II 2010, 689). Hinsichtlich des Nutzungswertansatzes für die private Nutzung eines überwiegend betrieblich genutzten Kraftfahrzeugs ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Halbsatz 1 EStG für jeden Kalendermonat 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Halbsatz 1 EStG kann die private Nutzung abweichend von § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

    Die Anknüpfung der sog. 1%-Regelung an den Listenpreis stellt eine typisierend-pauschalierende Regelung dar, die sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bewegt. Es handelt sich um einen sachgerechten Maßstab. Der Ansatz des Gesetzgebers in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, die Bewertung der privaten Nutzungsentnahme anhand der 1%-Regelung ausgehend vom Listenpreis vorzunehmen, entspricht dem Erfordernis, die Entnahmen des Steuerpflichtigen für die private Lebensführung nach dem Nutzungsvorteil zu bemessen, der dem Steuerpflichtigen zukommt. Soweit die 1%-Regelung zum Tragen kommt, will (gerade) der Bezug zum inländischen Listenpreis sicherstellen, dass alle Vorteile, die mit der Zurverfügungstellung des Fahrzeugs für den Steuerpflichtigen verbunden sind, umfasst werden (folglich auch Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur- und Wartungskosten, Treibstoffkosten). Die so vom Gesetzgeber zu Grunde gelegte Bemessungsgrundlage des Bruttolistenpreises bezweckt also nicht, die tatsächlichen Neuanschaffungskosten des Fahrzeugs - und erst recht nicht, dessen gegenwärtigen Wert im Zeitpunkt der Überlassung - möglichst realitätsgerecht abzubilden. Die Bewertung des Nutzungsvorteils ist mit dem Ansatz in Höhe von 1% des Bruttolistenpreises je Monat eine grob typisierende Regelung, da sie stark divergierende Sachverhalte zusammenfasst. Hierzu zählen die Nutzung neuer oder gebrauchter bzw. teurer oder preiswerter Kfz, der unterschiedliche Umfang der betrieblichen bzw. privaten Nutzung, die unterschiedliche Nutzungsdauer von betrieblichen Kraftfahrzeugen, die divergierenden Möglichkeiten der AfA und die unterschiedliche Höhe von Umsatzsteuersätzen (vgl. zuletzt etwa BFH, Urteil vom 09 November 2017 - III R 20/16 -, BFHE 260, 113, BStBl II 2018, 278; BFH, Urteil vom 15. Mai 2018 - X R 28/15 -, BFHE 261, 492 [BFH 26.04.2018 - VI R 39/16], BStBl II 2018, 712 [BFH 13.03.2018 - IX R 16/17]; BFH, Urteil vom 08 November 2018 - III R 13/16 -, BFHE 263, 158, BStBl II 2019, 229 mit weiteren Nachweisen).

    b)

    Nach diesen Maßstäben erfolgt die Besteuerung der Nutzungsentnahme für private PKW-Nutzungen nach dem Regelungssystem des EStG also nur entweder durch den Ansatz der 1%-Methode ohne weitere Voraussetzungen oder durch den Ansatz der tatsächlichen Aufwendungen der privaten Nutzung unter der Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt.

    Die von den Klägern begehrte "Kostendeckelung" ist in diesem klaren Regelungssystem hingegen gesetzlich nicht vorgesehen. Dass der Beklagte sie nicht angewendet hat, führt also entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu einem Verstoß gegen das EStG.

    2.

    Die Kläger können einen Anspruch auf Anwendung der sog. Kostendeckelung auch nicht aus der Anwendung einer entsprechenden Billigkeitsregelung gemäß BMF-Schreiben vom 18. November 2009, insbesondere nicht aus § 163 AO in Verbindung mit einer Allgemeinverfügungen der Finanzverwaltung herleiten.

    a)

    Zwar hat das BMF mit Schreiben vom 18. November 2009 grundsätzlich eine Begrenzung der pauschalen Wertansätze nach der 1%-Methode zugelassen (sog. Kostendeckelung). Der pauschale Nutzungswert nach § 6 Absatz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG könne die für das genutzte Kraftfahrzeug insgesamt tatsächlich entstandenen Aufwendungen übersteigen. Werde das im Einzelfall nachgewiesen, so seien diese Beträge höchstens mit den Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs anzusetzen. Bei mehreren privat genutzten Kraftfahrzeugen könnten die zusammengefassten pauschal ermittelten Wertansätze auf die nachgewiesenen tatsächlichen Gesamtaufwendungen dieser Kraftfahrzeuge begrenzt werden; eine fahrzeugbezogene "Kostendeckelung" sei zulässig. Zu den Gesamtaufwendungen für das Kraftfahrzeug (Gesamtkosten) gehörten Kosten, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zu dienen bestimmt seien und im Zusammenhang mit seiner Nutzung zwangsläufig anfallen würden, nicht aber die Sonderabschreibungen. Außergewöhnliche Kraftfahrzeugkosten seien dagegen vorab der beruflichen oder privaten Nutzung zuzurechnen. Aufwendungen, die ausschließlich der privaten Nutzung zuzurechnen seien, seien vorab als Entnahme zu behandeln (BMF, Schreiben vom 18. November 2009 - IV C 6-S 2177/07/10004 -, BStBl I 2009, 1326, Rn. 18 und 32).

    b)

    Zwar können Steuern grundsätzlich gemäß § 163 AO niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung dienen jedoch nur der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen. Ausgeschlossen ist es hingegen, eine auf einer klaren gesetzlichen Regelung beruhende Besteuerung als ungewollte und "überschießende" Folge einer typisierenden gesetzlichen Regelung zu qualifizieren und diese mit einer Billigkeitsentscheidung zu unterlaufen. Damit würde eine strukturelle Gesetzeskorrektur vorgenommen und gegen das sowohl verfassungsrechtlich in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) als auch einfachrechtlich in § 85 Satz 1 AO normierte Legalitätsprinzip verstoßen (vgl. BFH, Beschluss vom 28. November 2016 - GrS 1/15 -, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393).

    c)

    Aufgrund der vorgenannten Ausführungen zur klaren gesetzlichen Methodik, den Entnahmewert der privaten KFZ-Nutzung entweder typisierend durch die 1%-Methode oder im Einzelfall konkret ermittelt durch Ansatz der tatsächlichen Kosten mit Nachweisen der privaten Nutzung durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu bestimmen, erscheint die Nichtanwendung der sog. Kostendeckelung dem Gericht nicht als sachliche Härte des Einzelfalls der Kläger oder einer mit den Klägern vergleichbaren Gruppe von Steuerpflichtigen, sondern gerade als Ausdruck der klaren gesetzgeberischen Typisierungs- und Wertungsentscheidung zur Entnahmebesteuerung aus der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge. Eine Abweichung hiervon aus Billigkeitsentscheidung scheidet damit - zulasten wie zugunsten der Kläger - nach den vorgenannten Rechtsmaßstäben aus.

    Gründe für eine ausnahmsweise bestehende persönliche Unbilligkeit für den Fall der Kläger sind weder vorgetragen noch erkennbar. Insbesondere scheidet die Anwendung eines Billigkeitserlasses deshalb aus, weil es dem Kläger schon selbst möglich gewesen, mögliche persönliche Härten aus der pauschale Entnahmebesteuerung privater Nutzungsvorteile mit der 1%-Methode durch das Führen eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs zu vermeiden.

    3.

    Im Übrigen hätten die Kläger auch in der Sache keinen Anspruch aus der zunächst für das Streitjahr geltenden Verwaltungsvorschrift auf Anwendung der Billigkeitsgrundsätze gemäß BMF-Schreiben vom 18. Dezember 2001, da die Voraussetzungen dieses Schreibens für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht erfüllt sind (dazu a)). Überdies könnte ein solcher Anspruch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr aus der früheren Erlasslage abgeleitet werden, da die Finanzverwaltung zu diesem Zeitpunkt ihre frühere Verwaltungsauffassung bereits geändert hatte (dazu b)).

    a)

    Bereits nach dieser im Streitjahr geltenden Verwaltungsauffassung können die Kläger in der Sache keinen Anspruch darauf herleiten, dass in ihrem Fall die Billigkeitsregelungen zur Kostendeckelung Anwendung finden, da in die "Gesamtkosten" im Sinne des vorgenannten Schreibens auch die im Jahr 2015 geleistete Leasing-Sonderzahlung zeitanteilig einzubeziehen ist und die Aufwendungen des Klägers für das Leasingfahrzeugs damit nicht unter, sondern über dem Ansatz von 1% des Bruttolistenpreises lagen.

    Bereits bei telelogischer Auslegung des Begriffs "Gesamtkosten" umfasst dieser auch Leasing-Sonderzahlungen, da anderenfalls eine nur teilweise Besteuerung der Nutzungsvorteile aus der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge verbunden und das Ziel der Entnahmebesteuerung, eine Gesamtgewinngleichheit zu bewirken, nicht erreicht würden.

    Zum anderen zeigt die Verwendung des Begriffs "Gesamtkosten", die bei systematischerAuslegung als an § 275 HGB angelehnt verstanden werden kann, dass den Gesamtkosten insbesondere Abschreibungenzuzuordnen sind. Dies zeigt, dass die Einbeziehung von Aufwendungen, die in anderenPerioden abgeflossen sind, und die damit verbundene periodengerechte Zurechnung demGesamtkosten-Begriff immanent sind. Folglich werden von den Gesamtkosten im Sinnedes vorstehenden BMF-Schreibens auch Leasing-Sonderzahlungen umfasst.

    Dies entspricht überdies den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 3. September 2015 (Az. VI R 27/14), in dem der BFH zwar nur eine Entscheidung zur Entnahme aus dem Betriebsvermögen eines bilanzierenden Steuerpflichtigen getroffen hatte. Die Überlegungen für eine periodengerechte Kostenzuordnung sind zur Herstellung einer gleichheitsgerechten Entnahmebesteuerung jedoch auf Steuerpflichtige im Anwendungsbereich der vereinfachten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG übertragbar.

    b)

    Daneben hat die Finanzverwaltung nach Bekanntwerden eines Steuersparmodells für Einnahmenüberschussrechner bei geleasten Firmenwagen durch Einsatz einmaliger hoher Leasing-Sonderzahlungen nach Abstimmung zwischen Bund und Ländern zwischenzeitlich die Grundsätze zur Ausübung ihrer bisherigen Kostendeckelung dahingehend geändert, dass für die Anwendung der Kostendeckelungsregelung alle Gesamtkosten eines Kfz für einen Nutzungszeitraum zu ermitteln sind. Aufwendungen, die für mehrere Jahre im Voraus geleistet wurden, sind dabei periodengerecht auf die jeweiligen Nutzungszeiträume zu verteilen (Finanzbehörde Hamburg, Fachinformation vom 8. November 2018 - S 2177 - 2018/001 - 52 -, DStR 2019, 1407).

    Die Finanzverwaltung hat damit in einer für das Gericht auch maßgeblichen Form (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08 Dezember 2016 - 6 K 2485/13 -, EFG 2017, 343) ausgedrückt, wie sie das frühere BMF-Schreiben vom 18. November 2009 verstanden sehen will, sodass aus insofern kein Anspruch auf Nichtberücksichtigung der im Jahr 2015 abgeflossenen Aufwendungen bei der Prüfung der Kostendeckelung bestand.

    Da es bei einer Verpflichtungsklage auf die Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichenEntscheidung ankommt (BFH, Urteil vom 11. Juli 2007 - XI R 25/05 -, BFH/NV 2007, 2261), könnte das Gericht die Berücksichtigung der im Jahr 2015 abgeflossenen Aufwendungen wegen der durch die Fachinformation vom 8. November 2018 überholten und hinsichtlich der Leasing-Sonderzahlungen klar ablehnenden Verwaltungsauffassung nicht mehr aussprechen. Eine möglicherweise zuvor bestehende Selbstbindung des Beklagten an die zuvor bestehende Verwaltungsauffassung gemäß BMF-Schreiben vom 18. November 2009 ohne ausdrückliche Aussage zu Leasing-Sondervorauszahlungen besteht hierbei nicht, da sich auf den insofern offenen Wortlaut des Schreibens kein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger gründen konnte.

    IV.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung hat, dies insbesondere im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Grundsätze des BFH-Beschlusses vom 28. November 2016 (Az. GrS 1/15) auf die vorliegende Billigkeitsregelung im BMF-Schreiben vom 18. November 2009 sowie im Hinblick auf die Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 3. September 2015 (Az. VI R 27/14) auf nichtbilanzierende Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.

    RechtsgebieteAO, EStG, GGVorschriftenAO § 163; AO § 85; EStG § 11 Abs. 2 Satz 1; EStG § 4 Abs. 3, 6 Abs. 7 Nr. 2; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und Satz 3; GG Art. 20 Abs. 3