10.02.2025 · IWW-Abrufnummer 246319
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 28.02.2024 – 2 K 38/23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Hessisches Finanzgericht 2. Senat, Urteil vom 28.02.2024, Az. 2 K 38/23
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Beteiligten streiten bzgl. einer einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Jahr 2020 um die Steuerfreiheit von Corona-Hilfen.
Die Klägerin ist eine B, die aus einer C hervorging, an der bis zum 31.12.2020 des Streitjahres der notwendig beigeladene Herr A als Gesellschafter beteiligt war. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrags wird verwiesen auf Blatt 89 ff. der Gerichtsakte.
Die Gesellschaft betreibt einen D für Zwecke touristischer Übernachtungen inklusive der gastronomischen Einrichtungen. Sie erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die gem. §§ 4 Abs. 1, 5 Einkommensteuergesetz (EStG) jeweils zum 31.12. des Jahres durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden.
Aufgrund von Verordnungen des Landes Hessen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ruhte der Betrieb der Klägerin vom 18.03.2020 bis zum 08.05.2020 und von November 2020 bis Mai 2021.
Die Klägerin beantragte eine Leistung aus dem Corona-Virus-Soforthilfsprogramm Hessen 2020, d. h. aufgrund der Richtlinie des Landes Hessen vom 27.03.2020 zur Durchführung eines Soforthilfeprogramms für gewerbliche Unternehmen und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, Selbstständige, Soloselbstständige und Angehörige Freier Berufe, die infolge der Corona-Virus-Pandemie 2020 in ihrer Existenz gefährdet sind. Wegen der weiteren Einzelheiten der Richtlinie wird verwiesen auf StAnz Hessen 2020, 471 ff.
Mit Bescheid vom 23.04.2020 wurde der vormaligen Grundstücksgemeinschaft E auf der Grundlage dieser Richtlinie ein Förderbetrag von 30.000,00 € bewilligt (Blatt 69 ff. Feststellungsakten).
Die Klägerin beantragte darüber hinaus eine Leistung aus der Überbrückungshilfe III in Höhe von insgesamt … €. Davon entfielen …€ auf den Monat November 2020, … € auf den Monat Dezember 2020 und der Rest auf das Jahr 2021 (Blatt 51 ff. Feststellungsakten). Die Überbrückungshilfe III wurde aufgrund der am 11.03.2021 geschlossenen „Ergänzende[n] Verwaltungsvereinbarung `erweiterte Novemberhilfe´, `erweiterte Dezemberhilfe´ und `Überbrückungshilfe III´ zwischen dem Bund und dem Land Hessen über die Gewährung von Soforthilfen des Bundes als Billigkeitsleistungen für kleine und mittelständische Unternehmen“ mit Rückwirkung zum 01.11.2020 gewährt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Richtlinie sowie der Bewilligungsvoraussetzungen der Überbrückungshilfe III wird verwiesen auf StAnz Hessen 2021, 791 ff. sowie die Webseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und des Bundesministeriums der Finanzen unter der Adresse https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/Content/Artikel/Ueberbrueckungshilfe-III/uebh-iii-ueberblick.html, Abrufdatum 26.09.2023.
Die beantragte Hilfe wurde mit Bescheid vom 18.03.2022 bewilligt und am 31.03.2022 an die Klägerin ausgezahlt.
In der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Klägerin (Blatt 1 ff. Feststellungsakten) wurden die auf 2020 entfallenden Corona-Hilfen in Höhe von … € als Betriebseinnahme gewinnerhöhend beim laufenden Gewinn und beim Gewerbeertrag der Gesellschaft erfasst
Mit Datum vom 14.01.2022 erging daraufhin erklärungsgemäß gegenüber der F ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2020 (Blatt 15 f. Feststellungsakten).
Gegen den Bescheid wurde für die C Einspruch eingelegt (Blatt 43 Feststellungsakten). Im steuerlichen Gewinn seien … € Betriebseinnahmen aus Coronaprogrammen enthalten. Die Corona-Soforthilfe und die Corona-Überbrückungshilfe III seien in analoger Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei, was weiter ausgeführt wird.
Mit Datum vom 22.12.2022 erging eine Einspruchsentscheidung (Blatt 141 ff. Feststellungsakten), mit der der Einspruch zurückgewiesen wurde.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Klägerin ergänzt und vertieft ihr Vorbringen im gerichtlichen Verfahren dahin, dass die Corona-Beihilfen zwar unstreitig steuerbar, jedoch nicht steuerpflichtig seien. Die in der Gewinnermittlung bisher als steuerpflichtig erfassten Betriebseinnahmen in Höhe von … € seien folglich außerbilanziell zu kürzen und der Gewinn entsprechend zu mindern. Die gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte der Gesellschafter verminderten sich dementsprechend.
Eine ausdrückliche Regelung über die Steuerfreiheit bzw. Steuerbegünstigung der Corona-Beihilfe finde sich im EStG nicht. Die fehlende Steuerpflichtigkeit ergebe sich jedoch aus einer Analogie zu § 3 Nr. 25 EStG, d.h. der Steuerfreiheit der Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG).
Es bestehe eine planwidrige Regelungslücke, weil das Einkommensteuerrecht für 2020 bereits vor den ersten Betriebsschließungen im März 2020 in Kraft getreten sei. Das pandemische Geschehen und die in diesem Zusammenhang notwendigen Maßnahmen seien noch nicht absehbar gewesen. § 3 EStG habe daher nicht geändert werden können. Die Corona-Hilfen hätten den Steuerpflichtigen nach dem Willen des Gesetzgebers nämlich „in voller Höhe zu Gute kommen sollen.“
Es liege auch eine vergleichbare Interessenlage vor. Das ergebe sich aus einer systematischen Auslegung. Der Unterschied einer nach den Corona-Vorschriften zu einer nach dem IfSG entschädigten Person liege lediglich darin, dass bei einem Entschädigungsfall nach dem IFSG ein konkreter Ansteckungsfall vorliege, der zu einer behördlich verordneten Schließung des Geschäftsbetriebs führe. Der Geschäftsbetrieb der Klägerin sei hingegen aufgrund eines pauschal vermuteten Ansteckungsrisikos geschlossen worden. Die pauschalen Schließungen seien zur Erhaltung der allgemeinen Gesundheit gerade geboten gewesen, weil ein gegenteiliges Handeln zu einem tatsächlichen Infektionsgeschehen und einer Anwendung von § 56 IfSG geführt hätte. Die Corona-Hilfen dienten daher ebenfalls dem Zweck, den Schaden der Einzelpersonen, den diese zur Erhaltung der allgemeinen Gesundheit in Kauf nehmen müsse, auszugleichen und auf die Allgemeinheit zu verteilen. Zudem erfüllten sowohl die IfSG-Entschädigungen als auch die Corona-Hilfen denselben Zweck. Die Entschädigungen nach dem IfSG ersetzten auch laufende Betriebsausgaben und einen Verdienstausfall. Die Corona-Hilfen entschädigten auch Unternehmen, die durch Schließungsanordnungen in Anspruch genommen worden seien. Auch die Anrechnung der Entschädigungszahlungen nach dem IfSG auf die Soforthilfe spreche gerade für eine gemeinsame Zielrichtung. Die Unterschiede zwischen Entschädigungen nach dem IfSG und den Corona-Hilfen seien daher für eine steuerliche Ungleichbehandlung unmaßgeblich.
Auch die Steuerbarkeit der Corona-Hilfen sei kein Indiz dafür, dass vom Gesetzgeber auch eine Steuerpflicht der Hilfen gewollt gewesen sei. Über eine Steuerpflicht sei in den Hinweisen zu den Corona-Hilfen keine Aussage getroffen worden. Der Zuschuss haben den Unternehmen zum damaligen Zeitpunkt vielmehr in voller Höhe zugutekommen sollen; daher habe er bei den Steuervorauszahlungen für 2021 nicht berücksichtigt werden sollen. Diese Aussage spreche dafür, dass der Gesetzgeber eine Steuerfreiheit des Zuschusses gewollt habe. Andernfalls hätten Rücklagen für die potenziell anfallenden Steuern gebildet werden müssen, was wiederum Kapital gebunden hätte.
Die Regelungen der § 3 Nr. 11a und 11b EStG stünden einer solchen Auslegung auch nicht entgegen. Die Regelung des § 3 Nr. 11 EStG sei nicht vergleichend heranzuziehen. Bei den Einnahmen handele es sich nämlich um steuerfreie Einnahmen und nicht um Entschädigungen öffentlich-rechtlicher Institutionen für durch Schutzmaßnahmen geschädigte Betriebe und somit um `Hilfszahlungen´. Diese unterschieden sich wesentlich von Corona-Hilfen für Unternehmen und erfüllten einen vollkommen anderen Zweck. Der Arbeitnehmerzuschuss habe denjenigen zugutekommen sollen, die erheblich mehr Arbeit und erschwerte Arbeitsbedingungen hätten wie z.B. Altenpfleger. Die Begünstigung der Arbeitgeberzuschüsse liege zudem - anders als bei den Corona-Hilfen - alleine in der Rechtsfolge der Steuerfreiheit.
Auch aus der Mitteilungspflicht der bezogenen Corona-Hilfen nach § 13 der Verordnung über Mitteilungen an die Finanzbehörden durch andere Behörden und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (Mitteilungsverordnung ‒ MV) ergebe sich nicht, dass der Gesetzgeber diese als steuerpflichtig angesehen habe. Das Gegenteil sei zutreffend. Sehe der Gesetzgeber die Corona-Hilfen als steuerpflichtig an, so könnte auf die gesonderte Mitteilung des Betrages der Hilfen gerade verzichtet werden, weil diese im zu versteuernden Einkommen bereits enthalten seien. Seien die Corona-Hilfen hingegen steuerbar und steuerfrei, so sei eine gesonderte Mitteilung an die Finanzämter notwendig, weil die Hilfen dem Progressionsvorbehalt unterlägen. Zudem seien sie in die Ermittlung des Steuerbilanzgewinns und der Kapitalkonten einzubeziehen. Weiterhin ermögliche die Mitteilungspflicht die Prüfung und Anzeige einer Doppelförderung auch durch sachfremde Zuschüsse.
Die Verweisung auf die `Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020´ sei zur Ermittlung des gesetzgeberischen Willens ungeeignet, weil es sich um eine Vorgabe der Europäischen Kommission handele, an die sich der Gesetzgeber halten müsse.
Auch aus teleologischen Gründen sei eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG geboten. Die Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 25 EStG sei mit der Begründung eingeführt worden, dass die Besteuerung von Entschädigungen nach dem Bundesseuchenschutzgesetz (Vorgänger des IfSG) unbillig sei und diese schon vor Einführung der Vorschrift nicht der Besteuerung unterworfen worden seien (BT-DrS. 11/2157). Zweck des § 3 Nr. 25 EStG sei es, Zuschüsse, die aufgrund von Rechtsvorschriften gewährt würden und die dem Zweck dienten, die wirtschaftlichen Folgen von Epidemien als unvorhergesehenes Ereignis zu mildern, steuerfrei zu stellen. Die Entschädigungen sollten dem Geschädigten in vollem Umfange zugutekommen, was durch eine Besteuerung konterkariert werde. Auch die Corona-Hilfen hätten den Adressaten in diesem Sinne in voller Höhe zugutekommen sollen.
Auch aus dem historischen Kontext ergebe sich eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG. Die Tatsache der Steuerbarkeit und nachfolgenden Steuerpflicht der Entschädigungen der Corona-Hilfen sei wohl zunächst nicht erkannt worden. Zudem seien die Hilfen eine Reaktion auf die Pandemie als unvorhergesehenes Ereignis gewesen. Sie seien innerhalb kurzer Zeit ausgearbeitet, veröffentlicht, beantragt und bewilligt worden. Dies lasse sich bereit daraus schließen, dass die Corona-Hilfen ohne Rechtsgrundlage nicht in die Berechnung der Steuervorauszahlungen einbezogen worden seien.
Die Klägerin werde bei Nichtanwendung des § 3 Nr. 25 EStG zudem ohne nachvollziehbaren Grund steuerlich anders behandelt als eine Person, die ihren Geschäftsbetrieb auf der Grundlage des IfSG einstellen müsse. Hierdurch werde Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil wesentlich Gleiches ungleich behandelt werde. Ein Steuerpflichtiger, dessen Betrieb konkret aufgrund der Pandemie geschlossen worden sei, erhalte nämlich eine steuerfreie Verdienstausfallentschädigung und den steuerfreien Ersatz der ungedeckten Kosten nach § 56 IfSG.
Die Ungleichbehandlung sei zudem sachlich unbillig. Es seien rund 477.000 Anträge auf Überbrückungshilfe III gestellt worden, die in vielen Fällen zur Festsetzung von Nachzahlungen aufgrund der Corona-Hilfen geführt hätten. Da es sich nicht um Einzelfälle handele, sei es nicht sachgerecht, die Billigkeit der Besteuerung für sämtliche Fälle einzeln zu beurteilen, sondern diese vielmehr unter die Regelung des § 3 Nr. 25 EStG zu fassen. Hätte der Gesetzgeber vor Inkrafttreten des EStG 2020 gewusst, wie viele Fälle einer unbilligen Besteuerung von Corona-Hilfen entstünden, so hätte er eine Steuerbefreiungsnorm erlassen, um Anträge gem. § 227 Abgabenordnung (AO) und § 163 AO zu vermeiden.
Es werde zudem das Gebot des Vertrauensschutzes verletzt. Die Corona-Hilfen seine als Zuschuss bei den Steuervorauszahlungen 2021 nicht berücksichtigt worden, um die Hilfen den Unternehmen in vollem Umfang zugutekommen zu lassen. Die Klägerin habe demnach davon ausgehen dürfen, den Zuschuss auch in Zukunft nicht versteuern zu müssen. Die nachträgliche Besteuerung führe zudem zu einer Zinsbelastung gem. § 233 AO, die der Gesetzgeber nicht gewollt haben könne. Um dieses unbillige Ergebnis zu vermeiden, sei § 3 Nr. 25 EStG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung analog auf Corona-Hilfen anwendbar.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2020 vom 14.01.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.12.2022 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin um … € und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gesellschafter um jeweils … € herabgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte wiederholt sein Vorbringen im gerichtlichen Verfahren dahin, dass es sich bei den Corona-Hilfen nicht um steuerfreie Einkünfte gem. § 3 Nr. 25 EStG in analoger Anwendung handele, weil eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliege. Vielmehr sei aus der Tatsache, dass es keinen die Corona-Hilfen betreffenden Tatbestand in § 3 EStG gebe, zu schließen, dass diese steuerpflichtig sein sollten. Es könne daher dahinstehen könne, ob im Vergleich zu Entschädigungen nach dem IfSG eine vergleichbare Interessenlage bestehe. Corona-Hilfen gehörten vielmehr zu den Aufwandszuschüssen, die steuerpflichtige Betriebseinnahmen seien.
Der Wortlaut des § 3 Nr. 25 EStG stelle eindeutig auf „Entschädigungen“ nach dem „Infektionsschutzgesetz“ ab. Das Infektionsschutzgesetz sehe zudem lediglich Entschädigungen für Verdienstausfälle bei Verbot der Erwerbstätigkeit gem. § 56 IfSG, Aufopferungsanspruch bei Impfschaden gem. § 60 IfSG sowie Aufopferungsanspruch für vernichtete oder beschädigte Gegenstände gem. § 65 IfSG vor.
Für die Auffassung, dass der Gesetzgeber die Corona-Hilfen nicht steuerfrei habe stellten wollen spreche auch die steuerrechtliche Ausgestaltung der Corona-Hilfen für Arbeitnehmer in § 3 Nr. 11 Buchstaben a, b und c EStG als steuerfrei. Aus dieser Tatsache könne rückgeschlossen werden, dass für die an Unternehmer gezahlte Corona-Hilfen solche Regelungen trotz der Pandemie-Situation nicht hätten geschaffen werden sollen. Die Schaffung der Regelungen verdeutliche ebenso, dass der Gesetzgeber eine Regelung zur Steuerfreiheit nicht „vergessen“ habe. Gegen ein Vergessen einer solchen Regelung spreche zudem, dass der Gesetzgeber auch nicht nachträglich eine Steuerfreiheit der Beihilfen geregelt habe.
Weiterhin gehörten die Steuerbefreiungen in § 3 EStG zu den Ausnahmebestimmungen, nach denen gem. § 2 Abs. 1 EStG steuerbare Einkünfte von der Besteuerung ausgenommen würden. Die Tatsache, dass für Corona-Hilfen als Aufwandszuschüsse keine Regelung getroffen worden sei, spreche dafür, dass hierfür gerade der Regelfall gelten solle. Einer ausdrücklichen Anordnung der Steuerpflicht habe es daher nicht bedurft.
Auch § 13 der MV spreche für eine Pflicht zur Versteuerung der Corona-Soforthilfen. So sei in § 13 Abs. 1 MV geregelt, dass die jeweiligen Finanzbehörden über die bewilligten Leistungen zu informieren seien. Zudem seien gem. § 13 Abs. 2 MV zur Sicherstellung der Besteuerung von der Finanzverwaltung Mitteilungen zu machen.
Auch eine vergleichbare Interessenlage liege nicht vor. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil nicht wesentlich Gleiches ungleich behandelt werde. Die Zielrichtung und die Rechtsnatur der Ansprüche gem. IfSG und Corona-Hilfen unterschieden sich nämlich. Bei dem IfSG handele es sich um spezielles Gefahrenabwehrrecht. Dieses sehe für die zuständigen Behörden Möglichkeiten vor, in die Rechte von Bürgern einzugreifen, um die Ausbreitung von Krankheiten und Infektionen zu verhindern. Zum Ausgleich für solche Eingriffe in die Rechte von Bürgern sehe das IfSG einen Anspruch des Bürgers auf Entschädigung für den Eingriff vor. Die Corona-Hilfen hätten hingegen die Zielsetzung, wirtschaftliche Schäden, die aufgrund der Corona-Pandemie zu einer Existenzgefährdung von Unternehmen führten, zu verhindern. Die Hilfen stellten gerade keine Entschädigung für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung dar, sondern seien Zuschüsse, die aus Billigkeitsgründen gewährt worden seien. Zudem würden die Entschädigungszahlungen gem. IfSG auf die Corona-Hilfen angerechnet.
Auch die Beihilfevorgaben aus dem EU-Recht und deren innerdeutsche Umsetzung durch die `Bundesregelung Kleinbeihilfen´ sprächen dafür, dass der Gesetzgeber die Corona-Hilfen nicht steuerfrei habe gewähren wollen. Unter Bezugnahme auf die Mitteilung 2021/C34/06 der Kommission werde bzgl. der höhenmäßigen Begrenzung der Beihilfebeträge von Bruttobeiträgen gesprochen. Dies zeige, dass eine Kontrolle der als Corona-Hilfen gezahlten Beträge bei unterstellter Steuerfreiheit erheblich erschwert wäre. Folge man hingegen der klägerischen Argumentation, so handelte es sich bei den Corona-Hilfen um Nettobeträge, die zur Kontrolle in Bruttobeträge umgerechnet werden müssten. Auch dies spreche gegen den gesetzgeberischen Willen, die Corona-Hilfen als steuerfrei zu behandeln.
Herr A ist zum Verfahren mit Beschluss vom 07.11.2023 notwendig beigeladen worden (Blatt 170 ff. Gerichtsakte).
Auf den Inhalt der gerichtlichen Verfügungen vom 02.03.2023 und vom 05.10.2023 (Blatt 75 f., 168 f. Gerichtsakte) sowie den Telefonvermerk vom 05.10.2023 (Blatt 156 Gerichtsakte) wird verwiesen.
Dem Gericht hat ein Band Feststellungsakten zur Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet, weil der Bescheid vom 14.01.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.12.2022 nicht rechtswidrig ist und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Der Beklagte hat die Corona-Hilfen in Höhe von … € zu Recht als steuerbare und ‒ was vorliegend einzig streitig ist - steuerpflichtige Betriebseinnahmen behandelt, weil eine gesetzliche Grundlage für eine Steuerbefreiung der Corona-Hilfen nicht vorliegt und dies auch dem gesetzgeberischen Willen entspricht (für eine Steuerpflicht z.B. auch FG Münster, Urteil vom 26.04.2023, 13 K 425/22 E, EFG 2023, 1068; Wagner/Weber, Steuerrechtliche Behandlung und wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit von Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie, DStR 2020, 745: Corona-Hilfen als echter Aufwandszuschuss, der grundsätzlich als Betriebseinnahme steuerbar ist).
1. Für eine Steuerfreiheit der Corona-Beihilfen besteht keine gesetzliche Grundlage.
§ 3 EStG enthält keine positive Regelung zur Steuerfreiheit der Corona-Beihilfen, sondern lediglich Regelungen zu anderen Zahlungen, die ganz oder zum Teil im Zusammenhang mit der Corona-Krise geleistet wurden. So wird in § 3 Nr. 11a, 11b EStG die Steuerfreiheit von Corona-Beihilfen des Arbeitgebers, in § 3 Nr. 25 EStG i.V.m. § 56 Abs. 1a IfSG die Steuerfreiheit von Entschädigungen nach dem IfSG für Verdienstausfälle infolge eines epidemiebedingten Entfallens der Betreuung von Kindern und Menschen mit Behinderungen sowie in § 3 Nr. 28a EStG die Steuerfreiheit von Zuschüssen des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld geregelt.
2. Die Regelung der Steuerfreiheit der Entschädigungen nach dem IfSG gem. § 3 Nr. 25 EStG ist nicht erweiternd in dem Sinne auszulegen, dass sie auf die an die Klägerin gezahlten Corona-Hilfen anwendbar wäre, weil es sich hierbei um Liquiditätshilfen handelte, die Ausfälle von Betriebseinnahmen sowie trotz der Corona-Krise anfallender Betriebsausgaben ausgleichen sollten.
a) Einer analogen Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG auf die an die Klägerin gezahlten Corona-Hilfen steht entgegen, dass bezogen auf den Ersatz von Betriebseinnahmen und abziehbarer Betriebsausgaben schon keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Das ergibt sich im Wege der Auslegung.
aa) Die Gesetzgebungsgeschichte spricht eindeutig dagegen, dass der Gesetzgeber die Steuerbefreiung der einen Ersatz von Betriebseinnahmen oder abziehbarer Betriebsausgaben darstellender Corona-Hilfen gänzlich vergessen oder jedenfalls das Verhältnis der Corona-Hilfen zu den steuerfreien Entschädigungszahlungen nach dem IfSG übersehen haben könnte.
Zutreffend wurde klägerseits gesehen, dass die Aufnahme von Entschädigungen nach dem Bundesseuchengesetz als Steuerbefreiungstatbestand gem. § 3 Nr. 25 EStG erfolgte, weil diese Entschädigungen bereits vor Schaffung der Vorschrift aus Billigkeitsgründen nicht besteuert wurden, ihre bzgl. der Entschädigungen von Verdienstausfall nach dem IfSG durch die Neuregelung des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe e EStG erfolgte Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt jedoch eine förmliche „Steuerfreistellung“ erforderte (vgl. BT-DrS 11/2157, 137 f.)
Im Zusammenhang mit der Ausreichung von Corona-Hilfen wurden jedoch weitere Steuerbefreiungen geschaffen bzw. die zeitliche Anwendbarkeit der geschaffenen Regelungen verlängert. § 56 Abs. 1a IfSG wurde durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I 2020, 587) und die § 3 Nr. 11a und § 3 Nr. 28a EStG durch das Corona-Steuerhilfegesetz vom 19. Juni 2020 (BGBl I 2020, 1385) eingeführt. § 56 Abs. 1a IfSG wurde durch das vorgenannte Corona-Steuerhilfegesetz um das epidemiebedingte Entfallen einer Betreuung bezogen auf Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen erweitert. § 3 Nr. 11b EStG wurde durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz (Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19. Juni 2022 (BGBl I 2022, 911) eingeführt und zugleich die Geltungsdauer des § 3 Nr. 28a EStG verlängert.
Aus den Gesetzesbegründungen ergibt sich, dass sehr detailliert über die Schaffung und Verlängerung von Steuerbefreiungsvorschriften sowie die Neuregelungen des § 56 Abs. 1a IfSG debattiert wurde. Ziel war eine steuerliche Entlastung der Arbeitnehmer sowie eine gem. § 3 Nr. 25 EStG steuerfreie Entschädigung für einen coronabedingt durch die Notwendigkeit der Betreuung von Kindern entstandenen Verdienstausfall (vgl. zu den Gesetzesbegründungen: § 3 Nr. 28a EStG, BT-DrS 19/19150, 5 f., 11 f., BT-DrS 19/19601, 3, 11, 15 f.; § 3 Nr. 11a EStG, BT-DrS 19/19601, 11, 37; § 56 Abs. 1a IfSG, BT-DrS 19/18111, 1 ff., 10, 24 f.; § 3 Nr. 11b und Verlängerung § 3 Nr. 28a EStG, BT-DrS 20/1906, 1 ff., 8 ff., 30, 39; Erweiterung § 56 Abs. 1a IfSG, BT-DrS 19/19601, 4, 6 f., 13f., 34. Die Regelungen lassen somit erkennen, dass sich der Gesetzgeber der Bedeutung der Steuerbefreiungen und auch des Verhältnisses der Corona-Hilfen zu Entschädigungen nach dem IfSG durchaus bewusst war.
bb) Auch die systematische Auslegung spricht gegen das Vorliegen einer Regelungslücke bzgl. ausfallende Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben ersetzender Corona-Hilfen.
(1) Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 EStG ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Sollen steuerbare Einnahmen steuerfrei gestellt werden, so bedarf es einer ausdrücklichen Regelung. So wurden andere Regelungen zur Steuerbefreiung von Corona-Hilfen ausdrücklich geschaffen (s.o.). In systematischer Hinsicht gegen eine erweiternde Auslegung des § 3 Nr. 25 EStG spricht auch, dass - wären Corona-Hilfen als steuerfreie Betriebseinnahmen von § 3 Nr. 25 EStG zu behandeln ‒ korrespondierend gem. § 3c Abs. 1 1. Hs. EStG Betriebsausgaben, soweit sie mit den Corona-Hilfen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürften. Eine Anwendung von § 3c Abs. 1 1. Hs. EStG wurde vom Gesetzgeber jedoch an keiner Stelle thematisiert.
(2) Auch aus § 13 MV, in dem eine Mittteilungspflichten für Corona-Hilfen nur für unternehmerisch - nicht jedoch angestellt oder beruflich nicht tätige - Personen geregelt wird, lässt darauf schließen, dass Regelungszweck des § 13 MV gerade die Versteuerung der gezahlten Corona-Hilfen sein sollte.
(3) Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Tatsache, dass die in Streit stehenden Corona-Hilfen ihre rechtliche Grundlage für die Corona-Soforthilfe in Art. 107 Abs. 3 Buchstabe b des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.V.m. den Ziffern 3.1 und 4 der Mitteilung der Kommission C(2020) 1863 final vom 19. März 2020 (ABl. C 91I vom 20.3.2020, 1), der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 (BAnz AT 31.03.2020 B2, 1), der Veraltungsvereinbarung des Bundes und der Länder über die Soforthilfen des Bundes für die Gewährung von Überbrückungshilfen als Billigkeitsleistungen für `Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige´ vom März 2020 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2020/03/2020-03-29-PM-Verwaltungsvereinbarung-Soforthilfe.html haben: zusammenfassende Darstellung der Verwaltungsvereinbarung, Abrufdatum: 26.04.2024) und der Richtlinie des Landes Hessen vom 27.03.2020 zur Durchführung eines Soforthilfeprogramms für gewerbliche Unternehmen und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, Selbstständige und Angehörige Freier Berufe, die infolge der Corona-Virus-Pandemie 2020 in ihrer Existenz gefährdet sind (StAnz Hessen 2020, 471 ff.) (Corona-Soforthilfe) sowie für die Überbrückungshilfe III in den vorgenannten europarechtlichen Regelungen, der Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 (BAnz AT 31.12.2021 B2, 1), der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Hessen am 11.03.2021 mit Wirkung zum 01.11.2020 geschlossenen „Ergänzende[n] Verwaltungsvereinbarung `erweiterte Novemberhilfe´, `erweiterte Dezemberhilfe´ und `Überbrückungshilfe III´ (StAnz Hessen 2021, 791 ff.) und der Vollzugshinweise für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen (Anlage zur Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern) (StAnz Hessen 2021, 795, 806 f.) haben.
(a) In Art. 107 Abs. 1 AEUV ist geregelt, dass grundsätzlich staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Gem. Art. 107 Abs. 3 Buchstabe b AEUV können Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedsstaates als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden.
Die Mitteilung der Kommission vom 19.03.2020 konkretisiert die Anwendung der Vorschrift des Art. 107 Abs. 3 Buchstabe b AEUV dahin, dass Ziel der Beihilfen vorrangig die Beseitigung von Liquiditätsengpässen sei. In jedem Falle sei es Ziel der Beihilferegelungen, „die Integrität des EU-Binnenmarktes zu wahren und für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen“ (Nr. 1.3 Absatz 6). Nr. 3 der Mitteilung, auf der die streitgenständlichen Corona-Hilfen basieren, bezieht sich hierbei lediglich auf Beihilfen zur Beseitigung eines Liquiditätsengpasses. Die Beihilfen können gem. Nr. 3.1 Abs. 2 Buchstabe a 1. Hs. in Höhe von maximal … € pro Unternehmen als direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse, Steuervorteile oder Vergünstigungen in Bezug auf andere Zahlungen gewährt werden. Im zweiten Halbsatz findet sich die Regelung, dass es sich bei den eingesetzten Beträgen um Bruttobeträge vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben handele.
Schon aus der Zielsetzung, den Unternehmen lediglich einen möglichst wettbewerbsneutralen Liquiditätsvorteil zu verschaffen und der Erwähnung, dass bei der Berechnung Bruttobeträge zu berücksichtigen seien, kann geschlossen werden, dass die Europäische Kommission für die gewährten Beihilfen davon ausgeht, dass auf diese Steuern und ggf. sonstige Abgaben entfallen können. In § 1 Abs. 4 der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 ebenso wie in § 2 Abs. 6 Satz 3 der Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 findet sich hierzu demgemäß die Regelung, dass es sich bei den eingesetzten Beträgen um Bruttobeträge, also solche vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben, handele. Daraus ist rückzuschließen, dass die direkten Zuschüsse nach nationalem Recht gerade als steuerbare und steuerpflichtige Betriebseinnahmen behandelt werden sollten. Dies korrespondiert auch mit dem Ziel einer möglichst großen Wettbewerbsneutralität der Beihilfen, die gerade durch die Anwendung des individuellen Steuersatzes des Steuerpflichtigen und der Regelungen zur Verlustberücksichtigung erreicht werden kann. Alternativ hätte gem. Nr. 3.1 Abs. 2 Buchstabe a der Mitteilung der Kommission für den deutschen Gesetzgeber auch die Möglichkeit bestanden, die Beihilfe in Form von Steuervorteilen zu gewähren. Diese Variante, zu der auch eine ganz oder teilweise Steuerbefreiung gehört hätte, wurde vom Gesetzgeber bei unternehmerisch tätigen Personen jedoch gerade nicht gewährt.
(b) Auf die vorgenannten Rechtsgrundlagen, das Ziel, durch die Hilfen einen Liquiditätsengpass auszugleichen und die Steuerpflicht der Corona-Hilfen wurde für die Corona-Soforthilfe und die Überbrückungshilfe III vor und mit der Bewilligung auch hingewiesen. Die Nennung der vorgenannten europarechtlichen Vorschriften zu den Corona-Hilfen weist darauf hin, dass es dem gesetzgeberischen Willen entspricht, ebendiese europarechtlichen Vorgaben umzusetzen.
(aa) So wird unter 2.8 der Richtlinie des Landes Hessen zur Corona-Soforthilfe, in der Präambel der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 und auch im Bewilligungsbescheid vom 23.04.2020 der Corona-Soforthilfe (Blatt 69 ff. Feststellungsakten) auf die vorgenannten Rechtsgrundlagen hingewiesen. Eine solche Bezugnahme auf diese Rechtsgrundlagen erfolgte auch für die Überbrückungshilfe III und den Vollzugshinweisen zur Überbrückungshilfe III. Gem. G XIX Nr. 11 Abs. 1 Satz 1 der Ergänzenden Verwaltungsvereinbarung muss die Bewilligung durch die zuständigen Stellen beihilfekonform erfolgen und unterfällt gem. G XIX Nr. 1 Abs. 1 Satz 5 der „Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020“, die ihrerseits wiederum auf Art. 107 Abs. 3 Buchstabe b AEUV und die Mitteilung der Kommission vom 19.03.2020 verweist.
(bb) Auch auf das gesetzgeberische Ziel, durch die Hilfen lediglich einen Liquiditätsengpass zu beseitigen, wurde hingewiesen.
Unter Nr. 2.2 Abs. 1, 2 der Richtlinie des Landes Hessen wird bzgl. der Corona-Soforthilfe darauf hingewiesen, dass diese als nicht rückzahlbarer Zuschuss zur Beseitigung eines „existenzbedrohlichen Liquiditätsengpasses“ gewährt werde. Die Höhe der Hilfe wird hierbei gem. 2.4 pauschal anhand der Zahl der Mitarbeiter berechnet, jedoch der Höhe nach auf den durch die Corona-Krise verursachten Liquiditätsengpasses begrenzt.
Auch im Bewilligungsbescheid der Corona-Soforthilfe wird unter Nr. 1 darauf hingewiesen, dass diese „zweckgebunden“ „ausschließlich zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses gewährt werde, die [sic!] durch die Corona-Virus-Pandemie vom Frühjahr 2020 entstanden ist.“ Unter Nr. 8 wird ausgeführt, dass u.a. Entschädigungsleistungen nach dem IfSG den Liquiditätsengpass reduzierten und die Soforthilfe nur für den tatsächlichen Liquiditätsengpass zu beantragen sei.
Gem. des Textes zur Bekanntmachung der Ergänzenden Verwaltungsvereinbarung und Art. 1 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe c ist Ziel auch der Überbrückungshilfe III, „Unternehmen, die aufgrund der Corona-Pandemie hohe Umsatzeinbußen zu verzeichnen haben […], „eine […] weitergehende Liquiditätshilfe zu gewähren und so in ihrer Existenz zu sichern.“ Gem. G XIX Nr. 1 Abs. 1 Satz 5 der Vollzugshinweise soll durch die Zahlungen „als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten“ „ihre wirtschaftliche Existenz gesichert“ werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der förderungsfähigen Fixkosten wird verwiesen auf G XIX Nr. 4. Der Betrag der Überbrückungshilfe orientiert sich gem. G XIX Nr. 5 an der Höhe des Umsatzrückgangs und entspricht gem. G XIX Nr. 5 Abs. 1a dem Betrag der ungedeckten Fixkosten, nach der Definition der Vollzugshinweise mithin den Verlusten, die Unternehmen für den Förderzeitraum in ihren Gewinn- und Verlustrechnungen ausweisen.
(cc) Auf die Frage der Steuerbarkeit und auch der Steuerpflicht wurde auch für beide Corona-Hilfen hingewiesen.
Ein solcher Hinweis findet sich für die Corona-Soforthilfe im Hinweisblatt „Maßnahmenbündel vom 25.03.2020 (Soforthilfe und Darlehen für Hessische Wirtschaft)“ (Blatt 309 f. Feststellungsakten). Dort wird unter dem Punkt „Ziel“, Unterpunkt „Technische Daten“ ausgeführt:
[…] Bei der Steuerveranlagung für die Einkommens- [sic!] und Körperschaftssteuer im kommenden Jahr wird dieser Zuschuss gewinnwirksam berücksichtigt.“
Auch in der Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen vom 29.03.2020 zur Verwaltungsvereinbarung von Bund und Ländern über Bundes-Soforthilfen für Soloselbständige, kleine Unternehmen, Freiberufler und Landwirte (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2020/03/2020-03-29-PM-Verwaltungsvereinbarung-Soforthilfe.html, Abrufdatum: 06.05.2024) wird unter Nr. 7 ausgeführt:
„[…] Damit der Zuschuss jetzt, wenn es wichtig ist, in vollem Umfang den Unternehmen zu Gute kommt, wird er bei den Steuervorauszahlungen für 2020 nicht berücksichtigt. Zwar ist der Zuschuss grundsätzlich steuerpflichtig, aber das wirkt sich erst dann aus, wenn die Steuererklärung für 2020 eingereicht werden muss, also frühestens im nächsten Jahr. Nur wenn im Jahr 2020 ein positiver Gewinn erwirtschaftet wurde, wird dann auf den Zuschuss der individuelle Steuersatz fällig.“
Auch in Art. 7 Satz 1 1. Fall der Ergänzenden Verwaltungsvereinbarung ist unter „Steuerrechtliche Hinweise“ für die Überbrückungshilfe III geregelt, dass diese „steuerbar und nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinn- oder Überschussrechnung zu berücksichtigen“ ist. Gem. Art. 7 Satz 3 1. Fall ist die Überbrückungshilfe III für Zwecke der Festsetzungen von Steuervorauszahlungen nicht zu berücksichtigen.
Unter G XXI Nr. 13 Abs. 1 Satz 1 „Steuerrechtliche Hinweise“ der Vollzugshinweise wird ebenfalls ausgeführt, dass die als Überbrückungshilfe bezogenen Leistungen „steuerbar und nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinn- oder Überschussermittlung zu berücksichtigen seien. Gem. Abs. 2 informiere die Bewilligungsstelle von Amts wegen die Finanzbehörde über die gewährte Überbrückungshilfe. Nach Abs. 3 sei die Überbrückungshilfe für Zwecke der Steuervorauszahlungen nicht zu berücksichtigen.
Auch im Formblatt des klägerseits gestellten Antrags für die Bewilligung der Überbrückungshilfe III ist in den „Allgemeinen Erklärungen“ angegeben, dass der Antragsteller zur Kenntnis genommen habe, dass die bezogenen Leistungen „steuerbar“, „nach allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen“ seien und Angaben zum Bezug der Überbrückungshilfe den Finanzbehörden elektronisch übermittelt würden. (Blatt 133 ff. Feststellungsakten).
(4) Auch aus dem Gesichtspunkt des Gesetzeszwecks ergibt sich kein anderes Ergebnis, weil keine vergleichbare Interessenlage zwischen den Corona-Hilfen und den Entschädigungszahlungen nach dem IfSG vorliegt.
(a) Das IfSG soll gem. §§ 56 Abs. 1, 56 Abs. 1a, 60, 65 IfSG Schäden ausgleichen, die sich aus dem Vollzug des IfSG ergeben. Dabei ist die Intention der Schadensausgleichszahlungen für die einzelnen Fallgruppen durchaus unterschiedlich (vgl. Kümper in: Kießling, Infektionsschutzgesetz, 3. Aufl. 2022, Vorbemerkung vor § 56 ff. Rdnrn. 1 ff.). Die vorliegend streitigen Corona-Hilfen sollen hingegen lediglich einen coronabedingten Liquiditätsengpass ausgleichen.
(b) Die in Nr. 2.7 Abs. 2 der Richtlinie des Landes Hessen bzgl. der Corona-Soforthilfe vorgesehene Anrechnung z.B. der Entschädigungen nach dem IfSG auf die Corona-Hilfe steht einer solchen telelogischen Auslegung nicht entgegen.
Die Anrechnung der steuerbefreiten Zahlungen ist vielmehr folgerichtig, weil die auf der Grundlage des IfSG geleisteten Zahlungen den vorhandenen Liquiditätsengpass gerade vermindern. Würde hingegen auch die Corona-Hilfe in analoger Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei gestellt, würde dies den Vorrang des IfSG (hier insbesondere § 56 Abs. 1 IfSG) aushebeln. Dies stünde dem planmäßigen Bestreben des Gesetzgebers gerade entgegen, die Entschädigungstatbestände nach dem IfSG auf wenige Fälle zu begrenzen und Erweiterungen ausdrücklich ins Gesetz aufzunehmen (BGH, Urteil vom 17.3.2022, III ZR 79/21, BGHZ 233, 107).
(c) Auch aus der Tatsache, dass die Corona-Hilfen für Zwecke der Einkommensteuer-Vorauszahlungen nicht berücksichtigt werden (s.o.) führt zu keinem anderen Ergebnis.
Die Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen gem. § 37 EStG erfolgt nämlich gerade als vorläufige, zeitnahe Erhebung der Einkommensteuer im Hinblick auf eine endgültig festgesetzte Einkommensteuerschuld (BFH, Urteil vom 23.08.2023, X R 30/21, BStBl II 2024, 215: zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid). Wäre es Ziel des Gesetzgebers gewesen, die Corona-Hilfen steuerfrei zu stellen, so hätte es einer Erwähnung der Freistellung von der Erfassung bei den Vorauszahlungen gerade nicht bedurft, weil eine solche Erfassung von vornherein nicht in Betracht gekommen wäre.
b) Aus den obigen Ausführungen folgt, dass auch eine verfassungskonforme Auslegung im Sinne einer analogen Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG vorliegend nicht in Betracht kommt.
c) Die klägerseits angeführte Entscheidung des FG Düsseldorf (Urteil vom 07.11.2023, 13 K 570/22 E, EFG 2024, 147) und das nachfolgende Revisionsverfahren (Az. VIII R 34/23) sind ebenfalls nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Frage zu stellen. Das Verfahren betrifft nämlich Corona-Überbrückungshilfen („NRW-Überbrückungshilfe Plus“), soweit diese für private Lebenshaltungskosten hätten verwendet werden dürfen. Eine solche Hilfe bzgl. privater Lebenshaltungskosten, die eine Anwendung der Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 2 Buchstabe d EStG oder § 3 Nr. 11 EStG, soweit diese für private Lebenshaltungskosten verwendet werden durften, als denkbar erscheinen lässt, wurde vorliegend jedoch gerade nicht ausgezahlt.
2. Vertrauensschutz
Eine steuerliche Nichterfassung der Corona-Beihilfen der Klägerin als steuerpflichtige Betriebseinnahmen ergibt sich zudem nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten. Die Ansprüche auf Anwendung der Billigkeitsregelungen gem. §§ 163, 227 AO sind nämlich in einem gegenüber dem Feststellungs- bzw. Festsetzungsverfahren selbständigen Verfahren geltend zu machen, ohne dass es darüber hinaus noch auf die Frage ankommt, ob die Entstehung eines Vertrauenstatbestandes vorliegend überhaupt in Betracht kommt.
II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Fall des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.
Tenor
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine B, die aus einer C hervorging, an der bis zum 31.12.2020 des Streitjahres der notwendig beigeladene Herr A als Gesellschafter beteiligt war. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrags wird verwiesen auf Blatt 89 ff. der Gerichtsakte.
Die Gesellschaft betreibt einen D für Zwecke touristischer Übernachtungen inklusive der gastronomischen Einrichtungen. Sie erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die gem. §§ 4 Abs. 1, 5 Einkommensteuergesetz (EStG) jeweils zum 31.12. des Jahres durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden.
Aufgrund von Verordnungen des Landes Hessen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ruhte der Betrieb der Klägerin vom 18.03.2020 bis zum 08.05.2020 und von November 2020 bis Mai 2021.
Die Klägerin beantragte eine Leistung aus dem Corona-Virus-Soforthilfsprogramm Hessen 2020, d. h. aufgrund der Richtlinie des Landes Hessen vom 27.03.2020 zur Durchführung eines Soforthilfeprogramms für gewerbliche Unternehmen und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, Selbstständige, Soloselbstständige und Angehörige Freier Berufe, die infolge der Corona-Virus-Pandemie 2020 in ihrer Existenz gefährdet sind. Wegen der weiteren Einzelheiten der Richtlinie wird verwiesen auf StAnz Hessen 2020, 471 ff.
Mit Bescheid vom 23.04.2020 wurde der vormaligen Grundstücksgemeinschaft E auf der Grundlage dieser Richtlinie ein Förderbetrag von 30.000,00 € bewilligt (Blatt 69 ff. Feststellungsakten).
Die Klägerin beantragte darüber hinaus eine Leistung aus der Überbrückungshilfe III in Höhe von insgesamt … €. Davon entfielen …€ auf den Monat November 2020, … € auf den Monat Dezember 2020 und der Rest auf das Jahr 2021 (Blatt 51 ff. Feststellungsakten). Die Überbrückungshilfe III wurde aufgrund der am 11.03.2021 geschlossenen „Ergänzende[n] Verwaltungsvereinbarung `erweiterte Novemberhilfe´, `erweiterte Dezemberhilfe´ und `Überbrückungshilfe III´ zwischen dem Bund und dem Land Hessen über die Gewährung von Soforthilfen des Bundes als Billigkeitsleistungen für kleine und mittelständische Unternehmen“ mit Rückwirkung zum 01.11.2020 gewährt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Richtlinie sowie der Bewilligungsvoraussetzungen der Überbrückungshilfe III wird verwiesen auf StAnz Hessen 2021, 791 ff. sowie die Webseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und des Bundesministeriums der Finanzen unter der Adresse https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/Content/Artikel/Ueberbrueckungshilfe-III/uebh-iii-ueberblick.html, Abrufdatum 26.09.2023.
Die beantragte Hilfe wurde mit Bescheid vom 18.03.2022 bewilligt und am 31.03.2022 an die Klägerin ausgezahlt.
In der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Klägerin (Blatt 1 ff. Feststellungsakten) wurden die auf 2020 entfallenden Corona-Hilfen in Höhe von … € als Betriebseinnahme gewinnerhöhend beim laufenden Gewinn und beim Gewerbeertrag der Gesellschaft erfasst
Mit Datum vom 14.01.2022 erging daraufhin erklärungsgemäß gegenüber der F ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2020 (Blatt 15 f. Feststellungsakten).
Gegen den Bescheid wurde für die C Einspruch eingelegt (Blatt 43 Feststellungsakten). Im steuerlichen Gewinn seien … € Betriebseinnahmen aus Coronaprogrammen enthalten. Die Corona-Soforthilfe und die Corona-Überbrückungshilfe III seien in analoger Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei, was weiter ausgeführt wird.
Mit Datum vom 22.12.2022 erging eine Einspruchsentscheidung (Blatt 141 ff. Feststellungsakten), mit der der Einspruch zurückgewiesen wurde.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Klägerin ergänzt und vertieft ihr Vorbringen im gerichtlichen Verfahren dahin, dass die Corona-Beihilfen zwar unstreitig steuerbar, jedoch nicht steuerpflichtig seien. Die in der Gewinnermittlung bisher als steuerpflichtig erfassten Betriebseinnahmen in Höhe von … € seien folglich außerbilanziell zu kürzen und der Gewinn entsprechend zu mindern. Die gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte der Gesellschafter verminderten sich dementsprechend.
Eine ausdrückliche Regelung über die Steuerfreiheit bzw. Steuerbegünstigung der Corona-Beihilfe finde sich im EStG nicht. Die fehlende Steuerpflichtigkeit ergebe sich jedoch aus einer Analogie zu § 3 Nr. 25 EStG, d.h. der Steuerfreiheit der Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG).
Es bestehe eine planwidrige Regelungslücke, weil das Einkommensteuerrecht für 2020 bereits vor den ersten Betriebsschließungen im März 2020 in Kraft getreten sei. Das pandemische Geschehen und die in diesem Zusammenhang notwendigen Maßnahmen seien noch nicht absehbar gewesen. § 3 EStG habe daher nicht geändert werden können. Die Corona-Hilfen hätten den Steuerpflichtigen nach dem Willen des Gesetzgebers nämlich „in voller Höhe zu Gute kommen sollen.“
Es liege auch eine vergleichbare Interessenlage vor. Das ergebe sich aus einer systematischen Auslegung. Der Unterschied einer nach den Corona-Vorschriften zu einer nach dem IfSG entschädigten Person liege lediglich darin, dass bei einem Entschädigungsfall nach dem IFSG ein konkreter Ansteckungsfall vorliege, der zu einer behördlich verordneten Schließung des Geschäftsbetriebs führe. Der Geschäftsbetrieb der Klägerin sei hingegen aufgrund eines pauschal vermuteten Ansteckungsrisikos geschlossen worden. Die pauschalen Schließungen seien zur Erhaltung der allgemeinen Gesundheit gerade geboten gewesen, weil ein gegenteiliges Handeln zu einem tatsächlichen Infektionsgeschehen und einer Anwendung von § 56 IfSG geführt hätte. Die Corona-Hilfen dienten daher ebenfalls dem Zweck, den Schaden der Einzelpersonen, den diese zur Erhaltung der allgemeinen Gesundheit in Kauf nehmen müsse, auszugleichen und auf die Allgemeinheit zu verteilen. Zudem erfüllten sowohl die IfSG-Entschädigungen als auch die Corona-Hilfen denselben Zweck. Die Entschädigungen nach dem IfSG ersetzten auch laufende Betriebsausgaben und einen Verdienstausfall. Die Corona-Hilfen entschädigten auch Unternehmen, die durch Schließungsanordnungen in Anspruch genommen worden seien. Auch die Anrechnung der Entschädigungszahlungen nach dem IfSG auf die Soforthilfe spreche gerade für eine gemeinsame Zielrichtung. Die Unterschiede zwischen Entschädigungen nach dem IfSG und den Corona-Hilfen seien daher für eine steuerliche Ungleichbehandlung unmaßgeblich.
Auch die Steuerbarkeit der Corona-Hilfen sei kein Indiz dafür, dass vom Gesetzgeber auch eine Steuerpflicht der Hilfen gewollt gewesen sei. Über eine Steuerpflicht sei in den Hinweisen zu den Corona-Hilfen keine Aussage getroffen worden. Der Zuschuss haben den Unternehmen zum damaligen Zeitpunkt vielmehr in voller Höhe zugutekommen sollen; daher habe er bei den Steuervorauszahlungen für 2021 nicht berücksichtigt werden sollen. Diese Aussage spreche dafür, dass der Gesetzgeber eine Steuerfreiheit des Zuschusses gewollt habe. Andernfalls hätten Rücklagen für die potenziell anfallenden Steuern gebildet werden müssen, was wiederum Kapital gebunden hätte.
Die Regelungen der § 3 Nr. 11a und 11b EStG stünden einer solchen Auslegung auch nicht entgegen. Die Regelung des § 3 Nr. 11 EStG sei nicht vergleichend heranzuziehen. Bei den Einnahmen handele es sich nämlich um steuerfreie Einnahmen und nicht um Entschädigungen öffentlich-rechtlicher Institutionen für durch Schutzmaßnahmen geschädigte Betriebe und somit um `Hilfszahlungen´. Diese unterschieden sich wesentlich von Corona-Hilfen für Unternehmen und erfüllten einen vollkommen anderen Zweck. Der Arbeitnehmerzuschuss habe denjenigen zugutekommen sollen, die erheblich mehr Arbeit und erschwerte Arbeitsbedingungen hätten wie z.B. Altenpfleger. Die Begünstigung der Arbeitgeberzuschüsse liege zudem - anders als bei den Corona-Hilfen - alleine in der Rechtsfolge der Steuerfreiheit.
Auch aus der Mitteilungspflicht der bezogenen Corona-Hilfen nach § 13 der Verordnung über Mitteilungen an die Finanzbehörden durch andere Behörden und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (Mitteilungsverordnung ‒ MV) ergebe sich nicht, dass der Gesetzgeber diese als steuerpflichtig angesehen habe. Das Gegenteil sei zutreffend. Sehe der Gesetzgeber die Corona-Hilfen als steuerpflichtig an, so könnte auf die gesonderte Mitteilung des Betrages der Hilfen gerade verzichtet werden, weil diese im zu versteuernden Einkommen bereits enthalten seien. Seien die Corona-Hilfen hingegen steuerbar und steuerfrei, so sei eine gesonderte Mitteilung an die Finanzämter notwendig, weil die Hilfen dem Progressionsvorbehalt unterlägen. Zudem seien sie in die Ermittlung des Steuerbilanzgewinns und der Kapitalkonten einzubeziehen. Weiterhin ermögliche die Mitteilungspflicht die Prüfung und Anzeige einer Doppelförderung auch durch sachfremde Zuschüsse.
Die Verweisung auf die `Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020´ sei zur Ermittlung des gesetzgeberischen Willens ungeeignet, weil es sich um eine Vorgabe der Europäischen Kommission handele, an die sich der Gesetzgeber halten müsse.
Auch aus teleologischen Gründen sei eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG geboten. Die Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 25 EStG sei mit der Begründung eingeführt worden, dass die Besteuerung von Entschädigungen nach dem Bundesseuchenschutzgesetz (Vorgänger des IfSG) unbillig sei und diese schon vor Einführung der Vorschrift nicht der Besteuerung unterworfen worden seien (BT-DrS. 11/2157). Zweck des § 3 Nr. 25 EStG sei es, Zuschüsse, die aufgrund von Rechtsvorschriften gewährt würden und die dem Zweck dienten, die wirtschaftlichen Folgen von Epidemien als unvorhergesehenes Ereignis zu mildern, steuerfrei zu stellen. Die Entschädigungen sollten dem Geschädigten in vollem Umfange zugutekommen, was durch eine Besteuerung konterkariert werde. Auch die Corona-Hilfen hätten den Adressaten in diesem Sinne in voller Höhe zugutekommen sollen.
Auch aus dem historischen Kontext ergebe sich eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG. Die Tatsache der Steuerbarkeit und nachfolgenden Steuerpflicht der Entschädigungen der Corona-Hilfen sei wohl zunächst nicht erkannt worden. Zudem seien die Hilfen eine Reaktion auf die Pandemie als unvorhergesehenes Ereignis gewesen. Sie seien innerhalb kurzer Zeit ausgearbeitet, veröffentlicht, beantragt und bewilligt worden. Dies lasse sich bereit daraus schließen, dass die Corona-Hilfen ohne Rechtsgrundlage nicht in die Berechnung der Steuervorauszahlungen einbezogen worden seien.
Die Klägerin werde bei Nichtanwendung des § 3 Nr. 25 EStG zudem ohne nachvollziehbaren Grund steuerlich anders behandelt als eine Person, die ihren Geschäftsbetrieb auf der Grundlage des IfSG einstellen müsse. Hierdurch werde Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil wesentlich Gleiches ungleich behandelt werde. Ein Steuerpflichtiger, dessen Betrieb konkret aufgrund der Pandemie geschlossen worden sei, erhalte nämlich eine steuerfreie Verdienstausfallentschädigung und den steuerfreien Ersatz der ungedeckten Kosten nach § 56 IfSG.
Die Ungleichbehandlung sei zudem sachlich unbillig. Es seien rund 477.000 Anträge auf Überbrückungshilfe III gestellt worden, die in vielen Fällen zur Festsetzung von Nachzahlungen aufgrund der Corona-Hilfen geführt hätten. Da es sich nicht um Einzelfälle handele, sei es nicht sachgerecht, die Billigkeit der Besteuerung für sämtliche Fälle einzeln zu beurteilen, sondern diese vielmehr unter die Regelung des § 3 Nr. 25 EStG zu fassen. Hätte der Gesetzgeber vor Inkrafttreten des EStG 2020 gewusst, wie viele Fälle einer unbilligen Besteuerung von Corona-Hilfen entstünden, so hätte er eine Steuerbefreiungsnorm erlassen, um Anträge gem. § 227 Abgabenordnung (AO) und § 163 AO zu vermeiden.
Es werde zudem das Gebot des Vertrauensschutzes verletzt. Die Corona-Hilfen seine als Zuschuss bei den Steuervorauszahlungen 2021 nicht berücksichtigt worden, um die Hilfen den Unternehmen in vollem Umfang zugutekommen zu lassen. Die Klägerin habe demnach davon ausgehen dürfen, den Zuschuss auch in Zukunft nicht versteuern zu müssen. Die nachträgliche Besteuerung führe zudem zu einer Zinsbelastung gem. § 233 AO, die der Gesetzgeber nicht gewollt haben könne. Um dieses unbillige Ergebnis zu vermeiden, sei § 3 Nr. 25 EStG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung analog auf Corona-Hilfen anwendbar.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2020 vom 14.01.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.12.2022 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin um … € und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Gesellschafter um jeweils … € herabgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte wiederholt sein Vorbringen im gerichtlichen Verfahren dahin, dass es sich bei den Corona-Hilfen nicht um steuerfreie Einkünfte gem. § 3 Nr. 25 EStG in analoger Anwendung handele, weil eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliege. Vielmehr sei aus der Tatsache, dass es keinen die Corona-Hilfen betreffenden Tatbestand in § 3 EStG gebe, zu schließen, dass diese steuerpflichtig sein sollten. Es könne daher dahinstehen könne, ob im Vergleich zu Entschädigungen nach dem IfSG eine vergleichbare Interessenlage bestehe. Corona-Hilfen gehörten vielmehr zu den Aufwandszuschüssen, die steuerpflichtige Betriebseinnahmen seien.
Der Wortlaut des § 3 Nr. 25 EStG stelle eindeutig auf „Entschädigungen“ nach dem „Infektionsschutzgesetz“ ab. Das Infektionsschutzgesetz sehe zudem lediglich Entschädigungen für Verdienstausfälle bei Verbot der Erwerbstätigkeit gem. § 56 IfSG, Aufopferungsanspruch bei Impfschaden gem. § 60 IfSG sowie Aufopferungsanspruch für vernichtete oder beschädigte Gegenstände gem. § 65 IfSG vor.
Für die Auffassung, dass der Gesetzgeber die Corona-Hilfen nicht steuerfrei habe stellten wollen spreche auch die steuerrechtliche Ausgestaltung der Corona-Hilfen für Arbeitnehmer in § 3 Nr. 11 Buchstaben a, b und c EStG als steuerfrei. Aus dieser Tatsache könne rückgeschlossen werden, dass für die an Unternehmer gezahlte Corona-Hilfen solche Regelungen trotz der Pandemie-Situation nicht hätten geschaffen werden sollen. Die Schaffung der Regelungen verdeutliche ebenso, dass der Gesetzgeber eine Regelung zur Steuerfreiheit nicht „vergessen“ habe. Gegen ein Vergessen einer solchen Regelung spreche zudem, dass der Gesetzgeber auch nicht nachträglich eine Steuerfreiheit der Beihilfen geregelt habe.
Weiterhin gehörten die Steuerbefreiungen in § 3 EStG zu den Ausnahmebestimmungen, nach denen gem. § 2 Abs. 1 EStG steuerbare Einkünfte von der Besteuerung ausgenommen würden. Die Tatsache, dass für Corona-Hilfen als Aufwandszuschüsse keine Regelung getroffen worden sei, spreche dafür, dass hierfür gerade der Regelfall gelten solle. Einer ausdrücklichen Anordnung der Steuerpflicht habe es daher nicht bedurft.
Auch § 13 der MV spreche für eine Pflicht zur Versteuerung der Corona-Soforthilfen. So sei in § 13 Abs. 1 MV geregelt, dass die jeweiligen Finanzbehörden über die bewilligten Leistungen zu informieren seien. Zudem seien gem. § 13 Abs. 2 MV zur Sicherstellung der Besteuerung von der Finanzverwaltung Mitteilungen zu machen.
Auch eine vergleichbare Interessenlage liege nicht vor. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil nicht wesentlich Gleiches ungleich behandelt werde. Die Zielrichtung und die Rechtsnatur der Ansprüche gem. IfSG und Corona-Hilfen unterschieden sich nämlich. Bei dem IfSG handele es sich um spezielles Gefahrenabwehrrecht. Dieses sehe für die zuständigen Behörden Möglichkeiten vor, in die Rechte von Bürgern einzugreifen, um die Ausbreitung von Krankheiten und Infektionen zu verhindern. Zum Ausgleich für solche Eingriffe in die Rechte von Bürgern sehe das IfSG einen Anspruch des Bürgers auf Entschädigung für den Eingriff vor. Die Corona-Hilfen hätten hingegen die Zielsetzung, wirtschaftliche Schäden, die aufgrund der Corona-Pandemie zu einer Existenzgefährdung von Unternehmen führten, zu verhindern. Die Hilfen stellten gerade keine Entschädigung für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung dar, sondern seien Zuschüsse, die aus Billigkeitsgründen gewährt worden seien. Zudem würden die Entschädigungszahlungen gem. IfSG auf die Corona-Hilfen angerechnet.
Auch die Beihilfevorgaben aus dem EU-Recht und deren innerdeutsche Umsetzung durch die `Bundesregelung Kleinbeihilfen´ sprächen dafür, dass der Gesetzgeber die Corona-Hilfen nicht steuerfrei habe gewähren wollen. Unter Bezugnahme auf die Mitteilung 2021/C34/06 der Kommission werde bzgl. der höhenmäßigen Begrenzung der Beihilfebeträge von Bruttobeiträgen gesprochen. Dies zeige, dass eine Kontrolle der als Corona-Hilfen gezahlten Beträge bei unterstellter Steuerfreiheit erheblich erschwert wäre. Folge man hingegen der klägerischen Argumentation, so handelte es sich bei den Corona-Hilfen um Nettobeträge, die zur Kontrolle in Bruttobeträge umgerechnet werden müssten. Auch dies spreche gegen den gesetzgeberischen Willen, die Corona-Hilfen als steuerfrei zu behandeln.
Herr A ist zum Verfahren mit Beschluss vom 07.11.2023 notwendig beigeladen worden (Blatt 170 ff. Gerichtsakte).
Auf den Inhalt der gerichtlichen Verfügungen vom 02.03.2023 und vom 05.10.2023 (Blatt 75 f., 168 f. Gerichtsakte) sowie den Telefonvermerk vom 05.10.2023 (Blatt 156 Gerichtsakte) wird verwiesen.
Dem Gericht hat ein Band Feststellungsakten zur Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet, weil der Bescheid vom 14.01.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.12.2022 nicht rechtswidrig ist und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Der Beklagte hat die Corona-Hilfen in Höhe von … € zu Recht als steuerbare und ‒ was vorliegend einzig streitig ist - steuerpflichtige Betriebseinnahmen behandelt, weil eine gesetzliche Grundlage für eine Steuerbefreiung der Corona-Hilfen nicht vorliegt und dies auch dem gesetzgeberischen Willen entspricht (für eine Steuerpflicht z.B. auch FG Münster, Urteil vom 26.04.2023, 13 K 425/22 E, EFG 2023, 1068; Wagner/Weber, Steuerrechtliche Behandlung und wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit von Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie, DStR 2020, 745: Corona-Hilfen als echter Aufwandszuschuss, der grundsätzlich als Betriebseinnahme steuerbar ist).
1. Für eine Steuerfreiheit der Corona-Beihilfen besteht keine gesetzliche Grundlage.
§ 3 EStG enthält keine positive Regelung zur Steuerfreiheit der Corona-Beihilfen, sondern lediglich Regelungen zu anderen Zahlungen, die ganz oder zum Teil im Zusammenhang mit der Corona-Krise geleistet wurden. So wird in § 3 Nr. 11a, 11b EStG die Steuerfreiheit von Corona-Beihilfen des Arbeitgebers, in § 3 Nr. 25 EStG i.V.m. § 56 Abs. 1a IfSG die Steuerfreiheit von Entschädigungen nach dem IfSG für Verdienstausfälle infolge eines epidemiebedingten Entfallens der Betreuung von Kindern und Menschen mit Behinderungen sowie in § 3 Nr. 28a EStG die Steuerfreiheit von Zuschüssen des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld geregelt.
2. Die Regelung der Steuerfreiheit der Entschädigungen nach dem IfSG gem. § 3 Nr. 25 EStG ist nicht erweiternd in dem Sinne auszulegen, dass sie auf die an die Klägerin gezahlten Corona-Hilfen anwendbar wäre, weil es sich hierbei um Liquiditätshilfen handelte, die Ausfälle von Betriebseinnahmen sowie trotz der Corona-Krise anfallender Betriebsausgaben ausgleichen sollten.
a) Einer analogen Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG auf die an die Klägerin gezahlten Corona-Hilfen steht entgegen, dass bezogen auf den Ersatz von Betriebseinnahmen und abziehbarer Betriebsausgaben schon keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Das ergibt sich im Wege der Auslegung.
aa) Die Gesetzgebungsgeschichte spricht eindeutig dagegen, dass der Gesetzgeber die Steuerbefreiung der einen Ersatz von Betriebseinnahmen oder abziehbarer Betriebsausgaben darstellender Corona-Hilfen gänzlich vergessen oder jedenfalls das Verhältnis der Corona-Hilfen zu den steuerfreien Entschädigungszahlungen nach dem IfSG übersehen haben könnte.
Zutreffend wurde klägerseits gesehen, dass die Aufnahme von Entschädigungen nach dem Bundesseuchengesetz als Steuerbefreiungstatbestand gem. § 3 Nr. 25 EStG erfolgte, weil diese Entschädigungen bereits vor Schaffung der Vorschrift aus Billigkeitsgründen nicht besteuert wurden, ihre bzgl. der Entschädigungen von Verdienstausfall nach dem IfSG durch die Neuregelung des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe e EStG erfolgte Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt jedoch eine förmliche „Steuerfreistellung“ erforderte (vgl. BT-DrS 11/2157, 137 f.)
Im Zusammenhang mit der Ausreichung von Corona-Hilfen wurden jedoch weitere Steuerbefreiungen geschaffen bzw. die zeitliche Anwendbarkeit der geschaffenen Regelungen verlängert. § 56 Abs. 1a IfSG wurde durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I 2020, 587) und die § 3 Nr. 11a und § 3 Nr. 28a EStG durch das Corona-Steuerhilfegesetz vom 19. Juni 2020 (BGBl I 2020, 1385) eingeführt. § 56 Abs. 1a IfSG wurde durch das vorgenannte Corona-Steuerhilfegesetz um das epidemiebedingte Entfallen einer Betreuung bezogen auf Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen erweitert. § 3 Nr. 11b EStG wurde durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz (Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19. Juni 2022 (BGBl I 2022, 911) eingeführt und zugleich die Geltungsdauer des § 3 Nr. 28a EStG verlängert.
Aus den Gesetzesbegründungen ergibt sich, dass sehr detailliert über die Schaffung und Verlängerung von Steuerbefreiungsvorschriften sowie die Neuregelungen des § 56 Abs. 1a IfSG debattiert wurde. Ziel war eine steuerliche Entlastung der Arbeitnehmer sowie eine gem. § 3 Nr. 25 EStG steuerfreie Entschädigung für einen coronabedingt durch die Notwendigkeit der Betreuung von Kindern entstandenen Verdienstausfall (vgl. zu den Gesetzesbegründungen: § 3 Nr. 28a EStG, BT-DrS 19/19150, 5 f., 11 f., BT-DrS 19/19601, 3, 11, 15 f.; § 3 Nr. 11a EStG, BT-DrS 19/19601, 11, 37; § 56 Abs. 1a IfSG, BT-DrS 19/18111, 1 ff., 10, 24 f.; § 3 Nr. 11b und Verlängerung § 3 Nr. 28a EStG, BT-DrS 20/1906, 1 ff., 8 ff., 30, 39; Erweiterung § 56 Abs. 1a IfSG, BT-DrS 19/19601, 4, 6 f., 13f., 34. Die Regelungen lassen somit erkennen, dass sich der Gesetzgeber der Bedeutung der Steuerbefreiungen und auch des Verhältnisses der Corona-Hilfen zu Entschädigungen nach dem IfSG durchaus bewusst war.
bb) Auch die systematische Auslegung spricht gegen das Vorliegen einer Regelungslücke bzgl. ausfallende Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben ersetzender Corona-Hilfen.
(1) Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 EStG ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Sollen steuerbare Einnahmen steuerfrei gestellt werden, so bedarf es einer ausdrücklichen Regelung. So wurden andere Regelungen zur Steuerbefreiung von Corona-Hilfen ausdrücklich geschaffen (s.o.). In systematischer Hinsicht gegen eine erweiternde Auslegung des § 3 Nr. 25 EStG spricht auch, dass - wären Corona-Hilfen als steuerfreie Betriebseinnahmen von § 3 Nr. 25 EStG zu behandeln ‒ korrespondierend gem. § 3c Abs. 1 1. Hs. EStG Betriebsausgaben, soweit sie mit den Corona-Hilfen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürften. Eine Anwendung von § 3c Abs. 1 1. Hs. EStG wurde vom Gesetzgeber jedoch an keiner Stelle thematisiert.
(2) Auch aus § 13 MV, in dem eine Mittteilungspflichten für Corona-Hilfen nur für unternehmerisch - nicht jedoch angestellt oder beruflich nicht tätige - Personen geregelt wird, lässt darauf schließen, dass Regelungszweck des § 13 MV gerade die Versteuerung der gezahlten Corona-Hilfen sein sollte.
(3) Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Tatsache, dass die in Streit stehenden Corona-Hilfen ihre rechtliche Grundlage für die Corona-Soforthilfe in Art. 107 Abs. 3 Buchstabe b des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.V.m. den Ziffern 3.1 und 4 der Mitteilung der Kommission C(2020) 1863 final vom 19. März 2020 (ABl. C 91I vom 20.3.2020, 1), der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 (BAnz AT 31.03.2020 B2, 1), der Veraltungsvereinbarung des Bundes und der Länder über die Soforthilfen des Bundes für die Gewährung von Überbrückungshilfen als Billigkeitsleistungen für `Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige´ vom März 2020 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2020/03/2020-03-29-PM-Verwaltungsvereinbarung-Soforthilfe.html haben: zusammenfassende Darstellung der Verwaltungsvereinbarung, Abrufdatum: 26.04.2024) und der Richtlinie des Landes Hessen vom 27.03.2020 zur Durchführung eines Soforthilfeprogramms für gewerbliche Unternehmen und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, Selbstständige und Angehörige Freier Berufe, die infolge der Corona-Virus-Pandemie 2020 in ihrer Existenz gefährdet sind (StAnz Hessen 2020, 471 ff.) (Corona-Soforthilfe) sowie für die Überbrückungshilfe III in den vorgenannten europarechtlichen Regelungen, der Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 (BAnz AT 31.12.2021 B2, 1), der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Hessen am 11.03.2021 mit Wirkung zum 01.11.2020 geschlossenen „Ergänzende[n] Verwaltungsvereinbarung `erweiterte Novemberhilfe´, `erweiterte Dezemberhilfe´ und `Überbrückungshilfe III´ (StAnz Hessen 2021, 791 ff.) und der Vollzugshinweise für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen (Anlage zur Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern) (StAnz Hessen 2021, 795, 806 f.) haben.
(a) In Art. 107 Abs. 1 AEUV ist geregelt, dass grundsätzlich staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Gem. Art. 107 Abs. 3 Buchstabe b AEUV können Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedsstaates als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden.
Die Mitteilung der Kommission vom 19.03.2020 konkretisiert die Anwendung der Vorschrift des Art. 107 Abs. 3 Buchstabe b AEUV dahin, dass Ziel der Beihilfen vorrangig die Beseitigung von Liquiditätsengpässen sei. In jedem Falle sei es Ziel der Beihilferegelungen, „die Integrität des EU-Binnenmarktes zu wahren und für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen“ (Nr. 1.3 Absatz 6). Nr. 3 der Mitteilung, auf der die streitgenständlichen Corona-Hilfen basieren, bezieht sich hierbei lediglich auf Beihilfen zur Beseitigung eines Liquiditätsengpasses. Die Beihilfen können gem. Nr. 3.1 Abs. 2 Buchstabe a 1. Hs. in Höhe von maximal … € pro Unternehmen als direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse, Steuervorteile oder Vergünstigungen in Bezug auf andere Zahlungen gewährt werden. Im zweiten Halbsatz findet sich die Regelung, dass es sich bei den eingesetzten Beträgen um Bruttobeträge vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben handele.
Schon aus der Zielsetzung, den Unternehmen lediglich einen möglichst wettbewerbsneutralen Liquiditätsvorteil zu verschaffen und der Erwähnung, dass bei der Berechnung Bruttobeträge zu berücksichtigen seien, kann geschlossen werden, dass die Europäische Kommission für die gewährten Beihilfen davon ausgeht, dass auf diese Steuern und ggf. sonstige Abgaben entfallen können. In § 1 Abs. 4 der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 ebenso wie in § 2 Abs. 6 Satz 3 der Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 findet sich hierzu demgemäß die Regelung, dass es sich bei den eingesetzten Beträgen um Bruttobeträge, also solche vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben, handele. Daraus ist rückzuschließen, dass die direkten Zuschüsse nach nationalem Recht gerade als steuerbare und steuerpflichtige Betriebseinnahmen behandelt werden sollten. Dies korrespondiert auch mit dem Ziel einer möglichst großen Wettbewerbsneutralität der Beihilfen, die gerade durch die Anwendung des individuellen Steuersatzes des Steuerpflichtigen und der Regelungen zur Verlustberücksichtigung erreicht werden kann. Alternativ hätte gem. Nr. 3.1 Abs. 2 Buchstabe a der Mitteilung der Kommission für den deutschen Gesetzgeber auch die Möglichkeit bestanden, die Beihilfe in Form von Steuervorteilen zu gewähren. Diese Variante, zu der auch eine ganz oder teilweise Steuerbefreiung gehört hätte, wurde vom Gesetzgeber bei unternehmerisch tätigen Personen jedoch gerade nicht gewährt.
(b) Auf die vorgenannten Rechtsgrundlagen, das Ziel, durch die Hilfen einen Liquiditätsengpass auszugleichen und die Steuerpflicht der Corona-Hilfen wurde für die Corona-Soforthilfe und die Überbrückungshilfe III vor und mit der Bewilligung auch hingewiesen. Die Nennung der vorgenannten europarechtlichen Vorschriften zu den Corona-Hilfen weist darauf hin, dass es dem gesetzgeberischen Willen entspricht, ebendiese europarechtlichen Vorgaben umzusetzen.
(aa) So wird unter 2.8 der Richtlinie des Landes Hessen zur Corona-Soforthilfe, in der Präambel der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 und auch im Bewilligungsbescheid vom 23.04.2020 der Corona-Soforthilfe (Blatt 69 ff. Feststellungsakten) auf die vorgenannten Rechtsgrundlagen hingewiesen. Eine solche Bezugnahme auf diese Rechtsgrundlagen erfolgte auch für die Überbrückungshilfe III und den Vollzugshinweisen zur Überbrückungshilfe III. Gem. G XIX Nr. 11 Abs. 1 Satz 1 der Ergänzenden Verwaltungsvereinbarung muss die Bewilligung durch die zuständigen Stellen beihilfekonform erfolgen und unterfällt gem. G XIX Nr. 1 Abs. 1 Satz 5 der „Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020“, die ihrerseits wiederum auf Art. 107 Abs. 3 Buchstabe b AEUV und die Mitteilung der Kommission vom 19.03.2020 verweist.
(bb) Auch auf das gesetzgeberische Ziel, durch die Hilfen lediglich einen Liquiditätsengpass zu beseitigen, wurde hingewiesen.
Unter Nr. 2.2 Abs. 1, 2 der Richtlinie des Landes Hessen wird bzgl. der Corona-Soforthilfe darauf hingewiesen, dass diese als nicht rückzahlbarer Zuschuss zur Beseitigung eines „existenzbedrohlichen Liquiditätsengpasses“ gewährt werde. Die Höhe der Hilfe wird hierbei gem. 2.4 pauschal anhand der Zahl der Mitarbeiter berechnet, jedoch der Höhe nach auf den durch die Corona-Krise verursachten Liquiditätsengpasses begrenzt.
Auch im Bewilligungsbescheid der Corona-Soforthilfe wird unter Nr. 1 darauf hingewiesen, dass diese „zweckgebunden“ „ausschließlich zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses gewährt werde, die [sic!] durch die Corona-Virus-Pandemie vom Frühjahr 2020 entstanden ist.“ Unter Nr. 8 wird ausgeführt, dass u.a. Entschädigungsleistungen nach dem IfSG den Liquiditätsengpass reduzierten und die Soforthilfe nur für den tatsächlichen Liquiditätsengpass zu beantragen sei.
Gem. des Textes zur Bekanntmachung der Ergänzenden Verwaltungsvereinbarung und Art. 1 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe c ist Ziel auch der Überbrückungshilfe III, „Unternehmen, die aufgrund der Corona-Pandemie hohe Umsatzeinbußen zu verzeichnen haben […], „eine […] weitergehende Liquiditätshilfe zu gewähren und so in ihrer Existenz zu sichern.“ Gem. G XIX Nr. 1 Abs. 1 Satz 5 der Vollzugshinweise soll durch die Zahlungen „als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten“ „ihre wirtschaftliche Existenz gesichert“ werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der förderungsfähigen Fixkosten wird verwiesen auf G XIX Nr. 4. Der Betrag der Überbrückungshilfe orientiert sich gem. G XIX Nr. 5 an der Höhe des Umsatzrückgangs und entspricht gem. G XIX Nr. 5 Abs. 1a dem Betrag der ungedeckten Fixkosten, nach der Definition der Vollzugshinweise mithin den Verlusten, die Unternehmen für den Förderzeitraum in ihren Gewinn- und Verlustrechnungen ausweisen.
(cc) Auf die Frage der Steuerbarkeit und auch der Steuerpflicht wurde auch für beide Corona-Hilfen hingewiesen.
Ein solcher Hinweis findet sich für die Corona-Soforthilfe im Hinweisblatt „Maßnahmenbündel vom 25.03.2020 (Soforthilfe und Darlehen für Hessische Wirtschaft)“ (Blatt 309 f. Feststellungsakten). Dort wird unter dem Punkt „Ziel“, Unterpunkt „Technische Daten“ ausgeführt:
[…] Bei der Steuerveranlagung für die Einkommens- [sic!] und Körperschaftssteuer im kommenden Jahr wird dieser Zuschuss gewinnwirksam berücksichtigt.“
Auch in der Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen vom 29.03.2020 zur Verwaltungsvereinbarung von Bund und Ländern über Bundes-Soforthilfen für Soloselbständige, kleine Unternehmen, Freiberufler und Landwirte (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2020/03/2020-03-29-PM-Verwaltungsvereinbarung-Soforthilfe.html, Abrufdatum: 06.05.2024) wird unter Nr. 7 ausgeführt:
„[…] Damit der Zuschuss jetzt, wenn es wichtig ist, in vollem Umfang den Unternehmen zu Gute kommt, wird er bei den Steuervorauszahlungen für 2020 nicht berücksichtigt. Zwar ist der Zuschuss grundsätzlich steuerpflichtig, aber das wirkt sich erst dann aus, wenn die Steuererklärung für 2020 eingereicht werden muss, also frühestens im nächsten Jahr. Nur wenn im Jahr 2020 ein positiver Gewinn erwirtschaftet wurde, wird dann auf den Zuschuss der individuelle Steuersatz fällig.“
Auch in Art. 7 Satz 1 1. Fall der Ergänzenden Verwaltungsvereinbarung ist unter „Steuerrechtliche Hinweise“ für die Überbrückungshilfe III geregelt, dass diese „steuerbar und nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinn- oder Überschussrechnung zu berücksichtigen“ ist. Gem. Art. 7 Satz 3 1. Fall ist die Überbrückungshilfe III für Zwecke der Festsetzungen von Steuervorauszahlungen nicht zu berücksichtigen.
Unter G XXI Nr. 13 Abs. 1 Satz 1 „Steuerrechtliche Hinweise“ der Vollzugshinweise wird ebenfalls ausgeführt, dass die als Überbrückungshilfe bezogenen Leistungen „steuerbar und nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinn- oder Überschussermittlung zu berücksichtigen seien. Gem. Abs. 2 informiere die Bewilligungsstelle von Amts wegen die Finanzbehörde über die gewährte Überbrückungshilfe. Nach Abs. 3 sei die Überbrückungshilfe für Zwecke der Steuervorauszahlungen nicht zu berücksichtigen.
Auch im Formblatt des klägerseits gestellten Antrags für die Bewilligung der Überbrückungshilfe III ist in den „Allgemeinen Erklärungen“ angegeben, dass der Antragsteller zur Kenntnis genommen habe, dass die bezogenen Leistungen „steuerbar“, „nach allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen“ seien und Angaben zum Bezug der Überbrückungshilfe den Finanzbehörden elektronisch übermittelt würden. (Blatt 133 ff. Feststellungsakten).
(4) Auch aus dem Gesichtspunkt des Gesetzeszwecks ergibt sich kein anderes Ergebnis, weil keine vergleichbare Interessenlage zwischen den Corona-Hilfen und den Entschädigungszahlungen nach dem IfSG vorliegt.
(a) Das IfSG soll gem. §§ 56 Abs. 1, 56 Abs. 1a, 60, 65 IfSG Schäden ausgleichen, die sich aus dem Vollzug des IfSG ergeben. Dabei ist die Intention der Schadensausgleichszahlungen für die einzelnen Fallgruppen durchaus unterschiedlich (vgl. Kümper in: Kießling, Infektionsschutzgesetz, 3. Aufl. 2022, Vorbemerkung vor § 56 ff. Rdnrn. 1 ff.). Die vorliegend streitigen Corona-Hilfen sollen hingegen lediglich einen coronabedingten Liquiditätsengpass ausgleichen.
(b) Die in Nr. 2.7 Abs. 2 der Richtlinie des Landes Hessen bzgl. der Corona-Soforthilfe vorgesehene Anrechnung z.B. der Entschädigungen nach dem IfSG auf die Corona-Hilfe steht einer solchen telelogischen Auslegung nicht entgegen.
Die Anrechnung der steuerbefreiten Zahlungen ist vielmehr folgerichtig, weil die auf der Grundlage des IfSG geleisteten Zahlungen den vorhandenen Liquiditätsengpass gerade vermindern. Würde hingegen auch die Corona-Hilfe in analoger Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei gestellt, würde dies den Vorrang des IfSG (hier insbesondere § 56 Abs. 1 IfSG) aushebeln. Dies stünde dem planmäßigen Bestreben des Gesetzgebers gerade entgegen, die Entschädigungstatbestände nach dem IfSG auf wenige Fälle zu begrenzen und Erweiterungen ausdrücklich ins Gesetz aufzunehmen (BGH, Urteil vom 17.3.2022, III ZR 79/21, BGHZ 233, 107).
(c) Auch aus der Tatsache, dass die Corona-Hilfen für Zwecke der Einkommensteuer-Vorauszahlungen nicht berücksichtigt werden (s.o.) führt zu keinem anderen Ergebnis.
Die Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen gem. § 37 EStG erfolgt nämlich gerade als vorläufige, zeitnahe Erhebung der Einkommensteuer im Hinblick auf eine endgültig festgesetzte Einkommensteuerschuld (BFH, Urteil vom 23.08.2023, X R 30/21, BStBl II 2024, 215: zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid). Wäre es Ziel des Gesetzgebers gewesen, die Corona-Hilfen steuerfrei zu stellen, so hätte es einer Erwähnung der Freistellung von der Erfassung bei den Vorauszahlungen gerade nicht bedurft, weil eine solche Erfassung von vornherein nicht in Betracht gekommen wäre.
b) Aus den obigen Ausführungen folgt, dass auch eine verfassungskonforme Auslegung im Sinne einer analogen Anwendung des § 3 Nr. 25 EStG vorliegend nicht in Betracht kommt.
c) Die klägerseits angeführte Entscheidung des FG Düsseldorf (Urteil vom 07.11.2023, 13 K 570/22 E, EFG 2024, 147) und das nachfolgende Revisionsverfahren (Az. VIII R 34/23) sind ebenfalls nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Frage zu stellen. Das Verfahren betrifft nämlich Corona-Überbrückungshilfen („NRW-Überbrückungshilfe Plus“), soweit diese für private Lebenshaltungskosten hätten verwendet werden dürfen. Eine solche Hilfe bzgl. privater Lebenshaltungskosten, die eine Anwendung der Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 2 Buchstabe d EStG oder § 3 Nr. 11 EStG, soweit diese für private Lebenshaltungskosten verwendet werden durften, als denkbar erscheinen lässt, wurde vorliegend jedoch gerade nicht ausgezahlt.
2. Vertrauensschutz
Eine steuerliche Nichterfassung der Corona-Beihilfen der Klägerin als steuerpflichtige Betriebseinnahmen ergibt sich zudem nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten. Die Ansprüche auf Anwendung der Billigkeitsregelungen gem. §§ 163, 227 AO sind nämlich in einem gegenüber dem Feststellungs- bzw. Festsetzungsverfahren selbständigen Verfahren geltend zu machen, ohne dass es darüber hinaus noch auf die Frage ankommt, ob die Entstehung eines Vertrauenstatbestandes vorliegend überhaupt in Betracht kommt.
II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Fall des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.