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  • 05.07.2022 · IWW-Abrufnummer 230069

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 06.04.2022 – 13 K 3550/19 K, G, F

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster


    Tenor:

    Der Körperschaftsteuerbescheid für 2015 vom 13.6.2019 und der Gewerbesteuermessbescheid für 2015 vom 21.6.2019, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.10.2019, sowie der Bescheid vom 13.6.2019 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2015 werden in der Weise geändert, dass die Einkünfte der Klägerin um 33.907,81 € vermindert werden. Der Beklagte hat die festzusetzenden und festzustellenden Beträge zu errechnen und mitzuteilen.

    Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 10 v.H. und der Beklagte zu 90 v.H.

    Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.

    Die Revision wird zugelassen.

    1
    Tatbestand:

    2
    Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung der Abschreibung einer Forderung gegenüber einer Beteiligungsgesellschaft im Streitjahr 2015.

    3
    Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag 2010 gegründete und im Handelsregister des Amtsgerichts M unter HRB ... eingetragene GmbH. Unternehmensgegenstand sind ... . Alleiniger Gesellschafter ist Herr L K. Dieser war seit Gründung der Gesellschaft auch ihr alleiniger Geschäftsführer. 2013 wurden die Abberufung von Herrn L K und die Bestellung von Frau H K als Geschäftsführerin in das Handelsregister eingetragen.

    4
    Mit Beitrittserklärung vom ... 2013 beteiligte sich die Klägerin an der im Handelsregister des Amtsgerichts N unter HRA ... eingetragenen B GmbH & Co. KG mit Sitz in N (im Folgenden: „KG“). Ihre Kommanditeinlage betrug 95,10 €. Dies entsprach im Streitjahr 2015 einer Beteiligung von 2,02 % am Gesamtkapital der KG. Im Zuge des Beitritts zahlte die Klägerin eine Pflichteinlage in Höhe von insgesamt 65.000 € in das Vermögen der KG ein. Gesellschaftszweck der KG war der Erwerb und die Verwaltung von Eigenkapitalbeteiligungen. Persönlich haftende Gesellschafterin war die im Handelsregister des Amtsgerichts N unter HRB ... eingetragene C Verwaltungs GmbH. Neben dieser Gesellschaft war noch eine Kommanditistin, die im Handelsregister des Amtsgerichts N unter HRB ... eingetragene D GmbH zur Geschäftsführung befugt. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es sich bei der KG um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft handelte, die Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 des Einkommensteuergesetzes ‒ EStG ‒ erzielte. Mit Gesellschafterbeschluss vom ... 2016 beschloss die KG ihre Liquidation. Dies wurde am ... 2016 in das Handelsregister eingetragen.

    5
    Die KG war alleinige Gesellschafterin der mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2013 gegründeten und im Handelsregister des Amtsgerichts O unter HRB ... eingetragenen E GmbH, P (im Folgenden: „E GmbH“). Das Stammkapital der E GmbH betrug 25.000 €. Mit Beschluss vom ... 2015 (Az.: IN .../15) ordnete das Amtsgericht O die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Gesellschaft an. Mit Beschluss vom ... 2015 eröffnete es das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft.

    6
    Zudem war die KG alleinige Gesellschafterin der mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2013 gegründeten und im Handelsregister des Amtsgerichts O unter HRB ... eingetragenen F GmbH (im Folgenden: „F GmbH“). Das Stammkapital der F GmbH betrug ebenfalls 25.000 €. Das Amtsgericht O ordnete mit Beschluss vom ... 2015 (Az. IN .../15) die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der F GmbH und mit Beschluss vom ... 2016 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens an.

    7
    In der von der KG zum 31.12.2015 aufgestellten Gewinnermittlung nahm die KG eine außerplanmäßige Abschreibung ihrer Beteiligungen an der E GmbH und der F GmbH in Höhe von je 27.300 € vor. Zudem erfasste sie Forderungsverluste in Höhe von 1.678.604,48 € aufwandswirksam. Es handelte sich um Forderungen aus Darlehen, welche die KG an die E GmbH und die F GmbH vergeben hatte und welche aufgrund der Insolvenzen der Darlehensnehmerinnen uneinbringlich geworden waren. Zudem stellte die KG eine Steuerbilanz zum 31.12.2005 auf. Der Verlust aus der Abschreibung der Beteiligungen an der E GmbH und der F GmbH betrug steuerbilanziell 164.332,21 €, der Verlust aus der Abschreibung der Darlehensforderungen 1.678.604,48 €. Der steuerliche Verlust summierte sich auf 1.842.936,69 €. Der davon anteilig der Klägerin zuzurechnende Verlust betrug 37.227,32 € (2,02 % von 1.842.936,69 €). Die Höhe der Verluste ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

    8
    Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn für das Streitjahr durch Bestandsvergleich gem. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes ‒ KStG ‒ i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG. In ihrer für das Streitjahr abgegebenen Körperschaftsteuererklärung erklärte sie einen Jahresfehlbetrag von 46.019 €. Darin enthalten war ein Verlust aus der Beteiligung an Personengesellschaften i.H.v. 38.096 €. Der Beklagte veranlagte die Klägerin überwiegend erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ‒ AO ‒. Den Verlust aus der Beteiligung an Personengesellschaften legte er mit 37.871 € zugrunde, da er geänderte Einkünfte aus Beteiligungen an weiteren Personengesellschaften berücksichtigte.

    9
    Das Finanzamt Q führte bei der KG eine Außenprüfung durch. Unter Tz. 12 des Prüfungsberichts vom 28.3.2019 erklärte der Prüfer, bei den beteiligten inländischen Körperschaften seien die Einkünfte aus der vermögensverwaltenden Personengesellschaft in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren, und zwar auf Gesellschafterebene. Die Umqualifizierung sei erforderlich, da die Körperschaften nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 2 KStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielten. In einer als Anlage beigefügten Aktennotiz zum Prüfungsbericht erläuterte der Prüfer, welche Auswirkungen der Verlust aus der Beteiligung an der E GmbH sowie die Forderungsverluste hätten, und zwar jeweils getrennt danach, ob es sich bei den Beteiligten der KG um natürliche Personen oder um Kapitalgesellschaften handele. In Bezug auf die beteiligten Kapitalgesellschaften (wie die Klägerin) führte der Prüfer aus, der Beteiligungsverlust dürfe gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG und die Forderungsverluste dürften gem. § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG steuerlich nicht abgezogen werden. Hinsichtlich des Erreichens der für die Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG maßgeblichen Beteiligungsquote von 25 % sei die Beteiligung am Stammkapital der Kapitalgesellschaft maßgebend, der das Darlehen gewährt worden sei. Der Gesellschafter im Sinne dieser Vorschrift sei zivilrechtlich zu bestimmen. Beteilige sich eine Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft, so sei diese Personengesellschaft selbst zivilrechtlich Gesellschafterin. Da die KG an der E GmbH zu 100 % beteiligt gewesen und das Darlehen gewährt habe, sei die für die Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG erforderliche Quote erreicht. Dies ergebe sich aus dem Verweis über § 8b Abs. 6 KStG. Demgegenüber könne die Beteiligungsquote nicht zu dem einzelnen Gesellschafter der KG „durchgerechnet“ werden, sodass es nicht auf die Beteiligungshöhe des jeweiligen Gesellschafters der KG (hier der Klägerin) ankomme. Denn § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG stelle für die Ermittlung der Beteiligungsquote dem Wortlaut nach eindeutig auf den darlehensgebenden Gesellschafter und nicht auf die einkünfteerzielende Person ab. Darlehensgebende Gesellschafterin sei nur die KG, die zu 100 % an der E GmbH beteiligt sei. Auch der Bundesfinanzhof ‒ BFH ‒ habe sich mit Urteil vom 12.3.2014 I R 87/12 (Bundessteuerblatt ‒ BStBl ‒ II 2014, 859) bereits bezüglich der Auslegung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut bezogen.

    10
    Die aufwandswirksam erfassten Beteiligungsverluste i.H.v. 164.332,21 € sowie die Forderungsverluste in Höhe von 1.678.604,48 € seien daher außerbilanziell hinzurechnen. Für die Klägerin ergebe sich entsprechend ihrer Beteiligungsquote von 2,02 % eine außerbilanzielle Hinzurechnung i.H.v. 37.227,32 € zum 31.12.2015. Der bislang angesetzte Verlust von 37.825,80 € sei auf 598,48 € herabzusetzen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 28.3.2019 verwiesen.

    11
    Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers des Finanzamts Q an und erließ gegenüber der Klägerin am 13.6.2019 Änderungsbescheide auf der Grundlage des § 164 Abs. 2 AO. Die Körperschaftsteuer für 2015 setzte er auf ... € fest, wobei er die Einkünfte aus der Beteiligung an „Mitunternehmerschaften“ mit ./. 598 € berücksichtigte und ein zu versteuerndes Einkommen von ... € zugrunde legte. Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2015 hob er den Vorbescheid gemäß § 10d EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auf, weil ein vortragsfähiger Verlust nicht bestehe. Den Gewerbesteuermessbetrag für 2015 setzte er mit Gewerbesteuermessbescheid vom 21.6.2019 auf ... € fest.

    12
    Gegen diese drei Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 1.7.2019 Einspruch ein.

    13
    Mit Einspruchsentscheidung vom 29.10.2019, welche sich nach ihrem Rubrum lediglich auf die Körperschaftsteuer und die „Gewerbesteuer“ 2015 bezog, wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Dies begründete er damit, § 8b Abs. 3 KStG sei auch bei einer lediglich mittelbaren Beteiligung anzuwenden, wenn dem Gesellschafter die Beteiligung über einen Mitunternehmeranteil zugerechnet werde. Dies sei folgerichtig, da der Mitunternehmeranteil steuerrechtlich kein eigenes Wirtschaftsgut darstelle, sondern dem Mitunternehmer einen Anteil an sämtlichen Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens vermittle. § 8b Abs. 6 KStG verweise daher für die im Mitunternehmeranteil enthaltenen Beteiligungserträge auf die analoge Anwendung des § 8b KStG. Hinsichtlich der maßgeblichen Beteiligungsquote sei in diesem Fall folglich nicht auf die „durchgerechnete“ Beteiligungsquote abzustellen, sondern auf die Beteiligung der zwischengeschalteten Personengesellschaft. Denn diese Personengesellschaft sei selbst die zivilrechtliche Gesellschafterin. Dabei sei unerheblich, dass die Personengesellschaft rein vermögensverwaltend sei.

    14
    Daraufhin hat die Klägerin am 27.11.2019 Klage erhoben.

    15
    Mit ihrer Klage wendet sie sich ausweislich der Seite 2 ihrer Klageschrift gegen die im Rubrum der Einspruchsentscheidung vom 29.10.2019 genannten Bescheide und ausweislich der Seite 7 ihrer Klageschrift auch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2015. Als Anlage war ihrer Klage u.a. auch der letztgenannte Bescheid beigefügt. Auf Nachfrage hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.12.2019 sowie in dem am 27.5.2021 vom Berichterstatter des Senats durchgeführten Erörterungstermin erklärt, Streitgegenstand seien von Anfang an der Körperschaftsteuerbescheid, der Gewerbesteuermessbescheid und der Verlustfeststellungsbescheid jeweils für 2015 gewesen. Hinsichtlich des Verlustfeststellungsbescheids sei eine Untätigkeitsklage erhoben worden, da dieser Bescheid nicht Gegenstand der Einspruchsentscheidung gewesen sei.

    16
    Die Klägerin hat zunächst bei Klageerhebung begehrt, den erlittenen Verlust aus der Beteiligung an der KG in der vollen Höhe von 37.227,32 € nicht der Abzugsbeschränkung des § 8b Abs. 3 KStG zu unterwerfen. Aufgrund eines gerichtlichen Hinweises im Erörterungstermin vom 27.5.2021 hat die Klägerin sodann mit Schriftsatz vom 15.7.2021 ihr Klagebegehren insofern eingeschränkt, dass der Verlust aus der Abschreibung der Beteiligungen der KG an der E GmbH und der F GmbH gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht abzugsfähig sei (164.332,21 € * 2,02 % = 3.319,51 €). Mit dem übrigen Betrag von 33.907,81 € (1.678.604,48 € * 2,02 %) verfolgt sie ihr Klagebegehren hingegen weiter. Dieser Betrag sei als abzugsfähig anzuerkennen, da § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG hierauf nicht anzuwenden sei.

    17
    Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, bei der KG handele es sich um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft. Steuerlich liege keine Mitunternehmerschaft vor, sondern die KG sei als Bruchteilsgemeinschaft gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anzusehen. Es komme zu einer Bruchteilsbetrachtung. Die Kapitalbeteiligungen an der E GmbH und der F GmbH seien ihr ‒ der Klägerin ‒ daher direkt und unmittelbar zuzurechnen. Die Beteiligungsquote im Jahr 2015 habe nur 2,02 % betragen. Damit sei das von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG vorausgesetzte Quorum nicht erreicht. Die Forderungsabschreibungen seien steuerlich anzuerkennen. Im Übrigen seien die Darlehen (abweichend vom Prüfungsbericht) nicht nur der E GmbH, sondern auch der F GmbH ausgereicht worden, wobei die Höhe des Forderungsverlust mit 1.678.604,48 € zutreffend benannt sei.

    18
    Die Klägerin beantragt,

    19
    den Körperschaftsteuerbescheid für 2015 vom 13.6.2019 und den Gewerbesteuermessbescheid für 2015 vom 21.6.2019, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.10.2019, sowie den Bescheid vom 13.6.2019 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2015 in der Weise zu ändern, dass die Einkünfte um 33.907,81 € vermindert werden.

    20
    Der Beklagte beantragt,

    21
    die Klage abzuweisen,

    22
    hilfsweise,

    23
    die Revision zuzulassen.

    24
    Er trägt vor, es sei zwar zuzugestehen, dass § 8b Abs. 6 KStG im Streitfall keine Anwendung finde, da es sich bei der KG um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft und nicht um eine Mitunternehmerschaft handele. Gleichwohl finde § 8b KStG im Ergebnis über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO Anwendung.

    25
    Bei der Beurteilung, ob eine Beteiligungshöhe von mehr als 25 % i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG erreicht sei, könne nicht auf den Gesellschafter der KG „durchgerechnet“ werden. Das Gesetz verwende in der genannten Vorschrift den Begriff des „Gesellschafters“. Dies beziehe sich auf den Gesellschafter des Darlehensempfängers. Damit sei nach dem Gesetzeswortlaut ausschließlich auf den zivilrechtlichen Gesellschafter des Darlehensempfängers abzustellen, im Streitfall auf die KG. Diese sei zu 100 % beteiligt gewesen. Lediglich diese unmittelbare Beteiligungsquote sei maßgebend (vgl. BFH-Urteil vom 20.8.2003 I R 81/02, BStBl II 2004, 614, Rz. 17).

    26
    Wenn der BFH in anderen Zusammenhängen, etwa im Zusammenhang mit § 17 EStG, auf eine Bruchteilsbetrachtung abgestellt habe (vgl. BFH-Urteil vom 9.5.2000 VIII R 41/99, BStBl II 2000, 686), so sei dies mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Denn im Gesetzeswortlaut des § 17 EStG werde ‒ anders als in § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG ‒ nicht der Begriff „Gesellschafter“ verwendet. Verwende das Gesetz hingegen den Begriff „Gesellschafter“, so wie beispielsweise auch in § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, so sei stets auf den zivilrechtlichen Gesellschafter abzustellen. Das sei auch in der Rechtsprechung anerkannt (z.B. BFH-Urteil vom 16.12.1997 VIII R 32/90, BStBl II 1998, 480, Rz. 33 f).

    27
    Der Senat hat am 6.4.2022 eine mündliche Verhandlung, der Berichterstatter des Senats am 27.5.2021 einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.

    28
    Entscheidungsgründe:

    29
    Die Klage hat Erfolg.

    30
    Der Senat legt die am 27.11.2019 erhobene Klage in der Weise aus, dass Streitgegenstand von Anfang an der Körperschaftsteuerbescheid, der Gewerbesteuermessbescheid und der Verlustfeststellungsbescheid jeweils für 2015 war. Dies hat die Klägerin auf entsprechende Anfrage mit Schriftsatz vom 23.12.2019 und im Erörterungstermin vom 27.5.2021 bestätigt.

    31
    I. Die Klage ist zulässig.

    32
    1. Die Klage ist nicht im Hinblick auf das Vorverfahren gemäß § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ‒ FGO ‒ unzulässig.

    33
    In Bezug auf den Körperschaftsteuer- und den Gewerbesteuermessbescheid hat der Beklagte ein Vorverfahren gem. § 44 Abs. 1 FGO durchgeführt und über den Einspruch durch die Einspruchsentscheidung vom 29.10.2019 entschieden. Dabei legt der Senat den im Rubrum der Einspruchsentscheidung genannten Streitgegenstand „Gewerbesteuer“ so aus, dass der Beklagte nicht über einen Gewerbesteuerbescheid, sondern über den Gewerbesteuermessbescheid vom 21.6.2019 entscheiden wollte. Hierfür spricht, dass der Beklagte in den Gründen seiner Einspruchsentscheidung auf den Erlass des Gewerbesteuermessbescheids Bezug genommen hat. Außerdem war ein Gewerbesteuerbescheid nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

    34
    Hinsichtlich des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2015 hat der Beklagte zwar kein Vorverfahren durchgeführt. Jedoch ist die Klage insoweit als Untätigkeitsklage zulässig. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Klage abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Im Streitfall hat die Klägerin einen außergerichtlichen Rechtsbehelf eingelegt. Der Einspruch vom 1.7.2019 bezog sich ausdrücklich auch auf den Verlustfeststellungsbescheid. Der Beklagte hat insoweit über den Einspruch jedoch nicht entschieden. Warum der Beklagte über diesen Bescheid nicht zusammen mit seiner Einspruchsentscheidung vom 29.10.2019 entschieden hat, ist nicht ersichtlich.

    35
    2. In Bezug auf den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2015 fehlt der Klägerin auch nicht die gem. § 40 Abs. 2 FGO erforderliche Klagebefugnis.

    36
    Da im angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid das zu versteuernde Einkommen lediglich ... € betrug, käme es unter Berücksichtigung der von der Klägerin begehrten Minderung der Einkünfte um 33.907,81 € zu einem negativen Einkommen, welches im Verlustfeststellungsbescheid entsprechend festzustellen wäre. Hätte die Klage Erfolg, verbliebe es also nicht bei der bisherigen Feststellung, dass ein vortragsfähiger Verlust nicht bestehe. Hieraus ergibt sich die Klagebefugnis in Bezug auf den Verlustfeststellungsbescheid.

    37
    II. Die Klage ist auch begründet.

    38
    Der Körperschaftsteuerbescheid für 2015 vom 13.6.2019 und der Gewerbesteuermessbescheid für 2015 vom 21.6.2019, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.10.2019, sowie der Bescheid vom 13.6.2019 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2015 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Verlust aus der Abschreibung der Forderungen der KG gegenüber der E GmbH und der F GmbH zu Unrecht gemäß § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG nicht anerkannt.

    39
    1. Die Klage ist nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen unbegründet. Die hier streitigen Fragestellungen sind nicht im Rahmen eines Verfahrens über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen durch einen Grundlagenbescheid gegenüber der KG zu klären.

    40
    a) Gemäß § 351 Abs. 2 AO können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids angegriffen werden. Als Grundlagenbescheid definiert § 171 Abs. 10 Satz 1 AO u.a. einen Feststellungsbescheid, der für die Festsetzung einer Steuer bindend ist. Eine Klage gegen einen Steuerbescheid, mit der nur Einwendungen gegen einen dem Folgebescheid zugrunde liegenden Feststellungsbescheid geltend gemacht werden, ist unbegründet (BFH-Beschluss vom 12.10.2011 VIII R 2/10, BFH/NV 2012, 776).

    41
    Die Einkünfte eines gewerblich tätigen Gesellschafters, der an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt ist (sog. Zebragesellschaft), werden für diesen Gesellschafter aber nicht in einem Grundlagenbescheid bei der Personengesellschaft festgestellt. Denn nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH ist die verbindliche Entscheidung über die Einkünfte eines betrieblich an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafters sowohl ihrer Art als auch ihrer Höhe nach durch das für die persönliche Besteuerung dieses Gesellschafters zuständige (Wohnsitz-) Finanzamt zu treffen (BFH-Beschluss vom 11.4.2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, Rz. 41).

    42
    b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist über die Frage der Höhe der Einkünfte der Klägerin aus ihrer Beteiligung an der KG auf der Ebene der Besteuerung der Klägerin zu entscheiden, nicht auf der Ebene eines gegenüber der KG ergangenen Grundlagenbescheids. Denn bei der KG handelt es sich um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft im Sinne der vorstehenden Rechtsprechung (dazu aa). Die Klägerin war betrieblich an der KG beteiligt (dazu bb).

    43
    aa) Bei der KG handelt es sich um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft. Sie übt keinen Gewerbebetrieb aus, und zwar weder i.S.d. § 15 Abs. 1 EStG noch i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG.

    44
    Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die KG keine gewerblichen Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 EStG erzielte, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG. Ihr Gesellschaftszweck war der Erwerb und die Verwaltung von Eigenkapitalbeteiligungen.

    45
    Die KG war auch nicht als gewerbliche geprägte Personengesellschaft gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG anzusehen. Nach dieser Vorschrift gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind. Bei der KG war neben der persönlich haftenden Gesellschafterin, der C Verwaltungs GmbH, noch eine Kommanditistin zur Geschäftsführung befugt, nämlich die D GmbH. Wegen dieser Befugnis einer Kommanditistin zur Geschäftsführung kommt eine gewerbliche Prägung nicht in Betracht.

    46
    bb) Die Klägerin war betrieblich an der KG beteiligt. Da es sich bei der Klägerin um eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige GmbH i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG handelt, sind gem. § 8 Abs. 2 KStG alle ihre Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

    47
    2. Die Klägerin hat bei der Ermittlung ihres Steuerbilanzgewinns in nicht zu beanstandender Weise die Einkünfte aus der KG i.H.v. ./. 37.227,32 € als gewerbliche Verluste berücksichtigt.

    48
    a) Die auf der Ebene der KG als Gewinnanteil der Klägerin ermittelten Einkünfte waren bei der Klägerin in gewerbliche Einkünfte umzuwandeln.

    49
    Zwar führt die Beteiligung eines oder mehrerer gewerblich tätiger Gesellschafter an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft nicht dazu, dass die Tätigkeit dieser Personengesellschaft (sog. Zebragesellschaft) insgesamt als gewerblich anzusehen wäre (BFH-Beschluss vom 25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. III. 3. b bb der Gründe). Wird jedoch ein Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft von einem Gesellschafter im gewerblichen Betriebsvermögen gehalten, führt dies dazu, dass die Anteile dieses Gesellschafters an den Wirtschaftsgütern der Gesellschaft bei ihm Betriebsvermögen sind; sie sind diesem Gesellschafter getrennt zuzurechnen (BFH-Beschluss vom 11.4.2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, Rz. 29). Ist an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft ein Gesellschafter betrieblich beteiligt, wandeln sich bei dem Gesellschafter die ihm zuzurechnenden Beteiligungseinkünfte in betriebliche Einkünfte um (BFH-Beschluss vom 11.4.2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, Rz. 30).

    50
    Da die Klägerin die Anteile an der KG in ihrem Betriebsvermögen hält, sind die streitigen Einkünfte bei der Klägerin als gewerbliche Einkünfte anzusehen.

    51
    b) Die Klägerin hat im Streitjahr einen anteiligen Verlust i.H.v. 3.319,51 € (164.332,21 € * 2,02 %) aus der Abschreibung der Beteiligungen der KG an der E GmbH und der F GmbH sowie einen anteiligen Verlust i.H.v. 33.907,81 € (1.678.604,48 € * 2,02 %) aus der Abschreibung der Forderungen der KG gegenüber der E GmbH und der F GmbH erlitten, zusammen 37.227,32 €.

    52
    Denn mit Beschluss vom ….2015 ist über das Vermögen der E GmbH, mit Beschluss vom ….2016 über das Vermögen der F GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Darlehen nach der Eröffnung der Insolvenzverfahren noch hätten zurückgezahlt werden können. Die KG hat daher zu Recht mit Wirkung zum 31.12.2015 die Abschreibungen vorgenommen, die der Klägerin als Gesellschafterin anteilig zugerechnet worden sind.

    53
    Dabei kann dahinstehen, ob die Forderungsverluste, wie im Prüfungsbericht vom 28.3.2019 ausgeführt, lediglich aus Darlehen herrühren, die der E GmbH ausgereicht wurden, oder zudem auch aus Darlehen, die der F GmbH vergeben wurden, wie die Klägerin vorträgt. Denn die Höhe der Forderungsverluste ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Sowohl die E GmbH als auch die F GmbH befanden sich bei Aufstellung des Jahresabschlusses der KG für 2015 im Insolvenzverfahren.

    54
    3. Der Beklagte hat die Abschreibung der Beteiligungen der KG an der E GmbH und der F GmbH i.H.v. 3.319,51 € zu Recht gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin außerbilanziell wieder hinzugerechnet.

    55
    Gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil entstehen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen. § 8b Abs. 2 KStG betrifft den Anteil an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG führen.

    56
    Solche Körperschaften sind im Streitfall die E GmbH und die F GmbH. Da die Beteiligungsabschreibung eine Gewinnminderung im Zusammenhang mit diesen Anteilen ist, sind diese Gewinnminderungen gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin hat dies mit Schriftsatz vom 15.7.2021 eingeräumt und ihr Klagebegehren entsprechend eingeschränkt.

    57
    4. Der Beklagte hat jedoch die Verluste aus der Abschreibung der Forderungen der KG gegenüber der E GmbH und der F GmbH i.H.v. 33.907,81 € zu Unrecht gem. § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin nicht berücksichtigt.

    58
    Gem. § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gehören zu den Gewinnminderungen i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG auch Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten, die für ein Darlehen hingegeben wurden, wenn das Darlehen oder die Sicherheit von einem Gesellschafter gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt ist oder war. Dies gilt gem. § 8b Abs. 3 Satz 5 KStG auch für diesem Gesellschafter nahestehende Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes ‒ AStG ‒ oder für Gewinnminderungen aus dem Rückgriff eines Dritten auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person auf Grund eines der Gesellschaft gewährten Darlehens. Die Sätze 4 und 5 sind gem. § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG nicht anzuwenden, wenn nachgewiesen wird, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte; dabei sind nur die eigenen Sicherungsmittel der Gesellschaft zu berücksichtigen.

    59
    § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG dient nach der Gesetzesbegründung dem Zweck, dass die Gesellschafterfinanzierung durch Eigenkapital oder durch nicht fremdübliche Gesellschafterdarlehen hinsichtlich eventueller Gewinnminderungen gleich behandelt wird (BT-Drucks. 16/6290, Seite 73).

    60
    a) Im Streitfall stellen die Forderungsverluste eine Gewinnminderung im Zusammenhang mit Darlehensforderungen i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG dar. Die Darlehen wurden an Körperschaften i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG vergeben, nämlich an die E GmbH und die F GmbH.

    61
    b) Jedoch ist die erforderliche Beteiligungsquote des Gesellschafters, der das Darlehen gewährt hat, von 25 % im Streitfall nicht erreicht. Für die Berechnung der Quote ist nicht auf die KG abzustellen, die zu 100 % an der E GmbH und der F GmbH beteiligt war, sondern auf den jeweiligen Gesellschafter der KG. Die Klägerin als Gesellschafterin der KG war im Streitjahr nur zu 2,02 % an den genannten Körperschaften beteiligt.

    62
    aa) Dies folgt bereits daraus, dass nach der Rechtsprechung des BFH eine vermögensverwaltende Personengesellschaft entgegen der Auffassung des Beklagten nicht als „Gesellschafterin“ i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG angesehen werden kann.

    63
    Denn nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die über eine vermögensverwaltende, nicht gewerblich geprägte Personengesellschaft gehalten wird, wegen § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als „unmittelbare“ Beteiligung anzusehen (BFH-Urteil vom 18.5.2021 I R 77/17, BFHE 273, 216, BStBl II 2022, 114, Rz. 17). Auf die Besonderheiten von Mitunternehmerschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, die zu einer Einschränkung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO führen (vgl. BFH-Urteil vom 3.2.2010 IV R 26/07, BFHE 228, 365, BStBl II 2010, 751, m.w.N.), kommt es dann nicht an (BFH-Urteil vom 18.5.2021 I R 77/17, BFHE 273, 216, BStBl II 2022, 114, Rz. 17).

    64
    Der BFH begründet dies wie folgt: Nur eine rein zivilrechtliche Betrachtung, bei der die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsfähigkeit einer Gesamthand zu beachten wäre (Urteil vom 29.1.2001 II ZR 331/00, BGHZ 146, 341), führe dazu, bei Zwischenschaltung einer vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft von einer lediglich mittelbaren Beteiligung auszugehen. Bei steuerrechtlicher Betrachtung wäre dagegen die Voraussetzung einer unmittelbaren Beteiligung erfüllt. Dies folgt aus der Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO (BFH-Urteil vom 18.5.2021 I R 77/17, BFHE 273, 216, BStBl II 2022, 114, Rz. 19). Nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO sind Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Die Notwendigkeit einer solchen Zurechnung muss sich aus den Einzelsteuergesetzen ergeben. Sie liegt grundsätzlich vor, wenn der von der Gesellschaft verwirklichte Tatbestand steuerrechtlich nicht von Bedeutung und deshalb beim Gesellschafter selbst zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 03.02.2010 IV R 26/07, BFHE 228, 365, BStBl II 2010, 751). Die Besteuerung darf also nicht die Gesamthand, sondern muss die Gesamthänder erfassen (BFH-Urteil vom 18.5.2021 I R 77/17, BFHE 273, 216, BStBl II 2022, 114, Rz. 20).

    65
    Diese Voraussetzungen sind für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer bei rein vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaften erfüllt (BFH-Urteil vom 18.5.2021 I R 77/17, BFHE 273, 216, BStBl II 2022, 114, Rz. 21 mit Hinweis auf  BFH-Urteile vom 6.10.2004 IX R 68/01, BFHE 207, 24, BStBl II 2005, 324; vom 2.4.2008 IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679; BFH-Beschluss vom 21.7.2016 IV R 26/14, BFHE 254, 371, BStBl II 2017, 202). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Gesamthand den Besteuerungstatbestand verwirklicht, aber selbst nicht Schuldnerin der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist (BFH-Urteil vom 18.5.2021 I R 77/17, BFHE 273, 216, BStBl II 2022, 114, Rz. 21 m.w.N.).

    66
    Der Beklagte kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, nach dem Gesetzeswortlaut des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG sei ausschließlich auf den zivilrechtlichen „Gesellschafter“ des Darlehensempfängers abzustellen, im Streitfall auf die KG. Denn nach der zitierten Rechtsprechung des BFH ist bei rein vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägte Personengesellschaften ‒ wie im Streitfall bei der KG ‒ der von der Gesellschaft verwirklichte Tatbestand steuerrechtlich nicht von Bedeutung und deshalb nur beim Gesellschafter selbst zu berücksichtigen. Dies führt im Ergebnis zu einer steuerrechtlichen Transparenz der vermögensverwaltenden Personengesellschaft (so für die Anwendung von § 8b KStG auch Bundesministerium der Finanzen ‒ BMF ‒ vom 28.4.2003, BStBl I 2003, 292, Tz. 56 und vom 16.12.2003, BStBl I 2004, 40, Tz. 22; Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8b KStG Rz. 202; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8b Rz. 492; Gosch in Gosch, KStG, 4. Auflage, § 8b Rz. 523).

    67
    Auch wenn der BFH die beschiedenen Grundsätze mit Urteil vom 18.5.2021 I R 77/17 im Zusammenhang mit der Beurteilung von § 43b Abs. 2 Satz 1 EStG und § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG aufgestellt hat, handelt es sich um Grundsätze, die im gesamten Steuerrecht gelten und anzuwenden sind. Darüber hinaus hat der BFH den Grundsatz der steuerrechtlichen Transparenz einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auch bereits im Zusammenhang mit anderen Normen, etwa § 17 EStG, entwickelt (BFH-Urteil vom 9.5.2000 VIII R 41/99, BFHE 192, 273, BStBl II 2000, 686, Rz. 16).

    68
    bb) Dass für die Berechnung der Quote von 25 % nicht auf die Beteiligung der KG an der E GmbH und der F GmbH abzustellen ist, ergibt sich entgegen der Auffassung des Beklagten zudem aus dem Wortlaut von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG und dem systematischen Zusammenhang der Regelung mit § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.

    69
    § 8b Abs. 3 Satz 3 ff. KStG enthalten Regelungen für die Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft, die im Sinne von § 8b Abs. 2 KStG an einer anderen Körperschaft beteiligt ist. § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG regelt hierzu, dass Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung bei der Ermittlung des Einkommens nicht berücksichtigt werden dürfen, wenn das Darlehen von einem Gesellschafter gewährt wird, der unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 25 % am Grund- oder Stammkapital der darlehensnehmenden Körperschaft beteiligt ist oder war. Da es systematisch um die Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft geht, folgt hieraus bereits, dass darlehensgebender Gesellschafter im Sinne von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG nur eine ‒ mittelbar oder unmittelbar ‒ an der darlehensnehmenden Körperschaft beteiligte Körperschaft sein kann. Wenn aber die Grundlage für die Anwendung von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG nur die mittelbare Beteiligung der Klägerin an der E GmbH und an der F GmbH sein kann, ist nicht ersichtlich, warum für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei dieser Beteiligung auch um eine qualifizierte Beteiligung im Sinne von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG handelt, auf die unmittelbare Beteiligung der ‒ als Personengesellschaft vom Anwendungsbereich des § 8b KStG gar nicht erfassten ‒ KG an den genannten Körperschaften abzustellen sein soll. Dies ist umso weniger nachvollziehbar, als die Zielrichtung von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gerade darin besteht, im Zusammenhang mit der Gewährung von Darlehen eintretende Gewinnminderungen steuerlich unberücksichtigt zu lassen, die sich bei einer qualifiziert an einer anderen Körperschaft beteiligten Körperschaft (nicht: Personengesellschaft) ergeben. Die vom Beklagten vertretene Auffassung würde indes dazu führen, dass die gesamten auf inländische Körperschaften entfallenden Anteile an den Darlehensverlusten nicht abzugsfähig blieben, obwohl keine dieser Körperschaften mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 25 % an der E GmbH oder an der F GmbH beteiligt war.

    70
    Die Unstimmigkeit der vom Beklagten vertretenen Auffassung zeigt sich im Übrigen auch daran, dass eine Anwendung von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG auf die Klägerin konsequenterweise auch dann nicht in Betracht kommen dürfte, wenn ‒ der Auffassung des Beklagten folgend ‒ nicht auf die Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, sondern allein auf die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen der KG und der E bzw. der F GmbH abzustellen wäre. Denn in diesem Fall würde es, da die Darlehensgewährung allein durch die KG erfolgte, schon an einer der Klägerin anteilig zuzurechnenden Darlehensgewährung fehlen (vgl. zu diesem Aspekt Gosch in Gosch, KStG, 4. Auflage, § 8b Rz. 278g a.E. und Rz. 279.1). § 8b Abs. 3 KStG könnte nach seinem Wortlaut dann nur noch Anwendung finden, wenn § 8b Abs. 3 KStG aufgrund der Regelung des § 8b Abs. 6 KStG anzuwenden wäre (dazu unten II.4.b, cc) oder wenn es sich bei der KG um eine der Klägerin nahe stehende Person i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 5 KStG handeln würde (dazu unten II.4.c).

    71
    cc) Nichts anderes ergibt sich aus § 8b Abs. 6 KStG.

    72
    Nach dieser Vorschrift gelten die Absätze 1 bis 5 des § 8b KStG auch für die dort genannten Bezüge, Gewinne und Gewinnminderungen, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen des Gewinnanteils aus einer Mitunternehmerschaft zugerechnet werden, sowie für Gewinne und Verluste, soweit sie bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils auf Anteile i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG entfallen.

    73
    § 8b Abs. 6 KStG ist jedoch lediglich für Mitunternehmerschaften einschlägig, nicht für vermögensverwaltende, nicht gewerblich geprägte Personengesellschaften (Rengers in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 8b KStG Rz. 402; Gosch in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 8b Rz. 523; Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG Rz. 406 m.w.N.). Bei letzteren gilt für die Zuordnung der Gewinnanteile vielmehr § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.

    74
    dd) Zu keinem anderen Ergebnis führen die im Prüfungsbericht vom 28.3.2019 und die vom Beklagten benannten Fundstellen aus der Rechtsprechung.

    75
    Mit dem im Prüfungsbericht vom 28.3.2019 benannten Urteil vom 12.3.2014 I R 87/12 (BFHE 244, 567, BStBl II 2014, 859) hat der BFH entschieden, dass eine Beteiligung im Umfang der Wesentlichkeitsschwelle von mehr als einem Viertel der Anteile zu irgendeinem Zeitpunkt genügt und dass es auf irgendwelche zeitlichen Beschränkungen nicht ankommt. Da die Klägerin im Streitfall aber zu keinem Zeitpunkt die Wesentlichkeitsschwelle überschritten hat, ist die genannte BFH-Entscheidung für den Streitfall nicht von Bedeutung.

    76
    Ebenso ist das vom Beklagten genannte BFH-Urteil vom 20.8.2003 I R 81/02 (BFHE 203, 424, BStBl II 2004, 614, Rz. 17) im Streitfall nicht von Bedeutung. Diese Entscheidung betraf die Frage einer Anteilsübertragung gem. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1991, um die es hier nicht geht.

    77
    Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf das BFH-Urteil vom 16.12.1997 VIII R 32/90 (BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480) berufen. Dieses enthält unter Rz. 33 f. Ausführungen zum Begriff des Mitunternehmers i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Die Klägerin war aber keine Mitunternehmerin der KG, da die KG keine Mitunternehmerschaft war.

    78
    c)  Die KG war auch keine der Klägerin nahestehende Person i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 5 KStG i.V.m. § 1 Abs. 2 AStG, da sie als vermögensverwaltende Personengesellschaft auch in diesem Zusammenhang als vollständig transparent anzusehen ist.

    79
    Im Übrigen betrug die Beteiligung der Klägerin an der KG im Streitjahr nur 2,02 %, so dass die von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AStG vorausgesetzte Beteiligungshöhe von einem Viertel nicht erreicht war.

    80
    III. Die Entscheidung, dass der Beklagte die festzusetzenden und festzustellenden Beträge zu errechnen und mitzuteilen hat, folgt aus § 100 Abs. 2 Satz 2 und 3 FGO.

    81
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren mit Schriftsatz vom 15.7.2021 teilweise zurückgenommen.

    82
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

    83
    Die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.

    RechtsgebietKStGVorschriftenKStG § 8 Abs. 2

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