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  • 07.07.2021 · IWW-Abrufnummer 223349

    Finanzgericht Münster: Gerichtsbescheid vom 06.04.2021 – 5 K 3866/18 U

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster


    Tenor:

    Der Bescheid für 2016 über Umsatzsteuer vom 08.02.2019 wird dergestalt geändert, dass die Umsatzsteuer auf -5.214,16 € festgesetzt wird.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    Die Revision wird zugelassen.

    1

    Tatbestand

    2

    Streitig ist für das Streitjahr 2016, ob Energielieferungen unselbstständige Nebenleistungen zu umsatzsteuerfreien Vermietungsleistungen darstellen mit der Folge, dass ein Vorsteuerabzug aus dem Neubau einer Heizungs- und Warmwasseranlage ausscheidet.

    3

    Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vermietet ein Grundstück, auf dem sich ein Haupthaus, ein Garagenhaus, ein Bungalow, ein Bootsschuppen und ein Carport befinden. Das Haupthaus mit zwei Wohnungen war im Streitjahr vermietet. Das Garagenhaus wurde im Streitjahr zu Vermietungszwecken renoviert, eine Vermietung erfolgte ab März 2017. Der Bungalow war im Streitjahr ebenfalls zu Wohnzwecken vermietet. Der von der Klägerin beispielhaft vorgelegte Mietvertrag über die Wohnung im Erdgeschoss des Haupthauses mit den Mietern M1/M2 vom 01.05.2012 weist neben der Grundmiete Vorauszahlungen u. a. für Heizung und Warmwasser aus. Über die Vorauszahlungen musste nach dem Mietvertrag, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Hefter Bl. 49 ff), jährlich abgerechnet werden. In § 11 Ziff. 10 des Mietvertrags („Zentrale Beheizung und Warmwasserversorgung“) wird auf §§ 7 und 8 Heizkostenverordnung sowie § 315 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verwiesen. Die Mietentgelte und Nebenkosten für das Grundstück teilten sich insgesamt wie folgt auf:

    4

    1. Miete, Wohnung 1 im Haupthaus

    5

    Miete Januar ‒ Dezember:                                          pro Monat 723,00 €                            8.676,00 €

    6

    Nebenkosten Januar ‒ September:               pro Monat 177,00 €               1.770,00 €

    7

    Oktober - Dezember               pro Monat 132,00 €                  396,00 €

    8

    Heizung               Oktober - Dezember               pro Monat brutto 45,00 €                  135,00 €

    9

    Die Nebenkosten für Januar bis September teilten sich wie folgt auf:

    10

    45,00 € Heizung und Warmwasser

    11

    132,00 € übrige umgelegte Betriebskosten

    12

    2. Miete, Wohnung 2 im Haupthaus

    13

    Miete Januar ‒ Dezember:                                                        pro Monat 645,00 €                            7.740,00 €

    14

    Garagenmiete Januar ‒ Dezember:                            pro Monat 30,00 €                               360,00 €

    15

    Miete Schuppen Januar ‒ Dezember:                             pro Monat 30,00 €                               360,00 €

    16

    Nebenkosten Januar ‒ September:                            pro Monat 160,00 €                            1.440,00 €

    17

    Oktober ‒ Dezember:                            pro Monat 90,00 €                               270,00 €

    18

    Heizung               Oktober ‒ Dezember:              pro Monat brutto 70,00 €                               210,00 €

    19

    Die Nebenkosten für Januar bis September teilten sich wie folgt auf:

    20

    pro Monat 70,00 € für Heizung und Warmwasser

    21

    pro Monat 90,00 € für übrige umgelegte Betriebskosten

    22

    3. Miete, Bungalow

    23

    Miete Januar ‒ Dezember:                                          pro Monat 94,50 €                            1.134,00 €

    24

    Nebenkosten Januar ‒ Dezember:              pro Monat 30,00 €                              360,00 €

    25

    Im Streitjahr 2016 installierte die Klägerin eine neue Kesselanlage und Heizung für die bestehenden Wohnungen mit Ausnahme der Wohnung im Bungalow, deren neue Heizungsanlage erst 2020 in Betrieb genommen wurde. Die Mieter erhielten die Möglichkeit, die individuellen Heizungs- und Wassertemperaturen zu regulieren und bei Beschwerden den Hersteller der Heizungsanlage direkt zu kontaktieren. Für jeden Mieter gab es Einzelzähler, die die individuellen Wärmemengen erfassten. Die Rechnung des Bauunternehmers (B-GmbH) an die Klägerin vom 11.10.2016 lautete auf insgesamt 37.382,30 € zuzüglich offen ausgewiesener Umsatzsteuer i.H.v. 7.102,64 €. Die Klägerin teilte den Rechnungsbetrag auf das Haupthaus (181 m²), das Garagenhaus (70 m²) und den Bungalow auf. Für das Haupthaus wurden Vorsteuern i.H.v. 2.309,85 € und für das Garagenhaus i.H.v. 3.173,16 € (insgesamt 5.483,01 €) ermittelt. Für den Bungalow wurden keine anteiligen Vorsteuern geltend gemacht. Die Rechnung der B-GmbH wurde von der Klägerin im November 2016 bezahlt.

    26

    Mit Schriftsatz vom 09.11.2016 an den Beklagten verzichtete die Klägerin auf die Kleinunternehmerregelung und teilte mit, dass sie ab Oktober 2016 Umsatzsteuer-Vorauszahlungen abgebe. Es wird wegen der Einzelheiten auf den Schriftsatz der Klägerin verwiesen (Hefter Bl. 20). Am 11.11.2016 gab die Klägerin eine Umsatzsteuervoranmeldung ab, mit der sie Umsätze zu 19 % i.H.v. 96,00 € und Vorsteuern i.H.v. 5.503,45 € erklärte. Die Vorsteuern entfielen auf die für das Haupthaus und das Garagenhaus installierte Heizungs- und Warmwasseranlage (5.483,01 €) und aus den Gaslieferungen (20,44 €). Für November 2016 erklärte die Klägerin in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung vom 12.12.2016 eine Vorauszahlung i.H.v. -2,20 € (Umsätze zu 19 %: 96,00 €, Vorsteuer: 20,44 €). Für Dezember 2016 gab die Klägerin am 10.01.2017 eine Umsatzsteuer-Voranmeldung ab, mit der sie -2,03 € erklärte (Umsatz zu 19 %: 96,00 €, Vorsteuer: 20,27 €). Der Beklagte stimmte den Voranmeldungen für Oktober und November 2016 zunächst zu.

    27

    Am 17.01.2017 begann eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin für Oktober und November 2016. Die Prüferin war der Auffassung, die Wärmelieferungen an die Mieter der Klägerin seien typische Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung. Eine Option zur Umsatzsteuerpflicht sei nicht möglich. Ein Vorsteuerabzug scheide aus, weil die Klägerin ausschließlich steuerfreie (Vermietungs-)Umsätze getätigt habe. Es wird wegen der Einzelheiten auf den Umsatzsteuer-Sonderprüfungsbericht vom 18.01.2017 verwiesen (Hefter Bl. 81ff). Der Beklagte folgte den Prüfungsfeststellungen und setzte mit Bescheiden jeweils vom 06.02.2017 die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Oktober bis Dezember 2016 auf jeweils 0 € fest. Dagegen legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Sie meinte, die Energielieferungen seien selbstständig und nicht steuerfrei. Sie nimmt Bezug auf das EuGH-Urteil vom 16.04.2015, C-42/14.

    28

    Während des Einspruchsverfahrens, am 05.01.2018, gab die Klägerin ihre Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2016 ab, die vom Beklagten zunächst nicht bearbeitet wurde, weil die Erklärung nicht im authentifizierten Verfahren übermittelt worden war. Die Klägerin erklärte darin steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 288,00 € (Umsatzsteuer: 54,72 €) und Vorsteuern in Höhe von 5.434,50 € (Umsatzsteuer: - 5.379,78 €).

    29

    Mit Einspruchsentscheidung vom 19.11.2018, die die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für Oktober bis Dezember 2016 betraf, wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

    30

    Der Beklagte begründete die Zurückweisung des Einspruchs damit, dass die Referatsleiter von Bund und Ländern Einigung darüber erzielt hätten, dass das EuGH-Urteil vom 16.04.2015, C-42/14, das polnische Verhältnisse betraf, keine Auswirkung auf die nationale Verwaltungsauffassung habe. Die Verhältnisse in Deutschland seien anders als in Polen. In Deutschland hätten Mieter regelmäßig kein Wahlrecht hinsichtlich des Ver- bzw. Entsorgungsunternehmens. Der Mieter sei insoweit an die Wahl des Vermieters gebunden. Außerdem unterliege der Eigentümer bzw. Vermieter oftmals einem kommunalen bzw. örtlichen Anschluss- und Benutzungszwang. In Deutschland erfolge die Heizkostenabrechnung im Gegensatz zum EuGH-Fall nicht nur verbrauchsabhängig, sondern auch in Abhängigkeit von der Mietfläche bzw. dem umbauten Raum. In den Mietverträgen werde auf §§ 7 und 8 Heizkostenverordnung verwiesen. Danach werde von den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage ein Teil nach der Wohn- oder Nutzfläche oder dem umbauten Raum umgelegt.

    31

    Die Klägerin hat am 19.12.2018 Klage erhoben.

    32

    Am 08.02.2019 ist ein Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2016 für die Klägerin ergangen, mit dem die Umsatzsteuer auf 0 € festgesetzt wurde. Der Bescheid steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

    33

    Die Klägerin begründet ihre Klage wie folgt:

    34

    Die hier streitbefangene Leistung sei die Lieferung von Gas und Wärme. Dies stelle eine nicht steuerbefreite Lieferung dar. Es sei höchstrichterlich geklärt (EuGH-Urteil vom 16.04.2015, C-42/14), dass die Lieferung von Wasser, Elektrizität, Wärme und die Abfallentsorgung, die eine Vermietung regelmäßig begleiteten, unter umsatzsteuerrechtlichen Gesichtspunkten getrennt zu behandeln seien. Dies gelte nur dann nicht, wenn die vorgenannten Leistungen mit der Vermietung so eng miteinander verknüpft seien, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bildeten, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd sei. Im Streitfall lägen alle vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen vor. Die Klägerin habe alle Versorgungsverträge mit den Energieversorgern abgeschlossen, um den Mietern Gas und Wärme liefern zu können. Diese Kosten würden auf die Mieter abgewälzt im Rahmen von monatlichen Vorauszahlungen und der jährlichen Mietnebenkostenabrechnung. Den Mietern sei es möglich, den Verbrauch selbst zu regeln. Die Mieter könnten ihre individuellen Heizungs- und Wassertemperaturen auch selbst regulieren und bei Beschwerden den Hersteller der Heizungsanlage direkt kontaktieren. Für jeden Mieter bestünden Einzelzähler, die die individuellen Wärmemengen erfassten. Die Mieter hätten bei der Auswahl des Gaslieferanten ein Mitspracherecht. In 2016 hätte sie als Vermieterin und die Mieter darüber entschieden, von A-Energie zu B-Energie zu wechseln. Auch im Urteil des BFH vom 11.11.2015, V R 37/14 werde auf das oben genannte EuGH-Urteil zustimmend Bezug genommen.

    35

    Die Klägerin beantragt,

    36

    den Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 08.02.2019 insoweit zu ändern, dass steuerpflichtige Umsätze zu 19 % i. H. v. 288,00 € und abziehbare Vorsteuerbeträge i.H.v. 5.434,50 € anerkannt werden.

    37

    Der Beklagte beantragt,

    38

    die Klage abzuweisen.

    39

    Er nimmt Bezug auf seine Einspruchsentscheidung.

    40

    Entscheidungsgründe

    41

    Der Senat sieht es als sachgerecht an, gemäß § 90a Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

    42

    I. Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet. Der Umsatzsteuerbescheid für 2016 vom 08.02.2019, der gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Die Klägerin erbringt steuerpflichtige Warmwasser- und Heizungsleistungen an ihre Mieter und kann somit für die mit diesen Lieferungen im Zusammenhang stehenden Vorleistungen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) den Vorsteuerabzug geltend machen (s. dazu 1). Allerdings sind die gesamten steuerpflichtigen Warmwasser- und Heizungsleistungen der Klägerin im Streitjahr 2016 zu berücksichtigen und nicht nur die Umsätze aus Oktober bis Dezember 2016 (s. dazu I.2)).

    43

    1) Der Vorsteuerabzug ist nicht gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, denn die Klägerin erbringt im Hinblick auf die Energielieferungen keine steuerfreien Umsätze. Die Energielieferungen unterliegen keiner Umsatzsteuerbefreiung und sind im Streitfall von der steuerfreien Vermietungsleistung der Klägerin gemäß § 4 Nr. 12a UStG zu trennen.

    44

    a) Nach der von der Klägerin herangezogenen EuGH-Rechtsprechung (Urteil vom 16.04.2015, C-42/14, -Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warzawie-, UR 2015, 427 mit Anmerkung Widmann), der der erkennende Senat folgt, ist im Hinblick auf die Mehrwertsteuer in der Regel jede Leistung als eigene und selbstständige Leistung zu betrachten (Art. 1 Abs. 2 Unterabsatz 2 Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ‒MwStSyStRL‒).

    45

    Allerdings sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs mehrere formal eigenständige Leistungen, die getrennt erbracht werden und damit jede für sich zu einer Besteuerung oder Befreiung führen könnten, unter bestimmten Umständen als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht voneinander unabhängig sind. Ein einheitlicher Umsatz liegt namentlich vor, wenn die Leistung des Steuerpflichtigen aus zwei oder mehreren Elementen oder Handlungen besteht, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine oder mehrere Leistungen die Hauptleistung und der oder die anderen Leistungen Nebenleistungen darstellen, die steuerlich ebenso zu behandeln sind wie die Hauptleistung (EuGH, Urteil vom 17.01.2013, C-224/11, -BGZ Leasing-, Rn. 30, juris). Eine Leistung ist insbesondere dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kunden keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (EuGH, Urteil vom 27.09.2012, C-392/11, -Field Fisher Waterhouse-, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung, juris).

    46

    b) Im Streitfall liegen nach den vom EuGH a. a. O. aufgestellten Grundsätzen getrennte Leistungen, nämlich einerseits steuerfreie Vermietungsleistungen und andererseits steuerpflichtige Energielieferungen der Klägerin vor. Die Energielieferungen werden gesondert abgerechnet über die Mietnebenkostenabrechnungen. Die Mieter können den Verbrauch individuell regeln. Die Klägerin hat die Energielieferungen von den Energielieferanten bezogen, um sie an ihre Mieter weiter zu veräußern. Der Umstand, dass im Streitfall getrennte, voneinander unabhängige Leistungen vorlagen, obwohl die Energielieferungen zunächst erst die Vermietung der Räumlichkeiten voraussetzte, wird auch dadurch deutlich, dass die Klägerin im Hinblick auf den Bungalow Vermietungsleistungen erbracht hat, ohne gleichzeitig auch Energieleistungen zu erbringen.

    47

    Die vom Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung vorgebrachten Umstände machen die Energielieferungen nicht zu unselbstständigen Nebenleistungen der Vermietung.

    48

    Ein Anschluss-und Benutzungszwang besteht im Hinblick auf die hier streitbefangenen Energielieferungen nicht, sodass der Senat dahinstehen lassen kann, ob ein Anschluss- und Benutzungszwang Auswirkung auf die Einordnung einer Leistung als selbstständig oder nichtselbstständig haben kann.

    49

    Der Umstand, dass regelmäßig der Vermieter den Energieversorger auswählt und die Mieter an diese Auswahl gebunden sind, macht die Leistung nicht unselbstständig. Auch im EuGH-Fall C-42/14 hat der Vermieter die Leistungen eingekauft und an die Mieter weitergegeben. Der EuGH hat dazu ausdrücklich ausgeführt: “Im Übrigen ist der Umstand an sich, dass der Mieter über die Möglichkeit verfügt, diese Leistungen bei einem Lieferanten seiner Wahl zu erhalten, ebenfalls nicht entscheidend, da die Möglichkeit, dass Teile einer einheitlichen Leistung unter anderen Umständen getrennt erbracht werden, zum Konzept des zusammengesetzten einheitlichen Umsatzes gehört (Urteil Field Fisher Waterhouse, C-392/11, EU:C:2012:597, Rn. 26)“. Im Übrigen hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass die Mieter bei der Auswahl des Energieversorgers ein Mitspracherecht hatten.

    50

    Der Umstand, dass ‒ wie der Beklagte ausführt ‒ das Entgelt für die Energielieferungen nicht ausschließlich nach der verbrauchten Energiemenge, sondern nach Maßgabe der §§ 7, 8 Heizkostenverordnung auch nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum der beheizten Räume abgerechnet wird, macht die Energielieferungen nicht zu einer unselbstständigen Nebenleistung zur Vermietung. Zwar haben die Mieter im Hinblick auf den Anteil, der nicht nach ihrem individuellen Verbrauch bemessen wird, nur mittelbaren Einfluss auf die Höhe des Energieverbrauchs, indem sie durch ihren individuellen Verbrauch Einfluss auf den Gesamtenergieverbrauch nehmen können. Die Abrechnung des Energieverbrauchs erfolgt im Streitfall jedoch individuell für jeden Mieter. Die Einbeziehung der nicht verbrauchsabhängigen Umstände der Energiekosten der Mieter betrifft lediglich die Bemessung des Entgelts.

    51

    Die vom EuGH (C-42/14) genannten Ausnahmefälle (Geschäftsraumvermietung mit einer Vereinbarung einer Gesamtheit von Dienstleistungen, die über eine bloße Nutzungsüberlassung hinausgehen; Vermietung für kurze Zeiträume für Ferienzwecke oder aus beruflichen Gründen; Vermieter ist Mitglied einer Vermietergemeinschaft) liegen im Streitfall nicht vor.

    52

    Im Streitfall überwiegen daher die Umstände für eine Selbstständigkeit der Energielieferungen. Im Zweifel sind -wie oben ausgeführt wurde- gemäß Art. 1 Abs. 2 Unterabsatz 2 MwStSyStRL jeweils selbstständige Leistungen anzunehmen.

    53

    2) Die Wirkung des Verzichts der Klägerin auf die Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 Abs. 2 UStG beginnt nicht erst im Zeitpunkt der Optionserklärung, sondern mit Beginn des Jahres, für das die Option ausgeführt wird (Kulmsee in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG § 19 Rn. 108; Mrosek in: Wäger, UStG, 1. Aufl. 2020, § 19 UStG, Rn. 35). Es sind daher auch die steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin, die sie in den Monaten Januar bis September 2016 erbracht hat, bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen.

    54

    Steuerberechnung:

    55

    Steuerpflichtige Warmwasser- und Heizungsleistungen:

    56

    1. Haupthaus Wohnung 1:                            12 x 45,00 € = 540,00 €

    57

    2. Haupthaus Wohnung 2:                            12 x 70,00 € = 840,00 €

    58

    Steuerpflichtige Umsätze brutto: 1.380,00 €, daraus 19 % USt:               220,34 €

    59

    Vorsteuer wie in der USt-Jahreserklärung geltend gemacht:                            5.434,50 €

    60

    Festzusetzende Umsatzsteuer für 2016:                                                        -5.214,16 €

    61

    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 3 FGO. Die Klägerin ist nur zu ca. 3 % und damit „zu einem geringen Teil“ unterlegen.

    62

    Die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache.

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