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  • 04.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220296

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 22.10.2020 – 14 K 2209/17 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf


    Tenor:

    Der Einkommensteueränderungsbescheid 2013 vom 21.09.2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.08.2017 wird aufgehoben.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.

    1

    Tatbestand

    2

    Streitig ist, ob der von dem Kläger aus der Veräußerung seiner Anteile an einer A GmbH erzielte Gewinn zu seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählt oder ob es sich um einen (nicht steuerbaren) Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft handelt.

    3

    Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Seit dem 01.01.2000 war der Kläger in führender Position bei der A GmbH festangestellt. Aus dieser Tätigkeit erzielte er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

    4

    Mit notariellem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 19.12.2007 erwarb der Kläger von einer B GmbH, welche ebenso wie die A GmbH Teil einer Unternehmensgruppe war, einen Teilgeschäftsanteil an der A GmbH mit einem Nennwert von …….,- EUR zu einem Kaufpreis von ……..,- EUR. Das Gewinnbezugsrecht ging zum 01.01.2008 auf den Kläger über. Die B GmbH hatte zuvor im Wege einer Kapitalerhöhung einen Geschäftsanteil an der A GmbH im Nennwert von ………,- EUR erworben. Die Beteiligungen konnten im Rahmen eines Beteiligungsprogramms der A Gruppe ausschließlich von ausgewählten leitenden Mitarbeitern und Mitgliedern des Aufsichtsrats erworben werden. Der von dem Kläger erworbene Anteil entspricht einem Anteil von 0,05 % an dem zu diesem Zeitpunkt voll eingezahlten Stammkapital der A GmbH. Der hierfür von dem Kläger zu zahlende Kaufpreis wurde gemäß Ziffer (2) des Anteilsübertragungsvertrages vom 19.12.2007 anhand des arithmetischen Mittels des EBIT (= Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit minus Zinsergebnis) der A Gruppe der drei letzten vor dem Erwerb abgelaufenen Geschäftsjahre und des Erwerbsjahres, hier also die Jahre 2004 bis 2007, multipliziert mit dem Faktor 15,9 multipliziert mit dem Anteil des erworbenen Geschäftsanteils am gesamten Stammkapital der Gesellschaft, ermittelt. Das EBIT der abgelaufenen Geschäftsjahre wurde jeweils gemäß geprüftem und gebilligtem Konzernabschluss, das des Erwerbsjahres gemäß vom Aufsichtsrat genehmigten Budget in die Wertermittlung einbezogen.

    5

    In den Ziffern (6) ff. des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages enthielt der Vertrag ergänzende Regelungen zur Beendigung der Beteiligung. Darin heißt es unter anderem wie folgt:

    6

    „[…] (6) Die Übertragung des Teilgeschäftsanteils ist auflösend bedingt. Der Geschäftsanteil geht automatisch an die B GmbH wieder zurück, wenn

    7

    a) kein Arbeitsverhältnis zwischen der A GmbH oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen und … [dem Kläger] mehr besteht,

    8

    b) das Insolvenzverfahren über das Vermögen des … [Klägers] eröffnet wird,

    9

    c) Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil eingeleitet werden oder

    10

    d) … [der Kläger] verstirbt.

    11

    In diesen Fällen fällt der Teilgeschäftsanteil unmittelbar an die B GmbH zurück, ohne dass es weiterer rechtsgeschäftlicher Erklärungen bedarf.

    12

    […]

    13

    (7) Darüber hinaus ist der Erwerber jederzeit berechtigt, den erworbenen Geschäftsanteil auf sein einseitiges Verlangen auf die B GmbH oder von ihr benannte Dritte (zurück-) zu übertragen. […]

    14

    Zugleich verpflichtet sich der Erwerber, künftige Veräußerungen seines Geschäftsanteils nur an die B GmbH oder von ihr benannte Dritte vorzunehmen.

    15

    (8) Sofern die B GmbH bzw. von ihr benannte Dritte den Geschäftsanteil (zurück-)erwerben oder eine auflösende Bedingung für die Geschäftsanteilsübertragung eintritt, hat die B GmbH einen Rückerwerbskaufpreis bzw. eine Abfindung zu zahlen. Die Gegenleistung wird in analoger Anwendung der unter Ziffer (2) dieses Vertrages für die Höhe des Kaufpreises maßgeblichen Berechnung ermittelt. […]

    16

    Als Untergrenze wird für den Rückerwerbspreis bzw. die Abfindung das ausgewiesene Eigenkapital der A GROUP im geprüften und gebilligten Konzernabschluss für das Jahr des Rückerwerbs multipliziert mit dem Anteil des Geschäftsanteils am gesamten Stammkapital der Gesellschaft festgelegt.

    17

    (9) Sofern der Erwerber den Geschäftsanteil kürzer als fünf Jahre seit heute hält, nimmt er im Rahmen der Abfindung bzw. des Rückerwerbspreises nicht an Wertsteigerungen, aber an möglichen Wertminderungen seines Geschäftsanteils teil. Insoweit entspricht die Gegenleistung innerhalb des fünfjährigen Zeitraums entweder dem hier gezahlten Kaufpreis oder dem nach der vorgenannten Methode berechneten niedrigeren Wert.

    18

    Auch hier gilt jedoch die unter Ziffer (8) dieser Urkunde festgelegte Untergrenze.

    19

    Jedoch gilt der Ausschluss der Teilhabe an den Wertsteigerungen innerhalb der fünf Jahre seit heute nur, wenn der Rückerwerb bzw. Rückfall des Geschäftsanteils seine Ursache darin hat,

    20

    a) dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Erwerbers eröffnet wurde,

    21

    b) dass Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil betrieben wurden,

    22

    c) dass … [der Kläger] das Arbeitsverhältnis mit der A GmbH oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen gekündigt hat, wenn nicht die Kündigung darauf zurückzuführen ist, dass das Arbeitsverhältnis von … [dem Kläger] aufgrund einer zuerkannten Erwerbsminderungsrente beendet wird, weil eine Weiterbeschäftigung nicht möglich oder nicht mehr zumutbar ist,

    23

    d) dass die A GmbH oder ein mit ihr verbundenes Unternehmen das Arbeitsverhältnis rechtswirksam fristlos gekündigt hat,

    24

    e) dass … [der Kläger] selbst von der Option Gebrauch gemacht hat, wenn nicht zuvor die A GmbH oder ein mit ihr verbundenes Unternehmen das Arbeitsverhältnis fristgerecht gekündigt hat, den hier erworbenen Geschäftsanteil nach Maßgabe des Inhalts, wie er aus der Anlage zu dieser Niederschrift ersichtlich ist, zurückzuübertragen.

    25

    Der Ausschluss der Teilhabe an der Wertsteigerung gilt innerhalb des fünfjährigen Zeitraums auch dann nicht, wenn

    26

    […]

    27

    In allen diesen Fällen hat der Erwerber auch einen Anspruch auf die volle Gegenleistung.

    28

    […]

    29

    (10) Aufgrund der Beschränkungen des Erwerbers in dieser Urkunde erhöhen sich der Rückerwerbspreis bzw. die Abfindung:

    30

    - nach Ablauf von sechs Jahren seit heute um 2 %,

    31

    - nach Ablauf von sieben Jahren seit heute um 5 %,

    32

    - nach Ablauf von acht Jahren seit heute um 9 %,

    33

    - nach Ablauf von neun Jahren seit heute um 14 %

    34

    - und nach Ablauf von zehn und mehr Jahren seit heute um 20 %. […]“

    35

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 19.12.2007 Bezug genommen (Bl. 66-75 der elektronischen Gerichtsakte - GA -).

    36

    Mit Schreiben vom 04.10.2012 erklärte die A GmbH gegenüber dem Kläger wegen des Verdachts der Untreue die fristlose Kündigung. Eine vorherige Anhörung des Klägers erfolgte nicht. Nachdem sich der Kläger gegen die Kündigung zur Wehr gesetzt hatte, schlossen er und die A GmbH am 23.10.2012 einen Aufhebungsvertrag über die einvernehmliche Beendigung des Anstellungsverhältnisses. Darin vereinbarten sie, dass das Anstellungsverhältnis zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen Kündigung aus betrieblichen Gründen zum 31.12.2012 enden sollte. Hinsichtlich der Geschäftsanteile des Klägers an der A GmbH enthielt der Aufhebungsvertrag eine Regelung, dass die Beurkundung des Anteilsrückkaufs im Verlauf des Monats Dezember 2012 erfolgen sollte (vgl. § 5 des Aufhebungsvertrages). Zugleich wurde der Wert des Geschäftsanteils auf …………. EUR beziffert. Der genannte Wert wurde nach der in Ziffer (8) des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 19.12.2007 vorgesehenen Berechnungsformel ermittelt.

    37

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Aufhebungsvertrag vom 23.10.2012 Bezug genommen (Bl. 76-80 GA).

    38

    Mit notariellem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 21.12.2012 übertrug der Kläger seinen Geschäftsanteil an der A GmbH zurück auf die B GmbH. Der Kaufpreis von …………,- EUR wurde am 21.03.2013 an den Kläger ausgezahlt.

    39

    Am 14.04.2015 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2013 ein. Den Verkauf der Geschäftsanteile an der A GmbH gaben sie darin nicht an. Der erstmalige Einkommensteuerbescheid für 2013 ging am 13.10.2015 zur Post und wurde in der Folgezeit mehrfach geändert, zuletzt mit Bescheid vom 27.05.2016 (Zeichnung durch den Sachgebietsleiter am 17.05.2016). Eine Berücksichtigung des Gewinns aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der A GmbH erfolgte nicht.

    40

    Am 14.04.2016 ging bei dem Beklagten eine Prüfungsmitteilung des Finanzamtes aufgrund einer bei der A GmbH durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung ein, wonach der Kläger in 2012 bislang unversteuerten Arbeitslohn in Höhe von …….,- EUR erhalten habe. Es handele sich hierbei um einen Gewinn aus der Veräußerung der Geschäftsanteile des Klägers an der A GmbH anlässlich der Aufhebung des Arbeitsvertrages zum 31.12.2012. Aufgrund der konkreten Gestaltung des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 19.12.2007 lägen insoweit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG vor, die in Höhe der Differenz zwischen dem Rückkaufpreis von ……….,- EUR und dem ursprünglichen Kaufpreis von …….,- EUR steuerpflichtig seien.

    41

    Gegen die am 29.04.2016 entsprechend erfolgte Änderung des Einkommensteuerbescheids 2012 legten die Kläger am 18.05.2016 Einspruch ein. Auf Nachfrage des Beklagten teilte das Bundeszentralamt für Steuern mit Schreiben vom 01.09.2016 mit, dass die Kaufpreiszahlung dem Kläger erst in 2013 zugeflossen und die Prüfungsmitteilung vom 15.03.2016 daher inhaltsgleich für das Jahr 2013 auszuwerten sei.

    42

    Der Beklagte nahm daraufhin eine entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2013 vom 27.05.2016 vor und erhöhte die nichtselbständigen Einkünfte des Klägers. Der auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) gestützte Änderungsbescheid ging am 21.09.2016 zur Post.

    43

    Hiergegen legten die Kläger am 28.09.2016 Einspruch ein. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus, dass der durch die Veräußerung der Anteile an der A GmbH erzielte Veräußerungsgewinn steuerfrei sei. Bei dem Gewinn handele es sich nicht um einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Entscheidendes Kriterium für die Nichtveranlassung durch das Arbeitsverhältnis sei vorliegend das potentielle Risiko des Totalausfalls des überlassenen Kapitals der Gesellschafter. Dieses Verlustrisiko stelle den Erwerber auf die Stufe eines Gesellschafters und nicht eines Fremdgläubigers. Darüber hinaus sei ein (theoretischer) geldwerter Vorteil nicht als Differenz zwischen Anschaffungs- und Veräußerungspreisen zu ermitteln, sondern als Differenz zwischen Verkaufspreis und tatsächlichem gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Veräußerung. Da der erhaltene Verkaufspreis vorliegend dem Verkehrswert der Anteile zum Zeitpunkt der Veräußerung entspreche, liege kein geldwerter Vorteil vor.

    44

    Mit Einspruchsentscheidung vom 07.08.2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei dem Veräußerungsgewinn nach Abwägung der Gesamtumstände um Vorteile handele, die dem Kläger für seine Beschäftigung bei der A GmbH eingeräumt und durch das individuelle Arbeitsverhältnis veranlasst seien. Indiziell für die Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis sei, dass die Geschäftsanteile nur Arbeitnehmern und Aufsichtsratsmitgliedern angeboten worden seien, die Unternehmensbeteiligung automatisch mit Ende des Arbeitsverhältnisses geendet habe und die Geschäftsanteile kraft der auflösenden Bedingung automatisch auf die B GmbH zurückfielen. Aufgrund des eingeschränkten Erwerberkreises sei das Arbeitsverhältnis ursächlich für den Erwerb der Geschäftsanteile. Die Anteilsübertragung sei auch nicht fremdüblich ausgestaltet gewesen. Hiergegen spreche insbesondere die in Ziffer (10) des Übertragungsvertrages zugesicherte Erhöhung des Rückkaufpreises ab einer Haltedauer von mindestens sechs Jahren. Eine solche Vereinbarung eines über dem Verkehrswert liegenden Rückkaufpreises weise einen unter Fremden unüblichen Belohnungscharakter auf und sei ein deutliches Indiz für eine Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis. Auch die Tatsache, dass die Höhe des Rückkaufspreises von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhänge, spreche unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ‒ BFH ‒ (Hinweis auf Urteil vom 05.11.2013, VIII R 20/11) gegen eine eigenständige Sonderrechtsbeziehung und für eine Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis. In Anlehnung an die BFH-Rechtsprechung vom 05.11.2013 (VIII R 20/11) und vom 21.10.2014 (VIII R 44/11, BStBl II 2015, 593) sei der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile als Arbeitslohn zu qualifizieren.

    45

    Dessen ungeachtet spreche auch die mit Schreiben vom 04.10.2012 erklärte fristlose Kündigung des Klägers für die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn. Aufgrund der Kündigung wäre die Behaltensdauer unterhalb von fünf Jahren gewesen, sodass der Kläger nicht an Wertsteigerungen der Anteile hätte teilnehmen können. Gleichwohl hätten sich der Kläger und die A GmbH im Aufhebungsvertrag vom 23.10.2012 auf die höhere Rückzahlung geeinigt. Hierdurch sei der gezahlte Rückkaufpreis wirtschaftlich Teil der Abfindung geworden. Abfindungen gehörten als Ausgleich für die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses verbundenen Nachteile regelmäßig zu den Vergütungen aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG.

    46

    Die ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG sei nicht anwendbar, da der Kläger in schädlicher Weise in zwei Veranlagungszeiträumen Abfindungszahlungen erhalten habe.

    47

    Am 25.08.2017 haben die Kläger gegen die Einspruchsentscheidung Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, dass es sich bei der Anteilsveräußerung um ein nicht steuerbares privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. handele. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG lägen nicht vor, da das Beteiligungsverhältnis nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultiere und dem Kläger keine Vorteile zugeflossen seien. Der Erwerb einer Kapitalbeteiligung zu einem marktüblichen Preis könne als solcher nicht zu einem lohnsteuerpflichtigen Vorteil führen (Hinweis auf Urteile des BFH vom 07.05.2014 VI R 73/12 und vom 04.10.2016 IX R 43/15). Konsequenterweise müsse dies auch für die Veräußerung gelten (Hinweis auf BFH, Urteil vom 09.04.2013, VIII R 19/11, BStBl II 2013, 689).

    48

    Darüber hinaus sei das Dienstverhältnis vorliegend keine notwendige Bedingung für die Mitarbeiterbeteiligung gewesen, da die streitgegenständliche Beteiligung auch Mitgliedern des Aufsichtsrates angeboten worden seien. Der Annahme eines Sonderrechtsverhältnisses stünden auch weder die begrenzte Möglichkeit der Übertragung der Anteile noch das Ausscheiden aus der Gesellschaft für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgegen. Dieser Zusammenhang sei nur Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und rechtfertige für sich gesehen nicht die Annahme einer (schwerpunktmäßigen) Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis. Die Beteiligung habe auch nicht als sog. Anreizlohn gedient, da mit dem Erwerb der streitgegenständlichen Anteile ein wenigstens theoretisches (Total)Verlustrisiko des eingesetzten Kapitals des Klägers einhergegangen sei (Hinweis auf BFH, Urteil vom 17.06.2009, VI R 69/06, BStBl II 2010, 69) und Verlustrisiken der Annahme von Arbeitslohn dem Grunde nach wesensfremd seien (Hinweis auf Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2010, 1 K 4011/09). Die in dem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag enthaltene „Good Leaver-“ bzw. „Bad Leaver“-Regelung stelle ebenso wenig ein Indiz für Arbeitslohn dar (vgl. dazu Geserich, in Blümich, § 19 EStG Rn. 280 „Aktien“) wie die in dem Vertrag vorgesehene Erhöhung des Rückkaufpreises für den Fall einer Veräußerung nicht vor Ablauf einer Sechs-Jahres-Frist. Letztgenannte Erhöhung habe sich im vorliegenden Fall bereits nicht realisiert und könne im Übrigen allenfalls in Höhe des ‒ hier nicht gezahlten ‒ Erhöhungsbetrags als Arbeitslohn angesehen werden. Insoweit könne nichts anderes gelten als bei einem verbilligten Erwerb.

    49

    Die gesamten gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen ihm ‒ dem Kläger ‒ und der A GmbH als Arbeitgeberin hielten auch dem Fremdvergleich Stand. Weder beim Erwerb noch beim Verkauf habe es eine durch das Dienstverhältnis geprägte Modifikation des Beteiligungsverhältnisses gegeben. Ihm habe bei der Rückveräußerung der Anteile wirtschaftlich stets ein Betrag in Höhe des Verkehrswertes zugestanden, sodass sich aus der Zahlung des Rückkaufspreises kein (geldwerter) Vorteil ergeben habe. Die Vereinbarung im Ankaufsvertrag, die Kaufpreisformel auch für den Rückkauf anzuwenden, habe den Zweck zu vermeiden, dass Veräußerer oder Erwerber das Ergebnis der Wertermittlung bestritten. Die Kaufpreisformel wirke zugunsten wie zuungunsten der Beteiligten. Eine in Ziffer (9) des Erwerbsvertrages geregelte Ausnahme liege hier nicht vor. Insbesondere sei die fristlose Kündigung vom 04.10.2012 unwirksam gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei erst und nur durch den Aufhebungsvertrag vom 23.10.2012 und mit Wirkung zum 31.12.2012 beendet worden. Irgendwelche Motive zum Abschluss der Aufhebungsvereinbarung hätten jedenfalls auf den Kaufpreis keinen Einfluss gehabt und könnten daher auch nicht für eine Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis sprechen.

    50

    Einen einkommensteuerpflichtigen Veräußerungsvorgang unterstellt, wäre jedenfalls die Höhe der Einkünfte durch den Beklagten unzutreffend ermittelt. Einen „Veräußerungsgewinn aus dem Arbeitsverhältnis“ gebe es nicht. Der „Gewinn“ sei als Überschuss der Einnahmen in Höhe des Veräußerungspreises über die Werbungskosten zu ermitteln. Als Werbungskosten sei dabei die Höhe des Teilwertes der hingegebenen Geschäftsanteile zu berücksichtigen. Zum Erhalt des Rückkaufpreises habe er ‒ der Kläger ‒ den Wert seiner Beteiligung an der A GmbH aufgewendet, sodass sich die Einnahmen und Ausgaben in gleicher Höhe gegenüber stünden und ein Gewinn aus der Rückgabe der Anteile in Höhe von 0,- EUR anzusetzen sei. Die Differenz zwischen dem Rückkaufpreis und den Anschaffungskosten sei nicht als Gewinn anzusetzen. Das Urteil vom 05.11.2013 (VIII R 20/11) stehe dem nicht entgegen, da dort keine Veräußerung zu marktüblichen Konditionen vorgelegen habe. Einen allgemeinen Grundsatz dahingehend, dass sämtliche Kursgewinne, die durch an Arbeitnehmer verbilligt ausgegebene Aktien erwirtschaftet worden seien, in vollem Umfang ‒ also über die Verbilligung hinaus ‒ als Einkünfte aus § 19 EStG zu qualifizieren wären, gebe es nicht (Hinweis auf BFH, Urteil vom 17.06.2009, VI R 69/06).

    51

    Im Übrigen stehe die Verwendung des feststehenden Faktors 15,9 und des im Jahr des Erwerbs genehmigten Budgets (Planergebnis) bei der Ermittlung des Veräußerungspreises der Annahme einer Veräußerung zum Verkehrswert nicht entgegen (Hinweis auf Finanzgericht Münster, Beschluss vom 23.08.2018, 10 V 1152/18 E). Insbesondere dürften auch gegen Jahresende noch Prognosezahlen der Unternehmensbewertung zugrunde gelegt werden; einer Berücksichtigung tatsächlicher Quartalszahlen bedürfe es nicht. Der von dem Beklagten im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte Unternehmenswert der A GmbH werde bestritten. Der Beklagte habe das Jahr 2012 bei der Wertermittlung völlig außer Betracht gelassen. Darüber hinaus sei es falsch, die Tochtergesellschaften lediglich mit dem Buchwert aus 2011 anzusetzen. Für die Tochtergesellschaften seien ebenfalls die gemeinen Werte zu ermitteln, § 200 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG).

    52

    Schließlich sei der Rückkaufpreis auch nicht als Abfindung zu qualifizieren. Eine Abfindung scheide bereits deshalb aus, weil der Kläger für den Rückkaufpreis seine Anteile habe übereignen müssen. Da er durchgehend ein Recht zur Teilnahme an Wertsteigerungen innegehabt habe, habe der Arbeitgeber ihm dieses Recht nicht als Abfindung zuwenden können. Der Aufhebungsvertrag sei nicht insgesamt als bloße Abfindungsvereinbarung zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu verstehen. In jedem Falle aber sei auf eine Abfindung der ermäßigte Steuersatz anzuwenden.

    53

    Die Kläger beantragen,

    54

    den Einkommensteueränderungsbescheid 2013 vom 21.09.2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.08.2017 aufzuheben.

    55

    Der Beklagte beantragt,

    56

    die Klage abzuweisen.

    57

    Zur Begründung nimmt er Bezug auf seine bisherigen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor: Entgegen der anderslautenden Ausführungen in der Einspruchsentscheidung gehe er davon aus, dass der Kläger kein Verlustrisiko getragen habe, da vorliegend ein Mindestrückkaufpreis garantiert worden sei (Ziffern (8) und (9) des Übertragungsvertrags vom 19.12.2007).

    58

    Die Rückübertragung sei vorliegend auch nicht zum Verkehrswert erfolgt. Sofern in der Einspruchsentscheidung von einer Veräußerung zum Verkehrswert die Rede sei, handele es sich hierbei um eine unzutreffende Formulierung. Nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren betrage der gemeine Wert der Anteile des Klägers an der A GmbH nur ……….,- EUR, wobei die Tochtergesellschaften der A GmbH aus Vereinfachungsgründen mit dem Buchwert laut Jahresabschluss 2011 der A GmbH angesetzt würden. Der Buchwertansatz spiegele eine konservative Werteinschätzung wider und erscheine sachgerecht. Der Kapitalisierungsfaktor für das Jahr des Erwerbes 2007 betrage bei Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens mit den Kapitalisierungsfaktoren des § 203 Abs. 1 BewG 11,737 (statt 15,9) und für das Rückkaufsjahr 2012 14,4092 (statt 15,9). Aufgrund dieser Abweichungen zwischen den errechneten Anteilswerten und dem Rückkaufpreis könnten vertretbare Bandbreiten nicht mehr zweifelsfrei angenommen und der Rückkaufpreis nicht als Verkehrswert beurteilt werden. Zudem sei für das Jahr 2012 zwar ein Budget in Höhe von ………. EUR genehmigt worden. Tatsächlich erzielt worden sei ‒ insoweit unstreitig ‒ dagegen nur ein EBIT von …….. EUR. Diese Abweichung wäre im Verhältnis zu einem fremden Dritten bei der Ermittlung des Verkehrswertes nicht unberücksichtigt geblieben. Die Methodik der Kaufpreisberechnung unter Berücksichtigung eines unveränderlichen Multiplikators stelle keinen marktgerechten Wert dar. Diese rein ertragsorientierte Kaufpreisbemessung blende den Substanzwert aus und könne nicht als fremdüblich betrachtet werden.

    59

    Überdies sei zwar die in Ziffer (10) geregelte prozentuale Erhöhung des Rückkaufpreises in Abhängigkeit von der Haltedauer der Anteile vorliegend nicht zur Anwendung gekommen. Dies könne aber nicht dazu führen, dass diese Passage als lediglich hypothetisch betrachtet und aus der Indizienwertung herausgenommen werde. Der Vorteil der beschriebenen Erhöhung des Rückkaufpreises halte einem Fremdvergleich ebenfalls nicht Stand.

    60

    Des Weiteren verdeutliche der Umstand, dass die Höhe des Rückkaufpreises nicht nur Gegenstand der Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag vom 23.10.2012, sondern auch Bestandteil desselben gewesen sei, die Nähe zum Arbeitsverhältnis. Die Geschäftsleitung sei zur Abwendung einer gerichtlichen Auseinandersetzung bereit gewesen ‒ abweichend von den Regularien des Vertrages über den Erwerb der Geschäftsanteil an der A GmbH ‒ die Beurkundung des Anteilsrückkaufes erst im Verlauf des Monats Dezember und somit außerhalb des Fünf-Jahreszeitraumes vorzunehmen.

    61

    Schließlich seien die vertraglichen Beziehungen zwischen der GmbH und dem Kläger auch deshalb nicht fremdüblich ausgestaltet, da durch die Regelungen im Geschäftsanteilsübertragungsvertrag wichtige Befugnisse für den Kläger als Gesellschafter abgeändert worden seien. Die Geschäftsanteile seien speziell auf die Teilnehmer des Beteiligungsprogramms zugeschnitten gewesen. Solche abweichenden Vereinbarungen über die Befugnisse von Gesellschafter hätten nur über den Gesellschaftsvertrag eingeführt werden können und könnten nicht durch eine bloße Abrede zweier Gesellschafter begründet werden. Änderungen an Gesellschaftsrechten könnten nur in einer Gesellschafterversammlung und mit der entsprechenden Mehrheit beschlossen werden (§ 45 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Diese Anforderungen seien außer Acht gelassen worden und sprächen dafür, dass der Kläger nur eine zweite Anteilsklasse von Geschäftsanteilen erhalten sollte, für die das GmbH-Recht nicht zur Verfügung stehe.

    62

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.

    63

    Entscheidungsgründe

    64

    I. Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid für 2013 vom 21.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.08.2017 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zu Unrecht hat der Beklagte den Gewinn aus der Veräußerung der Anteile des Klägers an der A GmbH als steuerbare Einkünfte behandelt.

    65

    Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Änderungsnorm trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Beklagte.

    66

    Entgegen der Ansicht des Beklagten führt der Veräußerungsgewinn aus der Rückübertragung der Anteile des Klägers an der A GmbH nicht zu einer höheren Steuer, da der Gewinn nicht steuerbar ist.

    67

    1. Der Veräußerungsgewinn stellt keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn im Rahmen der nichtselbständigen Einkünfte des Klägers im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar.

    68

    a) Der Annahme von Arbeitslohn steht zwar zunächst nicht entgegen, dass der Kläger den streitbefangenen Verkaufserlös nicht von der A GmbH als seiner vertraglichen Arbeitgeberin, sondern von der B GmbH erhalten hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der Senat folgt, kann Arbeitslohn auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn die Zuwendung ein Entgelt für eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist (nur), dass die Zuwendung sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 10.05.2006 IX R 82/98, BStBl II 2006, 669).

    69

    b) Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Vorteile werden „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Dies ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.

    70

    Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (stRspr, vgl. nur BFH, Urteil vom 04.10.2016 IX R 43/15, BStBl. II 2017, 790 Rz. 20 f.). Dem Arbeitnehmer entstandene Vorteile sind durch solche eigenständigen, vom Arbeitsverhältnis unabhängigen Sonderrechtsbeziehungen veranlasst, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zugrunde liegen. Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass diese auch selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könnten (BFH, IX R 43/15 a.a.O. und vom 17.06.2009 VI R 69/06, BStBl II 2010, 69 m.w.N.). Auf die subjektive Einschätzung der Beteiligten, ob eine Zahlung im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen soll oder nicht, kommt es nicht ausschlaggebend an. Die subjektiven Vorstellungen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers sind zwar auch in den Blick zu nehmen (vgl. BFH, Urteil vom 30.06.2011 VI R 80/10, BStBl. II 2011, 948), entscheidend sind jedoch letztlich die objektiven Tatumstände (BFH, Urteil vom 28.02.2013 VI R 58/11, BStBl II 2013, 642; BFH, Beschluss vom 26.06.2014 VI R 94/13, BStBl II 2014, 864, Rn. 25).

    71

    c) Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch für die Kapitalbeteiligung eines Mitarbeiters an dem Unternehmen seines Arbeitgebers (BFH, Urteil vom 21.05.2014 I R 42/12, BStBl II 2015, 4). Dabei gibt es keinen Grundsatz, dass sämtliche Kursgewinne und Wertsteigerungen, die durch eine Mitarbeiterbeteiligung erwirtschaftet werden, stets und in vollem Umfang als Vorteile aus dem Dienstverhältnis im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren wären (BFH, Urteil vom 17.06.2009 VI R 69/06 a.a.O.). Vielmehr kann auch eine Mitarbeiterbeteiligung eine eigenständige Erwerbsgrundlage sein mit der Folge, dass damit im Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung. Die daraus erzielten Erträge sind dann keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen (BFH, Urteil vom 17.06.2009 VI R 69/06 a.a.O.). Im Falle der Veräußerung der Kapitalbeteiligung kommt dementsprechend (nur) eine Steuerbarkeit nach den einschlägigen Veräußerungstatbeständen des Einkommensteuergesetzes (§§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG) in Betracht.

    72

    Erforderlich für die Annahme eines solchen Sonderrechtsverhältnisses ist, dass das Sonderverhältnis unabhängig vom Arbeitsverhältnis besteht und den gesamten Leistungsaustausch der Vertragspartner abbildet, ohne dass daneben noch dem Arbeitsverhältnis zuzuordnende, lohnsteuerrechtlich erhebliche Leistungen vorliegen (BFH, Urteil vom 21.10.2014 VIII R 44/11, BFH/NV 2015, 268, unter II.2.; BFH, Urteil vom 17.06.2009 VI R 69/06 a.a.O.). Der Umstand, dass eine bestimmte Form der Kapitalbeteiligung nur Mitarbeitern des Unternehmens angeboten wird, hat dabei jedoch noch nicht zwingend zur Folge, dass die hieraus resultierenden Erträge dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen sind. Denn jede Form der Mitarbeiterbeteiligung ist naturgemäß auf den Arbeitnehmer bezogen, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber nur einen Teil seiner Arbeitnehmer an seinem Unternehmen beteiligen möchte (BFH, Urteil vom 21.10.2014 VIII R 44/11, BFH/NV 2015, 268, unter II.2.). Auch bestehende Ausschlussrechte und Verfallklauseln im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ‒ wie vorliegend in Ziffer (6) des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 19.12.2007 ‒ sind letztlich Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und lediglich als Indiz für die enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Dienstverhältnis und den Erträgen aus der Beteiligung heranzuziehen (BFH, Urteil vom 04.10.2016 IX R 43/15 a.a.O.).

    73

    d) Die Beantwortung der Frage, ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, kann nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls entschieden werden (BFH, Urteile vom 05.11.2013 VIII R 20/11, BStBl II 2014, 275 und vom 04.10.2016 IX R 43/15 a.a.O.). Dabei kommt es nicht auf das äußere Erscheinungsbild, sondern auf den wirtschaftlichen Gehalt an (z.B. BFH, Urteil vom 07.05.2014 VI R 73/12, BStBl II 2014, 904 für den verbilligten Aktienerwerb; BFH, Urteil vom 17.06.2009 VI R 69/06 a.a.O. für den Veräußerungsgewinn aus einer Beteiligung). In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH verschiedene Gesichtspunkte aufgezeigt, die bei Zuwendungen des Arbeitgebers die Annahme rechtfertigen können, dass der betreffende Vorteil durch das Dienstverhältnis veranlasst ist. Die berufliche Veranlassung kann aber stets nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden mit der Folge, dass diese Umstände nur Beweisanzeichen (Indizien) für die im Einzelfall maßgebliche Veranlassung sein können (BFH, Urteil vom 05.11.2013, VIII R 20/11, a.a.O., Rz. 17).

    74

    e) In Anwendung dieser Grundsätze würdigt der Senat den Sachverhalt dahin, dass die Vorteile nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind. Es sprechen zwar einzelne Indizien für eine (wenigstens teilweise) Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis. So spricht es regelmäßig für eine Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis, wenn der Arbeitgeber durch die Vergütungshöhe zugleich Einfluss auf das arbeitsvertragliche Verhalten des Beteiligten nehmen will (vgl. dazu BFH, Urteil vom 05.11.2013 VIII R 20/11, a.a.O. Rz. 20 f.). Eine solche Einflussnahme könnte sich vorliegend aus den Ziffern (9) und (10) des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 19.12.2007 ergeben. Danach ist die Höhe des zu zahlenden Rückerwerbspreis von dem Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und von der Dauer der Beteiligung, mithin mittelbar auch von der Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängig ("Good Leaver"/"Bad Leaver"-Regelung).

    75

    Demgegenüber überwiegen die Indizien für eine Veranlassung durch ein vom Arbeitsverhältnis unabhängiges Sonderrechtsverhältnis, nämlich die Beteiligung an der A GmbH:

    76

    So spricht als wesentliches Indiz gegen die Annahme von Arbeitslohn und für die Annahme eines Sonderrechtsverhältnisses, dass der Kläger hinsichtlich seiner Einlage ein rechtliches und tatsächliches Verlustrisiko getragen hat.

    77

    Soweit der Beklagte entgegen seiner bisherigen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung im Klageverfahren nunmehr geltend macht, dass der Kläger kein bzw. kein reales Verlustrisiko getragen habe, vermag dies nicht zu überzeugen. Nach Ziffer (8), (9) des Übertragungsvertrages war zwar als Untergrenze des Rückerwerbspreises das ausgewiesene Eigenkapital der A Gruppe für das Jahr des Rückerwerbs multipliziert mit dem Anteil des Geschäftsanteils am gesamten Stammkapital der Gesellschaft festgelegt. Hierdurch war jedoch nicht ausgeschlossen, dass das ausgewiesene Eigenkapital zum maßgeblichen Zeitpunkt des Rückerwerbs nicht möglicherweise durch Verlustvorträge aufgebraucht oder sonst negativ wird, sodass im worst case auch ein vollständiger Verlust der Einlage jedenfalls möglich war. Nicht entscheidend ist insoweit, ob dieses potentielle Verlustrisiko als gering, mittelstark oder erheblich angesehen werden muss (vgl. zum theoretischen Verlustrisiko: Finanzgericht Köln, Urteil vom 20.05.2015, 3 K 3253/11, DStRE 2016, 209 Rz. 124 f.; nachgehend: BFH, Urteil vom 04.10.2016 IX R 43/15 a.a.O.).

    78

    Dass der Kläger ein Verlustrisiko getragen hat, kann nicht mit der Begründung verneint werden, dass sich die Vertragsparteien in dem Vertrag vom 23.10.2012 über die Höhe des Rückkaufpreises geeinigt haben. Die Festlegung des Rückkaufpreises diente lediglich der vertragsgemäßen Rückabwicklung des Anteilserwerbes und ließ die mit der Beteiligung verbundenen Chancen und Risiken unberührt.

    79

    Für den Senat von wesentlicher und letztlich entscheidender Bedeutung für die Annahme eines Sonderrechtsverhältnisses ist jedoch, dass der Kläger im Streitfall den Geschäftsanteil sowohl zu einem marktgerechten und nicht etwa verbilligten Preis erworben als auch zu einem marktgerechten und nicht etwa überhöhten Preis zurückübertragen hat (vgl. dazu auch BFH, IX R 43/15 a.a.O. Rn. 26).

    80

    Dem Kläger ist weder durch den Erwerb noch durch den Verkauf seiner Geschäftsanteile ein geldwerter Vorteil entstanden. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die in den Ziffern (2) und (8) des Übertragungsvertrages vom 19.12.2007 vertraglich festgelegte Bewertungsmethode geeignet, einen marktgerechten Wert der Geschäftsanteile zu ermitteln.

    81

    Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass der Bemessung des Kaufpreises nach Ziffer (8) in Verbindung mit Ziffer (2) des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 19.12.2007 keine exakte Unternehmensbewertung zugrunde lag. Für den Erwerb und für den Rückverkauf war vielmehr ein vereinfachtes Bewertungsverfahren vorgeschrieben, welches jeweils den Kaufpreis auf den 15,9fachen Betrag des anteiligen durchschnittlichen EBIT der letzten drei Vorjahre und des Erwerbs- bzw. Veräußerungsjahres festlegte. Auch bei einer "exakten" Unternehmensbewertung werden stets die prognostizierten zukünftigen Gewinne mit einem zu ermittelnden Kapitalisierungsfaktor multipliziert. Hierbei werden die prognostizierten zukünftigen Gewinne im Zweifel und bei Fehlen anderer Anhaltspunkte aus den in der Vergangenheit erzielten Gewinnen abgeleitet. Der Kapitalisierungsfaktor wird bei einer "exakten" Unternehmensbewertung unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren ermittelt, wobei regelmäßig das aktuelle Zinsniveau und andere individuelle Umstände einbezogen werden.

    82

    Allerdings gibt es auch vereinfachte Verfahren wie das vereinfachte Ertragswertverfahren nach den §§ 199 ff. BewG. Nach § 203 BewG a.F. betrug der Kapitalisierungsfaktor etwa im Jahr 2007 als dem ersten möglichen Anwendungsjahr des vereinfachten Ertragswertverfahrens - dem Jahr, in dem der Kläger seinen Geschäftsanteil erwarb - 11,737 und im Jahr 2012 - dem Streitjahr, in dem der Kläger seinen Geschäftsanteil veräußerte - 14,4092. Angesichts dessen liegt der im Streitfall festgelegten Preisermittlung zwar eine vereinfachte, aus Sicht des Senates jedoch gleichwohl marktgerechte Bewertungsmethode zugrunde (ebenso: Finanzgericht Münster, Beschluss vom 23.08.2018, 10 V 1152/18 E, Rn. 77, zitiert nach juris). Der im Streitfall vereinbarte feste Kapitalisierungsfaktor von 15,9 lag zwar höher als die vorgenannten Werte des vereinfachten Ertragswertverfahrens. Jedoch galt dies sowohl für den Erwerb des Geschäftsanteils als auch für dessen Veräußerung. Darüber hinaus weicht der Kapitalisierungsfaktor von 14,4092 zum Zeitpunkt der Veräußerung in 2012 nach Ansicht des Senates nicht derart von dem gemäß Übertragungsvertrag anzusetzenden Kapitalisierungsfaktor von 15,9 ab, dass die Berechnung in ihrer Gesamtheit allein deshalb als nicht marktgerecht anzusehen wäre.

    83

    Maßgeblich für die Ermittlung eines marktgerechten Kaufpreises war, dass das durchschnittliche EBIT der letzten drei Jahre als Grundlage herangezogen wurde. Insgesamt lag das Bewertungsverfahren damit jedenfalls noch in der Bandbreite dessen, was unter fremden Dritten üblicherweise zur Ermittlung marktgerechter Preise zugrunde gelegt wird. Hierbei ist auch zu bedenken, dass es sich mangels vergleichbarer Verkäufe von Geschäftsanteilen an der A GmbH durch fremde Dritte bei jedweder Form der Verkehrswertermittlung um bloße Schätzwerte im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG handelt, denen Abweichungen zu dem tatsächlichen Gesellschaftswert stets immanent sind.

    84

    Die Vorgehensweise des Klägers und der A-Gruppe, im Rückübertragungszeitpunkt statt der noch nicht vorliegenden endgültigen Zahlen für das Jahr 2012 die vorläufigen Zahlen für 2012 zugrunde zu legen und insofern im Sinne eines endgültigen Geschäftsabschlusses auf eine Anpassungsklausel zu verzichten, stellt ebenfalls eine Vorgehensweise dar, welche unter fremden Dritten denkbar wäre (vgl. auch Finanzgericht Münster, 10 V 1152/18 E, a.a.O. Rn. 78). Anhaltspunkte dafür, dass die Planwerte zum Vorteil des Klägers ermittelt worden wären, sind nicht ersichtlich.

    85

    Sofern der Beklagte, nachdem er in der Einspruchsentscheidung selbst noch von einer Veräußerung zum Verkehrswert ausging, im Klageverfahren nunmehr nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren einen gemeinen Wert der Anteile ermittelt und hierzu ausführt, dass das vereinfachte Bewertungsverfahren deshalb zu einem im Vergleich überteuerten Verkauf der Geschäftsanteile durch den Kläger geführt habe, entspricht die Ermittlung des gemeinen Wertes durch den Beklagten bereits nicht den Regelungen der §§ 199 ff. BewG und vermag im Ergebnis nicht zu überzeugen. Gegen die von dem Beklagten vorgenommene Ermittlung wird von dem Kläger insbesondere zu Recht eingewendet, dass die (weit über 20 ausländischen) Tochtergesellschaften der A GmbH nicht mit dem Buchwert laut Jahresabschluss 2011 der A GmbH hätten angesetzt werden dürfen. Beteiligungen sind im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens gemäß § 200 Abs. 2, 3 BewG jeweils mit dem eigenständig zu ermittelnden gemeinen Wert anzusetzen. Zwar lässt das Gesetz offen, nach welcher Methode die von § 200 Abs. 3 BewG erfassten Beteiligungen (einzeln) zu bewerten sind. Eine „geschachtelte“ Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens wird jedoch nicht ausgeschlossen mit der Folge, dass der gemeine Wert von Beteiligungen im Sinne des § 200 Abs. 3 BewG ebenfalls anhand der §§ 199 ff. BewG ermittelt werden kann. Entsprechend lautet auch Abschnitt 20 des gleich lautenden Erlasses der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (vgl. Erlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25.06.2009, S 3230-100-V A 6, FMNR297400009). Im Einvernehmen mit den Verfahrensbeteiligten kann nach Abschnitt 20 Absatz 4 des vorgenannten Erlasses hierauf (nur) verzichtet werden, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt. Ein solcher Fall liegt nach dem Ländererlass insbesondere vor, wenn der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der gesonderten Wertermittlung außer Verhältnis zur steuerlichen Auswirkung steht und der festzustellende Wert der Kapitalgesellschaftsanteile oder Beteiligungen unbestritten ist. In diesen Fällen kann aus Vereinfachungsgründen die durchschnittliche Bruttoausschüttung einer Untergesellschaft der letzten drei Jahre als durchschnittlicher Jahresertrag multipliziert mit dem Kapitalisierungsfaktor nach § 203 BewG angesetzt werden; mindestens ist der Steuerbilanzwert der Beteiligung anzusetzen. Ein solcher Fall von geringer Bedeutung ist vorliegend jedoch nicht gegeben und der Wert der Beteiligungen auch nicht unbestritten.

    86

    Der von dem Beklagten vorgenommene Buchwertansatz der Tochtergesellschaften der A GmbH bildet den gemeinen Wert dieser Beteiligungen auch deshalb nicht sachgerecht ab, da Beteiligungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG höchstens mit den Anschaffungskosten anzusetzen sind. Wertsteigerungen, die zweifelsohne Auswirkungen auf den nach § 200 Abs. 3 BewG zu ermittelnden gemeinen Wert hätten, werden in den Buchwerten überhaupt nicht erfasst.

    87

    Der Senat kann schließlich dahinstehen lassen, ob die in Ziffer (10) des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 19.12.2007 vorgesehene Erhöhung des Rückkaufpreises (gestaffelt nach Jahren der Haltedauer) insoweit möglicherweise einen durch das Arbeitsverhältnis veranlassten geldwerten Vorteil darstellen könnte. Vorliegend ist ein solcher Zuschlag mangels Haltens der Anteile für mindestens sechs Jahre nicht an den Kläger ausgezahlt worden. Die Regelung in Ziffer (10) schlägt auch nicht derart auf die übrigen Vertragsregelungen durch, dass allein hierdurch der Rückerwerbspreis stets und in vollem Umfang als durch das Arbeitsverhältnis veranlasst anzusehen wäre.

    88

    f) Etwas anderes ergibt sich schließlich nicht ‒ auch nicht teilweise ‒ aus den Regelungen des Aufhebungsvertrages vom 23.10.2012. Insbesondere ergibt sich hieraus keine „Umwidmung“ des Veräußerungsgewinns in eine steuerpflichtige Abfindung.

    89

    Im Sinne einer umfassenden Aufhebungsvereinbarung im Rahmen eines Kündigungsstreits und angesichts der durch die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zwingend eintretenden Rückübertragung der Geschäftsanteile (Ziffer (6) des Übertragungsvertrages vom 19.12.2007) lag es vielmehr nahe, aus prozessökonomischen Gründen und aus Gründen der Rechtssicherheit der Parteien eine entsprechende (klarstellende) Regelung zu den Geschäftsanteilen in den Aufhebungsvertrag aufzunehmen, um einen möglichen weiteren Rechtsstreit über die Höhe des Rückerwerbspreises zu verhindern.

    90

    Dem steht auch nicht entgegen, dass die Vertragsparteien sich in dem Aufhebungsvertrag vom 23.10.2012 auf eine Beurkundung des Anteilsrückkaufes erst im Dezember, mithin nach Ablauf einer fünfjährigen Haltedauer einigten. Insofern vermag der Senat bereits nicht festzustellen, dass dem Kläger hierdurch ein geldwerter Vorteil entstanden wäre. Insbesondere führte die Vereinbarung der Beurkundung erst im Dezember 2012 nicht zu einer Erhöhung des nach dem Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 19.12.2007 vertraglich festgelegten und dem Kläger ohnehin zustehenden Rückkaufpreises. Denn auch bei einer Beurkundung des Anteilsrückkaufs bereits am 23.10.2012 hätte der Kläger nach den Regularien des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 19.12.2007 einen Anspruch auf den Veräußerungspreis gehabt.

    91

    Nach Ziffer (9) der Vereinbarung galt der Ausschluss der Teilhabe an den Wertsteigerungen innerhalb von fünf Jahren ‒ neben weiteren hier unstreitig nicht vorliegenden Fällen ‒ dann, wenn der Rückerwerb seine Ursache in der Kündigung durch den Arbeitnehmer (Buchstabe c)) oder in der rechtswirksamen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die A GmbH (Buchstabe d)) hatte. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor.

    92

    Eine Kündigung durch den Kläger selbst erfolgte vorliegend nicht und auch die am 04.10.2012 durch die A GmbH erklärte fristlose Verdachtskündigung war, soweit der Senat dies überprüfen kann, nicht rechtswirksam. Denn Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist nach der bundesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung eine vorherige Anhörung des Arbeitnehmers (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, 2 AZR 611/17, Der Betrieb 2018, 2440 Rn. 31). Eine solche ist hier nicht erfolgt.

    93

    Der in dem Aufhebungsvertrag bezifferte Wert entspricht schließlich auch der Höhe nach der in Ziffer (8) in Verbindung mit Ziffer (2) des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vertraglich festgelegten Berechnungsformel zur Bemessung des Verkehrswertes.

    94

    2. Der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile des Klägers an der A GmbH gehört auch nicht zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, da der Kläger bereits nicht „wesentlich“ im Sinne des § 17 EStG an der A GmbH beteiligt war.

    95

    3. Der Veräußerungsgewinn aus der Rückübertragung der Anteile des Klägers an der A GmbH unterlag auch nicht nach § 20 Abs. 2 EStG der Einkommensteuer. Nach der durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) neu eingeführten Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zwar auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1. Im Streitfall ist die Vorschrift jedoch nicht auf die von dem Kläger bereits am 19.12.2007 erworbenen Anteile an der A GmbH anwendbar. Nach § 52 Abs. 28 Satz 11 EStG ist § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden.

    96

    4. Schließlich unterlag der Veräußerungsgewinn auch nicht nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG der Einkommensteuer, da die Haltedauer des Geschäftsanteils mehr als ein Jahr betrug.

    97

    Auch die mit der Abgeltungssteuer eingeführte und in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG enthaltene verlängerte Frist von zehn Jahren für solche Wirtschaftsgüter, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, ist im Streitfall nach § 52 Abs. 31 Satz 1 EStG nicht anwendbar, da der Kläger den Geschäftsanteil am 19.12.2007, mithin vor dem 01.01.2009 angeschafft hat.

    98

    II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

    99

    III. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).

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