Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 07.01.2021 · IWW-Abrufnummer 219757

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 20.10.2020 – 5 K 1613/17

    1. Für den Betriebsausgabenabzug von Strafverteidigungskosten ist ein ausschließlicher und unmittelbarer Veranlassungszusammenhang zur betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich.

    2. Wird das Strafverfahren nach § 153a StPO eingestellt, sind der Prüfung dieses Veranlassungszusammenhangs die dem Steuerpflichtigen in der Anklageschrift vorgeworfenen Taten zugrunde zu legen.

    3. Fallen dem Steuerpflichtige bei einer Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO seine notwendigen Auslagen selbst zur Last, sind die Strafverteidigungskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.


    Finanzgericht Rheinland-Pfalz

    Urteil vom 20.10.2020


    In dem Finanzrechtsstreit
    des Herrn
    - Kläger -
    prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt
    gegen
    das Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Einkommensteuer 2012 - 2015, Gewerbesteuermessbetrag 2010
    und 2014 - 2015

    hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 5. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. Oktober 2020 durch
    xxx
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    I.
    Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vom 25.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2017 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 11.592,47 € gemindert werden.

    II.
    Der Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2015 vom 25.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2017 wird dahingehend geändert, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 11.592,47 € gemindert wird.

    III.
    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    IV.
    Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 89 % und der Beklagte zu 11 % zu tragen.

    V.
    Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    VI.
    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Berücksichtigung von Beratungs- und Prozesskosten als Betriebsausgaben.

    Der Kläger, der in den Jahren 2012 bis 2015 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt wurde, erzielte in den Streitjahren gewerbliche Einkünfte aus dem von ihm betriebenen Einzelunternehmen "A". Die Gewinnermittlung erfolgte durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG. Daneben erzielte der Kläger gewerbliche Beteiligungseinkünfte, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen.

    In den Einkommensteuererklärungen bzw. Gewerbesteuererklärungen der Streitjahre erklärte der Kläger folgende Gewinne aus Gewerbebetrieb:

    Jahr    Erklärungen vom    Gewinn aus Gewerbebetrieb
    2010    05.01.2012    119.300 €
    2012    30.10.2013    109.987 €
    2013    16.10.2014    105.190 €
    2014    30.12.2015    44.898 €
    2015    23.12.2016    91.975 €

    Die erklärten Gewinne aus Gewerbebetrieb wurden - soweit sie die Streitjahre betreffen - der Einkommensteuerfestsetzung für die Jahre 2012 und 2013 bzw. der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für das Jahr 2010 erklärungsgemäß zugrunde gelegt. Die Steuerbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. In der Folge wurden die Einkommensteuerbescheide wegen Änderungen bei den Beteiligungseinkünften des Klägers nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert.

    Am 30.06.2016 ergingen ein Einkommensteuerbescheid sowie ein Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2014, in denen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. der Gewinn aus Gewerbebetrieb in Abweichung von den Steuererklärungen des Klägers mit 120.257 € - statt wie erklärt mit 44.898 € - berücksichtigt wurden. In der Gewinnermittlung für das Jahr 2014 gewinnmindernd geltend gemachte Beratungs- und Prozesskosten in Höhe von netto 75.359 € im Zusammenhang mit einem gegen den Kläger geführten Steuerstrafverfahren erkannte der Beklagte nicht als Betriebsausgaben an.

    Den Beratungs- und Prozesskosten lag Folgendes zugrunde:

    Nach einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Kläger Anklage wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen gemäß § 369 Abs. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 53, § 54 StGB zum Amtsgericht (im Folgenden: AG). Gegenstand des Klagevorwurfs war die Verkürzung von Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer in den Jahren 2001 bis 2004 durch Geltendmachung von in Scheinrechnungen ausgewiesenen Beträgen als Betriebsausgaben bzw. als Vorsteuer. Im Einzelnen wurde dem Kläger laut Anklageschrift vom 24.03.2009 (Bl. 220 Gerichtsakte) Folgendes vorgeworfen:

    "Der Angeschuldigte betreibt unter der Firmierung "A" ein Einzelunternehmen mit Sitz in I. In Absprache mit dem Angeschuldigten richtete die E SA mit Sitz in L, Schweiz, bei der es sich um eine reine Briefkastenfirma handelt, zwischen dem 23.01.2001 und dem 08.12.2004 Scheinrechnungen an den Angeschuldigten. Dieser nutzte die Scheinrechnungen zur Minderung seines Gewinns, indem er die ausgewiesenen Beträge als Betriebsausgaben geltend machte. Mehrheitlicher Anteilseigener der E SA ist der Zeuge Dr. H. Dieser räumte ein, Scheinrechnungen an den Angeschuldigten geschrieben, die anschließend vom Angeschuldigten in die Schweiz überwiesenen Gelder dort in bar abgehoben und abzüglich einer Aufwandsentschädigung von 20 % dem Angeschuldigten in Deutschland wieder übergeben zu haben.

    Auch der Zeuge H, ein Zimmermeister, mit dem der Angeschuldigte seinerzeit befreundet war, schrieb an diesen zwischen dem 30.01.2001 und dem 17.12.2004 absprachegemäß Scheinrechnungen. Hierzu nutzte er schon vergebene Rechnungsnummern, unter denen er Leistungen seiner Zimmerei bereits anderweitig abgerechnet und verbucht hatte. Auf den Scheinrechnungen bestätigte der Zeuge H zudem wahrheitswidrig den Erhalt der ausgewiesenen Rechnungsbeträge in bar, obwohl tatsächlich keine Zahlungen an ihn erfolgten. Auch diese Scheinrechnungen nutzte der Angeschuldigte zur Minderung seines Gewinns, indem er die angeblich gezahlten Rechnungssummen als Betriebsausgaben steuerlich geltend machte.

    Ferner erstellte der Angeschuldigte am 22.01.2003 für die G GmbH eine Präsentation. Seine Leistungen stellte er mit Schreiben vom 25.01.2003 mit 2.316 € in Rechnung. Dabei wies er 370,56 € Umsatzsteuer aus. Die Rechnung wurde beglichen, die Einnahmen jedoch nicht erfasst und die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht abgeführt.

    Schließlich erhielt der Angeschuldigte am 25.04.2004 von der X Versicherung als Ersatz für den Schaden am Betriebsfahrzeug Mitsubishi Pajero mit dem amtlichen Kennzeichen XX-X ...8 eine Entschädigung von 3.284 €, welche seinem Privatkonto bei der Sparkasse gutgeschrieben und bewusst nicht als Betriebseinnahmen verbucht wurde."

    Durch die Geltendmachung von Betriebsausgaben bzw. von Vorsteuern auf Grundlage von durch den Zeugen Dr. H im Namen der Fa. E SA in Höhe von insgesamt brutto 273.911,57 € (2001: 76.300 DM, 2002: 83.900 €, 2003: 93.800 €, 2004: 57.200 €) und durch den Zeugen H in Höhe von insgesamt brutto 90.725,59 € (2001: 40.602,30 DM, 2002: 27.262,26 €, 2003: 15.187,10 €, 2004: 27.516,60 €) ausgestellten Scheinrechnungen sowie durch die Nichterklärung der Betriebseinnahmen bzw. Umsätze im Zusammenhang mit der G GmbH und der X Versicherung habe der Angeschuldigte in den Jahren 2001 bis 2004 Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer im Gesamtumfang von 185.178,00 € (ESt 2001: 15.618,87 €, ESt 2002: 35.737,00 €, ESt 2003: 36.717,00 €; ESt 2004: 25.145,00 €; USt 2001: 2.863,40 €, USt: 2002: 4.211,00 €, USt 2003: 2.465,33 €, USt 2004: 3.795,40 €; GewSt 2001: 9.474,00 €, GewSt 2002: 17.835,00 €; GewSt 2003: 17.675,00 €; GewSt 2004: 13.641,00 €) verkürzt. Da die Steuererklärungen für jede Steuerart in jedem Jahr am gleichen Tag eingereicht worden seien, sei von jeweils einer Tat pro Jahr auszugehen. Damit habe sich der Kläger wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen strafbar gemacht.

    Das AG verurteilte den Kläger am 20.12.2011 wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 90 € (Urteil des AG, Sonderband "Kopien aus der Strafakte"). Der Strafrichter sah es als erwiesen an, dass es sich bei den vom Zeugen Dr. H ausgestellten Rechnungen der Fa. E SA um Scheinrechnungen gehandelt habe, während dies für die vom Zeugen H ausgestellten Rechnungen unter Berücksichtigung des Grundsatzes "in dubio pro reo" nicht feststellbar gewesen sei. Auch hinsichtlich der nicht erklärten Betriebseinnahmen von der G GmbH und der X Versicherung sei eine Steuerhinterziehung nicht nachweisbar. Der erstinstanzlichen Verurteilung des Klägers liegt eine Verkürzung von Einkommensteuer und Gewerbesteuer in den Jahren 2001 bis 2004 in Höhe von insgesamt 122.329 € zugrunde. Bei der Strafzumessung wurde strafmildernd berücksichtigt, dass der Kläger auf den Steuerschaden bereits frühzeitig eine Zahlung in Höhe von 120.000 € vorgenommen hatte.

    Gegen das Urteil des AG legten sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. In der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht (im Folgenden: LG) vom 01.12.2014 wurde nach Vernehmung des Zeugen Dr. H die Berufung der Staatsanwaltschaft zurückgenommen und das Verfahren gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 5.000 € vorläufig eingestellt (vgl. Niederschrift, Sonderband "Kopien aus der Strafakte"). Nach Zahlung der Geldauflage erfolgte am 08.12.2014 die endgültige Einstellung des Verfahrens (vgl. Beschluss vom 08.12.2014, Sonderband "Kopien aus der Strafakte"). Dabei wurde davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Klägers der Staatskasse aufzuerlegen.

    Im Zusammenhang mit dem Steuerstrafverfahren sind dem Kläger in den Jahren 2006 bis 2014 Beratungs- und Prozesskosten in Höhe von insgesamt 75.359 € netto entstanden, die sich wie folgt zusammensetzen:

    netto    USt    brutto
    2006-2009    11.720,00    2.032,55    13.752,55
    2010    8.411,50    1.595,91    10.007,41
    2011    38.865,59    7.382,18    46.247,77
    2012    10.000,00    1.190,00    11.900,00
    2013    0,00    0,00    0,00
    2014    6.361,91    1.202,88    7.564,79
    gesamt    75.358,20    12.213,52    89.472,52

    Auf die vom Kläger vorgelegten Rechnungen sowie auf die Zusammenstellung der Aufwendungen wird Bezug genommen. Die Aufwendungen wurden durch den Kläger insgesamt im Jahr 2014 gewinnmindernd als Betriebsausgaben geltend gemacht.

    In der Folge wurde der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 am 06.07.2016 nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen Beteiligungseinkünften des Klägers geändert.

    Gegen den Einkommensteuerbescheid und den Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2014 legte der Kläger am 21.07.2016 Einspruch ein und wendete sich gegen die Nichtberücksichtigung der Kosten der Strafverteidigung als Betriebsausgaben. Die Kosten seien unmittelbar und ausschließlich in Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Klägers angefallen. Sie seien dem Kläger zwangsläufig erwachsen, da er sich nicht anders gegen den Vorwurf der Begehung einer Steuerstraftat habe wehren können und der Ausgang des Verfahrens für ihn existenziell wichtig gewesen sei. Zudem habe der Kläger die Straftat nicht begangen, das Verfahren sei eingestellt worden.

    Mit weiteren Bescheiden vom 30.06.2016 wurde zudem der Vorbehalt der Nachprüfung für die Einkommensteuerfestsetzung der Jahre 2012 und 2013 (Bl. 35, 37 Rbh-Akte 2010, 2012-2014) sowie für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für das Jahr 2010 aufgehoben. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger am 21.07.2016 Einspruch ein und bat darum, den Vorbehalt der Nachprüfung aufrecht zu erhalten, da noch nicht abschließend geklärt sei, ob Beratungs- und Prozesskosten als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien.

    Am 25.01.2017 ergingen ein Einkommensteuerbescheid und ein Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2015, in denen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. der Gewinn aus Gewerbebetrieb in Abweichung von den Steuererklärungen des Klägers mit 103.567 € - statt wie erklärt mit 91.975 € - berücksichtigt wurden. In der Gewinnermittlung für das Jahr 2015 gewinnmindernd geltend gemachte Beratungs- und Prozesskosten in Höhe von netto 9.846,15 € im Zusammenhang mit vom Kläger geführten Finanzgerichtsverfahren erkannte der Beklagte nicht als Betriebsausgaben an. Zugleich erhöhte er den Gewinn aus Gewerbebetrieb um auf die Beratungs- und Prozesskosten entfallende Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 1.746,32 €.

    Den Beratungs- und Prozesskosten lag Folgendes zugrunde:

    Nach der beim Kläger durchgeführten Außenprüfung versagte der Beklagte in den Jahren 2001 bis 2004 den Betriebsausgabenabzug aus den von Herrn Dr. H ausgestellten Rechnungen der Fa. E SA sowie aus den von Herrn H ausgestellten Rechnungen mit der Begründung, es handele sich um Scheinrechnungen, denen keine Leistungen zugrunde gelegen hätten. Auch der Vorsteuerabzug für die in diesen Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge wurde versagt. Die gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide, Gewerbesteuermessbescheide und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2004 erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 07.10.2011 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Am 11.11.2011 erhob der Kläger Klagen, die zunächst unter den Aktenzeichen 5 K 2373/11 (Einkommensteuer 2001 bis 2004) und 5 K 2374/11 (Gewerbesteuermessbetrag 2001 bis 2004) geführt wurden. Mit Beschlüssen vom 01.07.2013 wurde das Ruhen der Verfahren bis zum Ergehen einer Entscheidung im Berufungsverfahren vor dem LG angeordnet. Am 02.07.2015 teilte das Gericht mit, dass die Verfahren wiederaufgenommen und nunmehr unter den Aktenzeichen 5 K 1675/15 (Einkommensteuer 2001 bis 2004) und 5 K 1676/15 (Gewerbesteuer 2001 bis 2004) geführt würden. In der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2016, an der der Kläger persönlich mit Herrn Wp./Stb. P und Herrn Rechtsanwalt L teilnahm, wurde zwischen den Beteiligten eine tatsächliche Verständigung dahingehend getroffen, dass die bislang nicht berücksichtigten Betriebsausgaben im Komplex Rechnungen H anerkannt werden und der Kläger die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs im Komplex Rechnungen Dr. H akzeptiert. Die Beteiligten erklärten daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben (vgl. Niederschrift vom 20.12.2016, Bl. 202 Gerichtsakte). Das unter dem Aktenzeichen 6 K 2391/11 geführte Verfahren wegen Umsatzsteuer 2001 bis 2004 wurde durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten beendet, nachdem die für die Ertragsteuern getroffene Verständigung auch auf die Umsatzsteuer übertragen wurde.

    Durch den Kläger wurden beim Finanzgericht zudem die Verfahren 5 K 2191/13 wegen Einkommensteuer 2007, 5 K 2192/13 wegen Gewerbesteuermessbetrag 2007 sowie 6 K 2128/15 (zuvor: 6 K 2183/13) wegen Umsatzsteuer 2007 geführt. Gegenstand der Klageverfahren war die steuerliche Behandlung der privaten Fahrzeugnutzung. Mit Urteilen vom 13.07.2015 wurden die Klagen wegen Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag abgewiesen. Die Klage wegen Umsatzsteuer wurde daraufhin im Oktober 2015 zurückgenommen.

    Im Zusammenhang mit den finanzgerichtlichen Verfahren sind dem Kläger im Jahr 2015 Beratungs- und Prozesskosten in Höhe von netto 9.846,15 € zzgl. 1.746,32 € Umsatzsteuer entstanden. Auf die vom Kläger vorgelegten Rechnungen wird Bezug genommen. Von den geltend gemachten Aufwendungen entfallen netto 969,15 € zzgl. 61,97 € Umsatzsteuer auf die Verfahren für das Jahr 2007, in denen die steuerliche Behandlung der privaten Fahrzeugnutzung streitig war. Die übrigen Aufwendungen in Höhe 8.877,00 € zzgl. 1.684,35 € Umsatzsteuer entfallen auf die Verfahren betreffend die Jahre 2001 bis 2004, deren Gegenstand die Kürzung des Betriebsausgaben- bzw. Vorsteuerabzugs aus den vermeintlichen Scheinrechnungen der Herren Dr. H und H war.

    Gegen den Einkommensteuerbescheid und den Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2015 legte der Kläger am 17.02.2017 Einspruch ein und machte geltend, bei den Beratungs- und Prozesskosten handele es sich nicht um Kosten des in 2014 eingestellten Strafverfahrens, sondern um Kosten der vor dem Finanzgericht geführten Klageverfahren, die im Zusammenhang mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb gestanden hätten.

    Mit Einspruchsentscheidungen vom 09.05.2017 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

    Die Beratungs- und Prozesskosten im Zusammenhang mit dem Steuerstrafverfahren seien nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Ein steuerlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang mit der betrieblichen Sphäre des Klägers bestehe nicht. Die Minderung der betrieblichen Steuern beruhe darauf, dass betriebliche Mittel privat vereinnahmt oder für private Zwecke verwendet, dem Betrieb mithin betriebliche Mittel entzogen worden seien. Die dem Kläger vorgeworfene Steuerhinterziehung sei privat veranlasst, der Gewerbebetrieb sei nur der Rahmen, der vom Kläger als Gelegenheit für eine Straftat genutzt worden sei. Die Ansammlung von Schwarzgeld unterliege der privaten Motivation und sei daher der Privatsphäre zuzurechnen. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen, dass er die ihm vorgeworfene Straftat nicht begangen habe, er habe sich vielmehr nicht zur Sache eingelassen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum der Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO trotz behaupteter Unschuld zugestimmt worden sei. Eine Aufteilung der Strafverteidigungskosten aufgrund mehrerer Anklagepunkte sei nicht möglich, da diese in einem inneren Zusammenhang stünden.

    Die Kosten der Strafverteidigung seien im Rahmen der Einkommensteuer auch nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen. Der Kläger habe nach dem Einstellungsbeschluss vom 08.12.2014 seine notwendigen Auslagen zu tragen. Dieser Rechtsfolge habe er sich freiwillig im Rahmen der kooperativen Verfahrensbeendigung unterworfen, um die Weiterführung des Verfahrens zu vermeiden. Die Aufwendungen seien daher nicht zwangsläufig entstanden.

    Die im Jahr 2015 angefallenen Beratungs- und Prozesskosten im Zusammenhang mit den finanzgerichtlichen Verfahren seien nicht zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. In den Verfahren wegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag der Jahre 2001 bis 2004 sei die Problematik von Scheinrechnungen zu klären gewesen. Ein Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit des Klägers liege nicht vor.

    Am 12.06.2017 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht:

    In den Jahren 2006 bis 2014 seien dem Kläger im Zusammenhang mit dem gegen ihn geführten Steuerstrafverfahren Beratungs- und Prozesskosten in Höhe von insgesamt 75.359 € netto erwachsen, die in voller Höhe als Betriebsausgaben im Jahr 2014 behandelt worden seien. Im Jahr 2015 seien im Zusammenhang mit den finanzgerichtlichen Verfahren weitere Aufwendungen in Höhe von 9.846,15 € netto angefallen und als Betriebsausgaben geltend gemacht worden. Der Betriebsausgabenabzug sei zu Unrecht nicht anerkannt worden. Einem Steuerpflichtigen könne es grundsätzlich nicht zugemutet werden, sich selbst vor Gericht zu vertreten. Deshalb eröffne das Gesetz die Möglichkeit, sich vor Gericht durch einen Bevollmächtigen vertreten zu lassen. Das Steuerstrafverfahren sei nach § 153a StPO eingestellt worden, so dass der Kläger weiterhin als unschuldig anzusehen sei. Ohne rechtlichen Beistand wäre es dem Kläger eventuell nicht gelungen, sich gegen die erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe zur Wehr zu setzen. Das Finanzgerichtsverfahren für die Jahre 2001 bis 2004 habe mit einer tatsächlichen Verständigung geendet, weil auch dort dem Kläger ein Vergehen nicht habe nachgewiesen werden können. Auslösender Moment für die Entstehung der Beratungs- und Prozesskosten sei die beim Kläger durchgeführte Außenprüfung gewesen, die eindeutig der betrieblichen Sphäre des Klägers zuzurechnen sei. Da eine gerichtliche Verurteilung der Reputation eines Unternehmers abträglich sei, stehe es außer Frage, dass das Interesse, sich gegen die Vorwürfe zur Wehr zu setzen, aus der betrieblichen Sphäre des Klägers heraus veranlasst sei. Dem Kläger seien die Kosten zwangsläufig unmittelbar und ausschließlich im Zusammenhang mit seiner betrieblichen Tätigkeit erwachsen und damit als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der Kläger ermittele seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich, so dass eine Rückstellung für Beratungs- und Prozesskosten hätte gebildet werden müssen. Da dies unterblieben sei, sei eine Bilanzberichtigung im ersten offenen Jahr vorzunehmen. Soweit ein Vorsteuerabzug aufgrund eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich sei, habe der Betriebsausgabenabzug mit dem Bruttobetrag zu erfolgen. Es sei zu prüfen, ob die Kosten, soweit sie auf Jahre vor den angegriffenen Jahren entfallen, im Rahmen der Änderung der Bilanzen früherer Jahre zu berücksichtigen seien. Auch für in früheren Jahren gezahlte Kosten sei eine Rückstellungsbildung möglich. Denn wenn die Zahlungen auf Verbindlichkeiten erfolgt seien, die erst in einem späteren Jahr fällig geworden seien, hätten die Verbindlichkeiten erst im Jahr der Fälligkeit in eine Bilanz aufgenommen werden können. Die tatsächlich gezahlten Beträge seien Vorauszahlungen, die im Jahr der Vorauszahlung allenfalls als Rückstellung hätten berücksichtigt werden können. Da aber keine Rückstellungen verbucht worden seien, müsse diese Rückstellung im ältesten noch änderbaren Jahresabschluss eingestellt werden.

    Der Kläger beantragt,

    1.
    den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 vom 06.07. 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2017 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Betrag von 75.359,00 € zzgl. Umsatzsteuer von 15.093,76 € - insgesamt 89.695,08 € - als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anerkannt wird,

    2.
    den Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2014 vom 30.06.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2017 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Betrag von 75.359,00 € zzgl. Umsatzsteuer von 15.093,76 € - insgesamt 89.695,08 € - als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anerkannt wird,

    3.
    den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 25.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2017 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Betrag in Höhe von 11.592,47 € bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb als Betriebsausgaben anerkannt wird,

    4.
    den Gewerbesteuermessbescheid 2015 vom 25.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2017 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Betrag in Höhe von 11.592,47 € bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb als Betriebsausgaben anerkannt wird,

    5.
    hilfsweise,

    a)
    den Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2010 vom 30.06.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2017 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Betrag von 8.399,50 € (Beratungs- und Prozesskosten 2010) ein weiterer Betrag von 1.595,91 € (Vorsteuer aus Beratungs- und Prozesskosten 2010) sowie ein weiterer Betrag von 64.000,00 € (Rückstellung für Beratungs- und Prozesskosten) als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anerkannt werden,

    b)
    den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 30.06.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2017 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Betrag von 11.900,00 € (laufende Beratungs- und Prozesskosten 2011) als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anerkannt wird,

    c)
    den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 30.06.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2017 dahingehend zu ändern, dass ein noch zu benennender Betrag bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb als Betriebsausgaben anerkannt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte tritt der Klage entgegen und macht über die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung hinaus ergänzend geltend:

    Im Steuerstrafverfahren sei ein Freispruch des Klägers vom Tatvorwurf nicht erfolgt. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er die von ihm begangene Tat nicht begangen habe. Eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO sei nur mit Zustimmung des Angeklagten möglich, der sich im Rahmen der kooperativen Verfahrensbeendigung freiwillig nachteiligen Rechtsfolgen unterwerfe, um die Weiterführung des Verfahrens zu vermeiden.

    Die Finanzgerichtsverfahren hätten mit einer tatsächlichen Verständigung geendet. Der Kläger habe sich damit einverstanden erklärt, dass der Betriebsausgabenabzug in den Jahren 2001 bis 2004 für den Komplex Rechnungen H gewährt werde, der Betriebsausgabenabzug für den Komplex Rechnungen Dr. H/E SA jedoch versagt geblieben sei. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt sei, der Kläger habe durch die Verwendung von Scheinrechnungen keine Steuern hinterzogen oder verkürzt, zumal der größte Teil der geltend gemachten Betriebsausgaben den Komplex Rechnungen Dr. H betroffen habe.

    Am 10.07.2020 hat das Gericht einen Gerichtsbescheid erlassen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 03.08.2020 - bei Gericht eingegangen am 06.08.2020 - Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Eine Begründung erfolgte nicht.

    In der am 20.10.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Kläger geltend gemacht, das Gericht habe seine Amtsermittlungspflicht verletzt, indem es die Strafakten nicht vollständig ausgewertet habe. Denn dabei hätte das Gericht erkannt, dass der Strafvorwurf völlig unberechtigt erhoben worden sei. Den angeblichen Scheinrechnungen hätten tatsächliche Leistungen zugrunde gelegen. Der Steuerfahnder habe das Strafverfahren in übelster Weise beeinflusst, indem er eine Rechnung des Herrn H, die dessen Falschaussage offengelegt hätte, in den Asservaten "abgelegt" habe. Auch die Aussage der Ehefrau des Herrn H habe den Vortrag des Klägers bestätigt. Im Übrigen müsse das Gericht um eine "überlagernde" private Mitveranlassung annehmen zu können, Feststellungen dazu treffen, dass die strafrechtlich vorgeworfene persönliche Bereicherung tatsächlich vorgelegen habe. Der Prozessbevollmächtigte beantragte, noch einmal schriftsätzlich Stellung nehmen zu können. Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2020 wird Bezug genommen.

    Das Gericht hat den Sonderband "Kopien aus der Strafakte ... Js ...6/08" des Verfahrens 5 K 1675/15 wegen Einkommensteuer 2001 bis 2004 beigezogen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist nur teilweise begründet.

    Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2014 und die Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2010 und 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht die Beratungs- und Prozesskosten im Zusammenhang mit dem gegen den Kläger geführten Steuerstrafverfahren nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt (dazu nachfolgend 1.). Auch ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen im Rahmen der angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2012 bis 2014 kommt nicht in Betracht (dazu nachfolgend 2.).

    Der Einkommensteuerbescheid und der Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2015 sind dahingehend zu ändern, dass die mit den finanzgerichtlichen Verfahren zusammenhängenden Beratungs- und Prozesskosten von netto 9.846,15 € als weitere Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anzuerkennen und die vom Beklagten zugleich vorgenommene Gewinnerhöhung um die auf die Rechts- und Beratungskosten entfallenden Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 1.746,32 € rückgängig zu machen sind, so dass sich der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 11.592,47 € mindert (dazu nachfolgend 3.).

    1. Die in den Jahren 2006 bis 2014 im Zusammenhang mit der Strafverteidigung entstandenen Beratungs- und Prozesskosten in Höhe von netto 75.359 € sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.

    a) Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dabei können auch Aufwendungen, die durch strafbare Handlungen ausgelöst werden, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, zu Betriebsausgaben führen. Dies folgt nicht nur aus dem objektiven Nettoprinzip, sondern ergibt sich auch aus § 40 AO. Danach ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (BFH-Beschluss vom 17.08.2011 VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040).

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (z.B. BFH-Urteile vom 17.08.2011 VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040; vom 18.10.2007 VI R 42/04, BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223; BFH-Beschluss vom 20.10.2016 VI R 27/15, BFHE 255, 529, BStBl II 2018, 441), der sich das erkennende Gericht anschließt, sind Strafverteidigungskosten nur dann als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein betriebliches oder berufliches Verhalten veranlasst war. Auf die Frage, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben wurde, kommt es bei der Beurteilung der Kosten der Strafverteidigung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht an (BFH-Urteil vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569; BFH-Beschlüsse vom 30.06.2004 VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639; vom 10.06.2015 VI B 133/14, BFH/NV 2015, 1247).

    Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein. Die vorgeworfenen Handlungen müssen in Ausübung und nicht nur bei Gelegenheit der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit begangen worden sein (BFH-Urteil vom 16.04.2013 IX R 5/12, BFHE 241, 355, BStBl II 2013, 806; BFH-Beschluss vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569). Nicht ausreichend für die Annahme eines Veranlassungszusammenhangs ist es, dass die betriebliche oder berufliche Tätigkeit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Aufwendungen entfielen (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.1987 VI R 121/84, BFH/NV 1988, 353; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.04.2010 - 4 K 2699/06, EFG 2010, 1491). Nicht entscheidend ist daher, ob ein Steuerpflichtiger nur aufgrund seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit in der Lage war, die ihm zur Last gelegte Straftat zu begehen (BFH-Beschluss vom 30.06.2004 VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639). Die steuermindernde Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten setzt vielmehr voraus, dass die die Aufwendungen auslösenden vorgeworfenen schuldhaften Handlungen im Rahmen der betrieblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung liegen, um sie als ausschließlich und unmittelbar aus der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar einstufen zu können (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 09.12.2003 VI R 35/96, BFHE 205, 56, BStBl II 2004, 641; FG Münster, Urteil vom 20.11.2018 - 15 K 655/16 E, EFG 2019, 90).

    Eine in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangene Tat kann dennoch keinen Veranlassungszusammenhang der Strafverteidigungskosten mit diesen Einkünften begründen, wenn die Handlungen nicht im Rahmen der betrieblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung liegen oder ein betrieblicher oder beruflicher Veranlassungszusammenhang durch einen überlagernden privaten Veranlassungszusammenhang ausgeschlossen wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine persönliche Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Tat angestrebt wird (BFH-Urteile vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569; vom 18.10.2007 VI R 42/04, BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223).

    Betrieblich veranlasst können auch Verteidigungskosten in einem Steuerstrafverfahren sein, wenn die Straftaten Betriebssteuern (Umsatzsteuer oder Gewerbesteuer) betreffen, soweit ein betrieblicher Zusammenhang zur Schaffung günstiger Rahmenbedingungen hergestellt werden kann. Nicht betrieblich veranlasst ist die Hinterziehung von Betriebssteuern, wenn dadurch zwar die betriebliche Steuerschuld gemindert wird, die Minderung jedoch darauf beruht, dass betriebliche Mittel privat vereinnahmt oder für private Zwecke verwendet und damit dem Betrieb entzogen wurden (BFH-Urteil vom 20.09.1989 X R 43/86, BFHE 158, 356, BStBl II 1990, 20). Dagegen sind Strafverteidigungskosten im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung regelmäßig privat veranlasst (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 12.02.2014 - 4 K 1757/11, EFG 2014, 984).

    Bereits eine private Mitveranlassung der Aufwendungen ist für den Abzug schädlich, weil gemischt veranlasste Strafverteidigungskosten nicht objektiv aufteilbar sind (BFH-Urteil vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569 unter Verweis auf Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 21.09.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

    Bei der Beurteilung der Frage, ob ein ausschließlicher und unmittelbarer Veranlassungszusammenhang zur betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen besteht, ist auf den konkreten Tatvorwurf abzustellen. Denn nur zur Abwehr der Anschuldigungen wegen dieser vorgeworfenen Handlungen werden die Strafverteidigungskosten aufgebracht (FG Münster, Urteil vom 20.11.2018 - 15 K 655/16 E, EFG 2019, 90). Auf die Frage, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben wurde, kommt es nicht an (BFH-Urteil vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569; BFH-Beschluss vom 30.06.2004 VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639 mwN). Daher ist Fällen, in denen aufgrund der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens weder eine Verurteilung noch ein Freispruch des Steuerpflichtigen erfolgt, auf den Anklagevorwurf abzustellen.

    b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze kommt ein Betriebsausgabenabzug für die im Zusammenhang mit der Strafverteidigung gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung entstanden Beratungs- und Prozesskosten nicht in Betracht. Es fehlt an dem erforderlichen ausschließlichen und unmittelbaren Veranlassungszusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Klägers.

    Nach der Anklageschrift vom 24.03.2009 (Bl. 220 Gerichtsakte) wurde dem Kläger im Streitfall insbesondere vorgeworfen, in den Jahren 2001 bis 2004 Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer dadurch verkürzt zu haben, dass er in Scheinrechnungen ausgewiesene Beträge als Betriebsausgaben bzw. Vorsteuern geltend gemacht habe, obwohl den Rechnungen keine Leistungen zugrunde gelegen hätten. Gegenstand des Anklagevorwurfs waren von Herrn Dr. H im Namen der Fa. E SA sowie von Herrn H ausgestellte Rechnungen.

    Zwar steht das dem Kläger vorgeworfene Verhalten insoweit im Zusammenhang mit seiner betrieblichen Tätigkeit, als er die vermeintlichen Scheinrechnungen in den Gewinnermittlungen der betreffenden Jahre zu Unrecht als Betriebsausgaben sowie die in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge zu Unrecht als Vorsteuer geltend gemacht und dadurch neben der Einkommensteuer auch Betriebssteuern (Umsatzsteuer und Gewerbesteuer) verkürzt haben soll. Ausgehend vom Anklagevorwurf wird dieser betriebliche Veranlassungszusammenhang jedoch durch einen privaten Veranlassungszusammenhang überlagert. Das dem Kläger vorgewordene Verhalten führt - nach dem Anklagevorwurf - nicht nur zu der Schaffung günstiger betrieblicher Rahmenbedingungen und der Herbeiführung eines betrieblichen Vorteils durch Minderung der betrieblichen Steuerschuld, sondern auch zu einer persönlichen Bereicherung des Klägers. Denn durch die Fingierung von Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträgen unter Verwendung von Scheinrechnungen wurden - nach dem Anklagevorwurf - die betrieblichen Gelder dem Betrieb entzogen und standen dem Kläger für private Zwecke zur Verfügung. So sollen - nach dem Anklagevorwurf - die auf die von Herrn Dr. H im Namen der Fa. E SA erstellten Scheinrechnungen im Wege der Überweisung gezahlten Beträge von diesem in der Schweiz in bar abgehoben und abzüglich einer Aufwandsentschädigung von 20 % dem Kläger in Deutschland wieder übergeben worden sein, wodurch die Gelder dem Kläger zur freien Verfügung standen. Auch durch die - nach dem Anklagevorwurf - wahrheitswidrige Bestätigung des Herrn H, er habe die in den von ihm ausgestellten Scheinrechnungen ausgewiesenen Beträge in bar erhalten, wurden die betrieblichen Gelder für eine anderweitige Verwendung durch den Kläger frei. Unabhängig davon ist jedenfalls hinsichtlich des erhobenen Vorwurfs der Hinterziehung von Einkommensteuer von einer privaten Veranlassung auszugehen (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 12.02.2014 - 4 K 1757/11, EFG 2014, 984).

    Aufgrund dessen, dass die dem Kläger nach der Anklageschrift vorgeworfenen Taten damit eine erhebliche private (Mit-)Veranlassung aufweisen, kommt ein Betriebsausgabenabzug insgesamt nicht in Betracht.

    Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Berufung der Staatsanwaltschaft zurückgenommen und das Steuerstrafverfahren gemäß § 153a StPO eingestellt wurde. Die Einstellung nach § 153a StPO rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass der Kläger die ihm zur Last gelegte Straftat verübt hat, denn die Einstellung nach dieser Vorschrift setzt keinen Nachweis der Tat des Angeklagten voraus (BFH-Beschluss vom 17.08.2011 VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040). Der Umstand, dass nach Einstellung des Verfahrens weder eine Verurteilung noch ein Freispruch des Klägers erfolgen wird, ändert aber nichts an der rechtlichen Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs der Strafverteidigerkosten (BFH-Urteil vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569). Denn auf die Frage, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben wurde, kommt es nicht an (BFH-Urteil vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569; BFH-Beschluss vom 30.06.2004 VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639 mwN). Maßgeblich ist in diesen Fällen der Anklagevorwurf.

    Auch der Umstand, dass durch die Strafverteidigung nachteilige Folgen des Strafverfahrens für den Betrieb (z.B. Rufschädigung) abgewendet werden sollten, rechtfertigt nicht den Betriebsausgabenabzug für die Strafverteidigerkosten, da dadurch lediglich ein für eine gewinnmindernde Berücksichtigung nicht ausreichender mittelbarer Zusammenhang begründet wird. Gleiches gilt für den Umstand, dass die betriebliche Tätigkeit des Klägers nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die dem Tatvorwurf zugrunde liegenden Handlungen entfielen (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.1987 VI R 121/84, BFH/NV 1988, 353; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.04.2010 - 4 K 2699/06, EFG 2010, 1491).

    Im Übrigen fehlte es auch bei anderer Beurteilung an einem objektiven Maßstab für eine Aufteilung der Strafverteidigerkosten in ausschließlich betrieblich veranlasst (Hinterziehung von Umsatzsteuer und Gewerbesteuer) und privat veranlasst (Hinterziehung von Einkommensteuer), so dass die Aufwendungen insgesamt nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig wären (BFH-Urteile vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569; vom 20.09.1989 X R 43/86, BFHE 158, 356, BStBl II 1990, 20). Denn die Vorwürfe stehen in einem untrennbaren inneren Zusammenhang zueinander und wurden auch strafrechtlich pro Jahr als eine Tat angesehen (vgl. Anklageschrift vom 24.03.2009, Bl. 220 Gerichtsakte).

    c) Da ein Betriebsausgabenabzug für die im Zusammenhang mit dem gegen den Kläger geführten Steuerstrafverfahren angefallenen Beratungs- und Prozesskosten schon dem Grunde nach ausscheidet, kommt der Frage, in welchen Jahren die Aufwendungen - ggf. im Wege der Rückstellungsbildung - zu berücksichtigen wären, keine Bedeutung mehr zu.

    d) Die vom Kläger vermisste Auswertung der Akten des Steuerstrafverfahrens hält das Gericht auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes für nicht erforderlich. Nach der Rechtsauffassung des Gerichts ist in Fällen, in denen aufgrund der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens nach § 153a StPO weder eine Verurteilung noch ein Freispruch erfolgt, für die Beurteilung des für den Betriebsausgabenabzug erforderlichen ausschließlichen und unmittelbaren Veranlassungszusammenhangs mit der betrieblichen Tätigkeit des Klägers auf den Anklagevorwurf abzustellen, so dass es auf den weiteren Inhalt der Strafakten nicht ankommt.

    e) Der in der mündlichen Verhandlung vom Bevollmächtigten des Klägers beantragte Schriftsatznachlass war nicht zu gewähren. § 283 ZPO i.V.m. § 155 FGO sieht das Nachbringen schriftsätzlicher Erklärungen nur für den Fall vor, dass sich ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des anderen Beteiligten nicht erklären kann, weil es ihm nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist. Daran fehlt es im Streitfall. Denn der Bevollmächtigte des Klägers beantragte die Schriftsatzfrist nicht, um auf ein (überraschendes) Vorbringen des Beklagten zu erwidern, sondern um seinen bisherigen Sachvortrag zu substantiieren und zu belegen. Dazu bestand in der Zeit nach Stellung des Antrags auf mündliche Verhandlung Anfang August 2020 hinreichend Gelegenheit.

    2. Die Strafverteidigerkosten sind - soweit sie in den Streitjahren 2012 bis 2014 i.S.v. § 11 EStG abgeflossen sind - auch nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen. Es fehlt an der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen.

    Im Falle einer Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens (§ 467 Abs. 1 StPO), seine notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte selbst (§ 467 Abs. 5 StPO; vgl. Beschluss des LG vom 08.12.2014: "Es wird davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last zu legen", Sonderband "Kopien aus der Strafakte ... Js ...6/08").

    Soweit die Kosten des Verfahrens von der Staatskasse getragen wurden, fehlt es bereits an einer Belastung des Klägers. Dies gilt auch, wenn die Erstattung erst in einem der folgenden Veranlagungszeiträume erfolgt sein sollte. Da § 33 Abs. 1 EStG nur endgültige Belastungen durch Minderung des Einkommens des Steuerpflichtigen steuerlich berücksichtigen will, ist eine Vorteilsanrechnung auch dann vorzunehmen, wenn die Ersatzleistungen erst in späteren Kalenderjahren anfallen als die Aufwendungen. Denn das im Rahmen des § 33 EStG geltende Belastungsprinzip ist ein Korrektiv für den Fall, dass der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit dem belastenden Ereignis steuerfreie Zuwendungen in Geld oder Geldeswert erhält, die die Belastung in einem späteren Veranlagungszeitraum ganz oder teilweise ausgleichen (FG Münster, Urteil vom 20.11.2018 15 - 15 K 655/16 E, EFG 2019,92 mwN; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 18. Aufl. 2019, § 33 Rn. 10 ff. EStG). Zu den Kosten des Verfahrens gehören gemäß § 464a Abs. 1 StPO die Gebühren und Auslagen der Staatskasse und damit grundsätzlich auch die Auslagen für den gerichtlich als Verteidiger gemäß § 140 StPO beigeordneten Rechtsanwalt. Dies gilt jedoch nur in Höhe der gesetzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vorgesehenen Gebühren. Wenn der Steuerpflichtige mit seinem Verteidiger eine Vergütung vereinbart hat, die über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt, sind die Aufwendungen für die Strafverteidigung nicht zwangsläufig, so dass ein Abzug der Mehraufwendungen nicht in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 18.10.2007 VI R 42/04, BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223; FG Münster, Urteil vom 20.11.2018 - 15 K 655/16 E, EFG 2019, 90)

    Soweit der Kläger nach der gesetzlichen Regelung des § 467 Abs. 5 StPO aufgrund der Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen hat, sind ihm die Strafverteidigungskosten nicht zwangsläufig entstanden. Er hat die Kosten vielmehr deshalb zu tragen, weil er sich im Rahmen der kooperativen Verfahrensbeendigung freiwillig dieser Rechtsfolge und anderen Sanktionen besonderer Art unterworfen hat, um die Weiterführung des Verfahrens zu vermeiden (BFH-Beschluss vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569; BFH-Urteil vom 19.12.1995 III R 177/94, BFHE 179, 383, BStBl II 1996, 197).

    Mangels Zwangsläufigkeit der Aufwendungen kann offen bleiben, ob die ab dem Jahr 2013 nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossenen Prozesskosten im Streitfall ausnahmsweise Berücksichtigung finden könnten, weil es sich um Aufwendungen handelt, ohne die der Kläger Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

    3. Die im Jahr 2015 im Zusammenhang mit den finanzgerichtlichen Verfahren angefallenen Beratungs- und Prozesskosten in Höhe von netto 9.846,15 € sind als Betriebsausgaben abzugsfähig. Entsprechend ist die vom Beklagten vorgenommene Gewinnerhöhung um die auf die Beratungs- und Prozesskosten entfallenden Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 1.746,32 € gleichfalls rückgängig zu machen. Damit ist der Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb um insgesamt 11.592,47 € zu mindern.

    a) Prozesskosten teilen grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren (st. Rspr. vgl. BFH-Urteile vom 13.04.2010 VIII R 27/08, BFH/NV 2010, 2038; vom 13.04.2010 VIII R 26/08, BFH/NV 2010, 2035; vom 01.12.1987 IX R 134/83, BFHE 152, 237, BStBl II 1988, 431; vom 22.05.1987 III R 220/83, BFHE 150, 148, BStBl II 1987, 711; vom 06.04.1995 VIII R 10/94, BFH/NV 1996, 22; BFH-Beschluss vom 01.08.2005 IV B 45/04, BFH/NV 2005, 2186). Ausschlag gebend ist, worin der Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Gegenstandes des Verfahrens zu sehen ist. Aufwendungen für ein finanzgerichtliches Verfahren sind demnach Betriebsausgaben, soweit sie im Zusammenhang mit den betrieblichen Einkünften stehen. Diese Voraussetzungen liegen sowohl bei Verfahren wegen Betriebssteuern (Umsatzsteuer, Gewerbesteuer) als auch bei Verfahren wegen Einkommensteuer vor, soweit es um Fragen der Gewinnermittlung (z.B. um die Höhe des Betriebsausgabenabzugs) geht (Wied in Blümich, EStG, 146. EL. 2019, § 4 Rn. 940 "Rechtsverfolgung"; Loschelder in Schmidt, EStG, 38. Auflage 2019, Rn. 520 "Prozess-/Rechtsverfolgung"; Bode in Kirchhof, EStG, 19. Aufl. 2020, § 4 EStG, Rn. 257 jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dies gilt unabhängig vom Ausgang des Verfahrens (BFH-Urteil vom 13.01.1966 IV 389/61, BFHE 84, 538, BStBl III 1966, 196; Loschelder in Schmidt, EStG, 39. Aufl., Rn. 520 "Prozess-/ Rechtsverfolgung). Es kommt für die Behandlung von Beratungs- und Prozesskosten als Betriebsausgaben nicht darauf an, ob der Prozess aussichtsreich ist. Notwendigkeit, Üblichkeit oder Zweckmäßigkeit einer Aufwendung sind keine Voraussetzung für den Abzug als Betriebsausgabe, vielmehr besteht ein subjektiver Entscheidungsspielraum des Steuerpflichtigen (BFH-Beschluss vom 30.08.2001 IV B 79/01, 80/01, BFHE 196, 30; BStBl II 2001, 837).

    b) Gegenstand der finanzgerichtlichen Verfahren wegen Einkommensteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer des Jahres 2007 war die steuerliche Behandlung der privaten Fahrzeugnutzung durch den Kläger. In den finanzgerichtlichen Verfahren wegen Einkommensteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer der Jahre 2001 bis 2004 war die Abzugsfähigkeit der in den von Herrn Dr. H im Namen der Fa. E SA sowie von Herrn H ausgestellten Rechnungen ausgewiesenen Beträge als Betriebsausgaben bzw. die Berücksichtigung der in diesen Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer als Vorsteuer streitig. Damit besteht eine hinreichende betriebliche Veranlassung der geltend gemachten Aufwendungen. Denn die Beratungs- und Prozesskosten sind im Zusammenhang mit Streitigkeit über Betriebssteuern - hier Umsatzsteuer und Gewerbesteuer - bzw. im Zusammenhang mit Streitigkeiten über die Höhe des Gewinns des Klägers aus Gewerbebetrieb - hier: Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben - entstanden. Auch wenn der Kläger in den das Jahr 2007 betreffenden Verfahren letztlich unterlegen ist (Klageabweisung hinsichtlich Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag bzw. Klagerücknahme hinsichtlich Umsatzsteuer) und in den die Jahre 2001 bis 2004 betreffenden Verfahren im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung die geltend gemachten Betriebsausgaben bzw. Vorsteuerbeträge nur teilweise - soweit sie die von Herrn H ausgestellten Rechnungen betreffen - anerkannt wurden, sind die angefallenen Beratungs- und Prozesskosten in voller Höhe von netto 9.846,15 € als Betriebsausgaben abzugsfähig. Entsprechend ist auch die vom Beklagten vorgenommene Gewinnerhöhung um die auf die Beratungs- und Prozesskosten entfallenden Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 1.746,32 € rückgängig zu machen, so dass der Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb um 11.592,47 € zu mindern ist.

    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Kosten waren nach dem Verhältnis des Obsiegens bzw. des Unterliegens verhältnismäßig aufzuteilen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    5. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. In der Rechtsprechung ist noch nicht abschließend geklärt, auf welcher Grundlage die Prüfung des für den Betriebsausgabenabzug von Strafverteidigerkosten erforderlichen ausschließlichen und unmittelbaren Veranlassungszusammenhangs zur betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen in Fällen, in denen aufgrund der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens nach § 153a StPO weder eine Verurteilung noch ein Freispruch des Steuerpflichtigen erfolgt, vorzunehmen ist.

    RechtsgebieteAO, EStG, StPOVorschriftenAO § 370 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 33; EStG § 4 Abs. 4; StPO § 153a; StPO § 467

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents