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  • 05.11.2020 · IWW-Abrufnummer 218781

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 28.11.2019 – 6 K 1767/17

    Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung beim innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft m Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts wirkt die Berichtigung einer berichtigungsfähigen Rechnung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungsausstellung zurück.


    Finanzgericht Rheinland-Pfalz

    Urteil vom 28.11.2019


    In dem Finanzrechtsstreit
    der Firma
    - Klägerin -
    prozessbevollmächtigt:
    gegen
    das Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Umsatzsteuer 2013

    hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. November 2019 durch
    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Dr.xxx
    die Richterin am Finanzgericht xxx
    die Richterin am Finanzgericht xxx
    den ehrenamtlichen Richter Dipl. Volkswirt, xxx
    den ehrenamtlichen Richter Leiter Rechnungswesen und Finanzen xxx

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    I.

    Der Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 01.12.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.06.2017 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer um 76.207,86 € herabgesetzt wird.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    II.

    Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 55 v. H. und der Beklagte zu 45 v. H. zu tragen.

    III.

    Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    IV.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Steuerpflicht von innergemeinschaftlichen Erwerben.

    Die Klägerin, eine am 18.02.2013 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betrieb im Streitjahr 2013 ein Unternehmen, dessen Gegenstand der Vertrieb und der Im- und Export von Haushalts- und Kochgeräten aller Art sowie der Groß- und Einzelhandel mit diesen Gegenständen war. Zwischen der Klägerin als Organträgerin und der Organgesellschaft S GmbH bestand ein organschaftliches Verhältnis.

    Im Streitjahr erwarb die Klägerin Ware bei der T Italien S.p.A. mit Sitz in F/Italien (im Folgenden: T IT), die die Lieferungen an die Klägerin als innergemeinschaftliche Lieferungen behandelte.

    Die von der T IT erworbenen Waren wurden durch die Klägerin zum Teil an die T s.r.o. mit Sitz in der Slowakei (im Folgenden: T SK) weiterveräußert. Alle drei beteiligten Unternehmen traten unter der ihnen von ihrem Ansässigkeitsmitgliedstaat erteilten Umsatzsteueridentifikationsnummer (im Folgenden: USt-ID-Nr.) auf.

    Die Warenlieferungen wurden wie folgt abgewickelt:

    - Waren mit einem Einkaufspreis von 401.094 € (Verkaufspreis: 521.227 €) wurden unmittelbar von der T IT in Italien an die T SK in die Slowakei (S bzw. T, SK) ausgeliefert.

    - Waren mit einem Einkaufspreis von 483.435 € (Verkaufspreis: 636.346 €) wurden unmittelbar von der T IT in Italien zu einem Lager in Tschechien (P, CZ) ausgeliefert.

    Der Transport der Waren wurde regelmäßig im Auftrag der Klägerin durch die Spedition D durchgeführt. Für die Lieferungen nach Tschechien ist in den von der T IT an die Klägerin gerichteten Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis als Lieferort das Lager in P ("L s.r.o., P") benannt, unter Lieferbedingungen ist "FCA F" (Incoterm FCA) vermerkt. In den Verbringungsnachweisen der Spedition D vom 20.09.2013 war für diese Lieferungen als Empfänger zunächst die Klägerin mit dem Zusatz "c/o L S.r.O, CZ-PLZ P" genannt, diese Empfängerangabe wurde am 27.11.2015 auf die T SK mit gleichem Zusatz abgeändert. In den Rechnungen der Spedition D an die Klägerin ist unter Lieferkonditionen "ab Werk" (Incoterm EXW) angegeben. Die (berichtigten) Rechnungen der Klägerin an die T SK ohne Umsatzsteuerausweis enthalten keine Angaben zu den in diesem Leistungsverhältnis vereinbarten Lieferkonditionen.

    Die Klägerin behandelte die Umsätze an die T SK in ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung 2013 sowie in den zusammenfassenden Meldungen als Lieferungen des ersten Abnehmers im Rahmen von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften i.S.v. § 25b UStG, für die der letzte Abnehmer die Steuer schuldet, mit der Folge, dass insoweit durch die Klägerin in Deutschland keine Umsatzsteuer entrichtet wurde.

    Im Zeitraum 13.05.2015 bis 24.06.2015 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung statt. Auf den Prüfungsbericht vom 27.04.2015 wird Bezug genommen.

    Der Prüfer gelangte zu der Rechtsauffassung, dass hinsichtlich der Warenlieferungen in die Slowakei die Voraussetzungen der Vereinfachungsregel des § 25b UStG mangels ordnungsgemäßer Rechnung der Klägerin an die T SK nicht vorlägen. In den Rechnungen sei zum Teil die USt-ID-Nr. der T SK als letzter Abnehmer nicht enthalten gewesen, zudem sei nicht auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und den Übergang der Steuerschuld hingewiesen worden.

    Hinsichtlich der Warenlieferungen nach Tschechien seien die Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts i.S.v. § 25b UStG nicht gegeben, da die T SK als letzter Abnehmer unter ihrer slowakischen USt-ID-Nr. und damit nicht unter der USt-ID-Nr. des Landes aufgetreten sei, in dem die Versendung geendet habe (Tschechien).

    Die umsatzsteuerliche Beurteilung habe daher nach Auffassung der Umsatzsteuersonderprüfung im Rahmen eines Reihengeschäftes zu erfolgen. Dabei sei die Warenbewegung der Lieferung von T IT an die Klägerin zuzuordnen, weil die Klägerin zwar den Transport der Ware beauftragt, nicht jedoch nachgewiesen habe, dass sie die Lieferung nicht als Abnehmer, sondern als Lieferer versendet habe (vgl. § 3 Abs. 6 Sätze 5 und 6 UStG). Demnach handele es sich bei der Lieferung der T IT an die Klägerin um die steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung. Die Klägerin habe in der Slowakei bzw. in Tschechien, wo die jeweilige Versendung der Waren geendet habe, nach § 3d Satz 1 UStG einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern. Daneben habe die Klägerin, die unter ihrer deutschen USt-ID-Nr. aufgetreten sei, nach § 3d Satz 2 UStG auch in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern. Daher seien die innergemeinschaftlichen Erwerbe um insgesamt 1.004.712 € (521.277 € [= VKP] im Zusammenhang mit den Lieferungen in die Slowakei sowie 483.435 € [= EKP] im Zusammenhang mit den Lieferungen nach Tschechien) zu erhöhen.

    Die für diese innergemeinschaftlichen Erwerbe in Deutschland entstandene Erwerbsteuer sei nicht als Vorsteuer abziehbar. Sie werde so lange geschuldet, bis die Klägerin den Nachweis erbringe, dass der Erwerb in der Slowakei bzw. in Tschechien besteuert worden sei oder als besteuert gelte.

    Am 07.09.2015 erließ der Beklagte einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013, mit dem er die Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung umsetzte und die innergemeinschaftlichen Erwerbe um 1.004.712 € erhöhte. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufrechterhalten.

    Gegen diesen Änderungsbescheid erhob die Klägerin am 15.09.2015 Einspruch. Zur Begründung des Einspruchs wurde im Wesentlichen vorgebracht: Hinsichtlich der Warenlieferungen in die Slowakei seien die Rechnungen an die T SK im Jahr 2015 berichtigt worden (letzte Fassung, Bl. 71 ff. Rbh-Akte), so dass nunmehr auch die formellen Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts i.S.v. § 25b UStG vorlägen. Der Rechnungsberichtigung komme Rückwirkung zu. Unabhängig davon sei zudem die Bemessungsgrundlage für den vom Beklagten angenommenen innergemeinschaftlichen Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG zu hoch, weil der Verkaufspreis (521.277 €) statt des Einkaufspreises (401.095 €) zugrunde gelegt worden sei.

    Nachdem die Klägerin - wie auch der Beklagte - hinsichtlich der Lieferungen nach Tschechien ihren Ausführungen zunächst die Annahme zugrunde gelegte hatte, Empfänger der Waren in Tschechien sei die T SK, die ihrerseits die Waren an die Firma B mit Sitz in Tschechien (im Folgenden: B CZ) weitergeliefert habe, machte die Klägerin zuletzt geltend, das Lager in Tschechien gehöre nicht der T SK, es handele sich vielmehr um eine kurzfristig von der B CZ aufgrund der begrenzten Kapazitäten der Betriebsstätte organisierte Unterstellmöglichkeit, von wo aus die B CZ die Waren umgehend zu ihren jeweiligen Abnehmern abtransportiert habe. Demnach liege zwischen allen vier beteiligten Unternehmen ein Reihengeschäft vor, die Lieferungen zwischen der Klägerin, der T SK sowie der B CZ seien zudem als innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft anzusehen. Da die Klägerin die Versendung veranlasst habe und folglich als Lieferer aufgetreten sei, sei die Warenbewegung der Lieferung der Klägerin an T SK zuzuordnen, die in Italien als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sei.

    Am 01.12.2015 erließ der Beklagte einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde. Bei der Festsetzung wurde als Bemessungsgrundlage für die innergemeinschaftlichen Erwerbe einheitlich der Einkaufspreis der Waren (401.094 € im Zusammenhang mit den Lieferungen in die Slowakei und 483.435 € im Zusammenhang mit den Lieferungen nach Tschechien) zugrunde gelegt.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 14.06.2017 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich der Warenlieferungen in die Slowakei seien zwar berichtigte Rechnungen vorgelegt worden, die in ihrer letzten Fassung den formellen Anforderungen genügten. Demnach hätten erst im Jahr 2015 alle Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft vorgelegen. Eine Rückwirkung - entsprechend der Rechtsprechung des EuGH zur Rückwirkung von Rechnungsberichtigungen beim Vorsteuerabzug - komme jedoch nicht in Betracht. Gemäß § 3d Satz 2 UStG gelte der Erwerb so lange im Gebiet des Mitgliedstaates, dessen vom Mitgliedstaat der Beendigung der Beförderung oder Versendung abweichende USt-ID-Nr. der Erwerber verwendet habe, als bewirkt, bis der Erwerber nachweise, dass der Erwerb in dem Mitgliedstaat, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befinde, besteuert worden sei oder dass der Erwerb nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gelte, sofern der erste Abnehmer seiner Erklärungspflicht nach § 18a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 UStG nachgekommen sei. Aus der Formulierung "so lange" ergebe sich eine Wirkung erst im Zeitpunkt der Vorlage der berichtigten Rechnungen. Im Streitjahr 2013 hätten mangels Rückwirkung die Voraussetzungen des § 25b UStG nicht vorgelegen. Über die Auswirkung der Rechnungsberichtigungen sei erst bei der Umsatzsteuer für das Jahr 2015 zu befinden.

    Die umsatzsteuerliche Beurteilung habe im Rahmen eines Reihengeschäfts zu erfolgen. Dabei sei die Warenbewegung der Lieferung von der T IT an die Klägerin zuzuordnen, die in Italien als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sei. Die Klägerin, die als mittlerer Unternehmer in der Reihe aufgetreten sei, habe nicht nachgewiesen, dass sie die Ware als Lieferer und nicht als Abnehmer versendet habe. Zwar sei im Streitfall die Versendung durch die Klägerin beauftragt und bezahlt worden, auf die aufgrund der Verwendung des Incoterms "FCA F" auch die Gefahr des zufälligen Untergangs der Waren übergegangen sei. Jedoch habe die T IT ausweislich der Rechnungen die Lieferungen an die Klägerin als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt. Die Klägerin sei nicht unter einer ihr von Italien als dem Mitgliedstaat des Beginns der Versendung erteilten USt-ID-Nr. aufgetreten. Die Klägerin besitze keine italienische USt-ID-Nr., obwohl - gesetzt den Fall, dass sie als Lieferer aufgetreten sei - eine Erstattung der Umsatzsteuer aus der dann in Italien steuerpflichtigen Lieferung der T IT an die Klägerin nur bei einer Registrierung in Italien möglich gewesen wäre. Zudem hätte es der Klägerin oblegen, die dann steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen an die T SK im Rahmen einer zusammenfassenden Meldung in Italien zu erklären, was nicht erfolgt sei. Da die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in der Slowakei als dem Mitgliedstaat, in dem die Versendung geendet habe, nicht nachgewiesen worden sei, unterliege der Erwerb in Deutschland gemäß § 3d Satz 2 UStG der Umsatzbesteuerung.

    Auch hinsichtlich der Warenlieferungen nach Tschechien sei unter der Annahme, dass die T SK letzter Abnehmer sei, nicht von einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft auszugehen, weil die T SK ihre slowakische USt-ID-Nr. und nicht die USt-ID-Nr. des Mitgliedstaats, in dem die Versendung geendet habe (Tschechien), verwendet habe (§ 25b Abs. 2 Nr. 4 UStG). Zudem genügten die für diese Lieferungen an die T SK gestellten Rechnungen nicht den in § 14a Abs. 7 UStG geregelten Anforderungen. Soweit die Klägerin zuletzt geltend gemacht habe, ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft liege im Verhältnis zwischen der Klägerin, der T SK und der B CZ vor, sei bereits nicht nachgewiesen, dass es sich bei der B CZ um den letzten Abnehmer in einem Reihengeschäft gehandelt habe. Die Beleglage sei unklar: Während die - korrigierten - Verbringungsnachweise der Spedition D die T SK als Empfänger auswiesen, habe die Klägerin eine Bestätigung der T SK vom 20.01.2017 (Bl. 223 Rbh-Akte) vorgelegt, wonach die Gesellschaft kein Lager außerhalb der Slowakei unterhalte; auch einige der an Amtsstelle vorliegenden Unterlagen wiesen auf die B CZ hin, ohne dass jedoch erkennbar sei, dass es sich bei dieser Firma um den letzten Abnehmer in einem Dreiecksgeschäft gehandelt hätte. Auch unter der Annahme, dass die Warenlieferungen an die B CZ als letzten Abnehmer vorgenommen worden seien, lägen die Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts nicht vor, da die Klägerin als vermeintlich erster Lieferer - wie dargelegt - nicht nachgewiesen habe, dass sie als Lieferer und nicht als Abnehmer der T IT aufgetreten sei. Daher seien die Warenlieferungen nach Tschechien ebenfalls als Reihengeschäfte mit den dargestellten umsatzsteuerlichen Folgen - Erwerbsbesteuerung in Deutschland gemäß § 3d Satz 2 UStG - zu beurteilen.

    Am 14.07.2017 hat die Klägerin Klage zum Finanzgericht erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Hinsichtlich der Warenlieferungen in die Slowakei lägen nach den erfolgten Rechnungsberichtigungen die Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts gemäß § 25b UStG vor. Der Rechnungsberichtigung komme Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungsausstellung zu. Das Finanzamt erkenne den Vorsteuerabzug jedoch erst ab dem Zeitpunkt der Rechnungskorrektur an, so dass Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO entstanden seien. Die Festsetzung der Nachzahlungszinsen widerspreche dem Neutralitätsgrundsatz des Mehrwertsteuerrechts.

    Hinsichtlich der Warenlieferungen nach Tschechien habe sich erst im Laufe des Einspruchsverfahrens herausgestellt, dass das Lager in Tschechien nicht der T SK, sondern einem Bekannten der B CZ gehört habe. Die Ware sei dort aufgrund mangelnder Lagerkapazitäten zwischengelagert worden und am Folgetag von B CZ bzw. von durch diese beauftragten Dritten abgeholt und in die B-Filialen gebracht worden. Entsprechend liege zwischen allen vier beteiligten Unternehmen ein Reihengeschäft vor, zudem sei ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft zwischen den letzten drei Beteiligten - Klägerin (erster Lieferer), T SK (erster Abnehmer), B CZ (letzter Abnehmer) - anzunehmen. Die Klägerin habe die Gefahr und die Kosten der Lieferung (Zusatz "ab Werk - EXW") übernommen und habe damit die Waren als Lieferer i.S.v. § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG versendet. Damit sei die Warenbewegung der Lieferung der Klägerin an die T SK zuzuordnen. Diese sei in Italien (Beginn der Versendung) als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei. Die Erledigung des Einspruchs sei letztendlich nur daran gescheitert, dass es der Klägerin trotz Anstrengung aller zumutbaren Maßnahmen nicht gelungen sei, eine Bestätigung des Finanzamts P (Tschechien) über die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Tschechien zu erhalten, was für den Beklagten im Rahmen der Amtshilfe mit Leichtigkeit möglich sein dürfte. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei eine Steuerbefreiung bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen zu gewähren, selbst wenn der Unternehmer bestimmte formelle Anforderungen nicht erfüllt habe. Durch die vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung, wonach die Klägerin einen innergemeinschaftlichen Erwerb im Inland zu besteuern habe, ihr aber kein Vorsteuerabzug aus der Erwerbsteuer zustehe, komme es zu einer Belastung der Klägerin, die mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht vereinbar sei.

    Mit Schriftsatz vom 03.09.2019 hat die Klägerin eine Erklärung der B CZ vom 30.08.2019 eingereicht, in der die B CZ bestätigt, dass die streitgegenständlichen innergemeinschaftlichen Erwerbe in Tschechien der Besteuerung unterworfen worden seien (Bl. 134 der Prozessakte).

    Die Klägerin beantragt,

    den Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 01.12.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.06.2017 dahingehend zu ändern, dass die Bemessungsgrundlage für steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe zum Steuersatz von 19 v. H. um 401.094 € herabgesetzt wird und dass weitere Vorsteuerbeträge aus innergemeinschaftlichen Erwerben von Gegenständen in Höhe von 91.852,65 € abgezogen werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er wiederholt im Wesentlichen seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er bezüglich der Warenlieferungen nach Tschechien vor, den Rechnungen der T SK an die Firma B CZ fehlten die für ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft erforderlichen Rechnungsmerkmalen. Denn wäre die Lieferung der T SK an die Firma B CZ tatsächlich eine ruhende umsatzsteuerpflichtige Lieferung in einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft, wäre auf der Rechnung der T SK ein Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers (B CZ) erforderlich gewesen. Auch sei zweifelhaft, ob das Lager in P bei L, in welches die Ware letztlich geliefert worden sei, tatsächlich der B CZ zuzurechnen sei, zumal auf den Unterlagen der Speditionsfirma D zunächst die Klägerin als Empfängerin vermerkt gewesen sei, diese Angabe sodann im Jahr 2015 auf den Empfänger T SK korrigiert worden sei, die T SK am 20.01.2017 angegeben habe, dass das Lager in P der B CZ gehöre und somit der korrigierte Empfänger ebenfalls nicht zutreffend sei und auch in einem im Einspruchsverfahren vorgelegten Frachtbrief der tschechischen Spedition N vom 23.10.2013 als Absender der Ware die T IT und als Empfänger die Klägerin mit der Ausladestation L in P ausgewiesen sei. Zudem sei T SK ausweislich einer vorliegenden Email einer Mitarbeiterin der L vom 24.10.2013 über die Anlieferung der Ware informiert worden, was darauf schließen lasse, dass T SK die Lagerung bei L beauftragt habe und nicht B CZ. Darüber hinaus habe die Firma D mit Verbringungsnachweis vom 20.09.2013 bestätigt, Ware am 26.08.2013 zu L P befördert zu haben, wohingegen der dazu gehörige Lieferschein der T SK an B CZ als Eingangsdatum bei B CZ den 10.09.2013 ausweise. Diese zeitliche Diskrepanz lasse den Rückschluss zu, dass die von D bestätigte Versendung am 26.08.2013 zu L nicht zur Verfügung von B CZ sondern von T SK erfolgt sei und die Lieferung von T SK an B CZ erst im September ausgeführt worden sei. Hierfür spreche auch ein Schreiben der T SK, wonach die Ware, welche von der Klägerin im Zeitraum vom 26.08.2013 bis 24.10.2013 für die T SK nach Tschechien versendet worden sei, keine Lagerware darstelle, sondern von T SK direkt nach der Ankunft in Tschechien an den Kunden B CZ weiter versendet worden sei.

    Weiter führt der Beklagte aus, soweit sich die Klägerin gegen die Festsetzung der Nachzahlungszinsen wende, liege noch keine Einspruchsentscheidung vor. Die der Klage zugrundliegende Einspruchsentscheidung betreffe lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung. Eine Sprungklage wäre hier mangels Vorliegen der Voraussetzungen als unzulässig zu verwerfen.

    Entscheidungsgründe

    Der Senat versteht die Klage dahingehend, dass sich die Klägerin ausschließlich gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2013 und nicht gegen den Bescheid über die Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO wendet. Hierfür spricht schon der Klageantrag der Klägerin, mit dem die Klägerin eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung begehrt. Auch hat die Klägerin in ihrer Klageschrift ausdrücklich nur Klage wegen der Steuerfestsetzung erhoben. Es ist somit - entsprechend dem Klageantrag - nicht anzunehmen, dass sich die Klage auch gegen die Zinsfestsetzung gemäß § 233a AO richtet.

    Die Klage hat in der Sache zum Teil Erfolg. Sie ist hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Warenlieferungen nach Tschechien unbegründet (nachfolgend Ziffer 1). Insoweit ist der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 2013 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Soweit der Beklagte im Zusammenhang mit den Warenlieferungen in die Slowakei einen im Inland zu versteuernden innergemeinschaftlichen Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG im Streitjahr angenommen hat, ist die Klage begründet (nachfolgend Ziffer 2). Insoweit ist der angefochtene Umsatzsteuerbescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

    1.

    Der Beklagte ist zutreffend im Zusammenhang mit den Warenlieferungen nach Tschechien von einem innergemeinschaftlichen Erwerb i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG der Klägerin ausgegangen, der nach § 3d Satz 2 UStG im Inland der Umsatzbesteuerung unterliegt.

    a) Ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt setzt gemäß § 1a Abs. 1 UStG u.a. voraus, dass ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt, der Erwerber ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt und die Lieferung an den Erwerber durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt wird und nach dem Recht des Mitgliedstaates, der für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist, nicht aufgrund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerfrei ist. Mit dieser Regelung werden Art. 2 Abs. 1 Buchst. b, Art. 3, Art. 17 und 20 bis 23 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) umgesetzt.

    Der innergemeinschaftliche Erwerb wird gemäß § 3d Satz 1 UStG grundsätzlich auf dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erteilte USt-ID-Nr., gilt der Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG so lange im Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den in § 3d Satz 1 UStG bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist oder nach den Bestimmungen über innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte gemäß § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt, sofern der erste Abnehmer nach § 18a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 UStG seiner Erklärungspflicht hierüber nachgekommen ist. Diese Regelung entspricht Art. 40-42 MwStSystRL.

    Ein Dreiecksgeschäft liegt nach § 25b Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn drei Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt (Nr. 1), die Unternehmer in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind (Nr. 2), der Gegenstand der Lieferungen aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt (Nr. 3) und der Gegenstand der Lieferungen durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer befördert oder versendet wird (Nr. 4).

    Nach § 25b Abs. 2 UStG wird bei einem Dreiecksgeschäft die Steuer für die Lieferung an den letzten Abnehmer von diesem geschuldet, wenn der Lieferung ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorangegangen ist (Nr. 1), der erste Abnehmer nicht in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, ansässig ist und gegenüber dem ersten Lieferer und letzten Abnehmer dieselbe USt-ID-Nr. verwendet, die ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Beförderung oder Versendung beginnt oder endet, erteilt worden ist (Nr. 2), der erste Abnehmer dem letzten Abnehmer eine Rechnung im Sinne des § 14a Abs. 7 erteilt, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist (Nr. 3), und wenn der letzte Abnehmer eine USt-ID-Nr. des Mitgliedstaates verwendet, in dem die Beförderung oder Versendung endet (Nr. 4).

    Liegen die Voraussetzungen für ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft und die Übertragung der Steuerschuld auf den letzten Abnehmer vor, gilt nach § 25b Abs. 3 UStG der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Abnehmers als besteuert.

    b) Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die innergemeinschaftliche Lieferung eines Gegenstands und sein innergemeinschaftlicher Erwerb ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang. Demnach muss mit jedem innergemeinschaftlichen Erwerb, der im Mitgliedstaat der Beendigung der innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung von Gegenständen besteuert wird, eine Lieferung einhergehen, die im Mitgliedstaat des Beginns der Versendung oder Beförderung als innergemeinschaftliche Lieferung befreit ist (EuGH, Urteile vom 27.09.2007 C-409/04 Rs. Teleos, BStBl II 2009, 70, Rn. 23 f.; vom 06.04.2006, Rs. EMAG Handel Eder, C-245/04, DStR 2006, 699, Rn. 29 und vom 26.07.2017 C-386/16 Rs. Toridas, BFH/NV 2017, 1406, Rn. 31).

    c) Nach diesen Grundsätzen kommt ein innergemeinschaftlicher Erwerb der Klägerin nur in Betracht, wenn die Lieferung der T IT an die Klägerin eine in Italien steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung darstellt. Dies setzt voraus, dass die innergemeinschaftliche Warenbeförderung dieser Lieferung zuzuordnen ist. Dies ist nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen hier der Fall.

    aa) Die streitgegenständlichen Lieferungen sind Teile einer Lieferkette, bei der mehrere Unternehmer über dieselben Waren Umsatzgeschäfte abgeschlossen haben und die Waren bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt sind (sog. Reihengeschäft). Gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG ist in diesem Fall die Beförderung oder Versendung nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat (§ 3 Abs. 6 Satz 6 UStG).

    Auch nach der Rechtsprechung des EuGH kann in Fällen, in denen zwei aufeinanderfolgende Lieferungen desselben Gegenstands, die gegen Entgelt zwischen Steuerpflichtigen, die als solche handeln, vorgenommen werden, und die zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Beförderung dieses Gegenstands führen, diese Beförderung nur einer der beiden Lieferungen zugeordnet werden (EuGH, Urteile vom 06.04.2006 C-245/04 Rs. EMAG Handel Eder, DStR 2006, 699; vom 16.10. 2010 C-430/09 Euro Tyre Holding BV, DStR 2011, 23; vom 27.09.2012 C-587/10, Rs. VSTR, DStR 2012, 2014; vom 26.07.2017 C-386/16 Rs. Toridas, DStR 2017, 1819 und vom 21.02.2018 C-628/16 Rs. Kreuzmayr, DStR 2018, 461; vgl. auch § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG). Dem entsprechend kann auch nur die Lieferung, der die Warenbewegung zuzuordnen ist, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sein.

    Zur Klärung der Frage, welcher der Lieferungen die innergemeinschaftliche Warenbewegung zuzurechnen ist, ist nach dem EuGH eine umfassende Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Im Rahmen dieser Würdigung ist insbesondere zu klären, zu welchem Zeitpunkt die zweite Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, zugunsten des Endabnehmers stattgefunden hat (EuGH-Urteile vom 26.07.2017 C-386/16 Rs. Toridas, DStR 2017, 1819 und vom 21.02.2018 C-628/16 Rs. Kreuzmayr, DStR 2018, 461). Von diesen Grundsätzen geht auch der Bundesfinanzhof aus (BFH-Urteile vom 28.05.2013 XI R 11/09, BFHE 242, 84 und vom 25.02.2015 XI R 15/14, BFHE 249, 343, BFH/NV 2015, 772).

    Ist die zweite Übertragung des Rechts, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen, d.h. die Zweitlieferung an den Endabnehmer, bereits vor der innergemeinschaftlichen Warenbewegung erfolgt, kann die Warenbewegung nicht mehr der Erstlieferung an den Ersterwerber zugeordnet werden (EuGH-Urteile vom 27.09.2012 C-587/10, Rs. VSTR, DStR 2012, 2014; vom 26.07.2017 C-386/16 Rs. Toridas, DStR 2017, 1819 und vom 21.02.2018 C-628/16 Rs. Kreuzmayr, DStR 2018, 461). Umgekehrt ist die Erstlieferung als warenbewegte Lieferung anzusehen, wenn dem Zweiterwerber das Recht, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen, nicht schon vor Beginn der innergemeinschaftlichen Warenbewegung übertragen wird (BFH-Urteil vom 25.02.2015 XI R 15/14, BFHE 249, 343, BFH/NV 2015, 772). Verbleiben nicht behebbare Zweifel daran, dass der Ersterwerber dem Zweiterwerber die Verfügungsmacht noch vor Beginn der Warenbewegung übertragen hat, ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs die Warenbewegung der Lieferung an den Ersterwerber zuzuordnen (BFH-Urteile vom 28.05.2013 XI R 11/09, BFHE 242, 84 und vom 25.02.2015 XI R 15/14, BFHE 249, 343, BFH/NV 2015, 772).

    bb) Im Streitfall wurde für die Lieferung der Waren von der T IT an die Klägerin zwischen den beteiligten Unternehmen ausweislich der vorgelegten Rechnungen der T IT als Lieferkonditionen "Frei Frachtführer F" (Incoterm "FCA F") vereinbart, d.h. das Risiko des zufälligen Untergangs der Waren ist bereits in Italien und damit vor Beginn der innergemeinschaftlichen Warenbewegung auf die Klägerin übergangen. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Unterlagen der von der Klägerin mit der Versendung beauftragten Spedition D (Incoterm EXW). Dass das Recht, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen, bereits in Italien von der Klägerin auf den Endabnehmer übertragen wurde, ergibt sich indessen aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob das Lager in Tschechien - wovon der Beklagte ausgeht - der T SK oder - wovon die Klägerin ausgeht - der B CZ zuzurechnen ist. Die zwischen der Klägerin und der T SK vereinbarten Lieferkonditionen ergeben sich weder aus den (berichtigten) Rechnungen der Klägerin an die T SK noch aus den übrigen vorgelegten Unterlagen. Auch für die Lieferung von T SK an B CZ sind die vereinbarten Lieferkonditionen nicht aus den Rechnungen und Lieferscheinen der T SK an B CZ ersichtlich. Es ergeben sich auf Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Recht, wie ein Eigentümer über die Gegenstände zu verfügen, bereits vor Auslieferung in Tschechien auf den Endabnehmer übertragen wurde.

    Unter Berücksichtigung der erhöhten Mitwirkungspflicht der Klägerin gemäß § 90 Abs. 2 AO hat der Beklagte damit zu Recht die Warenbewegung der Lieferung von der T IT an die Klägerin zugeordnet. Die Lieferung der T IT an die Klägerin ist in Italien als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei. Spiegelbildlich unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb bei der Klägerin der Umsatzbesteuerung. Der innergemeinschaftliche Erwerb gilt zum einen in Tschechien als dem Ort, wo sich die Waren bei Beendigung der Versendung befunden haben, als bewirkt (vgl. Art. 40 MwStSystRL; § 3d Satz 1 UStG). Da die Klägerin als Erwerber gegenüber der T IT als Lieferer eine ihr von einem anderen Mitgliedstaat (hier Deutschland) erteilte USt-ID-Nr. verwendet hat, gilt der Erwerb zudem so lange im Inland als bewirkt, bis die Klägerin als Erwerber nachweist, dass der Erwerb in Tschechien besteuert worden ist oder nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt, sofern sie als erster Abnehmer ihrer Erklärungspflicht nach § 18a Absatz 7 Satz 1 Nummer 4 UStG (zusammenfassende Meldung) nachgekommen ist (Art. 41, 42 MwStSystRL; § 3d Satz 2 UStG).

    cc) Einen sicheren Nachweis, dass der Erwerb in Tschechien besteuert worden ist, hat die Klägerin nicht erbracht. Zwar hat sie eine entsprechende Erklärung der B CZ vorgelegt (Bl. 134 der Prozessakte). Allerdings reicht - auch wenn der Umfang der Nachweispflicht der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im anderen Mitgliedstaat bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärt ist - die schlichte Erklärung des Abnehmers nicht aus, zumal nicht der Abnehmer der Ware im Bestimmungsland, sondern die Klägerin den innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat versteuern muss. Ein sicherer Nachweis ist nur ein Bescheid des jeweiligen Mitgliedstaats, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert wurde (vgl. auch FG Münster, Urteil vom 04.04.2017 15 K 2127/14 AO, EFG 2017960). Einen derartigen Bescheid hat die Klägerin indes nicht beigebracht.

    Der Erwerb gilt auch nicht nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert. Denn die Voraussetzungen für das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts nach § 25b UStG liegen hinsichtlich der Warenlieferungen nach Tschechien nicht vor. Gehört das Lager in Tschechien der T SK und ist diese damit letzter Abnehmer i.S.v. § 25b UStG, scheitert die Annahme eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts daran, dass die T SK ihre slowakische USt-ID-Nr. und nicht die USt-ID-Nr. des Mitgliedstaats, in dem die Versendung endete (Tschechien), verwendet hat (§ 25b Abs. 2 Nr. 4 UStG). Gehört das Lager in Tschechien der B CZ und wäre diese als letzte Abnehmerin i.S.v. § 25b UStG anzusehen (vgl. Abschnitt 25b.1. Abs. 2 Satz 2 UStAE zur Möglichkeit der Annahme eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts bei Reihengeschäften mit mehr als drei Beteiligten), käme die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG für die Klägerin schon deshalb nicht in Betracht, weil sie allenfalls als erster am Dreiecksgeschäft beteiligter Lieferer anzusehen wäre, wofür es aber - wie dargelegt - an der Zuordnung der Warenbewegung zur Lieferung der Klägerin an die T SK fehlt.

    Der Beklagte hat somit zu Recht im Zusammenhang mit den Warenlieferungen nach Tschechien einen gemäß § 3d Satz 2 UStG im Inland zu besteuernden innergemeinschaftlichen Erwerb angenommen.

    dd) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG kann die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für das Unternehmen nur dann als Vorsteuer abgezogen werden, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 UStG im Inland bewirkt wird. Dies ergibt sich für Leistungen ab dem 30.06.2013 ausdrücklich aus dem Gesetz, entsprach aber bereits vor der Klarstellung im Gesetzestext der Rechtsprechung des EuGH (EuGH-Urteile vom 22.04.2010 C-536/08 und C-539/08 Rs. X und Facet Trading BV, DStR 2010, 926) und des Bundesfinanzhofs (Urteile vom 01.09.2010 V R 39/08, BFHE 231, 308, BStBl II 2011, 658 und vom 08.09.2010 XI R 40/08, BFHE 231, 343, BStBl II 2011, 661). Die Entlastung des Unternehmers von der Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 3d Satz 2 UStG erfolgt nicht durch die Gewährung des Vorsteuerabzugs, sondern durch eine Verminderung der Bemessungsgrundlage, wenn der Unternehmer den Nachweis gemäß § 3d Satz 2 UStG führt (vgl. § 17 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 UStG; BFH-Urteile vom 01.09.2010 V R 39/08, BFHE 231, 308, BStBl II 2011, 658 und vom 08.09.2010 XI R 40/08, BFHE 231, 343, BStBl II 2011, 661). Diesen sicheren Nachweis hat die Klägerin im Streitfall nicht erbracht.

    Der Beklagte hat daher einen Vorsteuerabzug hinsichtlich der gemäß § 3d Satz 2 UStG im Inland zu versteuernden innergemeinschaftlichen Erwerben im Zusammenhang mit den Warenlieferungen nach Tschechien zu Recht versagt.

    2.

    Die Klage ist begründet, soweit der Beklagte im Zusammenhang mit den Warenlieferungen in die Slowakei einen im Inland zu besteuernden innergemeinschaftlichen Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG angenommen hat. Denn der innergemeinschaftliche Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG ist im Streitjahr entfallen, weil die Klägerin die Rechnungen an die T SK im Jahr 2015 berichtigt hat und der Erwerb aufgrund der Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung bereits zu diesem Zeitpunkt wegen der Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG (Art. 42 MwStSystRL) als besteuert gilt.

    a) Im Zeitpunkt der Lieferungen im Jahr 2013 lagen angesichts dessen, dass die Versendung der Waren - wie dargelegt - durch die Klägerin in ihrer Eigenschaft als erster Abnehmer erfolgt ist, die Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts i.S.v. Art. 42, 141, 197 MwStSystRL (vgl. auch § 25b UStG) zwischen der T IT, der Klägerin und der T SK mit Ausnahme der Erteilung einer den Anforderungen von Art. 226 MwStSystRL (vgl. auch § 14a Abs. 7 UStG) entsprechenden Rechnung der Klägerin als erster Abnehmer an die T SK als letzter Abnehmer vor.

    Gemäß Art. 226 Nr. 11 MwStSystRL (vgl. auch § 14a Abs. 7 UStG) muss die Rechnung in Fällen, in denen die Steuer - wie im Fall eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts (Art. 197 MwStSystRL; vgl. auch § 25b Abs. 2 UStG) - vom Erwerber geschuldet wird, einen Verweis auf die einschlägige Bestimmung der MwStSystRL oder die entsprechende nationale Bestimmung oder einen Hinweis darauf, dass die Lieferung von Gegenständen der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft unterliegt, enthalten. Daran fehlte es zunächst im Streitfall. Die von der Klägerin an die T SK gestellten Rechnungen enthielten anfangs keinen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft der T SK als letztem Abnehmer. Die Klägerin hat mittlerweile Rechnungsberichtungen vorgenommen, die in ihrer letzten Fassung den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung entsprechen (Art. 226 Nr. 11 MwStSystRL; vgl. auch § 14a Abs. 7 UStG).

    b) Nach Auffassung des Senats kommt der Rechnungsberichtigung im Jahr 2015 Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Ausstellung der Rechnung zu mit der Folge, dass ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Inland gemäß § 3d Satz 2 UStG im Streitjahr 2013 entfällt, weil die Klägerin, die als erster Abnehmer ihrer Erklärungspflicht nach § 18a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 UStG (zusammenfassende Meldung) nachgekommen ist, rückwirkend nachgewiesen hat, dass der Erwerb nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt.

    aa) Gemäß § 3d Satz 2 UStG gilt der Erwerb so lange in dem Gebiet des Mitgliedstaates, dessen USt-ID-Nr. der Erwerber verwendet hat, als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb im Mitgliedstaat der Beendigung der Beförderung oder Versendung besteuert worden ist oder dass der Erwerb nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt, sofern der erste Abnehmer seiner Erklärungspflicht nach § 18a Absatz 7 Satz 1 Nummer 4 UStG nachgekommen ist. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG ist die Bemessungsgrundlage für den nach § 3d Satz 2 UStG steuerpflichtigen Umsatz zu ändern, wenn der Unternehmer den Nachweis i.S.v. § 3d Satz 2 UStG führt.

    Im Zeitpunkt der Lieferungen im Jahr 2013 lagen die Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts i.S.v. § 25b UStG mangels ordnungsgemäßer Rechnung der Klägerin an die T SK (vgl. Art. 226 MwStSystRL; § 14a Abs. 7 UStG) nicht vor, so dass grundsätzlich die Besteuerungsfiktion gemäß § 25b Abs. 3 UStG nicht greift.

    Jedoch hat der EuGH - wie schon zur Frage der Rückwirkung von Rechnungsberichtigungen für den Vorsteuerabzug (vgl. EuGH-Urteil vom 15.09.2016 C-518/14 Rs. Senatex, DStR 2016, 2211) - auch im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften klargestellt, dass nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität die Nichterfüllung von formellen Anforderung nicht dazu führt, dass die Anwendung von Regelungen der MwStSystRL in Frage gestellt wird, wenn die in der Regelung aufgeführten materiellen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind.

    In der Entscheidung vom 19.04.2018 (Az: C-580 Rs. Hans Bühler, DStR 2018, 865) ging es u.a. um die Frage, ob Art. 41 MwStSystRL (Bewirkung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in dem Mitgliedstaat, der die beim Erwerb verwendete USt-ID-Nr. erteilt hat) mit der alleinigen Begründung anzuwenden ist, dass die nach Art. 42 Buchst. b MwStSystRL für die Nichtanwendung von Art. 41 MwStSystRL erforderliche Abgabe der zusammenfassenden Meldung i.S.v. Art. 265 MwStSystRL verspätet vorgenommen wurde.

    Abweichend von Art. 41 Abs. 1 MwStSystRL gilt nach Art. 42 MwStSystRL der innergemeinschaftliche Erwerb als im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Beförderung als besteuert, wenn die beiden kumulativen Voraussetzungen der Buchst. a und b des Art. 42 MwStSystRL erfüllt sind. Nach Art. 42 Buchst. a MwStSystRL muss der Zwischenerwerber nachweisen, dass er den Erwerb für die Zwecke einer anschließenden Lieferung getätigt hat, die im Gebiet des gemäß Art. 40 MwStSystRL bestimmten Mitgliedstaats bewirkt wurde und für die der Empfänger der Lieferung gemäß Art. 197 MwStSystRL, der u.a. eine den Art. 220-236 MwStSystRL entsprechende Rechnung verlangt (vgl. Abs. 1 Buchst. c), als Steuerschuldner bestimmt worden ist. Art. 42 Buchst. b MwStSystRL fügt eine zweite Voraussetzung hinzu, wonach der Erwerber der Pflicht zur Abgabe der zusammenfassenden Meldung gemäß Art. 265 MwStSystRL nachgekommen sein muss (EuGH-Urteil vom 19.04.2018 C-580 Rs. Hans Bühler, DStR 2018, 865).

    Nach Auffassung des EuGH sind die Pflichten in Bezug auf die zusammenfassende Meldung gemäß Art. 42 Buchst. b MwStSystRL - anders als Art. 42 Buchst. a MwStSystRL, der die materiellen Voraussetzungen dafür regelt, dass ein Erwerb als besteuert gilt - als formell anzusehen. Nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität kann die Nichterfüllung der formellen Anforderungen des Art. 42 Buchst. b MwStSystRL durch einen Steuerpflichtigen nicht dazu führen, dass die Anwendung des Art. 42 MwStSystRL in Frage gestellt wird, wenn die in seinem Buchst. a aufgeführten materiellen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind. Würde die Anwendung von Art. 42 MwStSystRL aus einem solchen Grund verweigert, könnte dies nämlich insoweit zu einer Doppelbesteuerung führen, als auch der Zwischenerwerber nach Art. 41 Abs. 1 MwStSystRL in dem Mitgliedstaat besteuert würde, der ihm die für den betreffenden Umsatz verwendete USt-ID-Nr. erteilt hat, während der Enderwerber ebenfalls, nach Art. 141 Buchst. e und Art. 197 MwStSystRL, besteuert würde. Zudem sollen die Art. 41 und 42 MwStSystRL nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sicherstellen, dass der fragliche innergemeinschaftliche Erwerb der Mehrwertsteuer beim Enderwerber unterliegt, und gleichzeitig verhindern, dass dieser Umsatz doppelt besteuert wird. Daraus folgt, dass Art. 42 MwStSystRL zur Anwendung kommt, sobald die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind (EuGH-Urteil vom 19.04.2018 C-580 Rs. Hans Bühler, DStR 2018, 865).

    Ein Mitgliedstaat kann daher nicht die Möglichkeit einer Berichtigung der zusammenfassenden Meldungen über Dreiecksgeschäfte vorsehen und gleichzeitig dieser Berichtigung die Wirkung nehmen, indem dem Zwischenunternehmer die rückwirkende Anwendung von Art. 42 MwStSystRL versagt wird, wenn er den Nachweis erbringt, dass die materiellen Voraussetzungen erfüllt waren. Demnach kann die Steuerverwaltung eines Mitgliedstaats einen innergemeinschaftlichen Erwerb grundsätzlich nicht allein deshalb besteuern, weil der Erwerber eine ordnungsgemäß ausgefüllte zusammenfassende Meldung über seinen Umsatz nicht rechtzeitig abgegeben hat (EuGH-Urteil vom 19.04.2018 C-580 Rs. Hans Bühler, DStR 2018, 865)

    Nach dem EuGH kann jedoch in zwei Fällen die Nichteinhaltung einer formellen Anforderung die Nichtanwendung von Art. 42 MwStSystRL rechtfertigen. Zum einen kann die Verletzung einer formellen Anforderung zur Versagung der Anwendung von Art. 42 MwStSystRL führen, wenn sich ein Steuerpflichtiger vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet. Zum anderen kann der Verstoß gegen eine formelle Anforderung die Versagung der Anwendung von Art. 42 MwStSystRL rechtfertigen, wenn er den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden (EuGH-Urteil vom 19.04.2018 C-580 Rs. Hans Bühler, DStR 2018, 865).

    bb) Der EuGH hat sich bisher noch nicht zu der Frage geäußert, ob es sich beim Ausstellen einer den Anforderungen des Art. 226 Nr. 11 MwStSystRL entsprechenden Rechnung durch den ersten Abnehmer an den Endabnehmer ebenfalls um eine derartige formelle Pflicht handelt, deren Verletzung die Anwendung von Art. 42 MwStSystRL nicht hindert, wenn der erste Abnehmer das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts nachweist.

    Gegen die Einordnung als formelle Pflicht spricht zwar, dass im Regelfall erst der Hinweis auf das Dreiecksgeschäft und den Übergang der Steuerschuld in der Rechnung des ersten Abnehmers an den Endabnehmer diesen in die Lage versetzt, den Umsatz und die Steuerschuld ordnungsgemäß zu deklarieren, weil er andernfalls nicht zu erkennen vermag, ob der erste Abnehmer die Vereinfachungsregelung anwendet. Damit kommt der ordnungsgemäßen Rechnung wegen der bedeutenden Folge des Schuldübergangs und der Warnfunktion der Rechnung eine größere Bedeutung als der zusammenfassenden Meldung zu, die lediglich der Überwachung dient (vgl. Treiber in Sölch/Ringleb, UStG, 84. EL. September 2017, § 25b Rn. 24a; Langer, DStR 2018, 865; Müller, DStR 2018, 1215; Robisch in Bunjes, UStG, 17. Aufl. 2018, § 25b Rn. 22).

    Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass bei Vorliegen einer berichtigungsfähigen Rechnung nach den Grundsätzen der Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen Hans Bühler (Az: C-580/16) und Senatex (Az: C-518/14) eine ordnungsgemäße Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungsausstellung zurückwirkt und somit eine rückwirkende Heilung möglich ist.

    Hierfür spricht schon der Sinn und Zweck des § 25b UStG als Vereinfachungsregelung für die umsatzsteuerliche Abwicklung von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften. Mit dieser Regelung soll eine steuerliche Registrierung des mittleren am Dreiecksgeschäft beteiligten Unternehmers (erster Abnehmer) im Bestimmungsland des gelieferten Gegenstandes sowie eine zweifache Besteuerung eines innergemeinschaftlichen Erwerbs durch den ersten Abnehmer sowohl im Bestimmungsland der Ware als auch nach § 3d Satz 2 UStG im Mitgliedstaat der verwendeten USt-ID.-Nr. vermieden werden. Ohne die Vereinfachungsregelung müsste sich ein deutscher Unternehmer, der im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts - wie die Klägerin im Streitfall - mittlerer Unternehmer bzw. erster Abnehmer ist, entsprechend der Ortsregelungen des § 3 Abs. 6 und Abs. 7 UStG sowie des § 3d Satz 1 UStG im Bestimmungsmitgliedstaat registrieren lassen und dort den innergemeinschaftlichen Erwerb und die folgende Lieferung an den letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmer versteuern.

    Gegen eine Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungsausstellung im Streitfall spricht auch nicht der Umstand, dass in dem Fall, in dem der nachträgliche Nachweis der Besteuerung i. S. des § 3d Satz 2 UStG erforderlich ist, zwingend die Anwendung von § 17 UStG für den Zeitpunkt der Nachweiserbringung vorgesehen ist (§ 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG). Denn bei Vorliegen der Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und der Verlagerung der Steuerschuld auf den letzten Abnehmer (§ 25b Abs. 1 und 2 UStG) gilt aus Vereinfachungsgründen der innergemeinschaftliche Erwerb des Zwischenhändlers als besteuert (§ 25 Abs. 3 UStG), d. h. es ist tatsächlich weder ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Staat der Verwendung der USt-ID-Nr. nach § 3d Satz 2 UStG noch ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Staat des Endes der Beförderung oder Versendung des Liefergegenstandes nach § 3d Satz 1 UStG zu besteuern mit der Folge, dass es eines Nachweises für die Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland für den Wegfall der Besteuerung nach § 3d Satz 2 UStG nicht bedarf. Zudem ist in den Fällen, in denen der nachträgliche Nachweis der Besteuerung i. S. des § 3d Satz 2 UStG erforderlich ist, die ex-nunc-Wirkung gerechtfertigt, weil die Steuerpflichtigen in diesen Fällen - anders als bei einem sog. verunglückten Dreiecksgeschäft wie im Streitfall - meist selbstverschuldet die falsche USt-ID-Nr. verwenden (vgl. auch FG Münster, Urteil vom 04.04.2017 15 K 2127/14, EFG 2017, 960).

    cc) Die ursprünglichen Rechnungen der Klägerin an die T SK waren nach § 31 Abs. 5 UStDV korrekturfähig. Damit der Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommt, muss das Ausgangsdokument über bestimmte Mindestangaben - wie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer - verfügen. Erforderlich ist weiter, dass die diesbezüglichen Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen (vgl. BFH, Urteil vom 20.10.2016 V R 26/15, BFH/NV 2017, 252 zur Rechtsprechungsänderung bzgl. der Rückwirkung der Rechnungsberichtigung für die Anerkennung des Vorsteuerabzugs). Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor, wobei die Angaben zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer aufgrund der Bestimmungen des § 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG im Streitfall entfallen.

    dd) Im Streitfall liegen keine Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Beteiligung der Klägerin an einer Steuerhinterziehung, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet, vor. Zudem wurde von der Klägerin auch der sichere Nachweis erbracht, dass die materiellen Anforderungen für eine Anwendung von Art. 42 MwStSystRL erfüllt wurden. Es liegen demnach keine Gründe vor, die eine Versagung der Anwendung von Art. 42 MwStSystRL rechtfertigen.

    Da nach Auffassung des Senats die Rechnungsberichtigung der Klägerin eine rückwirkende Heilung entfaltet, liegen im Zusammenhang mit den Warenlieferungen in die Slowakei die Voraussetzungen für ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft bereits im Streitjahr vor. Der Beklagte hat diesbezüglich zu Unrecht einen innergemeinschaftlichen Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG im Inland der Umsatzbesteuerung unterworfen, so dass insoweit der angefochtene Umsatzsteuerbescheid rechtswidrig und die Klage erfolgreich ist.

    3.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und des Vollstreckungsschutzes folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO in Verbindung mit den sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

    Das Gericht hat gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Frage, ob der Rechnungsberichtigung eine rückwirkende Heilung bei sog. verunglückten Dreiecksgeschäften zukommt, höchstrichterlich - soweit ersichtlich - noch ungeklärt ist.

    RechtsgebietUStGVorschriften§ 3d UStG; § 14a Abs. 7 UStG; § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG; § 25b UStG

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