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  • 30.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211944

    Finanzgericht Hamburg: Beschluss vom 02.07.2019 – 2 V 121/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Hamburg

    Beschluss vom 02.07.2019


    Gründe

    I.

    Der Antragsteller begehrt die Rücknahme des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

    Der Antragsteller betreibt im Hamburger Hafen ein Schifffahrtsunternehmen (A), das u.a. Hafenrundfahrten durchführt. Ferner hält er verschiedene Unternehmensbeteiligungen.

    Am 19. Februar 2019 stellte der Antragsgegner beim Amtsgericht Hamburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. An diesem Tage bestanden rückständige Steuerforderungen des Antragsgegners in Höhe von xxx.xxx € (Lohnsteuer, Umsatzsteuer, Einkommensteuer nebst Nebenleistungen aus den Jahren 2017 und 2018). Vollstreckungsmaßnahmen seit dem ... Oktober 2017 waren erfolglos geblieben, zuletzt ein Vollstreckungsversuch am ... Januar 2019 in den Geschäftsräumen des Antragstellers. Zugleich erbat der Antragsgegner, dem Antragsteller für die Dauer des Insolvenzverfahrens Zahlungen an ihn als Gläubiger im Sinne von § 21 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) zu untersagen. Mit Beschluss vom 26. April 2019 (xxx-1) beauftragte das Amtsgericht Rechtsanwalt B mit der Erstattung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 5 InsO.

    Zwischenzeitlich veräußerte der Antragsteller mit notariellem Kaufvertrag vom ... 2019 eine ihm gehörende Eigentumswohnung zum Kaufpreis von xxx.xxx €. Aus dem Kaufpreis wurden Verbindlichkeiten gegenüber der Versicherung C sowie eine Restverbindlichkeit gegenüber der Bank D in Höhe von insgesamt xxx.xxx € beglichen. Als frei verfügbar verblieb ein Betrag von xxx.xxx €. Unter Hinweis hierauf und den Umstand, dass die Steuerschuld auf xxx.xxx € (incl. xx.xxx €) zurückgeführt worden sei, beantragte der Antragsteller unter dem 7. März 2019 beim Antragsgegner, den Insolvenzantrag zurückzunehmen. In der Folgezeit glich der Antragsteller sämtliche dem Insolvenzantrag zugrundeliegenden Forderungen aus.

    Am 17. Mai 2019 unterbreitete der Antragsteller das Angebot, eine Grundschuld in Höhe von xxx.xxx € an seiner eigengenutzten Eigentumswohnung im Wert von rd. x.xxx.xxx € zur Sicherung künftiger Steueransprüche zu bewilligen. Im Übrigen bestünden auch gegenüber Sozialversicherungsträgern aus Arbeitnehmerverträgen keine Verbindlichkeiten mehr; die laufenden Zahlungsverpflichtungen würden fristgerecht erfüllt. Mit den wesentlichen Gläubigern seien Stundungsabreden getroffen worden; die kreditfinanzierenden Banken bestätigten, dass keine Zahlungsrückstände bestünden (...). Dies lehnte der Antragsgegner am 6. Juni 2019 ab. Nach aktueller Lage sei nicht eindeutig erkennbar, dass sowohl in naher als auch in ferner Zukunft sämtliche Forderungen getilgt würden bzw. die Grundschuld ausreiche, um künftig entstehende Forderungen vollständig auszugleichen. Tags zuvor hatte der Antragsgegner gegenüber dem Insolvenzgericht mitgeteilt, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens trotz der Tilgung der Steuerschulden aufrecht halten zu wollen. Dabei ging der Antragsgegner u.a. fälschlich davon aus, dass erneut xx.xxx € Rückstände aufgelaufen seien.

    Am 21. Juni 2019 hat der Antragsteller bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung dergestalt beantragt,

    dem Antragsgegner aufzugeben, den Insolvenzantrag zurückzunehmen.

    Zwar treffe es zu, dass er, der Antragsteller, in der Vergangenheit seinen Steuerzahlungspflichten aufgrund der saisonalen Abhängigkeit nur schleppend nachgekommen sei. Mitursächlich dafür sei aber auch, dass die von ihm eingesetzten Schiffe aufgrund strengerer Sicherheitsanforderungen mit einem Aufwand von über x.xxx.xxx € in den vergangenen Jahren hätten umgerüstet werden müssen.

    Nunmehr seien alle Steuerrückstände ausgeglichen und der Insolvenzantrag zurückzunehmen. Sofern sich der Antragsgegner auf § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO berufe, habe er dessen Voraussetzungen, das Fortbestehen des Insolvenzgrundes, nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr habe er, der Antragsteller, seine Zahlungsfähigkeit hergestellt. Ebenso wenig habe der Antragsgegner eine konkrete Gefahr dargetan, dass die weitere wirtschaftliche Tätigkeit zu neuen Steuerrückständen führen werde. Im Übrigen habe er die Bewilligung der werthaltigen Sicherheitsgrundschuld angeboten, die der Antragsgegner ermessensfehlerhaft abgelehnt habe.

    Schließlich liege auch ein Anordnungsgrund vor. Durch eine mögliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens werde seine wirtschaftliche Existenz unmittelbar bedroht. Bereits die Ankündigung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung könne zu einer Kündigung der Kreditverträge führen und die unmittelbare Zahlungsunfähigkeit herbeiführen (...).

    Der Antragsteller beantragt,

    den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen zurückzunehmen.

    Der Antragsgegner beantragt,

    den Antrag abzuweisen.

    Der Antrag sei bereits unzulässig. Ihm fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsteller könne die Entscheidung des Insolvenzgerichts abwarten. Die Doppelbefassung verschiedener Gerichte mit denselben Fragen sei für die Justizgewährung insgesamt schädlich; Rechtsschutz gegen Anträge des Finanzamtes auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei daher vor den Zivilgerichten geltend zu machen (Finanzgericht (FG) Hamburg, Beschluss vom 15. November 2010, 3 V 168/10).

    Überdies sei der Antrag unbegründet. Der Antragsteller befinde sich bereits seit 2015 in Vollstreckung. Auch wenn gegenwärtig alle Steuerforderungen ausgeglichen seien, könne nicht beurteilt werden, ob Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit vorliege. Nach dem vorläufigen Gutachten des Insolvenzverwalters sei nicht sicher, ob noch weitere Gläubiger vorhanden seien. Vor diesem Hintergrund sei das Gläubigerinteresse an der Aufrechterhaltung des Insolvenzantrages gem. § 14 Abs. 1 InsO gegeben. Er, der Antragsgegner, sei zudem verpflichtet, den Rechtsverkehr vor einer weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit des Antragstellers zu schützen. Die aufgelaufenen Steuerrückstände hätten nur durch den Verkauf der Wohnung ausgeglichen werden können; das Zahlungsverhalten in der Vergangenheit und der Umstand, dass auch die laufenden Steuern zunächst nicht pünktlich entrichtet worden seien, lasse auf die steuerliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers schließen.

    Die Insolvenzakte des Antragsgegners zur Steuernummer ... hat vorgelegen.

    II.

    1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Ihm fehlt insbesondere nicht das Rechtsschutzinteresse, weil vorrangig der ordentliche Rechtsweg zu beschreiten wäre. Die vom Antragsgegner in Bezug genommene Entscheidung des FG Hamburg (Beschluss vom 15. November 2010, 3 V 168/10, EFG 2011, 475) ist obsolet, sie wurde durch Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Februar 2011 (VII B 226/10, BFH/NV 2011, 1017) aufgehoben. Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, von der herrschenden Auffassung hinsichtlich der Kontrollkompetenz der Finanzgerichte für Anträge des Finanzamtes auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Entscheidung des Amtsgerichts über die Eröffnung des Verfahrens abzuweichen.

    2. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des Antragsgegners, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers zu beantragen, ist ermessensfehlerhaft und deshalb aufzuheben.

    a) Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO kann das Gericht auf Antrag schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung für einen solchen Antrag ist, dass der Antragsteller einen Grund für die zu treffende Regelung (Anordnungsgrund) und den Anspruch, aus dem er sein Begehren herleitet (Anordnungsanspruch), schlüssig darlegt und deren Voraussetzungen glaubhaft macht (§ 114 Abs. 3 FGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).

    b) Nach diesen Grundsätzen hat der Antragsteller einen Anspruch auf die begehrte einstweilige Anordnung.

    aa) Der Anordnungsgrund folgt bereits aus der Natur der Sache, denn wegen der weitreichenden, regelmäßig nicht wieder rückgängig zu machenden Wirkungen eines erfolgreichen Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder seiner Ablehnung wegen fehlender Masse, bedarf die Dringlichkeit der Entscheidung keiner weiteren Glaubhaftmachung (vgl. Beschluss des Senats vom 25. Februar 2011, 2 V 8/11, EFG 2011, 1400). Insoweit besorgt der Antragsteller zu Recht, dass seine finanzierenden Banken Darlehen fällig stellen könnten und Zahlungsunfähigkeit eintreten könnte.

    bb) Ein Anordnungsanspruch auf Rücknahme eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens besteht nach der Rechtsprechung dann, wenn ein Insolvenzgrund nicht vorliegt oder der Insolvenzantrag trotz Bestehens eines Eröffnungsgrundes unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft ist (vgl. Loose in Tipke/Kruse, § 114 FGO Rn. 18 m. w. N.). Die Stellung eines Insolvenzantrags ist eine in das pflichtgemäße Ermessen des Antragsgegners gestellte Vollstreckungsmaßnahme nach §§ 249, 251 der Abgabenordnung (AO). Maßgeblich für die Überprüfung der Ermessensentscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BFH, Beschluss vom 28. Februar 2011, VII B 224/10, BFH/NV 2011, 763; FG Düsseldorf, Beschluss vom 11. September 2018, 13 V 2883/18 AE, EFG 2019, 461; Brandis, EFG 2005, 374).

    aaa) Entscheidend ist hiernach, ob die Fortführung des ursprünglichen Antragsverfahrens vom 19. Februar 2019 gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO ermessensfehlerfrei erfolgte, nachdem der Antragsteller - unstreitig - sämtliche Forderungen des Antragsgegners erfüllt hat.

    Nach der Ausnahmevorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO wird der einmal gestellte Insolvenzantrag nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird. Es wird vielmehr auf eine bestehende Forderung verzichtet, die übrigen Zulässigkeitserfordernisse des § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO bleiben bestehen. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, muss der Gläubiger im Falle der Fortführung des Verfahrens nach § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO das Fortbestehen des Eröffnungsgrundes glaubhaft machen (vgl. z.B. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2013, IX ZB 256/11, DB 2013, 1297; vom 18. Dezember 2014, IX ZB 34/14, DB 2015, 303). Allerdings setzt die Glaubhaftmachung einer fortbestehenden Zahlungsunfähigkeit auch nach der Auffassung des BGH nicht stets voraus, dass der Gläubiger neue Tatsachen vorträgt, die für eine auch jetzt noch bestehende Zahlungsunfähigkeit sprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014, IX ZB 34/14, DB 2015, 303). Für die Beurteilung, ob nach dem Ausgleich der Forderung des antragstellenden Gläubigers die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners weiterhin wahrscheinlich ist, können vielmehr u.a. die näheren Umstände des jetzt gestellten oder eines vorangegangenen Insolvenzantrags von Bedeutung sein, ferner die Art und der Umfang der Forderung des Gläubigers, die Dauer des Zahlungsrückstands und die Umstände des Forderungsausgleichs (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014, IX ZB 34/14, DB 2015, 303). Darüber hinaus kann dem Grundsatz Bedeutung zukommen, dass eine einmal eingetretene, nach außen in Erscheinung getretene Zahlungsunfähigkeit regelmäßig erst beseitigt wird, wenn die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen wieder aufgenommen werden können.

    bbb) Im Streitfall dürfte es bereits an der erforderlichen Glaubhaftmachung einer wahrscheinlichen Fortdauer der Zahlungsunfähigkeit des Antragstellers fehlen.

    Der Antragsgegner hat sich insoweit nur lückenhaft geäußert und sich auf eher formelhafte Begründungen aus anderen Gerichtsentscheidungen und die Begründung der Bundestagsdrucksache 17/3030 (S. 42) zurückgezogen, ohne konkret auf die Einzelheiten des Streitfalls einzugehen.

    So hat sich der Antragsgegner nicht damit auseinandergesetzt, dass der Antragsteller offensichtlich eine umfassendere Bereinigung seiner wirtschaftlichen Situation eingeleitet hat, die die Veräußerung der Wohnung beinhaltete und Absprachen mit seinen finanzierenden Kreditinstituten, mit Sozialversicherungsträgern und anderen privaten Gläubigern. Auch aus dem Zwischenbericht des im Insolvenzeröffnungsverfahren eingesetzten Sachverständigen Rechtsanwalts B vom 2. Mai 2019 lassen sich keine verlässlichen Schlüsse auf eine Zahlungsunfähigkeit des Antragstellers ziehen. Der Hinweis des Antragsgegners, er könne nicht beurteilen, ob Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit vorliege, reicht insoweit nicht aus, eine wahrscheinliche Zahlungsunfähigkeit glaubhaft zu machen.

    Im Übrigen dürfte der Umstand, dass der Antragsteller nicht nur die Ansprüche des Antragsgegners befriedigt hat, sondern darüber hinaus dem Antragsgegner auch zur Sicherung künftiger Steueransprüche die Bewilligung einer Grundschuld in Höhe von xxx.xxx € an seiner, jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Betrachtung und nach Aktenlage, werthaltigen Immobilie angeboten hat, einen gewissen finanziellen Spielraum belegen.

    ccc) Die Fortführung des Antrages dürfte im Übrigen auch unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft sein. Das Gericht überprüft im Rahmen des nach § 102 FGO eingeschränkten Maßstabes, ob die Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Dies dürfte zu verneinen sein, weil der Antragsgegner nicht alle entscheidungserheblichen Umstände in seine Abwägung einbezogen und die wirtschaftlichen Folgen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalles nicht ausreichend gewürdigt hat.

    Der Umstand, dass die Steuerrückstände im Schwerpunkt auf Lohnsteuer- und Umsatzsteueransprüchen beruhten und der Ausgleich offensichtlich nicht aus dem laufenden Geschäft erfolgen konnte, sondern den Verkauf der Eigentumswohnung erforderlich machte, ist zwar eine gewisse Bedeutung beizumessen. Entscheidend ist aber im Rahmen dieses Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, dass der Antragsteller ersichtlich - wie bereits dargetan - eine "Generalbereinigung" seiner Lage eingeleitet hat. Zudem ist der Antragsgegner durch das Angebot der Bewilligung einer Grundschuld mit künftigen Ansprüchen zunächst gesichert. In diesem Zusammenhang ist besonders zu beachten, dass an das Rechtsschutzinteresse des Gläubigers für ein Fortsetzungsverlangen strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. z.B. Wegener in Uhlenbrock, Insolvenzordnung, § 14, Rn. 126 m. w. N.). Das Fortführungsinteresse soll zwar vornehmlich bei Finanzbehörden anzuerkennen sein, weil diese als öffentliche Gläubiger das Entstehen weitere Forderungen gegen den Schuldner nicht einseitig verhindern könnten (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012, IX ZB 18/12, ZIP 2012, 1674).

    Dieser Gesichtspunkt verliert im Streitfall aber erheblich an Gewicht durch das Angebot zur Einräumung der Sicherheit. Im gerichtlichen Verfahren hat sich der Antragsgegner hierzu nicht geäußert, vorgerichtlich war er der Auffassung, dass die Höhe der Grundschuld möglicherweise angesichts der zu erwartenden Steuerforderungen bei kontinuierlicher Geschäftsentwicklung eine frühzeitige Verwertung erforderlich mache. Angesichts der gravierenden Folgen eines Insolvenzverfahrens erscheint es dem Senat aber in den Fällen der Ausnahmevorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zumutbar, im Falle eventueller neuer Rückstände zunächst auf die Grundschuld zuzugreifen. Der nicht näher spezifizierte Generalverdacht, der Antragsteller könne in kurzer Zeit wieder hohe Steuerrückstände auflaufen lassen, trägt nach Auffassung des Senats nicht. Die Behauptung, der Antragsteller befinde sich bereits seit 2015 in Vollstreckung, ist nicht weiter belegt worden, insoweit befinden sich keine Vorgänge in den eingereichten Akten. Der Antragsgegner hat sich auch nicht dazu befunden, dass die eingetretene wirtschaftliche Schieflage auf erhöhtem Aufwand durch Nachrüstung der Schiffe beruhen soll und sich künftig damit nicht wiederholen dürfte.

    cc) Der Antragsgegner ist in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes auch zu verpflichten, den ermessensfehlerhaft gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückzunehmen. In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist zwar regelmäßig keine endgültige Maßnahme zu treffen, die das Ergebnis der Hauptsache vorwegnehmen würde. Allerdings kann die Vorwegnahme der Hauptsache im Einzelfall erforderlich sein, um unzumutbare Nachteile für den Antragsteller zu vermeiden und effektiven Rechtschutz zu gewährleisten (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 114 FGO, Rn. 38, 41, m. w. N.). Im Streitfall ist es zur Gewährleistung eines effektiven Rechtschutzes ausnahmsweise geboten, den Antragsgegner zur Rücknahme des Insolvenzantrags zu verpflichten, weil der Verweis auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren angesichts der gravierenden Folgen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu irreversiblen Schäden führen würde und deshalb dem Antragsteller nicht zuzumuten ist. Im Vergleich zu den Nachteilen, die dem Antragsteller drohen, ist die durch die Entscheidung getroffene Regelung begrenzt, denn sie hindert den Antragsgegner nicht, unter veränderten Verhältnissen erneut die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.

    Eine Verpflichtung des Antragsgegners, das Ruhen des Insolvenzantrags beim Insolvenzgericht als eine Art Zwischenlösung zu beantragen, kommt nicht in Betracht. Damit würde dem Antragsteller kein ausreichender Rechtschutz gewährt, denn auf das Insolvenzverfahren als einem Eilverfahren finden die Vorschriften über das Ruhen und die Aussetzung keine Anwendung (vgl. Schmerbach, Frankfurter Kommentar zur InsO, § 14, Rn. 45, m. w. N.; BGH, Beschluss vom 29. Juli 2007, IX ZB 141/06, ZInsO 2007, 604).

    3. Der Antragsgegner hat nach § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe für die Zulassung der Beschwerde nach § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

    RechtsgebietInsolvenz

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