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  • 17.06.2019 · IWW-Abrufnummer 209397

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 14.03.2019 – 5 K 3770/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.
     
    1

    Tatbestand
    2

    Die Beteiligten streiten über den Vorsteuerabzug und ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen gegeben sind.
    3

    Der Kläger betreibt ein Unternehmen „X“ mit dem Unternehmensgegenstand „Im- und Export von Lebensmitteln, Metallen, Elektrogeräten, Textilien, Sportartikel, Lederwaren, Geschenkartikeln und Industriebedarf sowie Fahrzeugen“ in I. In erster Linie führte der Kläger einen Großhandel mit Textilien, die importiert bzw. exportiert wurden.
    4

    Die Umsatzsteuerjahreserklärung 2014 wies einen Vorsteuerüberhang in Höhe von 6.700,71 € aus. In ihr erklärte der Kläger u.a. nach § 4 Nr. 1b Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von 172.429 €. Dieser Erklärung stimmte der Beklagte am 7.4.2016 zu.
    5

    Beim Kläger fand eine Umsatzsteuersonderprüfung statt, die mit Prüfungsbericht vom 20.2.2017 endete. Der Prüfer behandelte die als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen angemeldeten Umsätze mit einer Bemessungsgrundlage von insgesamt 172.429,00 € mangels vorliegender Gelangensbestätigungen als steuerpflichtig ((1), herausgerechnete Umsatzsteuer i.H.v. 27.530,27€) und kürzte die Vorsteuern aus diversen Rechnungen wegen mangelhafter Warenbezeichnung ((2), Vorsteuern i.H.v. 34.664,81 €) sowie insbesondere aus sämtlichen vom Geschäftspartner B T aus E (im Folgenden: T) ausgestellten Rechnungen ((3), Vorsteuern i.H.v. 5.605,19 €). Bezüglich des Geschäftspartners T hatte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes P zuvor festgestellt, dass von diesem in Rechnung gestellte Textilien zu keinem Zeitpunkt tatsächlich bei ihm vorhanden gewesen seien und er auch keine Verfügungsmacht hierüber gehabt habe, sondern die Ausstellung der Rechnungen hierüber nur der Inanspruchnahme eines Vorsteuerabzugs gedient hätten. Der Beklagte leitete ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger ein.
    6

    Das Landgericht F hatte T mit Urteil vom 00.00.2016, Az. 000 Js 00000/15, wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen (Abzug von Vorsteuern aus Abdeckrechnungen im Unternehmen des T) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Auf das Urteil wird Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 301 ff.).
    7

    Im Nachgang zur Umsatzsteuersonderprüfung erließ der Beklagte einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteueränderungsbescheid für 2014 vom 3.3.2017, mit dem er die Umsatzsteuer auf  61.099,75 € festsetzte.
    8

    Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10.11.2017 als unbegründet zurück. Den Vorbehalt der Nachprüfung ließ er bestehen. In der Einspruchsentscheidung führte er zur Begründung aus, dass keine steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferungen vorliegen würden, da es an Gelangensbestätigungen der Abnehmer fehlen würde. Der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen, bei denen die Waren wie in den Rechnungen des T nicht hinreichend genau bezeichnet, sondern vielmehr schlicht Stichworte wie Blusen, Jacken, Pullover, T-Shirts usw. verwendet worden seien, scheide aus. Es würde an der Angabe der handelsüblichen Bezeichnung i.S.d. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG fehlen. Der Vorsteuerabzug aus den von T ausgestellten Rechnungen sei zudem deshalb nicht zu gewähren, da den Rechnungen keine Lieferungen zugrunde liegen würden. T sei nach den Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts P mangels Sachherrschaft zu den abgerechneten Lieferungen gar nicht in der Lage gewesen.
    9

    Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben. Es würden steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen vorliegen und auch der streitige Vorsteuerabzug sei zu gewähren.
    10

    (1)   Innergemeinschaftliche Lieferungen
    11

    Der Kläger hat das Konto 8125 „Steuerfreie EU-Lieferungen § 4, 1b UStG“ betreffend 2014 (GA Bl. 25 ff.) sowie hierzu gefertigte Excel-Listen (Gerichtsakte Bl. 28 und 29) vorgelegt. Außerdem hat er für auf dem Konto 8125 gebuchte Gesamtbeträge je Debitor Gelangensbestätigungen, Debitoren-Konto und Ausgangsrechnungen vorgelegt (Gerichtsakte Bl. 30-280). Mit diesen vorgelegten Bestätigungen seien mehr als 85 % des auf dem Konto 8125 gebuchten Betrages belegt. Im Übrigen seien die Gelangensbestätigungen nach ständiger Rechtsprechung keineswegs als ausschließlich möglicher Nachweis vorgesehen.
    12

    Zu seinen Kunden im EU-Ausland hätten keineswegs nur flüchtige, sondern langjährige Lieferbeziehungen bestanden. Hierzu hat der Kläger eine Liste vorgelegt (Gerichtsakte Bl. 355 ff.), aus der sich ergeben soll, dass die dort genannten ausländischen Abnehmer aus der EU jeweils Stammkunden gewesen seien und auch regelmäßig innergemeinschaftliche Lieferungen von ihm bezogen hätten. Herr N N und Herr B C könnten bezeugen, dass die in der Liste aufgeführten Abnehmer langjährige, im EU-Ausland ansässige Kunden gewesen seien und die Ware nach dort verbracht worden sei.
    13

    (2)   Vorsteuerabzug aus Rechnungen mit bloßer Gattungsbezeichnung
    14

    Soweit der Vorsteuerabzug aus Rechnungen mit dem Hinweis darauf versagt werde, dass als Leistungsbeschreibungen nur Gattungsbezeichnungen aufgeführt seien, übersehe der Beklagte, dass er, der Kläger, kein Einzelhändler mit einem Ladenlokal sei. Im normal- oder hochpreisigen Textilhandel seien sicherlich detaillierte Angaben zum Liefergegenstand handelsüblich. Im Textilgroßhandel bzw. insbesondere im Niedrigpreissektor des Textilgroßhandels seien detaillierte Bezeichnungen der Warenlieferungen allerdings nicht handelsüblich; hier seien Gattungsbezeichnungen durchaus handelsüblich. Denn in diesem Teil des Textilhandels würden Textilien oftmals in sehr großen Mengen (zum Teil ganze Übersee-Container) verkauft, wobei weder Verkäufer noch Käufer eine detaillierte Liste hinsichtlich Farbe, Größe oder Schnitt erstellen würden. Die Waren würden in einzelnen Kartons oder größeren Collis verpackt verkauft, ohne genaue Information, welche Größen und Farben sich in den Verpackungseinheiten befinden würden.
    15

    Im Bereich des hier vorliegenden Handels am …-Handelsplatz … in M würden generell und nicht nur durch den Kläger partie- bzw. containerweise ganze Chargen niedrigpreisiger Textilien gehandelt, die allenfalls durch ein Muster, oft nur durch ein Stoffmuster, konkretisiert seien. Der typische Wareneinkauf des Klägers gestalte sich daher wie folgt: Er suche seinen Lieferanten im Regelfall an dessen Firmensitz auf. Dort stelle der Lieferant – wie auf einem Großmarkt – seine Artikel in Übersee-Containern aus, da die meisten Textilien aus Übersee eingeführt würden. Regelmäßig hänge am jeweiligen Container ein Mustertextil mit dem Hinweis, dass sich im Container gleiche oder ähnliche Textilien befinden würden. Anhand des Musters entscheide der Kläger über den Ankauf. Wenn er die Ware erwerben wolle, verhandle er regelmäßig nur über die Stückzahl und den Preis. Er erhalte dann entsprechende – ungeöffnete – Kartons mit der gekauften Ware. Eine Überprüfung der Ware auf Menge, Größe, Farbe oder Qualität oder gar weitere Spezifikationen im Einzelfall würde nicht stattfinden. Denn dafür betrage der Preis je Textil oftmals nur ein oder zwei Euro oder sogar noch weniger. Eine Aussage, welche Größen und Farben sich in den verkauften Collis befinden würden, könne der Verkäufer auch regelmäßig nicht geben. Denn die Ware werde verpackt und in großen Mengen verkauft. Die Art und Weise dieses Wareneinkaufs sei für den Niedrigpreissektor des Textilgroßhandels branchenüblich. Auch seine Kunden, die des Klägers, würden oftmals verschlossene unverpackte Ware ankaufen, um diese ihrerseits z.B. auf Wochenmärkten zu verkaufen. Diese Händler würden die vom Kläger gekauften Kartons oftmals erst auf den Wochenmärkten öffnen, um diese an die Endverbraucher zu verkaufen.
    16

    Es handele sich um persönliche Geschäfte auf Vertrauensbasis mit unmittelbarer Abwicklung, bei der jeder Beteiligte davon ausgehen könne, dass ihm vom jeweiligen Textilien-Typ eine hinreichend repräsentative Auswahl bei der Lieferung übergeben werde. Würde sich etwa herausstellen, dass es sich allein um Textilien einer nicht gängigen Farbe oder allein einer recht seltenen Größe handeln würde, würde beim nächsten Zusammentreffen bzw. Folgegeschäft dieses moniert bzw. die Geschäftsbeziehung abgebrochen werden. Das hier in Rede stehende Handelssegment werde zwar auch, aber nicht allein durch die niedrigen Einkaufspreise bestimmt.
    17

    Zu erwähnen sei zudem, dass im Niedrigpreissektor des Textilgroßhandels deutlich mehr Textilien verkauft würden als dies im „normalen“ Textileinzelhandel der Fall sei. Er selbst habe im Jahr 2011 rund 115.000 einzelne Textilien eingekauft, im Jahr 2012 seien es rund 83.000 gewesen.
    18

    Eine weiter spezifizierte Bezeichnung von Textilien in einer Rechnung im Niedrigpreissektor des Textilgroßhandels sei daher keinesfalls handelsüblich.
    19

    Im Übrigen setze nach der EuGH-Rechtsprechung ein Vorsteuerabzug nicht zwingend voraus, dass die formellen Rechnungsanforderungen erfüllt seien. Die erhaltenen Lieferungen könnten auch auf andere Weise nachgewiesen werden. Soweit die liefernden Unternehmer ihren eigenen steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen seien, stehe dies seinem Vorsteuerabzug, dem des Klägers, nicht entgegen.
    20

    (3) Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des T
    21

    Er, der Kläger, habe die von T abgerechneten Textillieferungen tatsächlich erhalten. Der Beklagte habe sich hier lediglich auf die Feststellungen der Steuerfahndung P bezogen, die jedoch weder dem Kläger bekannt noch aktenkundig seien. Aus dem vom Beklagten nunmehr vorgelegten Urteil des Landgerichts F vom 00.00.2016, mit dem T wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden sei, gehe im Übrigen hervor, dass nach den dortigen Erkenntnissen zum Sachverhalt T tatsächlich Warenlieferungen vorgenommen habe. Es heiße ausdrücklich in dem Urteil „… zusätzlich zu den gelieferten Waren von dem Angeklagten Rechnungen haben wollten …“.
    22

    Allein der Umstand, dass der Kläger zu T eine Geschäftsbeziehung gehabt habe, schließe den Vorsteuerabzug nicht aus.
    23

    Für den Vorsteuerabzug komme es darüber hinaus nicht darauf an, dass der liefernde Unternehmer im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung die unmittelbare Verfügungsmacht bzw. Sachherrschaft über die verkauften Gegenstände gehabt habe. Er verweise hier auf die Möglichkeit von Reihengeschäften. Ausreichend und entscheidend sei nur, dass er, der Kläger, als Abnehmer tatsächlich Textilien auf Veranlassung des T sowie eine entsprechende Eingangsrechnung erhalten habe.
    24

    Die Rechnungen des T seien auch nicht nur zum Schein ausgestellt worden. Feststellungen mit dem Ergebnis, dass er, der Kläger, keinerlei Waren erhalten habe, seien nicht getroffen worden. Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts P habe hier offenbar keine Feststellungen zu den konkret an ihn, den Kläger, erfolgten Lieferungen des T getroffen. Die Aussage des Beklagten, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass der Kläger von T Ware geliefert bekommen habe, reiche nicht aus. Auch das Urteil des Landgerichts F bringe diesbezüglich keine erhellenden Tatsachen zutage, es treffe zu den hier streitigen Ausgangsrechnungen des T an den Kläger vielmehr überhaupt keine Feststellungen.
    25

    Tatsächlich habe es sich so verhalten, dass bei allen Warenlieferungen eine Vorstellung der Waren durch einen Mitarbeiter des T erfolgt sei. Dieser Mitarbeiter sei mit einem Kleintransporter in die Geschäftsräume des Klägers in M gekommen und habe verschiedene Mustertextilien zur Ansicht vorgestellt. Während dieser Termine habe der Kläger dem Mitarbeiter von T mündlich entsprechende (Folge-)Aufträge erteilt. Nach Ablauf von ca. ein bis zwei Wochen sei die Lieferung der bestellten Waren durch eben diesen Mitarbeiter des T bzw. auf dessen Geheiß durch Dritte in M erfolgt. Die Waren seien dann vom Kläger bzw. seinen Mitarbeitern in den Geschäftsräumen in M eingelagert worden. Zuvor hätten sie sowohl Absender als auch Art und Menge der gelieferten Ware in adäquatem Umfang kontrolliert, insbesondere im Hinblick auf die Übereinstimmung mit den in den Rechnungen genannten Lieferungen.
    26

    Der Kläger hat verschiedene Screenshots vorgelegt (Gerichtsakte Bl. 358 ff.), die belegen sollen, dass tatsächlich im großen Umfang Lieferbeziehungen zu T bestanden hätten, Muster übersandt worden seien, Bestellungen getätigt und auch Rechnungen ausgehändigt worden seien.
    27

    Der Kläger beantragt,
    28

    1. Beweis darüber zu erheben, was im Bereich des Handels, den der Kläger betreibt, unter Handelsüblichkeit bei der Art der geleisteten Gegenstände zu verstehen ist. Dieser Beweis soll durch Sachverständigengutachten erfolgen, hilfsweise durch ein Gutachten des Präsidenten der IHK …,
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    2. zur Frage des Gelangens der innergemeinschaftlich gelieferten Waren die in Anlage 9 zum Schriftsatz vom 14.2.2019 genannten Abnehmer als Zeugen zu hören,
    30

    3. Herrn B T zu der Frage zu vernehmen, ob und in welchem Umfang Lieferungen an den Kläger erfolgt sind,
    31

    4. den Umsatzsteueränderungsbescheid vom 3.3.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.11.2017 aufzuheben mit der Folge, dass eine erklärungsgemäße Festsetzung auf ./. 6.700,71 € erfolgt,
    32

    hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
    33

    Der Beklagte beantragt,
    34

    die Klage abzuweisen.
    35

    Er führt zur Begründung wie folgt aus: Die Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen richte sich nach den steuerrechtlichen Regularien und nicht nach der angeblichen Marktsituation eines asiatischen Textilgroßmarkts.
    36

    (1)   Innergemeinschaftliche Lieferungen
    37

    Die Stempel auf den Rechnungen mit der Absichtserklärung, die Ware zu exportieren, würden keinen Nachweis der Verbringung ins übrige Gemeinschaftsgebiet darstellen. Die für Einzellieferungen nachgefertigten Gelangensbestätigungen seien lückenhaft: Angegeben sei nur das Land, aber nicht das Datum und auch nicht – obwohl vom Vordruck vorgesehen – der genaue Ort. Die Ortsangabe sei nötig, um etwa ein Reihengeschäft auszuschließen, was nach dem geschilderten Betriebsablauf (rascher Handkauf von dem, der kommt) denkbar sei. Einige Bestätigungen seien nicht unterschrieben, bei den übrigen sei die Vorlage der Originale angezeigt.
    38

    (2)   Vorsteuerabzug aus Rechnungen mit bloßer Gattungsbezeichnung
    39

    Der Beklagte schenke dem Kläger keinen Glauben, dass er Textilien „kistenweise gemischt“ ge- und verkauft habe. Ein differenziertes Rechnungswesen mit spezifischer Artikelbeschreibung sei erwartbar und üblich. Entgegen der Einlassung des Klägers sei es nach Auffassung des Beklagten absolut marktunüblich, Textilien in großen Mengen ungeachtet von Größe, Farbe, Form, Schnitt oder Qualität einzukaufen und zu verkaufen. Ebenso marktunüblich sei der Abverkauf großer, ungeöffneter Kisten ohne Qualitäts- und Mengenkontrolle. Dass es sich hier sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite um eine persönliche Geschäftsabwicklung auf Vertrauensbasis mit unmittelbarer Abwicklung handele, stehe augenfällig im Kontrast zu den reichlich vorhandenen Eingangs- und Ausgangsrechnungen.
    40

    Abgesehen hiervon gebe es genügend Rechnungen über Mindermengen, etwa Rechnung Nr. 604/14 über sechs Hosen und sechs T-Shirts, die durchaus genauer hätten bezeichnet werden können. Es handele sich auch nicht unbedingt um „Ramschware“, denn mit Rechnung Nr. 646/14 habe der Kläger T-Shirts zum Großhandelspreis von netto zwölf Euro je Stück verkauft, was zeige, dass der Kläger durchaus mit höherwertiger und vor allem spezifischer Ware gehandelt habe. Die Preisstruktur des klägerischen Warenangebots liege zudem vielmehr über dem vergleichbarer Anbieter.
    41

    Soweit sich der Kläger auf das Urteil des Hessischen Finanzgerichts (Az. 1 K 547/14; 1 K 2402/14) berufe, sei die Unternehmung des Klägers nicht vergleichbar, da der Kläger nicht im Niedrigpreissegment um einen Euro und mit Stückzahlen mindestens im dreistelligen Bereich handele. Selbst dann sei aber eine eindeutige Bezeichnung möglich und zumutbar.
    42

    Seitens des Beklagten würden außerdem Zweifel an der Berichtigungsfähigkeit der bislang vorgelegten Rechnungskopien bestehen. Es werde etwa auf das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 12.10.2017, Az. 6 K 1083/17, verwiesen.
    43

    Hier begehre der Kläger den Vorsteuerabzug für Wareneinkäufe mit nachfolgenden steuerfreien Ausfuhrlieferungen, bei dem sich insgesamt dauerhaft ein Umsatzsteuererstattungsanspruch ergebe. Weder für die Eingangs- noch für die Ausgangsumsätze, deren Leistungsbeschreibungen ähnlich ausgestaltet seien, sei die Beleglage einwandfrei.
    44

    (3) Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des T
    45

    Hinsichtlich der Rechnungen des T komme hinzu, dass für diesen die Steuerfahndung P die Erstellung von Abdeckrechnungen festgestellt habe. Es habe kein nennenswerter Wareneingang bei T, der pakistanischer Staatsangehöriger sei, festgestellt werden können. Es sei nur in geringem Umfang Ware aus Pakistan angeliefert worden, die an einen bayerischen Großhändler weiterveräußert worden sei. Warenbezug, der zu den Ausgangsrechnungen passen würde, habe nicht festgestellt werden können. Für die Steuerfahndung habe es keine Hinweise darauf gegeben, dass der Kläger von T Waren geliefert bekommen habe. Dem entspreche das Urteil der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts F, mit dem T wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden sei, da er ein Scheinrechnungskarussell betrieben habe.
    46

    Der Kläger habe den tatsächlichen Erhalt der Ware vom Scheinlieferanten T nicht bewiesen, obwohl ihn die Feststellungslast hierzu treffe. Die Einlassungen des Klägers zu den Verhältnissen am …-Handelsplatz … in M würden nicht ausgeschlossen erscheinen lassen, dass bei T ähnliche Vorgehensweisen anzutreffen sein könnten. Den Kläger treffe die Feststellungslast, dass die behaupteten Warenlieferungen an ihn durchgeführt wurden. Ein Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen sei ausgeschlossen.
    47

    Aus den vom Kläger vorgelegten Screenshots gehe hervor, dass anscheinend nicht gezahlt worden sei, was für den Vorsteuerabzug bereits schädlich sei.
    48

    Die Sache wurde am 14.3.2019 vor dem Senat mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
    49

    Entscheidungsgründe
    50

    Die Klage ist unbegründet.
    51

    Der Umsatzsteueränderungsbescheid vom 3.3.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO).
    52

    (1) Innergemeinschaftliche Lieferungen (Umsatzsteuer i.H.v. 27.530,27€)
    53

    Der Beklagte hat die streitigen innergemeinschaftlichen Lieferungen in Höhe von insgesamt 172.429,00 € zu Recht als steuerpflichtig behandelt und aus den Rechnungsbeträgen die Umsatzsteuer herausgerechnet.
    54

    a) Nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
    55

    „1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
    56

    2. der Abnehmer ist
    57

    a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat, ...
    58

    und
    59

    3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."
    60

    Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit auf Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Hiernach befreien die Mitgliedstaaten „die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, von der Steuer, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt“.
    61

    Der Unternehmer hat die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) beleg- und buchmäßig nachzuweisen. Die unionsrechtliche Befugnis zur gesetzlichen Anordnung eines Beleg- und Buchnachweises ergibt sich aus Art. 131 MwStSystRL. Danach werden die Steuerbefreiungen „unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen".
    62

    Gemäß § 17a Abs. 1 und 2 UStDV i.d.F. des Streitjahres hat der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen durch Belege nachzuweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Die Voraussetzung muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben. Als eindeutig und leicht nachprüfbar gilt gemäß § 17a Abs. 2 UStDV insbesondere ein Nachweis, der wie folgt geführt wird:
    63

    „1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14 und 14a des Gesetzes) und
    64

    2. durch eine Bestätigung des Abnehmers, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist (Gelangensbestätigung), die folgende Angaben zu enthalten hat:
    65

    a) den Namen und die Anschrift des Abnehmers,
    66

    b) die Menge des Gegenstands der Lieferung und die handelsübliche Bezeichnung …,
    67

    c) im Fall der Beförderung oder Versendung durch den Unternehmer oder im Fall der Versendung durch den Abnehmer den Ort und den Monat des Erhalts des Gegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet und im Fall der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer den Ort und den Monat des Endes der Beförderung des Gegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet,
    68

    d) das Ausstellungsdatum der Bestätigung sowie
    69

    e) die Unterschrift des Abnehmers oder eines von ihm zur Abnahme Beauftragten. …
    70

    Die Gelangensbestätigung kann als Sammelbestätigung ausgestellt werden. In der Sammelbestätigung können Umsätze aus bis zu einem Quartal zusammengefasst werden. Die Gelangensbestätigung kann in jeder die erforderlichen Angaben enthaltenden Form erbracht werden; sie kann auch aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich die geforderten Angaben insgesamt ergeben.“
    71

    Der vom Unternehmer zu erbringende Buchnachweis ist in § 17c UStDV geregelt.
    72

    b) Im Streitfall hat der Kläger bereits den erforderlichen Belegnachweis nicht erbracht. Denn anhand der vorgelegten Unterlagen hat er nicht eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen, dass die Waren jeweils in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden sind.
    73

    Der Kläger hat – soweit er im Klageverfahren „Gelangensbestätigungen“ vorgelegt hat –  solche vorgelegt, die den Anforderungen des § 17a Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStDV nicht gerecht werden. So wird auf den erst nach der Umsatzsteuersonderprüfung vorgelegten, offenbar vom Kläger nachträglich erstellten und vorausgefüllten „Gelangensbestätigungen“ mit Verweis auf Warenmengen laut im Einzelnen aufgeführter Rechnungsnummern jeweils nur ein Kalenderjahr und ein Mitgliedstaat aufgeführt, in den die Gegenstände jeweils befördert worden sein sollen. Ort und Monat des Erhalts bzw. Monat des Endes der Beförderung der Gegenstände im übrigen Gemeinschaftsgebiet (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c UStDV in der im Streitjahr geltenden Fassung) sind nicht angegeben. Diese Angaben sind aber erforderlich, um den eindeutigen und ausreichenden Nachweis zu führen, ob und in welchem Zeitraum die für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen erforderliche Voraussetzung des Gelangens in das übrige Gemeinschaftsgebiet erfüllt ist, was auch und insbesondere dazu dient, die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Gelangensmitgliedstaat sicherzustellen. Die Begriffe „Ort des Erhalts des Liefergegenstands“ bzw. „Ort des Endes der Beförderung des Liefergegenstands“ im übrigen Gemeinschaftsgebiet sind grundsätzlich dahingehend zu verstehen, dass aus den Belegen nicht nur der jeweilige EU-Mitgliedstaat, in den der gelieferte Gegenstand im Rahmen der innergemeinschaftlichen Lieferung gelangt ist, sondern auch der dort belegene Bestimmungsort des Liefergegenstands (z.B. Stadt, Gemeinde) hervorgehen muss. Es fehlt auch die Angabe, wann der Erhalt im übrigen Gemeinschaftsgebiet erfolgte bzw. wann die jeweilige Beförderung beendet war. Allein mit der Benennung eines Kalenderjahres und des EU-Mitgliedstaates, in den der gelieferte Gegenstand im Rahmen der innergemeinschaftlichen Lieferung gelangt ist, werden die Finanzbehörden nicht in die Lage versetzt, überprüfen zu können, ob der Leistungsempfänger hierzu die Erwerbsbesteuerung durchführt. Auch ist in den „Gelangensbestätigungen“ kein Ausstellungsdatum angegeben (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d UStDV in der im Streitjahr geltenden Fassung). Es sind auch nicht sämtliche „Gelangensbestätigungen“ mit einer Unterschrift des Abnehmers oder eines von ihm zur Abnahme Beauftragten versehen (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. e UStDV in der im Streitjahr geltenden Fassung). Schließlich sieht der erkennende Senat die Verwendung bloßer Gattungsbezeichnungen auch nicht als ausreichende handelsübliche Leistungsbeschreibung i.S.v. § 17a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b UStDV in der im Streitjahr geltenden Fassung an, da nicht eindeutig nachvollziehbar ist, welche Waren im Einzelnen ins übrige Gemeinschaftsgebiet geliefert worden sein sollen (siehe hierzu die entsprechenden Ausführungen unter (2)).
    74

    Außerdem sind die Gelangensbestätigungen als Sammelbestätigung ausgestellt worden. In einer solchen Sammelbestätigung dürfen nach § 17a Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStDV aber nur Umsätze aus bis zu einem Quartal zusammengefasst werden. Dies ist auch nicht beachtet worden. Es sind vielmehr die Umsätze aus einem Kalenderjahr zusammengefasst worden; dies hat bei mehreren Abnehmern auch mehrere Quartale umfasst.
    75

    Die Stempel auf den Rechnungen, wonach jeweils versichert wird, dass die Ware in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert wird, sieht der erkennende Senat ebenfalls als nicht ausreichend an für den Nachweis, dass die Waren jeweils in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurden. Denn es handelt sich hierbei um eine bloße Absichtserklärung. § 17a UStDV fordert aber den Nachweis, dass die Gegenstände in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt sind. Außerdem fehlt auch dort die Angabe von Ort und Monat des Erhalts bzw. Ort und Monat des Endes der Beförderung der Gegenstände im übrigen Gemeinschaftsgebiet.
    76

    Der Senat erkennt im Übrigen auch die vom Kläger vorgelegten Rechnungsdoppel nicht als solche i.S.d. § 14 UStG (§ 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV) an, da der Senat die Verwendung bloßer Gattungsbezeichnungen als Leistungsbeschreibung als nicht ausreichend i.S.v. § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStDV ansieht, siehe hierzu die entsprechenden Ausführungen unter (2)).
    77

    Den Belegnachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG, insbesondere für die Beförderung oder Versendung der Gegenstände der Lieferungen in das übrige Gemeinschaftsgebiet i.S.v. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, hat der Kläger auch nicht durch andere geeignete Belege und Beweismittel geführt.
    78

    c) Auch den nach § 17c UStDV vorgesehenen Buchnachweis hat der Kläger nicht vollständig geführt. Er hat den jeweiligen Bestimmungsort – die Stadt, Gemeinde – im übrigen Gemeinschaftsgebiet nicht aufgezeichnet.
    79

    d) Zwar wären die Lieferungen steuerfrei, wenn trotz Nichterbringens eines ordnungsgemäßen Buch- und Belegnachweises objektiv zweifelsfrei feststehen würde, dass die materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt sind (vgl. EuGH-Urteil vom 27.9.2007 C-146/05 (Collée), BStBl II 2009, 78, Rz. 31, 33; BFH-Urteile vom 19.3.2015 V R 14/14, BStBl II 2015, 912; vom 12.5.2009 V R 65/06, BStBl II 2010, 511; vom 14.12.2011 XI R 32/09, BFH/NV 2012, 1004; vom 14.12.2011 XI R 18/10, BFH/NV 2012, 1006). Doch steht hier nicht objektiv zweifelsfrei fest, dass die Waren des Klägers in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt sind, der jeweilige Abnehmer die Ware für sein Unternehmen erworben hat und der jeweilige Erwerb beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Vorliegend kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Waren zu der auf den Rechnungen jeweils angegebenen Adresse des jeweiligen Abnehmers gelangt sind. Die Textilien sind im vorliegenden Textilgroßhandel nach Rechnungslage an andere Händler verkauft worden, welche die zum Weiterverkauf bestimmten Textilien ihrerseits typischerweise nicht zur Verwendung an ihrem Unternehmenssitz gekauft haben. Damit ist durchaus denkbar, dass die Textilien auch direkt an die Kunden der Abnehmer/Händler ausgeliefert wurden.
    80

    Ein Beweis durch Zeugen (hier durch die vom Kläger benannten Zeugen N N und B C sowie der in der Anlage Za 9 zum Schriftsatz des Klägers vom 14.2.2019 ohne ladungsfähige Anschrift aufgeführten Abnehmer (Gerichtsakte Bl 355, vgl. den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag des Klägers) kommt als Ersatz für den gesetzlich vorgesehenen Buch- und Belegnachweis grundsätzlich nicht in Betracht, und zwar weder von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO) noch auf Antrag. Nur wenn der Formalbeweis ausnahmsweise nicht oder nicht zumutbar geführt werden kann, gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, den Nachweis auch in anderer Form zuzulassen (BFH-Urteil vom 19.3.2015 V R 14/14, BStBl II 2015, 912, Rz. 19; BFH-Beschluss vom 31.1.2019 V B 99/16, BFH/NV 2019, 409; vgl. auch EuGH-Urteil vom 27.9.2007 C-409/04 (Teleos u.a.), BStBl II 2009, 70, Rz. 52 ff.). Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger an der Führung des Buch- und Belegnachweises gehindert gewesen war oder dieser für ihn unzumutbar gewesen sein könnte.
    81

    Da die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen, der Unternehmer trägt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9.9.2015 V B 166/14, BFH/NV 2015, 1706, Rz. 25 f.; BFH, vom 12.10.2018 XI B 65/18, BFH/NV 2019, 129, Rz. 9), geht dies zu Lasten des Klägers.
    82

    (2) Rechnungen mit bloßen Gattungsbezeichnungen (Vorsteuern i.H.v. 34.664,81 €)
    83

    Der Beklagte hat den i.H.v. 34.664,81 € streitigen Vorsteuerabzug zu Recht versagt, weil die zugrunde liegenden Eingangsrechnungen mangels hinreichender Leistungsbeschreibung den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung an eine zur Ausübung des Vorsteuerabzugs berechtigende Rechnung nicht genügen.
    84

    Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S.v. §§ 14, 14a UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Für das Vorliegen der Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug trifft den Unternehmer die Feststellungslast, weil es sich um steuermindernde Tatsachen handelt.
    85

    Im Streitfall scheitert der Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen, weil keine Rechnungen i.S.v. § 14 UStG vorliegen. Die Rechnungen enthalten keine hinreichenden Leistungsbeschreibungen i.S.d. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG.
    86

    a) Die unionsrechtliche Grundlage für die Anforderungen, die § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 9 UStG an eine Rechnung stellt, findet sich in Art. 226 MwStSystRL. Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf den Vorsteuerabzug. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dient das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Deshalb müssen die Abrechnungspapiere Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist, und eine mehrfache Abrechnung der Leistung ausschließen. Zur Konkretisierung der erbrachten Lieferung oder Leistung kann in der Abrechnung zwar auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen werden. Die den Leistungsgegenstand betreffenden Angaben müssen aber eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen, denn aus der Funktion des Abrechnungspapiers als Belegnachweis folgt, dass der Aufwand zur Identifizierung der Leistung begrenzt sein muss. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. zum Ganzen BFH-Urteile vom 10.11.1994 V R 45/93, BStBl II 1995, 395 und vom 8.10.2008 V R 59/07, BStBl. II 2009, 218; vom 15.5.2012 XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836; vom 16.1.2014 V R 28/13, BStBl II 2014, 876; BFH-Beschlüsse vom 18.5.2000 V B 178/99, BFH/NV 2000, 1504; vom 29.11.2002 V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; vom 15.12.2008 V B 82/08, BFH/NV 2009, 797 und vom 16.12.2008 V B 228/07, BFH/NV 2009, 620; vom 29.3.2016 XI B 77/15, BFH/NV 2016, 1181 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen; Hessisches FG, Urteile vom 23.6.2015, 6 K 1826/12, juris; vom 12.10.2017, 1 K 2402/14, EFG 2018, 335, Rev. BFH XI R 2/18).
    87

    Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG i.d.F. ab 01.01.2004 muss eine Rechnung insbesondere folgende Angaben enthalten: „die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände …“. Die unionsrechtliche Grundlage für dieses Rechnungserfordernis ist Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL, wonach die Rechnung die Bezeichnung von „Menge und Art der gelieferten Gegenstände …" enthalten muss. Nach dem EuGH-Urteil vom 15.9.2016 C-516/14 (Barlis 06), HFR 2016, 1031, Rz. 25, müssen Rechnungen nur die in Art. 226 genannten Angaben enthalten. Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug nicht nach eigenem Gutdünken von der Erfüllung von Voraussetzungen abhängig machen dürfen, die in Art. 226 MwStSystRL nicht ausdrücklich vorgesehen sind. Zwar hat § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG i.d.F. ab 01.01.2004 mit seinem Klammerzusatz „handelsübliche Bezeichnung“ einen anderen Wortlaut als Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL („Art der gelieferten Gegenstände“ (vgl. auch die englische Fassung: "... nature of the goods supplied" oder die französische Fassung: "la nature des biens livrés"), doch handelt es sich nach Auffassung des Senats hierbei nur um eine gesetzliche Definition des Wortes „Art“, die dem Sinn und Zweck des Erfordernisses der Leistungsbeschreibung im Abrechnungspapier entspricht, wonach die Identifikation der abgerechneten Leistungen ermöglicht werden soll. Der Wortlaut der nationalen Vorschrift geht hiernach nicht über die Vorgaben des Unionsrechts hinaus und fordert keine über die Art des gelieferten Gegenstands hinausgehende Leistungsbeschreibung. Für eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG dahingehend, dass dem Erfordernis einer „handelsüblichen Bezeichnung“ keine Bedeutung zukommt, soweit damit eine über die Art des gelieferten Gegenstands hinausgehende Leistungsbeschreibung gefordert wird, sieht der erkennende Senat deshalb keinen Raum. Auch der Wortlaut des Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL impliziert, dass es erforderlich ist, Umfang und Art der erbrachten Leistungen zu präzisieren, auch wenn es hierin nicht heißt, dass die konkreten erbrachten Dienstleistungen erschöpfend beschrieben werden müssen (vgl. hierzu EuGH-Urteil vom 15.9.2016 C-516/14 (Barlis 06),  HFR 2016, 1031, Rz 26). Eine erschöpfende Leistungsbeschreibung verlangt aber auch § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG i.d.F. ab 1.1.2004 nicht.
    88

    b) Den von der nationalen Vorschrift des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG verwendeten Begriff der „handelsüblichen Bezeichnung“ versteht der erkennende Senat dahingehend, dass sich die Angabe zur Art der gelieferten Gegenstände nicht nach der Ausgestaltung und der Schnelllebigkeit der Geschäfte oder den Gepflogenheiten bestimmter Gruppen richtet, sondern dass für die Liefergegenstände Bezeichnungen gewählt werden, mit denen sie im Handel üblicherweise bezeichnet werden. Diese Bezeichnungen dürfen nicht nur kursorisch sein, sondern müssen hinreichend genau sein, damit die einzelnen Leistungen eindeutig und leicht nachprüfbar sind und die konkrete Gefahr einer willentlichen oder unwillentlichen Doppelabrechnung des Lieferanten nicht besteht.
    89

    Der BFH hat zur Lieferung von „hochpreisigen“ Uhren und Armbändern mit Kaufpreisen von jeweils 5.000 DM und mehr entschieden, dass die bloße Angabe von Gattungsbezeichnungen „diverse Armbanduhren“ oder „diverse Armbänder“ nicht genüge (BFH-Beschluss vom 29.11.2002 V B 119/02, BFH/NV 2003, 518). Die Identifizierung der Lieferung des jeweiligen Gegenstands sei unter diesen Umständen erst durch eine Abrechnung unter Aufzeichnung der handelsüblichen Bezeichnung des Gegenstands leicht und einwandfrei möglich, insbesondere dann, wenn in der Rechnung nicht auf bestimmte Lieferscheine Bezug genommen werde. Eine Aussage darüber, dass im Handel mit Waren im Niedrigpreissegment grundsätzlich geringere Anforderungen an die Leistungsbeschreibung zu stellen sind, dass dort vielmehr auch bloße Gattungsbezeichnungen ausreichen, lässt sich dieser Entscheidung nicht entnehmen. Vielmehr hat der BFH deutlich gemacht, dass es sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls richtet, was zur Erfüllung der Voraussetzungen an eine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung erforderlich ist, wobei der Ausschluss einer mehrfachen Abrechnung einer Leistung von wesentlicher Bedeutung ist.
    90

    Zu Modeschmuck und Accessoires hat das Hessische Finanzgericht entschieden, dass die bloße Angabe einer Gattung wie z.B. „Kette“, „Gürtel“, „Schals“, „Krawatten“ etc. bei Fehlen jeglicher weiterer Umschreibungen der Artikel keine eindeutige und mit begrenztem Aufwand nachprüfbare Feststellung der Lieferungen ermöglicht und die Gefahr einer willentlichen oder unwillentlichen mehrfachen Abrechnung nicht auszuschließen ist (Urteil vom 12.10.2017, 1 K 2402/14, EFG 2018, 335, Rev. BFH XI R 2/18). Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hat den Hinweis auf „Textilien gemischt" auch im Bereich des Niedrigpreissektors nicht für genügend erachtet (Beschluss vom 10.3.2003 2 V 118/02, juris). Weiter haben sowohl das Hessische Finanzgericht und das Finanzgericht Hamburg als auch der erkennende Senat des Finanzgerichts Münster bei der Lieferung von Textilien lediglich abstrakte Warenbezeichnungen als nicht ausreichend erachtet (Hessisches Finanzgericht, Urteile vom 23.6.2015 6 K 1826/12, juris; vom 31.7.2017, 1 K 323/14, EFG 2017, 1772; FG Hamburg, Urteil vom 30.9.2015 5 K 85/12, BB 2016, 854 (red. Leitsatz), juris; Beschluss vom 29.7.2016, 2 V 34/16, DStRE 2017, 990; FG Münster vom 19.5.2016, 5 K 1010/14 U, n.v.). Nach Sinn und Zweck der Regelung sei der Begriff „Art“ nicht als Synonym für die Bezeichnung einer Gattung auszulegen, sondern als Synonym für die „Beschaffenheit“ zu verstehen, die eine zur Identifizierung erforderliche plastische Beschreibung der entsprechenden Merkmale erfordere (FG Hamburg, Urteil vom 30.9.2015 5 K 85/12, BB 2016, 854 (red. Leitsatz), juris; FG Münster vom 19.5.2016, 5 K 1010/14 U, n.v.). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an.
    91

    c) Die an den Kläger gerichteten streitigen Rechnungen genügen den dargestellten Anforderungen an die Leistungsbeschreibung nicht. Die angeblich gelieferten Kleidungsstücke werden in den Rechnungen, die – das ist zwischen den Beteiligten unstreitig – hinsichtlich der Leistungsbeschreibungen den in den Verwaltungsakten befindlichen eigenen Ausgangsrechnungen und den Rechnungen des S entsprechen, lediglich mit abstrakten Warenbezeichnungen (z.B. „T-Shirts“, „Tops“, „Blusen“, „Pullover“, „Damenpullover“, „Da-Hosen“, „Jacken“, „Kleider“, „Röcke“, „Hosen“, „Jeans“, „Weste“) bezeichnet. Eine Unterscheidung wäre – wenn überhaupt – lediglich anhand des ausgewiesenen Nettopreises möglich. Doch die erforderliche eindeutige und leicht nachprüfbare Identifizierung der einzelnen Leistungen lässt sich anhand dieser Bezeichnungen insbesondere auch im Hinblick auf die teils recht zeitnah aufeinander folgenden Rechnungen nicht vornehmen. Es besteht die konkrete Gefahr einer willentlichen oder unwillentlichen Doppelabrechnung der Lieferanten. Eine weitergehende Umschreibung der Ware z.B. nach Hersteller/Eigenmarke, Modelltyp, Schnittform, Material, Muster, Farbe, Größe oder unter Bezugnahme auf eine Artikel- oder Chargennummer (soweit vorhanden) findet nicht statt. Sonstige Belege, die eine derartige Feststellung ermöglichen könnten, wie Bestellunterlagen, Lieferscheine, Korrespondenz mit den Lieferanten, liegen dem Senat nicht vor.
    92

    d) Mögen auch im Niedrigpreissektor, insbesondere unter Berücksichtigung des bei großen Liefermengen greifenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung geringer sein als im hochpreisigen Bereich, so ist auch hier die Angabe zumindest gewisser Identifizierungsmerkmale zumutbar (FG Hamburg, Urteil vom 30.9.2015 5 K 85/12, BB 2016, 854 (red. Leitsatz), juris; FG Münster vom 19.5.2016, 5 K 1010/14 U, n.v.). Auch im Niedrigpreissegment des Textileinzelhandels erfolgt der typische Weiterverkauf an Endverbraucher in einem Ladenlokal nach Ausstellung und Anprobe, was eine Sortierung nach Modelltypen und Größen erfordert. Der erfolgreiche Verkauf an Laufkundschaft in einem Ladenlokal erfordert auch im Niedrigpreissegment bereits aus Platzgründen die Bereithaltung der repräsentativen Größen und ein Mindestmaß an Steuerung der im Einzelnen angebotenen Modelltypen und Ausführungen durch den Einzelhändler (Urteil des Hessischen FG vom 23.6.2015 6 K 1826/12 n.v., zitiert nach juris). Der Kläger trägt selbst vor, dass auch bei den vorliegenden Geschäften auf Vertrauensbasis jeder Beteiligte davon ausgehen könne, dass ihm vom jeweiligen Textilien-Typ eine hinreichend repräsentative Auswahl bei der Lieferung übergeben werde. Würde sich etwa herausstellen, dass es sich allein um Textilien einer nicht gängigen Farbe oder allein einer recht seltenen Größe handeln würde, würde dies beim nächsten Zusammentreffen bzw. Folgegeschäft moniert bzw. die Geschäftsbeziehung abgebrochen werden. Im Übrigen waren die im Streitfall gehandelten Textilien nicht sämtlich niedrigpreisig; zumeist wurden Textilien zum Preis von mehr als 5 €, teils auch zum Preis von mehr als 10 € Stückpreis gehandelt.
    93

    Zwar darf die Ausübung des Rechts zum Vorsteuerabzug durch die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung nicht durch ihre Zahl oder ihre technische Kompliziertheit praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (EuGH-Urteil vom 8.5.2013 C-271/12 (Petroma Transports u.a.), HFR 2013, 656, Rz. 28). Doch erscheint dem Senat vorliegend eine nähere Leistungsbeschreibung auch nach dem hier dargestellten allgemeinen Ablauf der hier getätigten Geschäfte nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert. Der Senat kann nicht erkennen, weshalb der zügige Warenumschlag in großen Mengen einer näheren Warenbeschreibung entgegenstehen sollte. Die jeweiligen Hersteller und jeweils nachfolgenden Verkäufer sind nicht gehindert, ihre Ware beim Verpacken näher zu umschreiben. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vorgeführt hat, dass die Textilien in Tüten verpackt angeliefert werden, die jeweils verschiedene Mengen an Billigtextilien beinhalten, hätte auch der Inhalt solcher Tüten vom Verpackenden näher umschrieben werden können. Dass dies in der Branche schlicht nicht gemacht wird, kann keinen Grund für das Erfordernis geringerer Anforderungen an die Leistungsbeschreibung bieten. Der Senat ist überzeugt, dass die vom Kläger dargestellte „Handelsüblichkeit“ im Textilgroßhandel im Niedrigpreissegment umgestellt werden würde, sobald die vorsteuerabzugsberechtigten Käufer nähere Leistungsspezifizierungen in den Rechnungen fordern würden. Insoweit kann der Kläger nicht mit seinem Vorbringen durchdringen, dass diese Forderungen nicht durchsetzbar seien, weil die Händler dann sicherlich anderen Käufern den Vorrang geben würden. Zum einen ist dies abhängig davon, ob die anderen Käufer nicht auch solche Forderungen stellen; zum anderen muss allein die Möglichkeit und Verhältnismäßigkeit der Erfüllung der Anforderungen maßgeblich sein. Vorliegend handelt es sich nach den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung teils auch um Ware, die erst auf Zuruf des Klägers aus ihm angebotenen Stoffen hergestellt wurde. Hier wäre den jeweiligen Herstellern/Verkäufern erst recht eine nähere Beschreibung der Textilien zumutbar gewesen, weil sie speziell für den Kläger gefertigt wurden. Der Aufwand für die Konkretisierung des Leistungsgegenstands in Rechnungen erscheint dem Senat auch bei den vorliegenden Großeinkäufen verschiedener Waren mit geringen Stückpreisen nicht unverhältnismäßig.
    94

    e) Die hier nicht aussagekräftigen Leistungsbeschreibungen könnten zwar auch durch andere Unterlagen (z. B. aussagekräftige Lieferscheine, Sichtungsprotokolle der Ware) ersetzt werden (vgl. EuGH-Urteile vom 21.11.2018, C-664/16, Lucretju Hadrian Vadan; vom 15.9.2016 C-516/14, DStR 2016, 2216). Doch hat der Kläger hier solche anderen Unterlagen nicht vorgelegt, anhand derer die Leistungen im Einzelnen nachvollzogen werden könnten. Der Kläger hat im Hinblick auf die Lieferungen von T selbst vorgetragen, er oder seine Mitarbeiter hätten die Lieferungen in adäquatem Umfang kontrolliert, um die Übereinstimmung zwischen den Abrechnungen und den Lieferungen zu überprüfen. Dabei hätten Sichtungsprotokolle gefertigt werden können, so dass – selbst wenn aus den Abrechnungen allein keine Konkretisierung der Ware möglich ist- in Verbindung mit den Sichtungsprotokollen eine Identifizierung der gelieferten Ware ermöglicht würde. Die Finanzbehörden und der erkennende Senat verfügen hier jedoch nicht über alle notwendigen Informationen, um die Gefahr der willentlichen oder unwillentlichen Mehrfachabrechnung ausschließen zu können.
    95

    f) Lässt man den Klammerzusatz „handelsübliche Bezeichnung“ in der nationalen Vorschrift außen vor, erfordert die Angabe der „Art der gelieferten Gegenstände“ nach Auffassung des erkennenden Senats auch dann weitergehende Angaben als bloße Gattungsbezeichnungen, um die abgerechnete Lieferung identifizieren und von anderen Lieferungen abgrenzen zu können. Auch im Handel mit Waren im Niedrigpreissegment muss es dem Fiskus ermöglicht werden, die korrekte und umfassende Besteuerung aller Umsätze vornehmen und auch überprüfen zu können. Die Identifizierung der Lieferung wird wie bei „hochpreisigeren“ Gegenständen auch im Textilgroßhandel im Niedrigpreissegment erst dann ermöglicht, wenn hinreichende Abgrenzungsmerkmale angegeben sind, die eine mögliche Mehrfachabrechnung erkennbar werden lassen und eine Nachvollziehbarkeit des Warenwegs ermöglichen. Insofern tritt der beim Leistenden entstehende Mehraufwand für eine weitergehende Leistungsbeschreibung hinter dem Bestreben nach materieller Besteuerungsgerechtigkeit zurück. Der Senat sieht es in Bezug hierauf nicht als unverhältnismäßig an, auch bei geringen Stückpreisen weitergehende Angaben als bloße Gattungsbezeichnungen zu verlangen. Das Neutralitätsprinzip der Mehrwertsteuer darf nicht dazu führen, dass ein Vorsteuerabzug zulasten der Nachvollziehbarkeit der abgerechneten Lieferungen gewährt werden muss, wenn wie hier mögliche und zumutbare Rechnungsanforderungen oder andere Unterlagen die Identifizierung der Lieferungen ermöglichen würden.
    96

    g) Der Senat konnte von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, was im Bereich des Handels, den der Kläger betreibt, unter Handelsüblichkeit bei der Art der geleisteten Gegenstände zu verstehen ist, absehen. Denn nach den vorstehenden Ausführungen war der Vorsteuerabzug unabhängig von einer bestehenden Handelsüblichkeit in der Branche des Klägers zu versagen.
    97

    h) Soweit der Kläger sich auf die Leistungsbeschreibungen auf von ihm zu den Akten gereichten vorgelegten Kaufbelegen der Firmen […] bezieht und er der Auffassung ist, dass ihm entsprechend der auch dort nur kursorischen Leistungsbeschreibungen nicht der Vorsteuerabzug versagt werden könne, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich um andere, den Kläger nicht betreffende Leistungsbeziehungen handelt. Diese sind für das Steuerrechtsverhältnis des Klägers ohne Belang. Im Übrigen enthalten die Kaufbelege der Firmen […] Artikelnummern, die eine weitere Identifizierung der gelieferten Waren ermöglichen.
    98

    (3) Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des T (Vorsteuern i.H.v. 5.605,19 €)
    99

    Der Beklagte hat den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des T i.H.v. 5.605,19 € zu Recht versagt, weil auch dessen Rechnungen mangels hinreichender Leistungsbeschreibung den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG an eine zur Ausübung des Vorsteuerabzugs berechtigende Rechnung nicht genügen. Es wird insoweit auf die Ausführungen unter (2) verwiesen.
    100

    Da der Vorsteuerabzug bereits an hinreichenden Leistungsbeschreibungen scheitert, kann es der Senat dahingestellt lassen, ob den Rechnungen des T überhaupt von diesem erbrachte Leistungen zugrunde lagen oder ob es sich nur um sog. Scheinrechnungen handelt, aus denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist. Der Senat, der aus dem Urteil des Landgerichts F vom 00.00.2016 keine Erkenntnisse zur Leistungsbeziehung zwischen T und dem Kläger gewinnen konnte, konnte daher von der Vernehmung des T und seinen Mitarbeitern sowie von der Vernehmung von Mitarbeitern des Klägers bei der Warenannahme als Zeugen absehen.
    101

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    102

    Die Revision war zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Zu den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung im Niedrigpreissegment, die in der Rechtsprechung der Finanzgerichte unterschiedlich gesehen werden, liegt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor.

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