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  • · Fachbeitrag · Körperschaftsteuer

    Körperschaftsteuerliche Organschaft im Fall der Insolvenz

    Die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags ist notwendige Voraussetzung für die Anerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG). Streitig war, ob ein vorläufiger Jahresabschluss der Organgesellschaft, der wegen Insolvenz nicht mehr korrigiert werden kann, zu einer Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrags führt oder ob der Fehler in (analoger) Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG „geheilt“ werden kann.

     

    Sachverhalt

    Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 1.6.2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Holding-GmbH. Diese hielt sämtliche Geschäftsanteile der X-GmbH.

     

    Die Beteiligten streiten darüber, ob die Insolvenz beider Parteien eines Gewinnabführungsvertrags vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit dazu führt, dass einer ertragsteuerrechtlichen Organschaft rückwirkend die steuerliche Anerkennung zu versagen ist.

     

    Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Eine rückwirkende Nichtanerkennung der Organschaft komme für die Streitjahre nicht in Betracht (FG Nürnberg 11.12.18, 1 K 483/17).

     

    Entscheidung des BFH

    Der BFH hat die Revision als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

     

    Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen der Holding-GmbH als Organträgerin und der X-GmbH als Organgesellschaft zunächst eine wirksame Organschaft i. S. d. § 14 KStG begründet worden sei. Insbesondere erfülle der EAV die Bedingung der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG). Hierfür reiche es aus, dass ein EAV auf mindestens fünf Zeitjahre vereinbart werde.

     

    Die Entscheidung des FG, auch die Voraussetzung der tatsächlichen Durchführung des EAV nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG sei erfüllt, hält der BFH dagegen für rechtsfehlerhaft.

     

    Nach den Feststellungen des FG liege für das Jahr 2008 ein vorläufiger Jahresabschluss der X-GmbH vor, der einen Jahresüberschuss vor Gewinnabführung ausweise. Dieser Jahresüberschuss sei am 2.2.2009 über das Aufwandskonto „Abgef Gew aufgr EAV“ auf dem Verrechnungskonto X-GmbH/Holding-GmbH verbucht worden. Der vorläufige Jahresabschluss sei der Holding-GmbH bekannt gewesen und von den Geschäftsführern der X-GmbH freigegeben worden. Eine Umbuchung auf das Cash-Clearing-Konto sei nicht erfolgt. Darüber hinaus habe bis zur Entscheidung des FG eine endgültige Feststellung des Jahresabschlusses zum 31.12.2008 gefehlt. Ausgehend von diesen Feststellungen hat das FG entschieden, dass der EAV tatsächlich durchgeführt worden sei.

     

    Zwar treffe es zu, dass der Anspruch auf Gewinnabführung unabhängig von der Feststellung des Jahresabschlusses zum Bilanzstichtag entstehe und bei Unstimmigkeiten zunächst ein vorläufiger Jahresabschluss zu erstellen sei, um die Voraussetzung der tatsächlichen Durchführung des EAV i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG (vorläufig) sicherzustellen. Das FG ist allerdings rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass das Tatbestandsmerkmal der tatsächlichen Durchführung des EAV durch den vorläufigen Jahresabschluss auch endgültig erfüllt werden könne. Vielmehr kommt es für die tatsächliche Durchführung des EAV auf das Ergebnis an, das bei zutreffender Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze in einem endgültigen Jahresabschluss auszuweisen wäre. Dieser Betrag sei im Streitfall aber unter keinen Umständen tatsächlich an die Holding-GmbH abgeführt worden.

     

    Die Annahme des FG, zumindest im Fall der Insolvenz könne für die Durchführung des EAV auf einen vorläufigen Jahresabschluss abgestellt werden, sei rechtsfehlerhaft.

     

    Die Nichtdurchführung des EAV für das Jahr 2008 sei auch nicht in (analoger) Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG geheilt worden.

     

    Ungeachtet der Nichtanerkennung der Organschaft konnte der BFH nicht abschließend in der Sache entscheiden. Das FG habe zwar die Höhe der Jahresüberschüsse bzw. Jahresfehlbeträge der X-GmbH festgestellt, die der Holding-GmbH aufgrund der Organschaft in den Streitjahren zugerechnet worden seien. Welche konkreten Folgen die Nichtanerkennung der Organschaft in den Streitjahren habe, lasse sich aber weder aus den tatsächlichen Feststellungen des FG noch aus den Ausführungen der Beteiligten mit der erforderlichen Sicherheit herleiten. Hierzu seien in einem zweiten Rechtsgang weitere Sachverhaltsermittlungen erforderlich.

     

    Erläuterungen

    Kommt es während der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren zur Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrags, führt dies nicht nur zu einer Unterbrechung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft für einzelne Veranlagungszeiträume, sondern insgesamt zu einer (rückwirkenden) Nichtanerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft.

     

    § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG sieht vor, dass eine vorzeitige Beendigung des Vertrags durch Kündigung unschädlich ist, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt. Diese Vorschrift hilft dann, wenn ein vorläufiger Jahresabschluss der Organgesellschaft wegen Insolvenz nicht mehr korrigiert werden kann nicht, wenn bei zutreffender Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze im endgültigen Jahresabschluss ein anderes Ergebnis auszuweisen wäre. Dann kann diese Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrags ungeachtet der Insolvenz nicht in (analoger) Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG „geheilt“ werden.

     

    Der BFH hat zudem im Urteil vom 2.11.2022 (I R 29/19) entschieden, dass die entsprechenden Forderungen/Verbindlichkeiten hinsichtlich der Gewinnabführungen auch in den Jahresabschlüssen gebucht werden müssen. Wird z. B. ein Verlust erzielt, ohne ihren aus dem EAV folgenden Verlustausgleichsanspruch gegen die Organträgerin in der Bilanz zu aktivieren, folgt daraus i. d. R. die Nichtanerkennung der Organschaft. Der Umstand, dass der Verlustausgleichsanspruch lediglich in einem Bericht des Steuerberaters über die Erstellung des Jahresabschlusses sowie einem Begleitschreiben an die Klägerin erwähnt wird, vermag diesen Fehler nicht zu heilen. Hinweise in internen Berichten und Begleitschreiben auf den Verlustausgleichsanspruch reichen nicht aus, um den EAV „zu leben“ und die daraus resultierenden Vertragspflichten objektiv erkennbar anzuerkennen.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 49431840

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