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  • · Fachbeitrag · Körperschaftsteuer

    Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung

    | Eine Betriebsaufspaltung setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen voraus (vgl. z. B. BFH 19.7.94, VIII R 75/93). Der BFH hatte aktuell darüber zu entscheiden, ob die Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch dann zur Anwendung kommen, wenn ein inländisches Besitzunternehmen ein im Ausland belegenes Grundstück an eine ausländische Betriebskapitalgesellschaft verpachtet. In der Sache war streitig, ob § 8b Abs. 5 KStG im Rahmen einer vom FA angenommenen sog. grenzüberschreitenden Betriebsaufspaltung hinsichtlich der erhaltenen Dividendeneinkünfte anzuwenden ist. |

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin ist eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung mit Sitz im Inland. Sie bildet zugleich die Konzernspitze der B-Gruppe und ist Alleingesellschafterin verschiedener Kapitalgesellschaften. Daneben war sie im Rahmen eines Einzelunternehmens in den Niederlanden im Bereich des Einzelhandels tätig. Im Betriebsvermögen befanden sich u. a. zwei bebaute Geschäftsgrundstücke in X und Z (Niederlande).

     

    Im Jahre 2011 gründete die Klägerin als Alleingesellschafterin die „B B.V.“ (B B.V.), eine niederländische Kapitalgesellschaft mit Sitz in Z, und brachte das bestehende niederländische Einzelunternehmen mitsamt den sich im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücken in die B B.V. ein. Im Jahre 2012 veräußerte die B B.V. beide Grundstücke an die Klägerin. Das in Z belegene Grundstück wird seitdem von der Klägerin an die B B.V. verpachtet und von dieser zur Ausübung ihrer operativen Geschäftstätigkeit als Betriebsgrundstück genutzt. Das Grundstück in X wird ‒ wie bereits zuvor ‒ an einen fremden Dritten verpachtet.

     

    Die Gesellschafterversammlung der B B.V. beschloss die Ausschüttung einer Dividende an die Klägerin. Das FA nahm aufgrund der Verpachtung des Grundstücks an die B B.V. eine Betriebsaufspaltung zwischen dieser und der Klägerin an. Die hieraus erzielten Verpachtungseinkünfte seien daher als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, die jedoch nach dem DBA-Niederlande in Deutschland von der Besteuerung freigestellt seien. Von der Gewinnausschüttung seien allerdings 5 % als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Das FA erließ entsprechende Bescheide über Körperschaftsteuer 2012 und den Gewerbesteuermessbetrag 2012 und wies die hiergegen erhobenen Einsprüche zurück. Die dagegen erhobene Klage hatte nur insoweit Erfolg, dass weitere Betriebsausgaben berücksichtigt wurden (FG Köln 31.8.16, 10 K 3550/14). Hiergegen richtete sich die Revision.

     

    Entscheidung

    Die Revision beim BFH führte zwar zur Aufhebung des FG-Urteils, soweit es zur Körperschaftsteuer ergangen ist: Das angefochtene Urteil war nach BFH-Ansicht aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da der nach Ergehen des FG-Urteils erlassene Bescheid über Körperschaftsteuer 2012 an die Stelle des ursprünglich angefochtenen Bescheids getreten ist. Dem FG-Urteil lag infolgedessen ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde.

     

    In materieller Hinsicht entschied der BFH dagegen, das FG habe im Ergebnis zutreffend entschieden, dass dem Gewinn der Klägerin ein Betrag gem. § 8b Abs. 5 KStG als nicht abziehbare Betriebsausgaben außerbilanziell hinzuzurechnen sei. Das FG habe im Ergebnis zutreffend entschieden, dass diese Dividendenzahlung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i. S. d. § 14 AO erfolgt und die Klägerin insoweit nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit sei. Die Feststellungen des FG reichten zwar nicht aus, um entscheiden zu können, ob die Beteiligung der Klägerin an der B B.V. als solche einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet.

     

    Durch die Verpachtung des Grundstücks von der Klägerin an die B B.V. waren nach Ansicht des BFH jedoch die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt, die zu einer originär gewerblichen Tätigkeit der Klägerin i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG führen und gleichfalls einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellen.

     

    Die personelle und sachliche Verflechtung lagen nach den bindenden Feststellungen des FG aufgrund der 100%igen Beteiligung der Klägerin an der B B.V. sowie der Verpachtung des der B B.V. als Geschäftslokal dienenden Grundstücks in Z durch die Klägerin vor. Etwas anderes ergab sich auch nicht für die vorliegende Konstellation eines „inländischen Besitzunternehmens“ und einer „ausländischen Betriebsgesellschaft“. Das Institut der Betriebsaufspaltung habe sich von der ursprünglichen Intention der Missbrauchsvermeidung gelöst und sich dogmatisch verselbstständigt. Maßgeblich sei der „einheitliche geschäftliche Betätigungswille“ der hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen. Dieser hebe die Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens deutlich von einer „normalen“ Vermietung mit der Folge ab, dass hinsichtlich der Tätigkeit des Besitzunternehmens von einer originär gewerblichen Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG auszugehen sei. Auf dieser dogmatischen Grundlage gebe es keinen sachlichen Grund, bei der Qualifikation der Einkünfte des Besitzunternehmens danach zu differenzieren, ob sich das im Streitfall überlassene Geschäftsgrundstück ‒ aus Sicht des Besitzunternehmens ‒ vor oder hinter der Landesgrenze befinde.

     

    Folgerungen

    Die Frage der Anwendbarkeit einer Betriebsaufspaltung über die Grenze war bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt. Der zu entscheidende Sachverhalt betraf die Konstellation, dass das Besitzunternehmen im Inland, das Betriebsunternehmen im Ausland belegen war. Hierzu wurde die Auffassung vertreten, dass die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung mangels Betriebsstätte im Inland nicht eintreten bzw. das nationale Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung, das allein auf Richterrecht fußt, nicht zur Umqualifizierung von Vermietungseinkünften in gewerbliche Einkünfte geeignet sei. Nach anderer Ansicht sind die Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch in derartigen Sachverhalten anzuwenden, um auch für diesen Fall steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu begegnen.

     

    Dieser Ansicht hat sich nunmehr der BFH ‒ wie dargestellt ‒ angeschlossen.

     

    Da das Besteuerungsrecht für die Dividendeneinkünfte gem. Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande Deutschland zugewiesen war, waren die Einkünfte im Inland steuerpflichtig. Das Besteuerungsrecht Deutschlands wurde nicht gemäß Art. 13 Abs. 5 DBA-Niederlande dadurch ausgeschlossen, dass sich das Grundstück in den Niederlanden befindet. Nach Art. 13 Abs. 5 DBA-Niederlande hat nur „der andere Staat“ (hier: Niederlande) das Besteuerungsrecht, wenn eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten eine Betriebsstätte in dem anderen Staat hat und die Einkünfte durch diese Betriebsstätte erzielt. Eine Betriebsstätte setzt gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Niederlande allerdings eine „feste Geschäftseinrichtung“ voraus, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Die Vermietung eines im Ausland belegenen Grundstücks macht das Grundstück nicht zu einer Betriebsstätte des im Inland ansässigen Vermieters. Darauf, ob die Voraussetzungen des sog. abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs gemäß Art. 13 Abs. 4 i. V. m. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 3 DBA-Niederlande erfüllt waren, kam es nicht an. Das nationale Schachtelprivileg des § 8b Abs. 1 KStG einerseits und das abkommensrechtliche Schachtelprivileg andererseits stehen im Ausgangspunkt selbstständig nebeneinander. Die Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG ist auch dann vorzunehmen, wenn von ausländischen Kapitalgesellschaften gezahlte Dividenden auch nach dem abkommensrechtlichen Schachtelprivileg von der Besteuerung auszunehmen sind.

     

    Die Auffassung des BFH, eine Betriebsaufspaltung trotz Belegenheit des überlassenen Grundstücks anzunehmen, ist allerdings nicht zweifelsfrei, da Richterrecht eng auszulegen ist. Daher spricht nach dieser Maßgabe viel dafür, dass auch das Betriebsunternehmen eine inländische Betriebsstätte haben muss, wie auch § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG deutlich macht („im Inland... eine Betriebsstätte unterhalten wird“). Der Sinn der Betriebsaufspaltungslehre besteht darin, Schmälerungen der Gewerbesteuer vorzubeugen. Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung erscheint es logisch, eine Betriebsaufspaltung über die Grenze nur dann zur Anwendung kommen zu lassen, wenn inländische Gewerbesteuer überhaupt anfallen kann, also auch eine inländische Betriebsstätte vorliegt. Das war vorliegend aber gerade nicht der Fall.

     

    Aufgrund der Entscheidung des BFH wird in der Beratungspraxis allerdings nunmehr auch bei im Ausland belegenen (und an eine Kapitalgesellschaft überlassenen) Grundstücken das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung zu prüfen sein.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 47444429

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