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  • · Fachbeitrag · Steuern im Blickpunkt ‒ Abgrenzung Lieferung und sonstige Leistung

    Meist voller Umsatzsteuertarif

    | Bei der Abgrenzung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen im Essensbereich gilt insbesondere das EuGH-Urteil vom 10. März 2011 (Rs C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09). Basierend hierauf kommt der BFH mit Urteil vom 11.4.2013 (V R 28/12 ) zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeiten eines Partyservices grundsätzlich Dienstleistungen mit 19 % Umsatzsteuer sind. Ausnahmen gelten nur in den Fällen, in denen der Caterer ­lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist. |

     

    Beim Partyservice ist die Abgabe von Speisen meist keine bloße Standardzubereitung, sondern sie weist einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil auf und erfordert mehr Arbeit und Sachverstand. Dessen Leistung kann von der bloßen Zubereitung und Lieferung von Speisen bis zu einer umfassenden Leistung reichen, die auch die Bereitstellung von Geschirr, Mobiliar, die Darreichungsform der Gerichte, die Dekoration, die Bereitstellung von Personal für die Bedienung und die Beratung über die Zusammenstellung des Menüs und gegebenenfalls die Auswahl der Getränke umfassen kann. Der EuGH stellt hierfür auf die Qualität der Gerichte, die Kreativität sowie die Darreichungsform sowie darauf ab, dass die Speisen in Warmhalteschalen angeliefert oder durch den Unternehmer aufgewärmt werden, wobei für Kunden wesentlich ist, dass die Speisen zum festgelegten Zeitpunkt geliefert werden. Werden danach nicht lediglich Standardspeisen nach Art eines Imbissstandes abgegeben und werden Speisen zu festen Zeitpunkten in Warmhaltebehältern angeliefert, liegt eine sonstige Leistung vor.

     

    Aufgrund des o.g. EuGH-Urteils ist an der früheren Rechtsprechung, nach der erst aufgrund zusätzlicher Dienstleistungselemente wie dem Abräumen und Endreinigen von Tischen und Geschirr oder der Überlassung, Abholung und Reinigung von Geschirr und Besteck von einer sonstigen Leistung auszugehen ist, nur noch für den Fall festzuhalten, dass Leistungsgegenstand lediglich Standardspeisen sind. Denn Leistungen eines Partyservices, die auch in der bloßen Zubereitung und Lieferung von Speisen bestehen können, sind nur dann keine sonstigen Leistungen, wenn keine zusätzlichen Dienstleistungselemente geliefert werden oder die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist. Die Zubereitung anderer als bloßer Standardspeisen führt daher auch ohne zusätzliches Dienstleistungselement wie z.B. Abräumen und Endreinigen von Tischen und Geschirr zu einer Dienstleistung).

     

    Verzehrvorrichtungen dürfen aufgrund des EuGH-Urteils nur als Dienstleistungselement berücksichtigt werden, wenn sie als Teil einer einheitlichen Leistung zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt auch für die Überlassung von Geschirr und Besteck. Voraussetzung für eine einheitliche Leistung anstelle mehrerer selbstständiger Leistungen ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung, dass es sich um Tätigkeiten desselben Unternehmers handelt. Entgeltliche Leistungen verschiedener Unternehmer sind auch dann umsatzsteuerrechtlich eigenständig, wenn sie gegenüber demselben Leistungsempfänger erbracht werden und die weiteren Voraussetzungen für eine einheitliche Leistung erfüllt wären (BFH 29.10.08, XI R 74/07, BStBl II 09, 256). Danach ist für die Abgrenzung, ob mit einem Partyservice Lieferungen oder sonstige Leistungen erbracht werden, die Gestellung von Geschirr und Besteck durch den Ehepartner, der insoweit im Rahmen eines eigenständigen Unternehmens handelt, grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

     

    Eine abweichende Auslegung kann sich beim Gestaltungsmissbrauch ergeben. Bei Anwendung des § 42 AO im Umsatzsteuerrecht ist aber zu berücksichtigen, dass laut EuGH (22.12.10, C-277/09) die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer voraussetzt, dass

     

    • die Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe,

     

    • aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den Umsätzen im Wesentlichen lediglich ein Steuervorteil bezweckt wird.

     

    Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob es sich um Umsätze zwischen zwei Parteien handelt, zwischen denen keine rechtliche Verbindung besteht, und ob Umsätze vorliegen, die im normalen Handelsverkehr getätigt werden. Nach diesen Maßstäben ist bei der Prüfung eines Gestaltungsmissbrauchs zu beachten, dass der Caterer und sein Gatte nahestehende Personen sind, aber beide rechtliche oder familiäre Beziehungen zu ihren Kunden unterhielten und daher zwischen dem jeweils Leistenden und dem jeweiligen Kunden kein Näheverhältnis bestanden hat, zumal die Leistungen des Partyservice grundsätzlich als im normalen Handelsverkehr erbracht anzusehen sind. Ein Gestaltungsmissbrauch könnte sich aber auch daraus ergeben, dass er die Kosten für die Überlassung von Geschirr und Besteck durch seinen Ehepartner getragen hat.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 818 | ID 42359520

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