· Fachbeitrag · Wundertüte Europarecht
Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen für Schweizer Immobilien ‒ ja oder nein?
Es geht um die Frage, ob in Deutschland steuerpflichtigen Personen eine Steuerermäßigung für Handwerker- und haushaltsnahe Dienstleistungen in der Schweiz zu gewähren ist. |
Hintergrund
Die für den Streitfall relevante Fassung des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG lautet:
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(1) bis (3) … (4) 1Die Steuerermäßigung nach den Absätzen 1 bis 3 kann nur in Anspruch genommen werden, wenn das Beschäftigungsverhältnis, die Dienstleistung oder die Handwerkerleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen oder ‒ bei Pflege- und Betreuungsleistungen ‒ der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht wird. (…) (5) … |
Art. 9 Abs. 2 Anhang I zum Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz (FZA) lautet:
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(1) … (2) Ein Arbeitnehmer und seine in Art. 3 dieses Anhangs genannten Familienangehörigen genießen dort die gleichen steuerlichen und sozialen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen. (4) bis (6) … |
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen, ein Ehepaar mit deutscher und schweizerischer Staatsbürgerschaft, wohnen in der Schweiz. Der Ehemann war als Arbeitnehmer in Deutschland tätig und unterhielt hierfür eine Wohnung in Deutschland. Für das gemeinsame Haus in der Schweiz beauftragten die Eheleute verschiedene Handwerks- und Gartenbauarbeiten i. S. d. § 35a EStG. Diesbezüglich begehrten sie eine Ermäßigung ihrer Einkommensteuer. Das Finanzamt lehnte dies mit dem Hinweis ab, dass die Dienstleistungen in der Schweiz ausgeführt worden seien (vgl. § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG).Hiergegen erhoben die Eheleute Klage vor dem Finanzgericht. Die Auffassung des Finanzamts verstoße gegen das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz.
Entscheidung
Das Finanzgericht sieht die Entscheidung des Finanzamts kritisch. Es stellt infrage, ob diese Beschränkung auf EU- bzw. EWR-Staaten mit dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz vereinbar ist. Dieses garantiert unter anderem eine Gleichbehandlung bei steuerlichen Vorteilen ‒ was im vorliegenden Fall zugunsten des Ehepaars sprechen könnte. Das Finanzgericht Köln hat daher dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Ablehnung einer Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in der Schweiz europarechtswidrig ist.
Das Gericht bezweifelt im Vorlagebeschluss, dass es mit dem Freizügigkeitsabkommen vereinbar sei, dass die Steuerermäßigungen nur für Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können, die in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt ausgeübt oder erbracht werden.
Das auf den Streitfall anwendbare Freizügigkeitsabkommen enthalte in Art. 9 Abs. 2 Anhang I ein Recht auf Gleichbehandlung in Bezug auf Steuervergünstigungen. Hierauf könnten sich die Steuerpflichtigen möglicherweise berufen. Eine Schlechterstellung der Steuerpflichtigen gegenüber inländischen Steuerpflichtigen sei nicht gerechtfertigt.
PRAXISTIPP | Das Aktenzeichen des Vorlagever fahrens beim EuGH lautet: C-223/25. |
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